Rede:
ID1112304200

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Bundesminister: 1
    7. Genscher.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/123 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 123. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Januar 1989 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Harries 9035 A Tagesordnungspunkt 19: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zum Antrag der Abgeordneten Graf von Waldburg-Zeil, Dr. Pinger, Feilcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Frau FolzSteinacker, Hoppe, Frau Dr. Hamm-Brücher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Der entwicklungspolitische Beitrag zur Lösung von Weltflüchtlingsproblemen (Drucksachen 11/1954, 11/3455) Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU . . 9035 B Frau Luuk SPD 9037 B Frau Folz-Steinacker FDP 9038 C Frau Olms GRÜNE 9040 A Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär BMZ . . 9041A Bindig SPD 9042 B Dr. Holtz SPD (Erklärung nach § 29 GO) 9043 D Frau Olms GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 9044 A Tagesordnungspunkt 20: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht zum Stand der Bemühungen um Rüstungskontrolle und Abrüstung sowie der Veränderungen im militärischen Kräfteverhältnis 1987 (Drucksache 11/2215) Nolting FDP 9044 B Dr. Scheer SPD 9046 A Lamers CDU/CSU 9049 B Frau Beer GRÜNE 9051 D Genscher, Bundesminister AA 9054 A Lowack CDU/CSU 9056 A Erler SPD 9058 A Tagesordnungspunkt 21: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Export von TORNADO-Flugzeugen nach Jordanien (Drucksache 11/3283) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Lippelt (Hannover), Dr. Mechtersheimer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Zustimmungsverweigerung des Deutschen Bundestages zur geplanten Lieferung von Tornado-Kampfflugzeugen an das Königreich Jordanien (Drucksache 11/3242) Frau Dr. Hamm-Brücher FDP (zur GO) . . 9060A, 9077 C Dr. Bötsch CDU/CSU (zur GO) 9060 A Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . . 9060 B Jahn (Marburg) SPD (zur GO) 9060 C Gansel SPD 9060 D Dr. Schäuble, Bundesminister für besondere Aufgaben, Chef des Bundeskanzleramtes . 9062D, 9081 A Dr. Mechtersheimer GRÜNE 9067 C Wissmann CDU/CSU 9069 D Kolbow SPD 9072 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1989 Beckmann FDP 9074 B Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 9076 A Voigt (Frankfurt) SPD (zur GO) 9076 D Bohl CDU/CSU (zur GO) 9077 A Frau Unruh GRÜNE 9077 B Dr. Ehmke (Bonn) SPD 9078 D Genscher, Bundesminister AA 9081 B Schily GRÜNE 9082 B Dr. Lammert CDU/CSU 9082 D Dr. Vogel SPD 9084 A Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . . 9084 B Gansel SPD (zur GO) 9085 A Präsidentin Dr. Süssmuth 9069 A Nächste Sitzung 9085 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 9087*A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1989 9035 123. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1989 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Berger (Berlin) 27. 1. Carstensen (Nordstrand) 27. 1. Frau Conrad 27. 1. Conradi 27. 1. Dr. Dollinger 27. 1. Eylmann 27. 1. Feilcke 27. 1. Francke (Hamburg) 27. 1. Gallus 27. 1. Dr. von Geldern 27. 1. Gerster (Mainz) 27. 1. Dr. Glotz 27. 1. Dr. Götz 27. 1. Gröbl 27. 1. Grünbeck 27. 1. Dr. Hauchler 27. 1. Dr. Hauff 27. 1. Frhr. Heereman von Zuydtwyck 27. 1. Frau Hensel 27. 1. Hiller 27.1. Ibrügger 27. 1. Dr. Jahn (Münster) 27. 1. Jaunich 27. 1. Kalisch 27. 1. Kastning 27. 1. Kittelmann 27. 1. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlict Klein (München) 27. 1. Dr. Knabe 27. 1. Koschnick 27. 1. Kossendey 27. 1. Frau Krieger 27. 1. Dr. Graf Lambsdorff 27. 1. Frau Dr. Martiny-Glotz 27. 1. Nagel 27. 1. Dr. Neuling 27. 1. Dr. Osswald 27.1. Pesch 27. 1. Petersen 27. 1. Dr. Pfennig 27. 1. Pfuhl 27. 1. Rappe (Hildesheim) 27. 1. Reddemann 27. 1. Reuschenbach 27. 1. Frau Roitzsch (Quickborn) 27. 1. Schäfer (Offenburg) 27. 1. Dr. Schmude 27. 1. Frhr. von Schorlemer 27. 1. Schulze (Berlin) 27. 1. Stobbe 27. 1. Tillmann 27. 1. Dr. Waigel 27. 1. Waltemathe 27. 1. Weiss (München) 27. 1. Weisskirchen (Wiesloch) 27. 1. Dr. Wieczorek 27. 1. Frau Wieczorek-Zeul 27. 1. Wischnewski 27. 1.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Angelika Beer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich hatte Ihnen eben schon gesagt, daß ich die angebliche Abrüstungspolitik der Bundesregierung kritisieren werde; dies ist der Schwerpunkt meiner Rede und wird es bleiben. — Ich möchte jetzt in meinem Konzept gerne fortfahren.
    Verhandlungen über nukleare Kurzstreckenwaffen lehnt die NATO nach wie vor eindeutig ab, während sie gleichzeitig Aufrüstung in diesem Bereich plant: neue landgestützte Raketen, Raketen an Bord von Flugzeugen, Erhöhung der Stückzahl dieser Flugzeuge, neue Munition für die atomare Artillerie.
    Verhandlungen über Seestreitkräfte lehnt die NATO ebenso energisch ab; denn da ist man ja weit überlegen. Und da, wo der Westen weit überlegen ist, von Obergrenzen reden, das will sie nicht. Selbst in vertrauensbildende Maßnahmen will die NATO die Seestreitkräfte nicht einbeziehen.
    Die Verhandlungen über das Verbot der chemischen Waffen stagnieren seit Anfang 1986, weil die USA und Frankreich offenbar das Interesse an einem solchen Abkommen verloren haben. Die USA produzieren seit Dezember 1987 neue binäre chemische Waffen, die bei Einsätzen auf dem Schlachtfeld günstiger sind.
    Die Pariser Konferenz in Frankreich: Ein Erfolg? Ein Erfolg für die USA und für die Sowjetunion, weil sie es geschafft haben, von ihrer Verantwortung für das Nichtzustandekommen des weltweiten Verbotes abzulenken.
    Bei den biologischen Waffen, die durch den Genfer Vertrag von 1972 verboten sind, hat die NATO verhindert, daß zu diesem Vertrag endlich Verifikations-



    Frau Beer
    regelungen erarbeitet werden. Das ist auf der zweiten Überprüfungskonferenz zum Verbotsabkommen im Jahre 1986 am Widerspruch des Westens gescheitert.
    Die jüngsten beängstigenden Meldungen über B-Waffen-Einsätze im Irak, meine Damen und Herren — da hören Sie bitte zu —, machen nicht nur uns, sondern sicher auch sehr vielen anderen ganz erhebliche Angst und machen deutlich, wie völlig unbefriedigend die Situation in diesem Bereich ist. Wir brauchen dringend eine Stärkung des Verbotsabkommens durch eindeutige Kontrollmaßnahmen, damit solche Verstöße, auch wenn die Bundesregierung involviert ist, eindeutig festgestellt und unterbunden werden können.
    Bei den konventionellen Waffen schließlich sollen die Verhandlungen fast drei Jahre nach Gorbatschows entsprechendem Vorschlag nun endlich am 9. März anfangen. Erst im letzten Dezember konnte sich die NATO wenigstens auf die Umrisse eines Verhandlungsvorschlages einigen. Ost und West sollen bei einigen Waffensystemen auf gleiche Obergrenzen abrüsten. Diese Obergrenzen werden so gewählt, daß der Westen seine heutigen Bestände um maximal 10 % reduzieren müßte. Bis dieser Vertrag fertig ist, werden wir aber ohnehin weniger Panzer, Schützenpanzer und Geschütze haben, die dafür bedeutend teurer sein und sehr viel gefährlicher wirken werden.
    Das ist die Durchsetzung des Montebello-Beschlusses; das ist das faktische Gesicht der Modernisierung seitens der NATO. Also, keine Abrüstung des Westens, kein Stück, so stellt sich die NATO das vor.
    Welche Perspektive ergibt sich daraus? Es ist sehr einfach: Abrüstung in Europa ist möglich. Einseitige Abrüstungsschritte sind der richtige Weg, damit anzufangen, Verträge der richtige Weg, erzielte Fortschritte abzusichern. Das vertreten die GRÜNEN bereits seit Jahren. Wir können und müssen die Bundeswehr verkleinern, auf Beschaffung neuer Waffen verzichten, die atomaren und chemischen Waffen aus der Bundesrepublik beseitigen usw. Unbegrenzte Zeit haben wir hierzu leider nicht; denn eine solche Politik einseitiger Schritte, wie der Osten sie heute macht, ist nur begrenzte Zeit durchhaltbar, wenn keine Antwort vom Westen kommt.
    Die Friedensbewegung hat eine historische Chance, und sie hat eine historische Pflicht. Wenn wir uns noch einmal ein Jahrzehnt Wenderegierung erlauben, wird die sowjetische Politik in dieser Form scheitern müssen. Die Bevölkerung in den Ländern Osteuropas wird einseitige Abrüstung auf Dauer nicht mittragen, wenn der Westen weiter aufrüstet und immer überlegener und bedrohlicher wird.
    Liebe Freundinnen und Freunde, gebt euch nicht der Illusion hin, die inneren Widersprüche dieser Koalition würden doch noch irgendwelche Abrüstungsschritte möglich machen. Laßt euch von dem unglaublichen Durcheinander im Regierungslager nicht verwirren. Diese Leute wollen nicht abrüsten, und sie werden es verhindern, mit allen Mitteln.

    (Rühe [CDU/CSU]: Wer sind diese Leute?)

    Aber warum, warum wollen diese Leute keine Abrüstung? Warum klammern sie sich an der Präsenzstärke der Bundeswehr fest, obwohl das unpopulär ist, obwohl die vielen Wehrübungen sogar ihre eigene Klientel, die Wirtschaft, langsam ernstlich zu belasten beginnen? Die Bedrohung aus dem Osten verschwindet, und trotzdem wollen diese Leute nicht abrüsten. Warum nicht?

    (V o r s i t z : Präsidentin Dr. Süssmuth)

    Herr Kollege Duve hat kürzlich einen Flottenoffizier kritisiert, der gesagt hat, die Aufgabe der Bundesmarine sei nicht allein die Verteidigung der Nordseezugänge. Die Bundesmarine diene der außenpolitischen Weltgeltung der Bundesrepublik, sei ein außenpolitisches Instrument. Herr Kollege Duve hat das vollkommen zu Recht als Kanonenbootpolitik bezeichnet. Nur war dieser kleine Offizier nichts weiter als die vorlaute Stimme seines Herrn.
    Bitte hören Sie aufmerksam, was jemand am 23. Januar in der „FAZ" gesagt hat:
    Es sei falsch gewesen, in der Argumentation für die Bundeswehr in den vergangenen Jahrzehnten vor allem das Bedrohungspotential der Sowjetunion voranzustellen und „zu wenig" darüber zu sprechen, „daß zu einem souveränen Staat
    — auf einmal! —
    in der extremen geopolitischen Lage, in der sich die Bundesrepublik Deutschland befindet, selbstverständlich auch eine eigene Verteidigungsmacht ... gehört". Das Ansehen der Bundesrepublik hänge neben vielem anderen nicht zuletzt von der Wirtschaftskraft und von der Bundeswehr ab. Das werde in der ganzen Welt so gesehen.
    Also für die Weltgeltung, für das weltweite Ansehen, ihren Einfluß, ihre Macht braucht die Bundesrepublik ihre Truppen und nicht für die Verteidigung gegen den Osten. Der Mann, der das gesagt hat, der Mann, der die Bundesrepublik hier ganz einfach wieder zur militärischen Weltmacht erklärt, ist der Herr Bundeskanzler Kohl.
    Liebe Freundinnen und Freunde, es geht so nicht weiter. Diese Regierung muß weg. Diese Regierung muß fallen. Es liegt nicht nur an einem Verteidigungsminister Scholz, dem die Angriffserprobung im Tiefflug wichtiger ist als der Schutz des Lebens. Es ist nicht dieser Herr Scholz, sondern die Regierung, die nicht bereit ist, diese lebensgefährliche angebliche Verteidigungspolitik im Regen stehen zu lassen.
    Wenn die Regierung nicht dazu bereit ist, gut, dann soll sie gehen. Die Friedensbewegung wird das Ihre dazu tun. Es ist ausgezeichnet, daß wir jetzt gemeinsam in der Friedensbewegung für einseitige Schritte der Bundesrepublik kämpfen. Wir werden gemeinsam auch die nukleare Modernisierung an der unsere NATO-Partner so sehr hängen, durch massive außerparlamentarische Aktionen aller Art verhindern.
    Wer glaubt, die Abrüstung komme von allein, es bedürfe dazu keiner besonderen Aktivität mehr, wird rasch belehrt sein, wie groß dieser Irrtum ist. Gebt dieser Bundesregierung, gebt dieser Koalition um



    Frau Beer
    Gorbatschows, des Friedens und der Abrüstung willen eine Abfuhr.
    Denkt daran, daß vor zwei Tagen, am 25. Januar 1989, im Rahmen von Wintex Cimex das Kriegsszenario angefangen hat, das davon ausgeht, daß Gorbatschow seine Abrüstung nicht durchhalten kann und daß es zu massiven militärischen Ausschreitungen gen BRD kommt. Denkt daran, daß es das ist, was den Frieden nicht nur hier, sondern auch in der Dritten Welt und weit darüber hinaus bedroht.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Bundesminister Genscher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Außen- und Sicherheitspolitik ist Friedenspolitik.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Unser oberstes Ziel ist, jede Art von Krieg, ob konventionell oder nuklear, zu verhindern und eine gerechte und dauerhafte Friedensordnung in ganz Europa zu schaffen.
    Frau Kollegin Beer, gefährlich sind nicht Anstrengungen der Verteidigung mit dem Ziel der Kriegsverhinderung, sondern vernichtend für uns wäre, wenn diese Anstrengungen fehlschlügen und es zu einem Kriege käme.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Beer [GRÜNE]: Sie sind das Feigenblatt der Bundesregierung!)

    Die Diskussion über die nukleare Abschreckung, Herr Kollege Scheer, kann doch immer nur eine Diskussion über die wirksamste Form der Kriegsverhinderung sein. Wir waren uns bisher einig, daß die nukleare Abschreckung für die absehbare Zukunft unentbehrlich ist, und zwar deshalb,weil wir als Realisten wissen, daß wir die Sicherheit von heute nicht auf Visionen und Erwartungen für morgen stützen können. Aber als Handelnde, die sich ihrer Verantwortung für die Zukunft stellen, wissen wir auch, daß wir heute Fundamente für künftige Sicherheit schaffen müssen, die breiter und stärker sind.
    Das heißt, wir müssen über das Netz der Abschrekkung mit nuklearen und konventionellen Mitteln, also das Auffangnetz der Ultima ratio, ein zusätzliches Netz spannen, das die Risiken reduziert, die sich bei einer ausschließlichen Abstützung auf militärische Abschreckung ergeben.