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    Plenarprotokoll 11/123 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 123. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Januar 1989 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Harries 9035 A Tagesordnungspunkt 19: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zum Antrag der Abgeordneten Graf von Waldburg-Zeil, Dr. Pinger, Feilcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Frau FolzSteinacker, Hoppe, Frau Dr. Hamm-Brücher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Der entwicklungspolitische Beitrag zur Lösung von Weltflüchtlingsproblemen (Drucksachen 11/1954, 11/3455) Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU . . 9035 B Frau Luuk SPD 9037 B Frau Folz-Steinacker FDP 9038 C Frau Olms GRÜNE 9040 A Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär BMZ . . 9041A Bindig SPD 9042 B Dr. Holtz SPD (Erklärung nach § 29 GO) 9043 D Frau Olms GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 9044 A Tagesordnungspunkt 20: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht zum Stand der Bemühungen um Rüstungskontrolle und Abrüstung sowie der Veränderungen im militärischen Kräfteverhältnis 1987 (Drucksache 11/2215) Nolting FDP 9044 B Dr. Scheer SPD 9046 A Lamers CDU/CSU 9049 B Frau Beer GRÜNE 9051 D Genscher, Bundesminister AA 9054 A Lowack CDU/CSU 9056 A Erler SPD 9058 A Tagesordnungspunkt 21: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Export von TORNADO-Flugzeugen nach Jordanien (Drucksache 11/3283) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Lippelt (Hannover), Dr. Mechtersheimer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Zustimmungsverweigerung des Deutschen Bundestages zur geplanten Lieferung von Tornado-Kampfflugzeugen an das Königreich Jordanien (Drucksache 11/3242) Frau Dr. Hamm-Brücher FDP (zur GO) . . 9060A, 9077 C Dr. Bötsch CDU/CSU (zur GO) 9060 A Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . . 9060 B Jahn (Marburg) SPD (zur GO) 9060 C Gansel SPD 9060 D Dr. Schäuble, Bundesminister für besondere Aufgaben, Chef des Bundeskanzleramtes . 9062D, 9081 A Dr. Mechtersheimer GRÜNE 9067 C Wissmann CDU/CSU 9069 D Kolbow SPD 9072 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1989 Beckmann FDP 9074 B Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 9076 A Voigt (Frankfurt) SPD (zur GO) 9076 D Bohl CDU/CSU (zur GO) 9077 A Frau Unruh GRÜNE 9077 B Dr. Ehmke (Bonn) SPD 9078 D Genscher, Bundesminister AA 9081 B Schily GRÜNE 9082 B Dr. Lammert CDU/CSU 9082 D Dr. Vogel SPD 9084 A Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . . 9084 B Gansel SPD (zur GO) 9085 A Präsidentin Dr. Süssmuth 9069 A Nächste Sitzung 9085 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 9087*A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1989 9035 123. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1989 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Berger (Berlin) 27. 1. Carstensen (Nordstrand) 27. 1. Frau Conrad 27. 1. Conradi 27. 1. Dr. Dollinger 27. 1. Eylmann 27. 1. Feilcke 27. 1. Francke (Hamburg) 27. 1. Gallus 27. 1. Dr. von Geldern 27. 1. Gerster (Mainz) 27. 1. Dr. Glotz 27. 1. Dr. Götz 27. 1. Gröbl 27. 1. Grünbeck 27. 1. Dr. Hauchler 27. 1. Dr. Hauff 27. 1. Frhr. Heereman von Zuydtwyck 27. 1. Frau Hensel 27. 1. Hiller 27.1. Ibrügger 27. 1. Dr. Jahn (Münster) 27. 1. Jaunich 27. 1. Kalisch 27. 1. Kastning 27. 1. Kittelmann 27. 1. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlict Klein (München) 27. 1. Dr. Knabe 27. 1. Koschnick 27. 1. Kossendey 27. 1. Frau Krieger 27. 1. Dr. Graf Lambsdorff 27. 1. Frau Dr. Martiny-Glotz 27. 1. Nagel 27. 1. Dr. Neuling 27. 1. Dr. Osswald 27.1. Pesch 27. 1. Petersen 27. 1. Dr. Pfennig 27. 1. Pfuhl 27. 1. Rappe (Hildesheim) 27. 1. Reddemann 27. 1. Reuschenbach 27. 1. Frau Roitzsch (Quickborn) 27. 1. Schäfer (Offenburg) 27. 1. Dr. Schmude 27. 1. Frhr. von Schorlemer 27. 1. Schulze (Berlin) 27. 1. Stobbe 27. 1. Tillmann 27. 1. Dr. Waigel 27. 1. Waltemathe 27. 1. Weiss (München) 27. 1. Weisskirchen (Wiesloch) 27. 1. Dr. Wieczorek 27. 1. Frau Wieczorek-Zeul 27. 1. Wischnewski 27. 1.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies war zweifellos ein besonders interessanter Beitrag für die vorgesehene Einstimmige Annahme dieses Antrags, die ja bisher auf allen Ebenen erfolgt ist.

    (Frau Olms [GRÜNE]: Nicht im Innenausschuß ! )

    Ich kann leider nicht anders, als zur Tagesordnung zu sprechen. Das Thema lautet: der entwicklungspolitische Beitrag zur Lösung der Weltflüchtlingsprobleme; nicht mehr, aber auch nicht weniger ist gefordert.
    Seit wir vor gut zehn Monaten in diesem Hause über das Thema gesprochen haben, hat sich die Problematik nur zum Schlimmeren hin verändert. Im Antrag steht noch die Zahl von 12 Millionen Flüchtlingen weltweit. Wir müssen heute von einer Zahl von 15 Millionen Flüchtlingen ausgehen. Wir sollten dabei keine Sekunde vergessen, daß das nicht ein Sammelbegriff und eine Zahl ist, sondern daß das unendlich viele Menschen sind, die in Lagern unter schwierigsten Umständen vegetieren müssen, im Nahen Osten, in Pakistan, in Thailand, in der Türkei, in Mittelamerika. Das ist ein Thema von so großem Ernst und so unübersehbarer Tragweite, daß es sich wirklich nicht zur kleinlichen Parteienpolemik bei uns eignet.
    Daß die Parteien des Bundestages in gemeinsamen Beratungen in den Ausschüssen nunmehr eine gemeinsame Beschlußempfehlung erarbeitet haben, hält die Bundesregierung für besonders erfreulich. Man kann es wohl auch als ein Zeichen doch weitgehender Übereinstimmung aller Fraktionen des Hauses in vielen entwicklungspolitischen Fragen deuten, wie das auch in der Diskussion über die Problematik des Tropenwaldes letzte Woche hier zum Ausdruck gekommen ist. Wir sollten hier nicht künstlich so tun, als wäre diese Einigkeit nicht vorhanden.
    Es ist viel über die Ursache der Flüchtlingsbewegung und Flüchtlingsströme geschrieben und gesprochen worden. Wir haben in der Tat gelernt, den klassischen Flüchtlingsbegriff, die Flucht vor Bedrohung, um den Begriff des Flüchtlings vor wirtschaftlicher und sozialer Not zu erweitern. In jüngster Zeit ist auch der Begriff des Umweltflüchtlings geprägt worden. Das sind diejenigen Menschen, die auf Grund von Verwüstung und Naturkatastrophen aus ihren angestammten Heimatgebieten vertrieben werden. Wer die Sahelländer kennt, weiß, wovon die Rede ist.
    Die miteinander verflochtenen Problemkreise von Hunger und Elend, von Armut und Umweltzerstörung, von Kriegen und Katastrophen erfordern einen die klassischen Ressortgrenzen übergreifenden Ansatz. Die Außenpolitik — mit dem Ziel, den internationalen Frieden zu fördern, regionale Zusammenarbeit zu verbessern, um Vertrauen zwischen den Staaten herzustellen — muß politische Fluchtursachen mindern und endlich zu beseitigen helfen. Die Innenpolitk, ist aufgerufen, das grundgesetzlich garantierte Asylrecht auch faktisch zu garantieren, die daraus entstehenden Lasten gleichmäßig auf die einheimische Bevölkerung zu verteilen und den Flüchtlingen Hilfestellung bei der Vorbereitung der Rückkehr in ihr
    Heimatland zu geben. Aber zu dieser Aufgabe gehört dann auch, durch Abwehr des Mißbrauchs diese Möglichkeiten zu erhalten.

    (Zuruf von der FDP: So ist es!)

    Die Flüchtlingsfrage ist aber auch ein entwicklungspolitisches Problem. Es genügt wohl, daran zu erinnern, daß die Entstehung von Flüchtlingsströmen oftmals in Unterentwicklung ihre Ursache hat.
    Ich habe in der ersten Debatte über dieses Thema im April auf die Maßnahmen der Bundesregierung in diesem Bereich ausführlich hingewiesen. Ich erinnere daran, daß die Befriedigung von Grundbedürfnissen in Entwicklungsländern traditionell ein Schwerpunkt deutscher Entwicklungshilfe ist. Mehr als 40 % unserer Mittel sind diesem Zweck gewidmet. Die Grundbedürfnisbefriedigung trägt zu einer sozial gerechteren Einkommensverteilung bei und kann so auch soziale Spannungen entschärfen, die oft eine Ursache von kriegerischen Konflikten sind. Dieser Aspekt, den ich hier heraushebe, steht nicht im Widerspruch zu der eben hier zu Recht vertretenen Ansicht, daß die Gesamtheit der Rahmenbedingungen nicht aus dem Auge verloren werden darf.
    Wir müssen uns aber auch darüber im klaren sein, daß der Versuch, mit diesen Mitteln Spannungen zu entschärfen, nur eine langfristige Perspektive ergibt.
    Wir sollten weiter daran denken, daß die Länder, die Flüchtlinge aufnehmen, in der Regel selbst zu den ärmsten Ländern dieser Erde gehören. Ihnen Hilfeleistung bei der Überwindung der mit der massenhaften Aufnahme von Menschen verbundenen Probleme zu geben ist deshalb vordringlich. Die trostlose Situation in den Flüchtlingslagern dieser Welt, wo vorwiegend Frauen und Kinder in äußerster Armut und oft ohne Hoffnung auf eine bessere Zukunft leben müssen, erfordert unmittelbar wirkende Maßnahmen in den Aufnahmeländern. Die etwa 125 Millionen DM, die die Bundesregierung für Maßnahmen zugunsten von Flüchtlingen im Jahr 1988 bereitgestellt hat — das ist eine vorläufige Zahl — , dienen ganz besonders eben diesem Zweck.
    Wir bemühen uns, bei der Konzeption und Durchführung von Projekten für Flüchtlinge die einheimische Bevölkerung einzubeziehen und die Maßnahmen auch zu ihrem Vorteil zu gestalten, damit Spannungen zwischen der einheimischen Bevölkerung und den Flüchtlingen in Grenzen gehalten werden. Vieles liegt gleichermaßen im Interesse der einheimischen Bevölkerung und der Flüchtlinge, ob es sich nun um die Verbesserung der Infrastruktur, den Bau von Schulen und Krankenstationen oder um Maßnahmen zur Wasserversorgung handelt.
    Die Weltflüchtlingsfrage ist ein die Staaten übergreifendes Problem. Die internationale, die multilaterale Zusammenarbeit hat hier ihre besondere Berechtigung. Die Zusammenarbeit mit dem Hohen Kommissar für Flüchtlinge der Vereinten Nationen ist daher besonders wichtig. Die Bundesregierung wird die gute Zusammenarbeit mit dem UNHCR vor allen Dingen im Bereich der Treuhandprojekte und der Nahrungsmittelhilfe noch weiter intensivieren.



    Parl. Staatssekretär Dr. Köhler
    Die freiwillige Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimatländer — wann immer sie möglich ist — ist das beste Mittel zur Lösung der Problematik. Dies setzt natürlich zuallererst stabile und berechenbare wirtschaftliche und politische Bedingungen in den Fluchtländern voraus. Maßnahmen der Reintegrationsförderung, wie sie von der Bundesregierung konzipiert worden sind, können ergänzend bei der Wiedereingliederung von Flüchtlingen helfen. Wir bemühen uns auch, in der Bundesrepublik lebende Fachkräfte, die selber Flüchtlinge aus der Dritten Welt sind, in anderen Entwicklungsländern in Flüchtlingsprogrammen einzusetzen.
    Es ist sicher, daß die Bundesregierung auch in Zukunft ihre Möglichkeiten voll nutzen wird, um wirksam und schnell, aber auch nachhaltig zu helfen. Trotzdem muß ich vor Illusionen warnen. Das Weltflüchtlingsproblem entzieht sich einer kurzfristigen Lösung.
    Aber das ist kein Grund, auch nur eine Minute mutlos zu sein oder in den Anstrengungen nachzulassen. Wir alle — in den Industrieländern, aber auch in den Entwicklungsländern — müssen uns tatkräftig dieser Frage annehmen und mit langem Atem und Geduld zur Verbesserung der Situation beitragen.
    Das Flüchtlingsproblem ist ein uraltes Problem dieser Menschheit. Vielleicht ist es gar nicht verkehrt, sich von Zeit zu Zeit daran zu erinnern, daß wir alle Jahre wieder erfahren, daß Gottes Sohn selber sein Leben als Flüchtling beginnen mußte.
    Im Mittelpunkt dieses Problems steht immer die Not des einzelnen und das Mitempfinden anderer. Deswegen ist zu Recht gesagt worden: Wo Flüchtlinge leben, lebt mit ihnen und in ihnen der Gedanke der Menschenwürde. Sich für Menschenwürde einzusetzen, das ist eine der höchsten Aufgaben, die unsere Verfassung uns allen hier gemeinsam gesetzt hat.
    Wenn dieses Haus diesen Beschluß heute einstimmig fassen wird,

    (Frau Olms [GRÜNE]: Nein, nicht!)

    wäre das ein gutes Zeichen, daß wir bei allen unterschiedlichen Auffassungen in Einzelfragen gewillt sind, diese Aufgabe als gemeinsame Herausforderung anzunehmen und nach besten Kräften zu ihrer Lösung beizutragen.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Bindig.

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    Rede von Rudolf Bindig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir die erschreckend hohe Zahl von 15 Millionen Flüchtlingen hören, dann ist es gut, sich zu vergegenwärtigen, daß hinter dieser großen Zahl so viele schreckliche Einzelschicksale stehen. Es ist gut, sich daran zu erinnern und immer im Kopf zu behalten, daß es die einzelne Frau ist, die sich aufmachen muß, ihre zwei Kinder nehmen und vielleicht einen langen Weg durch die Wüste antreten muß, um dann schließlich irgendwo in der Fremde den Versuch zu unternehmen unterzukommen. Ich glaube, daß dies die Motivkraft war, daß wir diesen Antrag hier einbringen und daß wir ihn hier weitgehend einmütig beraten und wohl verabschieden können.
    Es sind als Fluchtgrund im Antrag genannt: Verfolgung, Krieg, Bürgerkrieg, Menschenrechtsverletzungen und lebensbedrohende Not. Ich fand es gut, daß in den letzten beiden Reden der Blick auch auf die Ursachen hinter den Ursachen gerichtet worden ist, die im Antrag genannt sind.
    Da ist einmal die wachsende Problematik im Umweltbereich. Neuere Untersuchungen haben ergeben, daß etwa eine gleiche Zahl von Menschen, die durch die zuerst genannten Gründe auf der Flucht sind, bereits aus Umweltgründen auf die Flucht gehen mußten, teilweise im eigenen Land. Umweltkatastrophen und die Verödung ganzer Landstriche haben bereits mehr als 10 Millionen Menschen zu Flüchtlingen werden lassen, wobei als Umweltflüchtlinge sowohl diejenigen anzusehen sind, die vor plötzlichen Katastrophen, z. B. Überschwemmungen, außer Landes gehen müssen, als auch solche, die von langanhaltenden Umweltveränderungen durch den Vormarsch der Wüste in Afrika betroffen sind und deswegen fliehen.
    Eine weitere Ursache hinter den Ursachen ist — ich finde, daß mit Recht darauf hingewiesen worden ist — die ganze Problematik um Waffen, Bürgerkriege, Waffenhandel und Waffenexport. Das weist auch auf Probleme zurück, die es hier bei uns in der Bundesrepublik gibt.
    Der Antrag sagt etwas dazu, daß es erforderlich ist, humanitäre Hilfsmaßnahmen und Entwicklungsmaßnahmen möglichst organisch miteinander zu koppeln, um zu vermeiden, daß ein Zwischenbereich besteht, wo wenig an Hilfe geleistet werden kann. Ich glaube, daß hier ein echtes Problem aufgezeigt ist und daß es trotz vielfältiger positiver Bemühungen immer noch Schwierigkeiten gibt, es rein organisationstechnisch hinzubekommen; denn die humanitäre Hilfe und die Entwicklungszusammenarbeit unterliegen unterschiedlichen haushaltsrechtlichen und verfahrensmäßigen Bestimmungen.
    Humanitäre Hilfe soll Hilfe zum Überleben sein, also ad hoc in bestimmten Krisensituationen. Sie soll über private Träger und Regierungen kurzfristig realisierbar sein, während Mittel der Entwicklungszusammenarbeit grundsätzlich über Regierungen gehen, gegebenenfalls auch über private Träger, für Maßnahmen zur Förderung der Selbsthilfe.
    Typische Projekte, die es im Bereich der humanitären Hilfe gibt, sind Medikamentenlieferungen, Transportleistungen, Übernahme von Transportkosten, Ersatzteillieferungen, Zelte, Decken, Bekleidung und spezifische Nahrungsmittelhilfen während bei Entwicklungshilfemaßnahmen, die einen humanitären Charakter haben, besonders solche im Nahrungsmittelbereich, bei Ernährungssicherungsprogrammen, bei Agrarhilfen, bei der Trinkwasserversorgung und bei spezifischen Vorhaben zur Dorfentwicklung, aber auch im Berufsbildungswesen und bei arbeitsplatzschaffenden Vorhaben für Flüchtlinge in Entwicklungsländer zu nennen sind.
    Man bemüht sich, vieles miteinander abzustimmen. Trotzdem haben, als wir uns damit vor einigen Jahren im Ausschuß beschäftigt haben, die Nicht-Regie-



    Bindig
    rungsorganisation gesagt, sie spürten immer wieder, daß bestimmte Vorhaben zwischen die verschiedenen Bestimmungen fielen, nämlich dann, wenn sich Flüchtlinge längerfristig in einem Land aufhalten müßten und dort über eine längere Zeit — fünf, acht Jahre — versorgt werden müßten. Da gibt es keinen Partner, weil das Land, in dem sich die Flüchtlinge aufhalten, natürlich kein Regierungsabkommen über sie abschließen möchte. Es gibt nicht den traditionellen Entwicklungspartner, und für die Soforthilfemaßnahmen der humanitären Hilfe sind die Flüchtlinge zu lange in einem solchen Land.
    Deshalb werden wir an dem Punkt weiterarbeiten müssen: ob in die Bestimmungen, die wir haben, nicht noch etwas mehr Beweglichkeit kommen kann, zumal das eben auch von den Nicht-Regierungsorganisationen dringend gewünscht wird.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Ich habe mir dann noch einmal das Gesamtverhältnis angesehen: das, was in der Bundesrepublik für Flüchtlinge an Geld aufgewendet wird, und das, was insgesamt für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung gestellt wird. Die Entwicklungsleistungen aus dem Bundesetat machen, wenn wir alles zusammen nehmen, 8 Milliarden DM aus. Dann überlegen wir einmal, was für die 15 Millionen Flüchtlinge getan wird. Aus der humanitären Hilfe sind es zusammengenommen rund 100 Millionen DM, aus dem BMZ rund 125 Millionen DM. Nehmen wir die privaten Spenden noch dazu, dann kommen wir auf eine Größenordnung von immerhin 300 Millionen DM. Aber wenn man diese 300 Millionen DM in Beziehung setzt zu den 8 Milliarden DM in der Entwicklungshilfe, dann ist das nur rund der dreißigste Teil. Das liegt also bei knapp 3 %. Ob das richtig verteilt ist, ist angesichts der großen Notlagen eine Frage, über die wir wirklich nachdenken müssen.
    Man kann auch anders rechnen. Man kann fragen: Welchen Bedarf haben 15 Millionen Flüchtlinge eigentlich? 300 DM Monatsbedarf etwa. Das macht für alle Flüchtlinge, wenn man sie versorgen will, einen Bedarf von 54 Milliarden DM im Jahr. Davon decken wir aus der Bundesrepublik Deutschland — wenn ich das mit der ersten Berechnung verkoppele — rund den einhundertachtzigsten Teil. Von dem wirklichen Bedarf, den es auf der Welt für die Versorgung von Flüchtlingen gibt, übernimmt die Bundesrepublik den einhundertachtzigsten Teil, obwohl wir eine leistungsstarke Industrienation sind. Deshalb müssen wir prüfen, ob wir nicht mehr in diesen Bereich umschichten können, sei es, daß wir es im Entwicklungsetat machen, sei es, daß wir den Mut haben zu sagen, wir machen es im Etat für humanitäre Hilfe.
    Hier möchte ich dann gleich darauf hinweisen, daß der Etat im Bereich humanitäre Hilfe in diesem Jahr — das ist bereits jetzt vorhersehbar — in ausgesprochene Engpässe kommt. Im Zusammenhang mit Afghanistan stellt sich das große Problem, dort schwerpunktmäßig tätig zu werden. International sind 30 Millionen DM versprochen, aber im Haushalt sind nur 20 Millionen DM mehr eingestellt worden. Also müssen schon einmal 10 Millionen DM von dem üblichen Betrag genommen werden.
    Wenn man dann bedenkt, daß die 5%ige Kürzung im Haushaltsansatz, die alle Maßnahmen betrifft, greifen soll, daß für die Armenienhilfe bereits viel Geld ausgegeben worden ist, daß für die hohe Zahl der vietnamesischen Flüchtlinge etliches aufzuwenden ist, dann zeichnet sich jetzt schon ab, daß diese Gelder dort nicht reichen werden.
    Hinzu kommt noch das Namibia-Programm, kommen Versorgungsprogramme im Südsudan, kommen die Probleme des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz im Zusammenhang mit den Vietnamesen, kommen die Flüchtlingsprobleme der Kurden. Alles das macht es erforderlich, im Bereich der humanitären Hilfe mindestens 20 Millionen DM mehr zu mobilisieren. Wir müssen uns alle klarwerden — es ist ja schon angedeutet worden, daß es vielleicht einen Nachtragshaushalt geben wird, nicht zuletzt wegen des Bildungsbereichs — , daß wir hier tätig werden müssen, um eine entsprechende Ausstattung zu schaffen, um für die Flüchtlinge etwas tun zu können.

    (Beifall bei der SPD)

    Die ganze Problematik geht noch mit der Tatsache einher, daß der Spendenmarkt, weil eben für Armenien und bestimmte herausragende Themen so viel Geld mobilisiert worden ist, zurückgeht. Ich meinte, daß ich auch das unter dem Gesichtspunkt der Beiträge der Entwicklungshilfe zum Weltflüchtlingsproblem hier erwähnen sollte, weil dies von der Willensbildung, die wir vom Programmatischen her haben, auf die praktischen Probleme führt, die sich haushaltstechnisch und bei der Umsetzung hier bei uns ergeben. Wir müssen — das ist ja unsere ganze Zielsetzung — die von uns hier breit mitgetragenen Ziele dann auch wirklich technisch umsetzen, damit das geschieht, was wir wünschen.
    Vielen Dank, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)