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    Plenarprotokoll 11/120 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 120. Sitzung Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 8811A Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Wollny, Dr. Daniels (Regensburg), Weiss (München), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE GRÜNEN: Entzug der Betriebsgenehmigung für die Atomkraftwerke Biblis A und B und Sicherheitsüberprüfung deutscher Atomkraftwerke (Drucksache 11/3838) 8811B Tagesordnungspunkt X: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (Drucksachen 11/2972, 11/3005, 11/3859, 11/3860) Funk (Gutenzell) CDU/CSU 8811D Wimmer (Neuötting) SPD 8813 D Heinrich FDP 8816A Kreuzeder GRÜNE 8817 D Kißlinger SPD 8819B Dr. Blüm, Bundesminister BMA 8821 B Namentliche Abstimmung 8822 D Ergebnis 8828 C Tagesordnungspunkt VII: Beratung des Antrags der Abgeordneten Häfner und der Fraktion DIE GRÜNEN: Allgemeine namentliche Kennzeichnung von Polizeibeamten (Drucksache 11/2001) Häfner GRÜNE 8823 B Clemens CDU/CSU 8824 B Tietjen SPD 8825 B Dr. Hirsch FDP 8826 A Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . . 8827 C Tagesordnungspunkt XI: 1. Beratung des Antrags des Abgeordneten Volmer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Keine Verwendung tropischer Hölzer in bundeseigenen Einrichtungen (Drucksache 11/1838) 2. Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Laufs, Dr. Göhner, Harries, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Baum, Frau Dr. Segall, Wolfgramm (Göttingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Klima- und Artenschutz durch Erhaltung der tropischen Regenwälder (Drucksache 11/2010) 3. Beratung des Antrags der Abgeordneten Volmer, Dr. Knabe, Frau Eid und der Fraktion DIE GRÜNEN: Umfassender Schutz für die Trocken- und Feuchtwälder in den Ländern der Dritten Welt (Drucksache 11/2933) 4. Beratung des Antrags der Abgeordneten Schanz, Frau Adler, Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Erhaltung der tropischen Regenwälder zum Schutz einheimischer Bevölkerungen, des Klimas und der genetischen Artenvielfalt durch entwicklungspolitische Maßnahmen (Drucksache 11/3740) Klein, Bundesminister BMZ 8830 C Schanz SPD 8832 A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 Frau Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU . . 8834 C Volmer GRÜNE 8837 A Frau Dr. Segall FDP 8838 D Frau Dr. Hartenstein SPD 8840 A Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU . . . 8842 A Frau Folz-Steinacker FDP 8843 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 8845 A Tagesordnungspunkt XII: Beratung des Antrags der Abgeordneten Schmidbauer, Carstensen (Nordstrand), Dörflinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Baum, Kleinert (Hannover), Frau Dr. Segall, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffoxidemissionen aus Kraftfahrzeugen (Drucksache 11/3598) Schmidbauer CDU/CSU 8847 B Schütz SPD 8849 B Baum FDP 8851 B Brauer GRÜNE 8852 D Dr. Göhner CDU/CSU 8854 A Stahl (Kempen) SPD 8856 A Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . . 8856 D Tagesordnungspunkt XIII: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Lärmschutz an Bundesstraßen (Drucksache 11/2698) Weiss (München) GRÜNE 8859 B Harries CDU/CSU 8860 A Frau Faße SPD 8861 A Gries FDP 8861 D Nächste Sitzung 8862 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8863* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Schartz (Trier) (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit — Drucksachen 11/2972, 11/3005, 11/3859, 11/3860 — . 8863* B Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 8864* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 8811 120. Sitzung Bonn, den 20. Januar 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 20. 1. Frau Beck-Oberdorf 20. 1. Frau Berger (Berlin) 20. 1. Dr. Biedenkopf 20. 1. Börnsen (Ritterhude) 20. 1. Frau Conrad 20. 1. Conradi 20. 1. Cronenberg (Arnsberg) 20. 1. Engelsberger 20. 1. Eylmann 20. 1. Dr. Fell 20. 1. Fellner 20. 1. Gattermann 20. 1. Dr. Geißler 20. 1. Gröbl 20. 1. Grünbeck 20. 1. Frau Hämmerle 20. 1. Dr. Hauchler 20. 1. Dr. Hauff 20. 1. Heimann 20. 1. Frau Hensel 20. 1. Dr. Hüsch 20. 1. Ibrügger 20. 1. Frau Krieger 20. 1. Link (Diepholz) 20. 1. Louven 20. 1. Frau Dr. Martiny-Glotz 20. 1. Dr. Mertens (Bottrop) 20. 1. Mischnick 20. 1. Mitzscherling 20. 1. Dr. Müller 20. 1. Nagel 20. 1. Dr. Neuling 20. 1. Niegel' 20. 1. Oesinghaus 20. 1. Dr. Osswald 20. 1. Regenspurger 20. 1. Reschke 20. 1. Reuschenbach 20. 1. Rühe 20. 1. von Schmude* 20. 1. Dr. Schöfberger 20. 1. Schröer (Mülheim) 20. 1. Dr. Soell* 20. 1. Tillmann 20. 1. Dr. Todenhöfer 20. 1. Uldall 20. 1. Dr. Waffenschmidt 20. 1. Frau Wollny 20. 1. Wüppesahl 20. 1. Dr. Zimmermann 20. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Schartz (Trier) (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit - Drucksachen 11/2972, 11/3005, 11/3859, 11/3860 - Die Zielsetzung dieses Gesetzes, älteren aufgabewilligen Landwirten ohne Betriebsnachfolger eine Rente zu gewähren und sie damit sozial abzusichern, ist richtig und findet meine volle Unterstützung. Ich gebe diese persönliche Erklärung ab, weil ich die Bestimungen über die Abgabe der landwirtschaftlichen Betriebe, insbesondere der landwirtschaftlichen Nutzflächen, für falsch halte. Der Gesetzentwurf schreibt vor, daß die Abgabe des Betriebes sowohl in der Form der Verpachtung als auch in der Form der Flächenstillegung erfolgen kann. Werden die Flächen stillgelegt, so zahlt der Bund auf Antrag die Alterskassenbeiträge weiter, damit nach Vollendung des 65. Lebensjahres eine Rentensteigerung erfolgen kann. Wird die Fläche an andere Landwirte verpachtet, so zahlt der Bund nicht wie im Falle der Stillegung den vollen Alterskassenbeitrag - das sind immerhin 220 DM im Monat -, sondern nur die Hälfte dieses Betrages. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf der Bundesregierung hatte für den Fall der Verpachtung überhaupt keine finanzielle Hilfe des Bundes für die Weiterzahlung von Alterskassenbeiträgen vorgesehen. Nicht zuletzt auf Grund meiner Initiative und der anderer Kollegen aus der Koalition haben die Koalitionsfraktionen beschlossen, daß auch im Falle der Verpachtung der Bund die Hälfte der Alterskassenbeiträge weiterzahlt. Für diese Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Entwurf spreche ich meinen Kollegen in den Koalitionsfraktionen meinen Dank und meinen Respekt aus. Wenn ich trotzdem diese Bestimmungen nicht mittragen kann, so habe ich dafür folgende Gründe: Erstens. Es ist für mich unzweifelhaft, daß besonders in den kleinbäuerlich strukturierten Gebieten der Bundesrepublik die Produktionsaufgaberente am stärksten in Anspruch genommen wird. Sowohl die aufgebenden Betriebe wie die weiterwirtschaftenden Betriebe in diesen Regionen haben eine weit unterdurchschnittliche Größe. Wer in diesen Gebieten eine flächendeckende Landwirtschaft auf Dauer erhalten will, muß die weiterwirtschaftenden Betriebe sowohl der Fläche nach wie auch in der Produktionskapazität vergrößern. Um dies zu erreichen, ist der Übergang der landwirtschaftlichen Nutzflächen der aufgebenden Betriebe in die weiterwirtschaftenden Betriebe unbedingt notwendig. Die Tatsache, daß der Bund bei der Verpachtung der Fläche aus den Betrieben, die die Produktionsaufgaberente in Anspruch nehmen, nur die Hälfte der Alterskassenbeiträge zahlt, im Falle der Stillegung aber den ganzen Alterskassenbeitrag übernimmt, wird dazu führen, daß gerade dort, wo die weiterwirtschaftenden Betriebe noch vergrößert werden müssen, zu viele Flächen stillgelegt werden und 8864* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 damit nur eine ungenügende Möglichkeit für die Aufstockung dieser Betriebe verbleibt. Deswegen widerspreche ich mit allem Nachdruck den Bestimmungen der §§ 6 und 14 dieses Gesetzentwurfes. Ich halte sie für falsch. Die Lebensinteressen der weiterwirtschaftenden Betriebe in meiner Heimat und in allen benachteiligten Regionen der Bundesrepublik Deutschland und die Lebensinteressen der Junglandwirte haben bei mir einen absoluten Vorrang vor der Stillegung der Flächen und damit der Verringerung der Produktion. Zweitens. Einen weiteren Punkt möchte ich ansprechen. Offensichtlich hat die Bundesregierung die Absicht, eine 50 %ige Kürzung der Milchkontingente zugunsten des Bundes einzuführen, wenn diese Milchkontingente von einem die Produktionsaufgaberente beziehenden Betrieb auf einen weiterwirtschaftenden Betrieb übertragen werden. Auch dies halte ich für falsch. Eine Übersicht über die Verteilung der Milchkontingente innerhalb der Bundesrepublik Deutschland läßt deutlich erkennen, daß die Höhe der Milchkontingente in den weiterwirtschaftenden Betrieben der benachteiligten Gebiete weit unter der Höhe der Milchkontingente in anderen Regionen der Bundesrepublik Deutschland liegt. Ausgehend von der Annahme, daß gerade in den benachteiligten Regionen die Zahl der Produktionsaufgaberentenbezieher überdurchschnittlich hoch ist, würde ein 50 %iger Abzug bedeuten, daß dort ein weit überdurchschnittlicher Anteil an Milchkontingenten zugunsten des Bundes abgezogen wird. Dies würde den weiterwirtschaftenden Betrieben nur eine ungenügende Aufstokkungsmöglichkeit ihrer Milchkontingente ermöglichen und darüber hinaus die Gesamtproduktionskapazität dieser Gebiete, zu denen auch meine Heimat zählt, weit überdurchschnittlich schwächen. Aber gerade dort ist die Produktionskapazität heute schon weit unter dem Bundesdurchschnitt. Es gibt also zwei Gründe, die 50 %ige Kürzung von Milchkontingenten nicht durchzuführen. 1. Die notwendigen Aufstockungen der Milchkontingente in den weiterwirtschaftenden Betrieben könnten nicht durchgeführt werden, was insbesondere die Junglandwirte treffen würde und 2. die sowieso schon geringe Produktionskapazität dieser Gebiete würde weiter verringert und dadurch die gesamte Marktposition dieser Gebiete verschlechtert. Damit würden sowohl dem Einzelbetrieb wie der Landwirtschaft in den benachteiligten Regionen insgesamt die Möglichkeit einer Existenzsicherung für die Zukunft in nicht zumutbarer Weise erschwert. Deswegen appelliere ich in aller Eindringlichkeit an die Bundesregierung, diesen 50 %igen Abzug bei Übertragung von Milchquoten nicht vorzunehmen. Damit diese persönliche Erklärung nicht falsch interpretiert werden kann, möchte ich ausdrücklich feststellen, daß ich die von der Bundesregierung und dem Bundeslandwirtschaftsminister Ignaz Kiechle eingeführte neue Agrarpolitik in ihren Grundzügen für absolut richtig halte, und daß ich sie aus innerer Überzeugung mittrage. Ich fasse meine Meinung zusammen: Die Bestimmungen der §§ 6 und 14 des vorliegenden Gesetzentwurfes entsprechen nicht den Interessen der weiterwirtschaftenden Betriebe in den benachteiligten Regionen der Bundesrepublik Deutschland. Ich lehne sie ab. In der Gesamtabstimmung über diesen Gesetzentwurf werde ich dennoch meine Zustimmung geben, weil ich in dem Gesetz trotz der von mir aufgezeigten Fehler eine gute Grundlage sehe, den aufgabebereiten Bauern eine soziale Absicherung zu gewähren. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. Dezember 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen (Verbrauchsteueränderungsgesetz 1988 — VerbStÄndG 1988 —) Gesetz zu dem Beschluß des Rates zur Europäischen Gemeinschaft vom 24. Juni 1988 über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften Gesetz zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft in den Ländern Gesetz über die Umwandlung der Deutschen Pfandbriefanstalt in eine Aktiengesellschaft Gesetz zur Einordnung der Vorschriften über die Meldepflichten des Arbeitgebers in der Kranken- und Rentenversicherung sowie im Arbeitsförderungsrecht und über den Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags in das Vierte Buch Sozialgesetzbuch — Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung — Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten und zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung Gesetz zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes Gesetz zu den Protokollen vom 22. Januar 1988 zum Vertrag vom 22. Januar 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zusammenarbeit Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen Fünftes Gesetz zur Änderung des Weinwirtschaftsgesetzes Achtes Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes Gesetz zur Änderung asylverfahrensrechtlicher und ausländerrechtlicher Vorschriften Neuntes Gesetz zur Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes (9. ÄndG KgfEG) Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren und des Bundesberggesetzes Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1989 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1989) Gesetz über die Erhebung von Meldungen in der Mineralölwirtschaft (Mineralöldatengesetz — MinÖlDatG) Fünftes Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1988 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1988 — BBVAnpG 88) Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 8865* Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GesundheitsReformgesetz — GRG) Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989 (Haushaltsgesetz 1989) Gesetz über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte (Haushaltsbegleitgesetz 1989) Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand Zu den fünf letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt bzw. angenommen. Zum Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1988 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1988 — BBVAnpG 88): Der Bundesrat begrüßt, daß der Bundestag dem Begehren des Bundesrates (BR-Drs. 289/88 [Beschluß]) nachgekommen ist, die Beamten des Justizvollzugsdienstes mit den Beamten des Polizeivollzugsdienstes bei der Erhöhung von Erschwerniszulagen für Dienst zu ungünstigen Zeiten gleichzustellen. Der Bundesrat weist jedoch darauf hin, daß die Beamten im Einsatzdienst der Feuerwehr sich in der dienstlichen Beanspruchung zu ungünstigen Zeiten nicht von den Beamten mit vollzugspolizeilichen Aufgaben oder von den Beamten des Justizvollzugsdienstes unterscheiden. Vielfach sind Polizei und Feuerwehr gemeinsam zu ungünstigen Zeiten eingesetzt. Eine unterschiedliche Abgeltung dieser Dienste ist deshalb nicht gerechtfertigt. Der Bundesrat bittet aus diesen Gründen die Bundesregierung, § 4 Abs. 1 der Erschwerniszulagenverordnung entsprechend zu ändern. Zum Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz — GRG): 1. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Bundesregierung, daß es dringend notwendig ist, das Gesundheitssystem, dessen Kern das über 100jährige System der gesetzlichen Krankenversicherung ist, insgesamt zu reformieren. Um das hohe Niveau unseres Gesundheitswesens zu erhalten, duldet die Verabschiedung des Gesundheits-Reformgesetzes keinen Aufschub. Der Bundesrat begrüßt, daß mit dem Gesundheits-Reformgesetz ein Einstieg in eine Gesundheitspolitik erfolgt, welche Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit des Gesundheitswesens dauerhaft miteinander verbinden soll. Besonders positiv ist, daß die Reform bei der Absicherung der Gesundheitsrisiken eine Umschichtung von den kleinen, dem Verantwortungsbereich des einzelnen zuzumutenden Risiken zu den großen Risiken vornimmt. Dies gilt insbesondere für die neu eingeführten Leistungen bei der Absicherung des Pflegefallrisikos und in der Gesundheitsvorsorge. Dadurch werden Einschränkungen in anderen Bereichen gerechtfertigt. — Organisationsrecht Das Gesetz kann nicht das Ende der Reformbemühungen um das Krankenversicherungssystem darstellen. Es ist eines der gravierendsten Probleme, daß sich die Beitragssätze der verschiedenen Krankenkassen aufgrund der Veränderungen bei den Risikostrukturen immer weiter auseinanderentwickeln. Die erheblichen Beitragssatzunterschiede führen zu weiteren Wettbewerbsverzerrungen und Verschlechterungen der Mitglieder- und Leistungsstrukturen insbesondere der Ortskrankenkassen. Sie gefährden von daher den Bestand des gegliederten Systems der Krankenversicherung. Der Bundesrat fordert deshalb die Bundesregierung auf, die angekündigte Organisationsreform der Krankenversicherung noch in dieser Legislaturperiode zu verwirklichen. — Einstieg in die Absicherung des Pflegefallrisikos Der Bundesrat begrüßt, daß das Gesetz die neue Herausforderung des Pflegefallrisikos annimmt und einen Beitrag der Krankenkassen bei der Absicherung dieses Risikos in der häuslichen Umgebung vorsieht. — Häusliche Krankenpflege Auch im übrigen muß es das Ziel sein, alle Möglichkeiten der ambulanten Krankenversorgung auszuschöpfen und stationäre Behandlungen auf den notwendigen Umfang zu beschränken. Die Behandlung in der häuslichen Umgebung ist nicht nur billiger, sondern auch humaner als eine Krankenhausunterbringung. Aus diesem Grund muß sichergestellt sein, daß die für die Gewährung der häuslichen Krankenpflege erforderliche Feststellung der sonst notwendigen Krankenhauseinweisung durch den medizinischen Dienst nicht letztlich aufgrund eines umständlichen Prüfungsverfahrens doch zu einer Krankenhauseinweisung führt. Der Bundesrat geht deshalb davon aus, daß die in § 37 Abs. 1 Satz 4 SGB V vorgesehene Prüfung durch den medizinischen Dienst nur ausnahmsweise eine Vorstellung des Patienten und seine körperliche Untersuchung erforderlich macht. — Sicherstellung der Versorgung psychisch Kranker Der Bundesrat begrüßt, daß mit dem Gesundheits-Reformgesetz die in den letzten Jahren zu verzeichnenden Verbesserungen bei der Versorgung psychisch Kranker weiter verfolgt werden. Auch wenn die für notwendig gehaltenen weiteren Schritte erst dann vorgenommen werden sollen, wenn die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung des Modellprogramms und die Reformvorschläge der Expertenkommission vorliegen, so muß doch sichergestellt sein, daß durch das Gesundheits-Reformgesetz der bisherige Leistungsumfang der Krankenkassen auch bei der Behandlung psychisch Kranker nicht eingeschränkt wird. — Zahnersatz, § 30 SGB V Es ist positiv anzumerken, daß bei der Versorgung mit Zahnersatz gegenüber der ursprünglichen Gesetzesfassung nunmehr Verbesserungen eingetreten sind. Die Beteiligten werden jedoch aufgefordert, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß die Patienten nicht infolge des Kostenerstattungsprinzips für den von den Krankenkassen zu tragenden Kostenanteil zunächst in Vorlage treten müssen. — Härteregelungen, §§ 61, 62 SGB V Der Bundesrat begrüßt, daß durch umfassende Härte- und Sozialklauseln eine übermäßige Belastung der Versicherten durch Eigenbeteiligungen vermieden wird. Hierdurch ist gewährleistet, daß jeder, unabhängig von seinem Einkommen, eine auch unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts notwendige Versorgung erhält. Der Bundesrat fordert die Krankenkassen jedoch auf, sicherzustellen, daß die Versicherten schnell und unbürokratisch die Befreiungsregelungen in Anspruch nehmen können und so vor unzumutbaren Belastungen geschützt werden. Dabei ist darauf zu achten, daß das Vertrauensverhältnis zwischen Krankenkassen und Patienten nicht beeinträchtigt wird. — Medizinischer Dienst Der Bundesrat ist der Auffassung, daß von der Einschaltung des neu eingeführten medizinischen Dienstes sparsam und zurückhaltend Gebrauch gemacht werden sollte. Bei der Einrichtung dieser Dienste ist jede überflüssige bürokratische Organisation zu vermeiden. 2. Zu Artikel 1 § 35 Der Bundesrat schließt sich der vom Deutschen Bundestag an die Bundesregierung gerichteten Bitte an, über die Auswirkungen der Festbeträge bei Arzneimitteln nach § 35 Abs. 1 bis 3 und Abs. 5 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GRG) zu berichten. Er ist jedoch der Auffassung, daß im Hinblick auf die Bedeutung dieser Vorschriften der Bericht bereits nach zwei Jahren erstattet werden sollte. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in diesem Bericht insbesondere auf folgende Punkte einzugehen: 1. Stand der Umsetzung des § 35 GRG und Ausgabenentwicklung der Gesetzlichen Krankenversicherung für Arzneimittel, 2. angewandte medizinisch-wissenschaftliche Kriterien bei der Bildung der Arzneimittelgruppen nach § 35 Abs. 1 GRG, 8866* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 3. Schwierigkeiten bei der Umsetzung des § 35 Abs. 1 bis 3 und Abs. 5 GRG, 4. Auswirkungen auf die Patientenversorgung und die ärztliche Therapie sowie die Verordnungsweise der Ärzte, 5. Auswirkungen auf das Verhalten der Versicherten, insbesondere die Anreizfunktion und die Akzeptanz der Festbeträge, 6. Auswirkungen auf die für den medizinischen Fortschritt entscheidende Forschungs- und Innovationsfähigkeit der Arzneimittelhersteller, 7. Auswirkungen auf den Wettbewerb unter den pharmazeutischen Unternehmen und das Preisniveau für Arzneimittel. Darüber hinaus hält der Bundesrat wegen der erheblichen Verunsicherung der an der Arzneimittelversorgung Beteiligten eine baldige Vorlage der Kriterien für die Umsetzung des § 35 GRG für geboten. Die Bundesregierung wird gebeten, darauf hinzuwirken, daß alsbald dargelegt wird, welche konkreten Vorstellungen in diesem Zusammenhang bestehen, insbesondere — welche Arzneimittel/Arzneimittelgruppen nach dem derzeitigen Stand der Überlegungen betroffen sein werden, — wann für diese jeweils mit einer Festbetragsregelung zu rechnen ist, — nach welchen Bemessungskriterien die Höhe des jeweiligen Festbetrags bestimmt werden soll, — welche Schritte nach Ablauf der Frist für die Festlegung der Festbeträge nach § 213 Abs. 3 GRG beabsichtigt sind. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung weiterhin, bei der Realisierung des EG-Binnenmarktes darauf hinzuwirken, daß für Arzneimittelhersteller in den Europäischen Gemeinschaften gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden, um dadurch die Attraktivität der Bundesrepublik Deutschland als Industriestandort zu erhalten. Der Bundesrat wiederholt in diesem Zusammenhang seine Bitte, die patentschutzrechtlichen Regelungen für Arzneimittel in die Überprüfung einzubeziehen und auch hierüber zu berichten. Zum Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989 (Haushaltsgesetz 1989): 1. Der Bundesrat stellt fest, daß mit dem Bundeshaushalt 1989 trotz des überproportionalen Anstiegs der Ausgaben der Kurs verantwortungsbewußter Verwendung öffentlicher Mittel und damit die 1983 begonnene Haushaltskonsolidierung fortgesetzt wird. Die überproportionale Ausgabensteigerung für 1989 beruht auf Sonderumständen und stellt keine Abkehr von der auf Konsolidierung ausgerichteten Haushaltspolitik dar. Vor allem der zur Vermeidung einer Beitragsanhebung zwangsläufig erhöhte Bundeszuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit und die Finanzierung der Finanzhilfen zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft in den Ländern zwingen zu einem vorübergehend höheren Ausgabenanstieg. Das Festhalten an diesem Kurs und an der Steuerentlastung hat bereits im Verlaufe dieses Jahres entscheidend zu der feststellbaren wirtschaftlichen Belebung beigetragen. Die günstige wirtschaftliche Entwicklung wird im nächsten Jahr zu beträchtlichen Steuermehreinnahmen führen. Deshalb kann die Nettokreditaufnahme deutlich zurückgeführt werden. 2. Der Bundesrat hält nach wie vor daran fest, daß die Aufgabe des sozialen Wohnungsbaues, unabhängig von der Aufnahme von Aussiedlern und Zuwanderern, angesichts des regional weiterhin bestehenden hohen Bedarfs an preiswertem Wohnraum, keineswegs abgeschlossen ist. Er kann daher einen einseitigen Rückzug des Bundes in diesem Bereich nicht hinnehmen. Der Bundesrat erwartet, daß die Bundesregierung in künftigen Haushaltsplänen entweder wieder ausreichende Bundesmittel bereitstellt oder zu Verhandlungen über eine Entflechtung dieser Mischfinanzierung gegen angemessenen Ausgleich bereit ist. 3. Bezüglich der beschlossenen globalen Minderausgaben bekräftigt der Bundesrat seine Erwartung, daß die Bundesregierung beim Vollzug darauf Rücksicht nimmt, daß die Haushaltspläne gemeinsam finanzierter Einrichtungen nur einvernehmlich geändert werden können und einseitige Kürzungen insoweit unterbleiben. Der Bundesrat geht davon aus, daß die gemeinsam finanzierte überregionale Forschungs- und Kulturförderung von der im § 4 Abs. 11 Haushaltsgesetz vorgesehenen Sperre nicht betroffen wird, und bittet die Bundesregierung, die hierauf entfallenden Kürzungsbeträge an anderer Stelle zu erbringen. Dies gilt namentlich für die Max-PlanckGesellschaft, aber ebenso für die anderen gemeinsam von Bund und Ländern geförderten Einrichtungen der sogenannten Blauen Liste und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Zum Gesetz über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte (Haushaltsbegleitgesetz 1989): 1. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im ersten Halbjahr 1990 über die Entwicklung des Aufkommens an Quellensteuer in den Ländern und die Auswirkungen auf den Länderfinanzausgleich und die Bundesergänzungszuweisungen zu berichten. 2. Weiter wird die Bundesregierung gebeten, eine Änderung der Umsatzsteuer-Richtlinien unverzüglich vorzulegen des Inhalts, in Abschnitt 149 Absatz 9 den Vervielfältiger zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Umsätze aus Geldspielautomaten ohne verplombte Zählwerke von bisher 1,5 auf 2,5 zu erhöhen. Zum Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand: Der Bundesrat stimmt dem Ziel des Gesetzes, die bewährten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen auch für die Zukunft zu sichern, gleichzeitig jedoch das Defizit der Bundesanstalt für Arbeit zu begrenzen, grundsätzlich zu. Pauschale Kritik an dem Gesetz ignoriert, daß der derzeitigen Finanzsituation der Bundesanstalt für Arbeit Leistungsverbesserungen im Umfang von mehreren Milliarden vorausgegangen sind. Zu nennen sind insbesondere — die sog. Qualifizierungsoffensive, — die Verlängerung des Arbeitslosengeldbezugs für „ältere Arbeitslose", — die Verbesserung der Relation zwischen Beitragszeit und Bezugsdauer von Arbeitslosengeld und — die Ausweitung der Beschäftigung in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Von diesen Leistungsverbesserungen konnten viele Arbeitnehmer profitieren. Die Eintritte von Teilnehmern in Maßnahmen der beruflichen Fortbildung und Umschulung stiegen von 265 000 (1982) auf 596 400 (1987), die jährliche durchschnittliche ABM-Beschäftigung im gleichen Zeitraum von 29 200 auf 114 700. Der Bundesrat begrüßt, daß die Bundesregierung zum Ausgleich des für 1989 auf rund 5,9 Milliarden DM geschätzten Defizits in Anerkennung ihrer Verantwortung einen Zuschuß von 4 Milliarden DM an die Bundesanstalt für Arbeit erbringen wird, Er begrüßt auch, daß durch die mit der 9. Novelle zu erwartende Entlastung der Bundesanstalt für Arbeit um 1,26 Milliarden DM und den Bundeszuschuß die Beitragssatzstabilität sichergestellt werden kann. Er hält dies für einen wesentlichen beschäftigungspolitischen und zugleich das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft fördernden Beitrag. Er erwartet aber, daß die Bundesregierung überprüft, ob die Verlagerung der Finanzverantwortung für die Sprachförderung auf die Bundesanstalt für Arbeit angesichts der hohen Ausiedlerzahlen aufrecht erhalten werden kann. Der Bundesrat hält jedoch zwei der vorgesehenen Maßnahmen für bedenklich: — Im Bereich der beruflichen Bildungsmaßnahmen hätte eine Konsolidierung der Ausgaben auch ohne Gesetzesänderung herbeigeführt werden können. Insbesondere hätte auf eine Umwandlung des Rechtsanspruchs auf Erstattung von Maßnahmekosten in eine Ermessensleistung der Arbeitsämter verzichtet werden können. Die von der Bundesanstalt für Arbeit bereits eingeleiteten Schritte haben gezeigt, daß durch die strikte Anwendung des vorhandenen Instrumentariums, gegebenenfalls durch eine zusätzliche Konkretisierung der Anordnung, die Entwicklung bei den freien Trägern gesteuert, die Kostenentwicklung insgesamt begrenzt und wieder Raum für mehr Auftragsmaßnahmen für Arbeitslose gewonnen werden kann. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 8867* — Die vorgesehene Änderung der Rahmenregelung für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wird zu einer Verschlechterung für schwer vermittelbare Arbeitslose und Träger von Maßnahmen in den meisten Landesarbeitsamtsbezirken führen, Die angestrebte Konsolidierung könnte auf weniger einschneidende Weise erreicht werden, wenn in allen Landesarbeitsämtern gleiche Maßstäbe bei der Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen angewendet würden. Insgesamt gesehen kann es nicht hingenommen werden, daß die Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik zunehmend den Charakter von Strukturhilfeinstrumenten erhalten. Vielmehr ist die Zielgruppenorientierung aller im AFG enthaltenen Maßnahmen eine unabdingbare Grundlage des AFG, die keinesfalls aufgeweicht werden darf. Der Bundesrat erwartet, daß die mit den Maßnahmen der 9. Novelle zum AFG beabsichtigte qualitative Konsolidierung, die er im Grundsatz bejaht, im tatsächlichen Vollzug nicht zu unvertretbaren Folgen im Wirkungsbereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik führt. Er erwartet, daß dem insbesondere bei der Umsetzung der Einsparauflage von 540 Millionen DM für den Haushalt 1989 der Bundesanstalt für Arbeit Rechnung getragen wird, also die aktiven Instrumente der Arbeitsmarktpolitik möglichst gering berührt werden. Er geht davon aus, daß die Bundesregierung zusätzliche Haushaltsmittel für den Fall bereitstellt, daß die Wirkungen auf dem Arbeitsmarkt nicht den Annahmen entsprechen, die der vorliegenden Novelle in diesen Punkten zugrunde liegen. Im Hinblick auf die mit der Konsolidierung der Leistungsfähigkeit der Bundesanstalt für Arbeit verbundenen Änderungen des Arbeitsförderungsgesetzes erwartet der Bundesrat zum 1. Mai 1990 einen Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der 9. Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz. Der Bericht soll darlegen, inwieweit es gelungen ist, die Leistungsfähigkeit der Bundesanstalt für Arbeit auf hohem Niveau zu erhalten, die Förderungsstrukturen stark auf die eigentlichen Zielgruppen des Arbeitsförderungsgesetzes zu konzentrieren und eine regional angemessene Verteilung der Förderungsmittel sicherzustellen. Dazu erwartet der Bundesrat Auskunft — wie sich die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in quantitativer Hinsicht entwickelt haben und wie sich die regionale Verteilung der zu 100% geförderten Maßnahmen im Vergleich zum 31. Dezember 1988 darstellt, — ob der Anteil der arbeitslosen, von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedrohten und ungelernten Arbeitnehmer an den beruflichen Bildungsmaßnahmen erhöht und damit der eigentliche Auftrag der Arbeitsförderung wieder stärker zur Geltung gebracht werden konnte, — wie sich die Leistungsänderungen im Bereich Fortbildung und Umschulung auf die Bereitschaft von Frauen zur Teilnahme an entsprechenden Kursen ausgewirkt haben und — welche ersten Erfahrungen mit der Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vorliegen. Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 18. Januar 1989 mitgeteilt, daß sie ihren Antrag „Erweiterung des Untersuchungsauftrages für den 2. Untersuchungsausschuß gem. Drucksache 11/1680 und 11/1683 (neu)" auf Drucksache 11/3658 zurückzieht. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Haushaltsausschuß Drucksache 11/2629 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/2714 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Haushaltsausschuß Drucksache 11/2198 Nr. 2.1 Drucksache 11/2465 Nr. 2.2 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/2465 Nr. 2.25, 2.26 Drucksache 11/2724 Nr. 33 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 11/2724 Nr. 34 Drucksache 11/3021 Nr. 2.14 Drucksache 11/3200 Nr. 2.32
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Gerhart Rudolf Baum


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schütz, unser Antrag ist ja gerade eine Reaktion auf die Entscheidung in Brüssel. Wir sind mit dieser Entscheidung nicht zufrieden, und wir haben uns gemeinsam überlegt, was angesichts der steigenden NOx-Emissionen bei Kraftfahrzeugen, insbesondere bei Lastkraftwagen getan werden kann.
    Warum erwecken Sie den Eindruck, als gäbe es in unserem Lande kein Tempolimit? Es gibt in dem künftig entscheidenden Sektor der NOK-Emissionen bei Lastkraftwagen ein Tempolimit, nämlich 80 km/h. Dieses Tempolimit wird leider nicht eingehalten. Deshalb fordern wir hier wirklich drastische Kontrollen, denn die Emissionen der Lastkraftwagen steigen schlagartig an, wenn sie über 80 km/h fahren. Das heißt, wenn Sie 100 km fahren, emittieren Sie schon wesentlich mehr als bei 80 km. Das Problem im Zusammenhang mit dem Tempolimit, worüber wir auch beim Pkw diskutiert haben, ist nur durch Kontrolle zu lösen. Es ist mit Recht darauf hingewiesen worden: Wenn nicht konsequent jeder Pkw 100 km fährt, ist der Effekt relativ gering. Bei 110 km ist er schon wesentlich geringer als bei 100 km. Die Lebenserfahrung zeigt, daß die Wirklichkeit auf unseren Straßen leider ganz anders aussieht. Das Heil in einem Tempolimit zu suchen ist falsch. Deshalb suchen wir nach realistischen Lösungen, um die Probleme im Zusammenhang mit NOx zu beseitigen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von den GRÜNEN und der SPD)

    Wir haben es mit der Europäischen Gemeinschaft zu tun. Wir alle müssen respektieren, daß Staaten, mit denen wir erfreulich auf den Binnenmarkt hin zusammenarbeiten, in der Umweltpolitik andere Vorstellungen haben.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Aber die Bundesregierung!)

    Das bedeutet, daß wir die Bundesregierung stützen, wenn sie unsere Vorschläge vertritt. Herr Töpfer hat einer Einigung zugestimmt. Er mußte auf Grund des Verhandlungsstandes, der Verhandlungssituation entscheiden, wie weit er gehen konnte. Er hat eine europaweite Einigung akzeptiert. Aber das entbindet uns doch nicht, nun unsererseits das zu tun, was wir begleitend in unserem Lande tun müssen und tun können.
    Herr Kollege Schütz, es gibt jetzt Hinweise, daß es möglicherweise geht, daß wir in einem nationalen Alleingang den Dreiwegekatalysator für verbindlich erklären können. Wir wären die letzten, die uns dem entziehen würden. Ich habe es x-mal gefordert, daß wir es tun.
    Wir wollen natürlich auch, daß die deutschen Automobilhersteller möglichst nur Fahrzeuge mit Dreiwegekatalysator anbieten, vor allen Dingen im Sektor der Kleinfahrzeuge. Ich möchte mit meiner Fraktion auch, daß wir die Steuervorteile, die wir noch über die Zeiträume hinaus verlängern wollen, die jetzt vorgesehen sind, an den machbaren Stand der Technik knüpfen, also an den geregelten Dreiwegekatalysator. Sie brauchen uns da doch nicht zu überzeugen. Wir wollen das Kraftfahrzeug mit dem geregelten Dreiwegekatalysator auf dem deutschen Markt mit allen nur verfügbaren Mitteln fördern. Das ist der Inhalt unseres Antrages.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Das tun Sie aber nicht! — Wo steht das denn?)




    Baum
    — Das steht ganz deutlich drin. Das ist die Quintessenz unseres Antrages.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Sie wird aufgefordert zu prüfen!)

    — Nein, das ist die Quintessenz unseres Antrages. Dann nehmen Sie es als Quintessenz der Position der FDP. Aber es steht auch so drin.
    Nun noch ein Wort zur Europäischen Gemeinschaft. Was Herr Delors gesagt hat, haben auch wir positiv aufgenommen. Es ist jetzt wirklich an der Zeit, daß auch die Kommission in der durch die Europäische Akte auch rechtlich veränderten Situation den Umweltschutz zu einem integralen Bestandteil ihrer Politik macht. Das bedeutet, daß das Bewußtsein, die Bewußtseinsänderung in Europa, auch von der Kommission positiv beeinflußt wird und daß sich die Kommission bemüht, die eine bestimmte Rolle im EG-Vertrag hat, auch hier eine Dynamik hineinzubringen. Sie spielte diese Rolle im Bereich des Umweltschutzes bisher nicht überzeugend.
    Wir haben eine Reihe von Vorschlägen gemacht. Herr Schmidbauer hat sie schon angeführt. Wir wollen die Dieselpartikel bei Kraftfahrzeugen herabgesetzt wissen. Wir wollen die Herabsetzung der gasförmigen Emission bei Lkw. Das ist übrigens alles ein Feld auch der möglichen freiwilligen Tätigkeit unserer Kraftfahrzeughersteller. Die Bundesregierung sollte ihre Bemühung fortsetzen, Herr Töpfer, mit diesen deutschen Kraftfahrzeugherstellern zu einer Einigung zu kommen.
    Im übrigen bedauere ich es, daß wir bei der Grundsatzentscheidung, mit dem Binnenmarkt unsere Straßen weitgehend für ausländische Kraftfahrzeuge zu öffnen, kein Junktim verbunden haben, daß diese Fahrzeuge obligatorisch einen bestimmten Standard erfüllen müssen, bevor sie in die Bundesrepublik einfahren oder überhaupt in der EG fahren können.
    Wir wollen die Erweiterung der Testverfahren. In unserem Antrag haben wir eine Reihe von Einzelheiten, die ich jetzt nicht mehr aufführen möchte.
    Ein Thema möchte ich besonders herausgreifen. Wir sind der Meinung, daß wir Anreize schaffen müssen, was in der Umweltpolitik, meine ich, bisher überhaupt zu kurz gekommen ist. Solche Anreize müssen es lohnend und interessant machen, sich umweltfreundlich zu verhalten. Das ist auf diesem Felde zunächst einmal die Steuerpräferenz, die wir für das Kraftfahrzeug haben, die wir verlängern wollen. Ich stelle mir eine EG-weite Abgassteuer vor, eine am Schadstoffparameter angesetzte Steuerbelastung.

    (Sehr gut! bei den GRÜNEN)

    Es gibt bisher Benutzervorteile bei Smog. Herr Töpfer, Sie haben gerade Eckwerte für eine Novellierung des Bundesimmissionsgesetzes vorgelegt. Ich bin sehr dafür, diese Benutzervorteile und Benutzernachteile zu erweitern. Wer dieses umweltfreundliche Auto nicht fährt, kann also unter bestimmten Bedingungen in Stuttgart oder in Köln nicht einfahren.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    Es geht darum, daß wir den, der sich umweltfreundlich verhält, dafür belohnen. Diese vom Stuttgarter
    Regierungspräsidenten ausgelöste Diskussion hat ja schon zu einer kleinen Änderung des Kaufverhaltens geführt.
    Ich meine also, wir wollen mit diesem Antrag nicht nur die Bundesregierung stützen und ermutigen. Wir wollen auf die Länder Einfluß nehmen. Wir appellieren an die Automobilindustrie. Wir appellieren nicht zuletzt an den Käufer von Automobilen. Diese Werbeaktion ist notwendig. Aber ich meine, es ist etwas deprimierend, daß es einer zusätzlichen Werbeaktion bedarf.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Denn die Aussage des Waldschadensberichts wird ja, wie sämtliche Umfragen sagen, von allen übereinstimmend als negativ empfunden. Die Leute wissen im Grunde Bescheid. Wir haben Anreize geschaffen, daß der, der das umweltfreundliche Auto kauft, belohnt wird. Gut, wenn es nicht anders möglich ist, müssen wir eine Werbeaktion durchführen. Aber das zeigt, daß viele Menschen zwar abstrakt für den Umweltschutz sind, jedoch nicht unbedingt konsequent handeln, wenn es um eine Entscheidung geht, die sie selber zu treffen haben.
    Wir wollen und wir werden — das sage ich Ihnen für die Koalition — die Initiative auf diesem Gebiet, wie übrigens auch auf anderen Gebieten, nicht aus der Hand geben.

    (Lachen des Abg. Brauer [GRÜNE])

    Die Koalitionsfraktionen haben hier einen wichtigen Antrag vorgelegt, dem sich die Opposition eigentlich nicht entziehen kann.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Brauer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Jochim Brauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Im vorliegenden Antrag machen die Koalitionsfraktionen deutlich, daß nun auch sie mit einer weiteren Zunahme von Schadstoffemissionen im Verkehrsbereich rechnen. Sie räumen ein, der Waldschadensbericht der Bundesregierung sowie der Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre" machten deutlich, daß insbesondere die für den Wald und das Klima schädlichen Stickoxidemissionen weiter reduziert werden müssen. So steht es im ersten Teil des Antrags.
    Damit geben die CDU/CSU und die FDP zu, daß die Umweltpolitik der Bundesregierung in einem zentralen Bereich, nämlich dem Kampf gegen das Waldsterben, gescheitert ist.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Frau Dr. Hartenstein [SPD]: So ist es!)

    Erinnern wir uns an die Regierungsversprechungen. Vier nenne ich.

    (Zuruf von der SPD: Lieber nicht!)

    Erstens. Prognose der Bundesregierung vom Oktober 1985: Rückgang der Stickoxidemissionen infolge



    Brauer
    der steuerlichen Förderung des sogenannten abgasarmen Pkw bis 1988 um 25 %, bis 1995 sogar um 57 % gegenüber 1982. Tatsächliche Entwicklung 1982 bis 1988: Zunahme um 12 %.
    Zweitens. Prognose der Bundesregierung in ihrem Nutzfahrzeugkonzept vom August 1985 für Lkw: Ab 1. 1. 1986 als freiwillige Leistung der Autoindustrie Senkung der Stickoxidwerte um 100 000 t jährlich. Tatsächlich haben die Stickoxidemissionen seit 1983 bis heute kontinuierlich um insgesamt 100 000 t zugenommen und werden selbst nach Schätzungen des Umweltministers bis 1998 um weitere 250 000 t zunehmen.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: So ist es!)

    Drittens. Auch der Ausstoß der krebserzeugenden Dieselpartikel wird sich von derzeit 55 000 t jährlich auf mehr als 70 000 t im Jahr 2000 erhöhen.
    Viertens. Schließlich sind auch die Prognosen der Bundesregierung über den Haufen geworfen worden, die sie noch im Mai 1986 in ihrer „innenpolitischen Leistungsbilanz" abgegeben hat. Demnach sollte eine Abnahme der Stickoxidemissionen von 3,1 Millionen t im Jahr 1982 auf unter 2,5 Millionen t im Jahr 1988 stattfinden. Tatsächlich stehen wir heute bei einem Gesamtausstoß von über 3,1 Millionen t.
    Dies zeigt, daß die Bundesregierung die Öffentlichkeit mit ihrer Ankündigungspolitik getäuscht hat, und zwar mit Prognosen und falschen Zahlenspielen, die damals bereits als Tatsachen ausgegeben wurden.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Kommt nun, nachdem die Koalitionsfraktionen offenbar den umweltpolitischen Scherbenhaufen der Regierung wahrgenommen hat, die große Läuterung? Werden jetzt endlich Maßnahmen gefordert, die das Waldsterben bremsen können und die die ozonverpestete Luft in unseren Ballungsgebieten entgiften helfen? Immerhin werden einige Maßnahmen aufgelistet, die wir von dieser Stelle aus seit Jahren schon gefordert haben. So soll ein Testzyklus im Hochgeschwindigkeitsbereich für Pkw eingeführt werden.

    (Dr. Knabe [GRÜNE]: Das ist vernünftig!)

    Wir haben schon vor zwei Jahren nachgewiesen, daß die Autoindustrie mit Trickschaltern wie diesem hier für einen erhöhten Schadstoffausstoß oberhalb der heute gültigen Testgeschwindigkeiten sorgt.
    Immerhin soll der geregelte Drei-Wege-Kat europaweit eingeführt werden, und immerhin sollen zusätzliche Anreize für die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene geschaffen werden.
    Aber schon bei der Forderung nach — immerhin — drastischer Herabsetzung der Abgasgrenzwerte für Lkw verfallen die Koalitionsfraktionen wieder in Täuschungsmanöver. Wieder wird behauptet, es sei am 3. Dezember 1987 durch EG-Richtlinie eine 20 %ige Herabsetzung der Stickoxidemissionen bei Lkw beschlossen worden. Das ist falsch. Beschlossen wurde eine Senkung der Grenzwerte von vormals 18 g pro kWh auf jetzt 14,4 g. Die Brummis halten aber ohnehin seit Jahren schon Werte ein, die deutlich unter 11 g pro kWh liegen. Daher ist diese Lkw-Richtlinie
    nur eine Scheinmaßnahme, die kein Gramm Schadstoff reduzieren hilft.
    Der Forderung nach verstärkten Geschwindigkeitskontrollen bei Lkw setzen wir unsere Forderung nach Temporeglern entgegen, die eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit erst gar nicht zulassen. In Frankreich sind solche Regler seit Jahren im Einsatz.
    Das eigentliche Anliegen dieses hier von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Antrags entlarvt sich, wenn von der Bundesregierung gefordert wird, einen bundesweiten Werbefeldzug für „umweltfreundliche" Neuwagen durchzuführen. Die Käufer von Neuwagen sollen damit überzeugt werden, daß sie zugleich die neueste Technik mit entsprechenden Vorteilen für Fahrverhalten, Beschleunigung und Kraftstoffverbrauch erwerben.
    Das Parlament soll dadurch als Lobby für die Automobilindustrie mißbraucht werden. Die Bundesregierung soll sich als Werbeagentur für die Absatzsteigerung von Pkw betätigen.

    (Schmidbauer [CDU/CSU]: Oje!)

    Obwohl eine Entziehungskur für diese automobilsüchtige Gesellschaft aus ökologischen Gründen geboten wäre, will die Regierungskoalition die Autoproduktion weiter anheizen.
    Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, es in diesem Zusammenhang überhaupt zu wagen, von einem umweltfreundlichen Auto zu sprechen, ist dreist.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Das gibt es nicht!)

    Umweltfreundliche Autos gibt es doch überhaupt nicht!

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Sie bezeichnen ein abgasärmeres Auto als umweltfreundlich und zeigen damit, daß Sie nicht kapiert haben, was der Begriff „Umwelt" bedeutet,

    (Baum [FDP]: Das ist doch relativ gemeint!)

    nämlich die Gesamtzusammenhänge, die Gesamtbilanz — und die ist eindeutig negativ: Rohstoff- und Energieverbrauch bei der Produktion, beim Betrieb, Klimabelastung, Verkehrstote, Lärm, Landschaftsverbrauch usw.
    Um Ihren sehr eingegrenzten umweltpolitischen Blickwinkel in Sachen Stickoxid-Emissions-Verminderung ein wenig zu öffnen, weise ich zum Abschluß dieses Beitrags auf ein weiteres Problem hin: Als Folge Ihrer Agrarpolitik mußten immer mehr Stickstoff-Mineral-Dünger eingesetzt werden. Durch Umwandlungsprozesse wird die Luft nicht nur mit NO und NO2, sondern auch noch mit Distickmonoxid, den Stickstoffverbindungen Salpetersäure, salpetriger Säure und Ammoniak belastet.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Genau!)

    Aus den ersten Untersuchungen zeichnet sich ab, daß die Stickoxidbelastung aus der Landwirtschaft möglicherweise höher ist als die aus dem Verkehrsbereich; ich kann erste Untersuchungen vorlegen. Schon aus dieser Tatsache wird deutlich, daß das Gesamt-



    Brauer
    problem Stickoxidbelastung durch einzelne technische Maßnahmen nicht zu lösen ist.

    (Baum [FDP]: Was wollen Sie mit der Landwirtschaft machen?)

    Um das Vegetationssterben zu stoppen, bedarf es einer grundlegend anderen, ökologisch ausgerichteten Energie-, Verkehrs- und Agrarpolitik, wie das bei uns seit langem nachzulesen ist.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Frau Garbe [GRÜNE]: Im Umbauprogramm!)