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Legen Sie — auch als verantwortliches Mitglied der Bundesregierung und als Vizekanzler — hier und heute Ihr Veto gegen dieses Umgehungsgeschäft ein!
Für den bayerischen Ministerpräsidenten war dies offensichtlich auch eine günstige Gelegenheit, sich alsbald ins internationale Rüstungsgeschäft einzufädeln.
Er sah die Chance, sich ganz im Stile seines Vorgängers schon zu Beginn seiner Amtszeit in der Rüstungsbranche einen Namen zu machen.
Die „Stuttgarter Zeitung" hat recht, wenn sie schreibt:
Politisch müssen diese Herren mit der Sensibilität von Dampfwalzen ausgestattet sein.
Während in der Bundesrepublik Export, Moral und Politik auf dem Prüfstand der Nation und der Welt stehen, versucht dieser neue bayerische Ministerpräsident, sein Rüstungsmeisterstück zu machen. Er sorgt in unheiliger Allianz mit dem Bundeskanzler dafür, nach der Beschmutzung der schwarz-rot-goldenen Weste durch Gaddafis Giftfabrik auch noch den weißblauen Janker, den er so gerne trägt, kräftig zu beflekken.
Die Bonner und Münchener Verantwortlichen für diesen Skandal haben eines immer noch nicht begriffen: Moral ist auch beim Waffenexport nicht teilbar.
Diese Bundesregierung hat die Rüstungsexportbestimmungen aufgeweicht und auf das deutsche Vetorecht in Sachen Tornado verzichtet. Dieser Bundeskanzler hat gegenüber deutschen Zulieferern für britische Exportgeschäfte die Endverbleibsklausel, nicht in Länder zu liefern, die nach deutschem Recht Spannungsgebiete sind, preisgegeben.
Aber nun, meine Damen und Herren, betreibt dieser Bundeskanzler mit Hilfe seines neuen bayerischen Spezis selber das Geschäft des Rüstungsexports in die Spannungsgebiete. Ich glaube, da ist auf einer unglaublichen Basis eine neue Männerfreundschaft entstanden!
Die Tornado-Exportfinanzierung ist, so meinen wir, auch in der bayerischen Variante politisch unverantwortlich.
Hier zeigt sich, daß es der Bundesregierung und der bayerischen Staatsregierung am politischen Willen zur wirksamen Kontrolle fragwürdiger und unmoralischer Exporte fehlt.
In einem solchen Klima wird auch der Export von Angriffswaffen in ein Spannungsgebiet als nicht mehr anstößig empfunden. Ich meine, der „Spiegel" hat recht: Beim Thema „Waffen für die Welt" gilt in der Bundesrepublik Deutschland unter Bundeskanzler Kohl die Regel: Export um jeden Preis! Den Tod im Angebot gibt es jetzt auch in der bayerischen Filiale!
9074 Deutscher Bundestag.— 11. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1989
Kolbow
Dabei stört die Christlich-Sozialen aus Bayern auch
nicht, daß sich Jordanien noch im Krieg mit Israel befindet und in Spannungsgebieten alle Rüstungsgüter als Kriegsführungswaffen angesehen werden müssen. Die CSU-Entscheidung mit Bonner Rückendekkung rüstet eine offensivfähige jordanische Luftwaffe weiter auf, die über 119 Kampfflugzeuge verfügt.
Noch im Februar 1988 kaufte Jordanien 20 Mirage2000-Kampfflugzeuge für rund 830 Millionen DM und vereinbarte die Modernisierung von 40 vorhandenen Mirage-Maschinen.
Zu den 8 Tornados, um die es heute geht, meine Damen und Herren, sollen 1990 weitere 20 Mirage-Kampfflugzeuge geliefert werden. Mit den durch Deutsche Mark finanzierten 8 Luftangriff-Tornados wird im Nahen Osten — da können Sie reden, soviel und was Sie wollen, Herr Kollege Schäuble — auch militärisch destabilisiert.
Durch die immer weitere Anhäufung von Waffen in dieser hoch explosiven Region wird jede Friedensbemühung zunichte gemacht.
Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident Streibl hat heute im Landtag dargelegt, daß die Arbeitsplatzproblematik hier eine Rolle spielt.
Ich meine, daß das in diesem Falle kein Argument ist. Wenn Sie es uns nicht glauben, dann lassen Sie sich von der „Welt" überzeugen, in der sogar Herr von Loewenstern am 26. Oktober 1988 unter dem Titel „Tornados nach Nahost" geschrieben hat:
Natürlich heißt es, daß damit Arbeitsplätze gesichert würden. Das hört sich zwar gut an, ist aber sachlich schief und moralisch unbefriedigend — wir können nicht Arbeitsplätze dadurch sichern, daß wir das Leben anderer Menschen aufs Spiel setzen, am allerwenigsten das von Juden.
Wir haben uns hier im Deutschen Bundestag, meine Damen und Herren, versichert: Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen, auch nicht durch Rüstungsexporte, auch nicht durch deutsche Lief erungen von Waffenkomponenten und Waffentechnologien und auch nicht durch Geld. Diese Gemeinsamkeit dürfen die CSU und diese Bundesregierung — in Bonn und in Bayern — auch mit ihrer umfassenden Verquickung mit Banken und Industrie nicht aushebern.
Ich meine, gerade die Bundesrepublik und ihre Länder können aus politischen Gründen eben nicht alles tun, was das Strafgesetzbuch nicht untersagt.
Wir fordern die Bundesregierung und die Bayerische Staatsregierung auf, jede Anstrengung zu unternehmen, daß dieses Rüstungsgeschäft rückgängig gemacht wird.