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    Plenarprotokoll 11/120 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 120. Sitzung Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 8811A Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Wollny, Dr. Daniels (Regensburg), Weiss (München), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE GRÜNEN: Entzug der Betriebsgenehmigung für die Atomkraftwerke Biblis A und B und Sicherheitsüberprüfung deutscher Atomkraftwerke (Drucksache 11/3838) 8811B Tagesordnungspunkt X: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (Drucksachen 11/2972, 11/3005, 11/3859, 11/3860) Funk (Gutenzell) CDU/CSU 8811D Wimmer (Neuötting) SPD 8813 D Heinrich FDP 8816A Kreuzeder GRÜNE 8817 D Kißlinger SPD 8819B Dr. Blüm, Bundesminister BMA 8821 B Namentliche Abstimmung 8822 D Ergebnis 8828 C Tagesordnungspunkt VII: Beratung des Antrags der Abgeordneten Häfner und der Fraktion DIE GRÜNEN: Allgemeine namentliche Kennzeichnung von Polizeibeamten (Drucksache 11/2001) Häfner GRÜNE 8823 B Clemens CDU/CSU 8824 B Tietjen SPD 8825 B Dr. Hirsch FDP 8826 A Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . . 8827 C Tagesordnungspunkt XI: 1. Beratung des Antrags des Abgeordneten Volmer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Keine Verwendung tropischer Hölzer in bundeseigenen Einrichtungen (Drucksache 11/1838) 2. Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Laufs, Dr. Göhner, Harries, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Baum, Frau Dr. Segall, Wolfgramm (Göttingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Klima- und Artenschutz durch Erhaltung der tropischen Regenwälder (Drucksache 11/2010) 3. Beratung des Antrags der Abgeordneten Volmer, Dr. Knabe, Frau Eid und der Fraktion DIE GRÜNEN: Umfassender Schutz für die Trocken- und Feuchtwälder in den Ländern der Dritten Welt (Drucksache 11/2933) 4. Beratung des Antrags der Abgeordneten Schanz, Frau Adler, Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Erhaltung der tropischen Regenwälder zum Schutz einheimischer Bevölkerungen, des Klimas und der genetischen Artenvielfalt durch entwicklungspolitische Maßnahmen (Drucksache 11/3740) Klein, Bundesminister BMZ 8830 C Schanz SPD 8832 A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 Frau Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU . . 8834 C Volmer GRÜNE 8837 A Frau Dr. Segall FDP 8838 D Frau Dr. Hartenstein SPD 8840 A Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU . . . 8842 A Frau Folz-Steinacker FDP 8843 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 8845 A Tagesordnungspunkt XII: Beratung des Antrags der Abgeordneten Schmidbauer, Carstensen (Nordstrand), Dörflinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Baum, Kleinert (Hannover), Frau Dr. Segall, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffoxidemissionen aus Kraftfahrzeugen (Drucksache 11/3598) Schmidbauer CDU/CSU 8847 B Schütz SPD 8849 B Baum FDP 8851 B Brauer GRÜNE 8852 D Dr. Göhner CDU/CSU 8854 A Stahl (Kempen) SPD 8856 A Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . . 8856 D Tagesordnungspunkt XIII: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Lärmschutz an Bundesstraßen (Drucksache 11/2698) Weiss (München) GRÜNE 8859 B Harries CDU/CSU 8860 A Frau Faße SPD 8861 A Gries FDP 8861 D Nächste Sitzung 8862 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8863* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Schartz (Trier) (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit — Drucksachen 11/2972, 11/3005, 11/3859, 11/3860 — . 8863* B Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 8864* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 8811 120. Sitzung Bonn, den 20. Januar 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 20. 1. Frau Beck-Oberdorf 20. 1. Frau Berger (Berlin) 20. 1. Dr. Biedenkopf 20. 1. Börnsen (Ritterhude) 20. 1. Frau Conrad 20. 1. Conradi 20. 1. Cronenberg (Arnsberg) 20. 1. Engelsberger 20. 1. Eylmann 20. 1. Dr. Fell 20. 1. Fellner 20. 1. Gattermann 20. 1. Dr. Geißler 20. 1. Gröbl 20. 1. Grünbeck 20. 1. Frau Hämmerle 20. 1. Dr. Hauchler 20. 1. Dr. Hauff 20. 1. Heimann 20. 1. Frau Hensel 20. 1. Dr. Hüsch 20. 1. Ibrügger 20. 1. Frau Krieger 20. 1. Link (Diepholz) 20. 1. Louven 20. 1. Frau Dr. Martiny-Glotz 20. 1. Dr. Mertens (Bottrop) 20. 1. Mischnick 20. 1. Mitzscherling 20. 1. Dr. Müller 20. 1. Nagel 20. 1. Dr. Neuling 20. 1. Niegel' 20. 1. Oesinghaus 20. 1. Dr. Osswald 20. 1. Regenspurger 20. 1. Reschke 20. 1. Reuschenbach 20. 1. Rühe 20. 1. von Schmude* 20. 1. Dr. Schöfberger 20. 1. Schröer (Mülheim) 20. 1. Dr. Soell* 20. 1. Tillmann 20. 1. Dr. Todenhöfer 20. 1. Uldall 20. 1. Dr. Waffenschmidt 20. 1. Frau Wollny 20. 1. Wüppesahl 20. 1. Dr. Zimmermann 20. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Schartz (Trier) (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit - Drucksachen 11/2972, 11/3005, 11/3859, 11/3860 - Die Zielsetzung dieses Gesetzes, älteren aufgabewilligen Landwirten ohne Betriebsnachfolger eine Rente zu gewähren und sie damit sozial abzusichern, ist richtig und findet meine volle Unterstützung. Ich gebe diese persönliche Erklärung ab, weil ich die Bestimungen über die Abgabe der landwirtschaftlichen Betriebe, insbesondere der landwirtschaftlichen Nutzflächen, für falsch halte. Der Gesetzentwurf schreibt vor, daß die Abgabe des Betriebes sowohl in der Form der Verpachtung als auch in der Form der Flächenstillegung erfolgen kann. Werden die Flächen stillgelegt, so zahlt der Bund auf Antrag die Alterskassenbeiträge weiter, damit nach Vollendung des 65. Lebensjahres eine Rentensteigerung erfolgen kann. Wird die Fläche an andere Landwirte verpachtet, so zahlt der Bund nicht wie im Falle der Stillegung den vollen Alterskassenbeitrag - das sind immerhin 220 DM im Monat -, sondern nur die Hälfte dieses Betrages. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf der Bundesregierung hatte für den Fall der Verpachtung überhaupt keine finanzielle Hilfe des Bundes für die Weiterzahlung von Alterskassenbeiträgen vorgesehen. Nicht zuletzt auf Grund meiner Initiative und der anderer Kollegen aus der Koalition haben die Koalitionsfraktionen beschlossen, daß auch im Falle der Verpachtung der Bund die Hälfte der Alterskassenbeiträge weiterzahlt. Für diese Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Entwurf spreche ich meinen Kollegen in den Koalitionsfraktionen meinen Dank und meinen Respekt aus. Wenn ich trotzdem diese Bestimmungen nicht mittragen kann, so habe ich dafür folgende Gründe: Erstens. Es ist für mich unzweifelhaft, daß besonders in den kleinbäuerlich strukturierten Gebieten der Bundesrepublik die Produktionsaufgaberente am stärksten in Anspruch genommen wird. Sowohl die aufgebenden Betriebe wie die weiterwirtschaftenden Betriebe in diesen Regionen haben eine weit unterdurchschnittliche Größe. Wer in diesen Gebieten eine flächendeckende Landwirtschaft auf Dauer erhalten will, muß die weiterwirtschaftenden Betriebe sowohl der Fläche nach wie auch in der Produktionskapazität vergrößern. Um dies zu erreichen, ist der Übergang der landwirtschaftlichen Nutzflächen der aufgebenden Betriebe in die weiterwirtschaftenden Betriebe unbedingt notwendig. Die Tatsache, daß der Bund bei der Verpachtung der Fläche aus den Betrieben, die die Produktionsaufgaberente in Anspruch nehmen, nur die Hälfte der Alterskassenbeiträge zahlt, im Falle der Stillegung aber den ganzen Alterskassenbeitrag übernimmt, wird dazu führen, daß gerade dort, wo die weiterwirtschaftenden Betriebe noch vergrößert werden müssen, zu viele Flächen stillgelegt werden und 8864* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 damit nur eine ungenügende Möglichkeit für die Aufstockung dieser Betriebe verbleibt. Deswegen widerspreche ich mit allem Nachdruck den Bestimmungen der §§ 6 und 14 dieses Gesetzentwurfes. Ich halte sie für falsch. Die Lebensinteressen der weiterwirtschaftenden Betriebe in meiner Heimat und in allen benachteiligten Regionen der Bundesrepublik Deutschland und die Lebensinteressen der Junglandwirte haben bei mir einen absoluten Vorrang vor der Stillegung der Flächen und damit der Verringerung der Produktion. Zweitens. Einen weiteren Punkt möchte ich ansprechen. Offensichtlich hat die Bundesregierung die Absicht, eine 50 %ige Kürzung der Milchkontingente zugunsten des Bundes einzuführen, wenn diese Milchkontingente von einem die Produktionsaufgaberente beziehenden Betrieb auf einen weiterwirtschaftenden Betrieb übertragen werden. Auch dies halte ich für falsch. Eine Übersicht über die Verteilung der Milchkontingente innerhalb der Bundesrepublik Deutschland läßt deutlich erkennen, daß die Höhe der Milchkontingente in den weiterwirtschaftenden Betrieben der benachteiligten Gebiete weit unter der Höhe der Milchkontingente in anderen Regionen der Bundesrepublik Deutschland liegt. Ausgehend von der Annahme, daß gerade in den benachteiligten Regionen die Zahl der Produktionsaufgaberentenbezieher überdurchschnittlich hoch ist, würde ein 50 %iger Abzug bedeuten, daß dort ein weit überdurchschnittlicher Anteil an Milchkontingenten zugunsten des Bundes abgezogen wird. Dies würde den weiterwirtschaftenden Betrieben nur eine ungenügende Aufstokkungsmöglichkeit ihrer Milchkontingente ermöglichen und darüber hinaus die Gesamtproduktionskapazität dieser Gebiete, zu denen auch meine Heimat zählt, weit überdurchschnittlich schwächen. Aber gerade dort ist die Produktionskapazität heute schon weit unter dem Bundesdurchschnitt. Es gibt also zwei Gründe, die 50 %ige Kürzung von Milchkontingenten nicht durchzuführen. 1. Die notwendigen Aufstockungen der Milchkontingente in den weiterwirtschaftenden Betrieben könnten nicht durchgeführt werden, was insbesondere die Junglandwirte treffen würde und 2. die sowieso schon geringe Produktionskapazität dieser Gebiete würde weiter verringert und dadurch die gesamte Marktposition dieser Gebiete verschlechtert. Damit würden sowohl dem Einzelbetrieb wie der Landwirtschaft in den benachteiligten Regionen insgesamt die Möglichkeit einer Existenzsicherung für die Zukunft in nicht zumutbarer Weise erschwert. Deswegen appelliere ich in aller Eindringlichkeit an die Bundesregierung, diesen 50 %igen Abzug bei Übertragung von Milchquoten nicht vorzunehmen. Damit diese persönliche Erklärung nicht falsch interpretiert werden kann, möchte ich ausdrücklich feststellen, daß ich die von der Bundesregierung und dem Bundeslandwirtschaftsminister Ignaz Kiechle eingeführte neue Agrarpolitik in ihren Grundzügen für absolut richtig halte, und daß ich sie aus innerer Überzeugung mittrage. Ich fasse meine Meinung zusammen: Die Bestimmungen der §§ 6 und 14 des vorliegenden Gesetzentwurfes entsprechen nicht den Interessen der weiterwirtschaftenden Betriebe in den benachteiligten Regionen der Bundesrepublik Deutschland. Ich lehne sie ab. In der Gesamtabstimmung über diesen Gesetzentwurf werde ich dennoch meine Zustimmung geben, weil ich in dem Gesetz trotz der von mir aufgezeigten Fehler eine gute Grundlage sehe, den aufgabebereiten Bauern eine soziale Absicherung zu gewähren. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. Dezember 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen (Verbrauchsteueränderungsgesetz 1988 — VerbStÄndG 1988 —) Gesetz zu dem Beschluß des Rates zur Europäischen Gemeinschaft vom 24. Juni 1988 über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften Gesetz zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft in den Ländern Gesetz über die Umwandlung der Deutschen Pfandbriefanstalt in eine Aktiengesellschaft Gesetz zur Einordnung der Vorschriften über die Meldepflichten des Arbeitgebers in der Kranken- und Rentenversicherung sowie im Arbeitsförderungsrecht und über den Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags in das Vierte Buch Sozialgesetzbuch — Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung — Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten und zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung Gesetz zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes Gesetz zu den Protokollen vom 22. Januar 1988 zum Vertrag vom 22. Januar 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zusammenarbeit Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen Fünftes Gesetz zur Änderung des Weinwirtschaftsgesetzes Achtes Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes Gesetz zur Änderung asylverfahrensrechtlicher und ausländerrechtlicher Vorschriften Neuntes Gesetz zur Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes (9. ÄndG KgfEG) Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren und des Bundesberggesetzes Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1989 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1989) Gesetz über die Erhebung von Meldungen in der Mineralölwirtschaft (Mineralöldatengesetz — MinÖlDatG) Fünftes Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1988 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1988 — BBVAnpG 88) Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 8865* Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GesundheitsReformgesetz — GRG) Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989 (Haushaltsgesetz 1989) Gesetz über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte (Haushaltsbegleitgesetz 1989) Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand Zu den fünf letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt bzw. angenommen. Zum Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1988 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1988 — BBVAnpG 88): Der Bundesrat begrüßt, daß der Bundestag dem Begehren des Bundesrates (BR-Drs. 289/88 [Beschluß]) nachgekommen ist, die Beamten des Justizvollzugsdienstes mit den Beamten des Polizeivollzugsdienstes bei der Erhöhung von Erschwerniszulagen für Dienst zu ungünstigen Zeiten gleichzustellen. Der Bundesrat weist jedoch darauf hin, daß die Beamten im Einsatzdienst der Feuerwehr sich in der dienstlichen Beanspruchung zu ungünstigen Zeiten nicht von den Beamten mit vollzugspolizeilichen Aufgaben oder von den Beamten des Justizvollzugsdienstes unterscheiden. Vielfach sind Polizei und Feuerwehr gemeinsam zu ungünstigen Zeiten eingesetzt. Eine unterschiedliche Abgeltung dieser Dienste ist deshalb nicht gerechtfertigt. Der Bundesrat bittet aus diesen Gründen die Bundesregierung, § 4 Abs. 1 der Erschwerniszulagenverordnung entsprechend zu ändern. Zum Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz — GRG): 1. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Bundesregierung, daß es dringend notwendig ist, das Gesundheitssystem, dessen Kern das über 100jährige System der gesetzlichen Krankenversicherung ist, insgesamt zu reformieren. Um das hohe Niveau unseres Gesundheitswesens zu erhalten, duldet die Verabschiedung des Gesundheits-Reformgesetzes keinen Aufschub. Der Bundesrat begrüßt, daß mit dem Gesundheits-Reformgesetz ein Einstieg in eine Gesundheitspolitik erfolgt, welche Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit des Gesundheitswesens dauerhaft miteinander verbinden soll. Besonders positiv ist, daß die Reform bei der Absicherung der Gesundheitsrisiken eine Umschichtung von den kleinen, dem Verantwortungsbereich des einzelnen zuzumutenden Risiken zu den großen Risiken vornimmt. Dies gilt insbesondere für die neu eingeführten Leistungen bei der Absicherung des Pflegefallrisikos und in der Gesundheitsvorsorge. Dadurch werden Einschränkungen in anderen Bereichen gerechtfertigt. — Organisationsrecht Das Gesetz kann nicht das Ende der Reformbemühungen um das Krankenversicherungssystem darstellen. Es ist eines der gravierendsten Probleme, daß sich die Beitragssätze der verschiedenen Krankenkassen aufgrund der Veränderungen bei den Risikostrukturen immer weiter auseinanderentwickeln. Die erheblichen Beitragssatzunterschiede führen zu weiteren Wettbewerbsverzerrungen und Verschlechterungen der Mitglieder- und Leistungsstrukturen insbesondere der Ortskrankenkassen. Sie gefährden von daher den Bestand des gegliederten Systems der Krankenversicherung. Der Bundesrat fordert deshalb die Bundesregierung auf, die angekündigte Organisationsreform der Krankenversicherung noch in dieser Legislaturperiode zu verwirklichen. — Einstieg in die Absicherung des Pflegefallrisikos Der Bundesrat begrüßt, daß das Gesetz die neue Herausforderung des Pflegefallrisikos annimmt und einen Beitrag der Krankenkassen bei der Absicherung dieses Risikos in der häuslichen Umgebung vorsieht. — Häusliche Krankenpflege Auch im übrigen muß es das Ziel sein, alle Möglichkeiten der ambulanten Krankenversorgung auszuschöpfen und stationäre Behandlungen auf den notwendigen Umfang zu beschränken. Die Behandlung in der häuslichen Umgebung ist nicht nur billiger, sondern auch humaner als eine Krankenhausunterbringung. Aus diesem Grund muß sichergestellt sein, daß die für die Gewährung der häuslichen Krankenpflege erforderliche Feststellung der sonst notwendigen Krankenhauseinweisung durch den medizinischen Dienst nicht letztlich aufgrund eines umständlichen Prüfungsverfahrens doch zu einer Krankenhauseinweisung führt. Der Bundesrat geht deshalb davon aus, daß die in § 37 Abs. 1 Satz 4 SGB V vorgesehene Prüfung durch den medizinischen Dienst nur ausnahmsweise eine Vorstellung des Patienten und seine körperliche Untersuchung erforderlich macht. — Sicherstellung der Versorgung psychisch Kranker Der Bundesrat begrüßt, daß mit dem Gesundheits-Reformgesetz die in den letzten Jahren zu verzeichnenden Verbesserungen bei der Versorgung psychisch Kranker weiter verfolgt werden. Auch wenn die für notwendig gehaltenen weiteren Schritte erst dann vorgenommen werden sollen, wenn die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung des Modellprogramms und die Reformvorschläge der Expertenkommission vorliegen, so muß doch sichergestellt sein, daß durch das Gesundheits-Reformgesetz der bisherige Leistungsumfang der Krankenkassen auch bei der Behandlung psychisch Kranker nicht eingeschränkt wird. — Zahnersatz, § 30 SGB V Es ist positiv anzumerken, daß bei der Versorgung mit Zahnersatz gegenüber der ursprünglichen Gesetzesfassung nunmehr Verbesserungen eingetreten sind. Die Beteiligten werden jedoch aufgefordert, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß die Patienten nicht infolge des Kostenerstattungsprinzips für den von den Krankenkassen zu tragenden Kostenanteil zunächst in Vorlage treten müssen. — Härteregelungen, §§ 61, 62 SGB V Der Bundesrat begrüßt, daß durch umfassende Härte- und Sozialklauseln eine übermäßige Belastung der Versicherten durch Eigenbeteiligungen vermieden wird. Hierdurch ist gewährleistet, daß jeder, unabhängig von seinem Einkommen, eine auch unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts notwendige Versorgung erhält. Der Bundesrat fordert die Krankenkassen jedoch auf, sicherzustellen, daß die Versicherten schnell und unbürokratisch die Befreiungsregelungen in Anspruch nehmen können und so vor unzumutbaren Belastungen geschützt werden. Dabei ist darauf zu achten, daß das Vertrauensverhältnis zwischen Krankenkassen und Patienten nicht beeinträchtigt wird. — Medizinischer Dienst Der Bundesrat ist der Auffassung, daß von der Einschaltung des neu eingeführten medizinischen Dienstes sparsam und zurückhaltend Gebrauch gemacht werden sollte. Bei der Einrichtung dieser Dienste ist jede überflüssige bürokratische Organisation zu vermeiden. 2. Zu Artikel 1 § 35 Der Bundesrat schließt sich der vom Deutschen Bundestag an die Bundesregierung gerichteten Bitte an, über die Auswirkungen der Festbeträge bei Arzneimitteln nach § 35 Abs. 1 bis 3 und Abs. 5 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GRG) zu berichten. Er ist jedoch der Auffassung, daß im Hinblick auf die Bedeutung dieser Vorschriften der Bericht bereits nach zwei Jahren erstattet werden sollte. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in diesem Bericht insbesondere auf folgende Punkte einzugehen: 1. Stand der Umsetzung des § 35 GRG und Ausgabenentwicklung der Gesetzlichen Krankenversicherung für Arzneimittel, 2. angewandte medizinisch-wissenschaftliche Kriterien bei der Bildung der Arzneimittelgruppen nach § 35 Abs. 1 GRG, 8866* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 3. Schwierigkeiten bei der Umsetzung des § 35 Abs. 1 bis 3 und Abs. 5 GRG, 4. Auswirkungen auf die Patientenversorgung und die ärztliche Therapie sowie die Verordnungsweise der Ärzte, 5. Auswirkungen auf das Verhalten der Versicherten, insbesondere die Anreizfunktion und die Akzeptanz der Festbeträge, 6. Auswirkungen auf die für den medizinischen Fortschritt entscheidende Forschungs- und Innovationsfähigkeit der Arzneimittelhersteller, 7. Auswirkungen auf den Wettbewerb unter den pharmazeutischen Unternehmen und das Preisniveau für Arzneimittel. Darüber hinaus hält der Bundesrat wegen der erheblichen Verunsicherung der an der Arzneimittelversorgung Beteiligten eine baldige Vorlage der Kriterien für die Umsetzung des § 35 GRG für geboten. Die Bundesregierung wird gebeten, darauf hinzuwirken, daß alsbald dargelegt wird, welche konkreten Vorstellungen in diesem Zusammenhang bestehen, insbesondere — welche Arzneimittel/Arzneimittelgruppen nach dem derzeitigen Stand der Überlegungen betroffen sein werden, — wann für diese jeweils mit einer Festbetragsregelung zu rechnen ist, — nach welchen Bemessungskriterien die Höhe des jeweiligen Festbetrags bestimmt werden soll, — welche Schritte nach Ablauf der Frist für die Festlegung der Festbeträge nach § 213 Abs. 3 GRG beabsichtigt sind. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung weiterhin, bei der Realisierung des EG-Binnenmarktes darauf hinzuwirken, daß für Arzneimittelhersteller in den Europäischen Gemeinschaften gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden, um dadurch die Attraktivität der Bundesrepublik Deutschland als Industriestandort zu erhalten. Der Bundesrat wiederholt in diesem Zusammenhang seine Bitte, die patentschutzrechtlichen Regelungen für Arzneimittel in die Überprüfung einzubeziehen und auch hierüber zu berichten. Zum Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989 (Haushaltsgesetz 1989): 1. Der Bundesrat stellt fest, daß mit dem Bundeshaushalt 1989 trotz des überproportionalen Anstiegs der Ausgaben der Kurs verantwortungsbewußter Verwendung öffentlicher Mittel und damit die 1983 begonnene Haushaltskonsolidierung fortgesetzt wird. Die überproportionale Ausgabensteigerung für 1989 beruht auf Sonderumständen und stellt keine Abkehr von der auf Konsolidierung ausgerichteten Haushaltspolitik dar. Vor allem der zur Vermeidung einer Beitragsanhebung zwangsläufig erhöhte Bundeszuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit und die Finanzierung der Finanzhilfen zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft in den Ländern zwingen zu einem vorübergehend höheren Ausgabenanstieg. Das Festhalten an diesem Kurs und an der Steuerentlastung hat bereits im Verlaufe dieses Jahres entscheidend zu der feststellbaren wirtschaftlichen Belebung beigetragen. Die günstige wirtschaftliche Entwicklung wird im nächsten Jahr zu beträchtlichen Steuermehreinnahmen führen. Deshalb kann die Nettokreditaufnahme deutlich zurückgeführt werden. 2. Der Bundesrat hält nach wie vor daran fest, daß die Aufgabe des sozialen Wohnungsbaues, unabhängig von der Aufnahme von Aussiedlern und Zuwanderern, angesichts des regional weiterhin bestehenden hohen Bedarfs an preiswertem Wohnraum, keineswegs abgeschlossen ist. Er kann daher einen einseitigen Rückzug des Bundes in diesem Bereich nicht hinnehmen. Der Bundesrat erwartet, daß die Bundesregierung in künftigen Haushaltsplänen entweder wieder ausreichende Bundesmittel bereitstellt oder zu Verhandlungen über eine Entflechtung dieser Mischfinanzierung gegen angemessenen Ausgleich bereit ist. 3. Bezüglich der beschlossenen globalen Minderausgaben bekräftigt der Bundesrat seine Erwartung, daß die Bundesregierung beim Vollzug darauf Rücksicht nimmt, daß die Haushaltspläne gemeinsam finanzierter Einrichtungen nur einvernehmlich geändert werden können und einseitige Kürzungen insoweit unterbleiben. Der Bundesrat geht davon aus, daß die gemeinsam finanzierte überregionale Forschungs- und Kulturförderung von der im § 4 Abs. 11 Haushaltsgesetz vorgesehenen Sperre nicht betroffen wird, und bittet die Bundesregierung, die hierauf entfallenden Kürzungsbeträge an anderer Stelle zu erbringen. Dies gilt namentlich für die Max-PlanckGesellschaft, aber ebenso für die anderen gemeinsam von Bund und Ländern geförderten Einrichtungen der sogenannten Blauen Liste und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Zum Gesetz über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte (Haushaltsbegleitgesetz 1989): 1. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im ersten Halbjahr 1990 über die Entwicklung des Aufkommens an Quellensteuer in den Ländern und die Auswirkungen auf den Länderfinanzausgleich und die Bundesergänzungszuweisungen zu berichten. 2. Weiter wird die Bundesregierung gebeten, eine Änderung der Umsatzsteuer-Richtlinien unverzüglich vorzulegen des Inhalts, in Abschnitt 149 Absatz 9 den Vervielfältiger zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Umsätze aus Geldspielautomaten ohne verplombte Zählwerke von bisher 1,5 auf 2,5 zu erhöhen. Zum Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand: Der Bundesrat stimmt dem Ziel des Gesetzes, die bewährten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen auch für die Zukunft zu sichern, gleichzeitig jedoch das Defizit der Bundesanstalt für Arbeit zu begrenzen, grundsätzlich zu. Pauschale Kritik an dem Gesetz ignoriert, daß der derzeitigen Finanzsituation der Bundesanstalt für Arbeit Leistungsverbesserungen im Umfang von mehreren Milliarden vorausgegangen sind. Zu nennen sind insbesondere — die sog. Qualifizierungsoffensive, — die Verlängerung des Arbeitslosengeldbezugs für „ältere Arbeitslose", — die Verbesserung der Relation zwischen Beitragszeit und Bezugsdauer von Arbeitslosengeld und — die Ausweitung der Beschäftigung in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Von diesen Leistungsverbesserungen konnten viele Arbeitnehmer profitieren. Die Eintritte von Teilnehmern in Maßnahmen der beruflichen Fortbildung und Umschulung stiegen von 265 000 (1982) auf 596 400 (1987), die jährliche durchschnittliche ABM-Beschäftigung im gleichen Zeitraum von 29 200 auf 114 700. Der Bundesrat begrüßt, daß die Bundesregierung zum Ausgleich des für 1989 auf rund 5,9 Milliarden DM geschätzten Defizits in Anerkennung ihrer Verantwortung einen Zuschuß von 4 Milliarden DM an die Bundesanstalt für Arbeit erbringen wird, Er begrüßt auch, daß durch die mit der 9. Novelle zu erwartende Entlastung der Bundesanstalt für Arbeit um 1,26 Milliarden DM und den Bundeszuschuß die Beitragssatzstabilität sichergestellt werden kann. Er hält dies für einen wesentlichen beschäftigungspolitischen und zugleich das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft fördernden Beitrag. Er erwartet aber, daß die Bundesregierung überprüft, ob die Verlagerung der Finanzverantwortung für die Sprachförderung auf die Bundesanstalt für Arbeit angesichts der hohen Ausiedlerzahlen aufrecht erhalten werden kann. Der Bundesrat hält jedoch zwei der vorgesehenen Maßnahmen für bedenklich: — Im Bereich der beruflichen Bildungsmaßnahmen hätte eine Konsolidierung der Ausgaben auch ohne Gesetzesänderung herbeigeführt werden können. Insbesondere hätte auf eine Umwandlung des Rechtsanspruchs auf Erstattung von Maßnahmekosten in eine Ermessensleistung der Arbeitsämter verzichtet werden können. Die von der Bundesanstalt für Arbeit bereits eingeleiteten Schritte haben gezeigt, daß durch die strikte Anwendung des vorhandenen Instrumentariums, gegebenenfalls durch eine zusätzliche Konkretisierung der Anordnung, die Entwicklung bei den freien Trägern gesteuert, die Kostenentwicklung insgesamt begrenzt und wieder Raum für mehr Auftragsmaßnahmen für Arbeitslose gewonnen werden kann. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 8867* — Die vorgesehene Änderung der Rahmenregelung für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wird zu einer Verschlechterung für schwer vermittelbare Arbeitslose und Träger von Maßnahmen in den meisten Landesarbeitsamtsbezirken führen, Die angestrebte Konsolidierung könnte auf weniger einschneidende Weise erreicht werden, wenn in allen Landesarbeitsämtern gleiche Maßstäbe bei der Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen angewendet würden. Insgesamt gesehen kann es nicht hingenommen werden, daß die Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik zunehmend den Charakter von Strukturhilfeinstrumenten erhalten. Vielmehr ist die Zielgruppenorientierung aller im AFG enthaltenen Maßnahmen eine unabdingbare Grundlage des AFG, die keinesfalls aufgeweicht werden darf. Der Bundesrat erwartet, daß die mit den Maßnahmen der 9. Novelle zum AFG beabsichtigte qualitative Konsolidierung, die er im Grundsatz bejaht, im tatsächlichen Vollzug nicht zu unvertretbaren Folgen im Wirkungsbereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik führt. Er erwartet, daß dem insbesondere bei der Umsetzung der Einsparauflage von 540 Millionen DM für den Haushalt 1989 der Bundesanstalt für Arbeit Rechnung getragen wird, also die aktiven Instrumente der Arbeitsmarktpolitik möglichst gering berührt werden. Er geht davon aus, daß die Bundesregierung zusätzliche Haushaltsmittel für den Fall bereitstellt, daß die Wirkungen auf dem Arbeitsmarkt nicht den Annahmen entsprechen, die der vorliegenden Novelle in diesen Punkten zugrunde liegen. Im Hinblick auf die mit der Konsolidierung der Leistungsfähigkeit der Bundesanstalt für Arbeit verbundenen Änderungen des Arbeitsförderungsgesetzes erwartet der Bundesrat zum 1. Mai 1990 einen Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der 9. Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz. Der Bericht soll darlegen, inwieweit es gelungen ist, die Leistungsfähigkeit der Bundesanstalt für Arbeit auf hohem Niveau zu erhalten, die Förderungsstrukturen stark auf die eigentlichen Zielgruppen des Arbeitsförderungsgesetzes zu konzentrieren und eine regional angemessene Verteilung der Förderungsmittel sicherzustellen. Dazu erwartet der Bundesrat Auskunft — wie sich die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in quantitativer Hinsicht entwickelt haben und wie sich die regionale Verteilung der zu 100% geförderten Maßnahmen im Vergleich zum 31. Dezember 1988 darstellt, — ob der Anteil der arbeitslosen, von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedrohten und ungelernten Arbeitnehmer an den beruflichen Bildungsmaßnahmen erhöht und damit der eigentliche Auftrag der Arbeitsförderung wieder stärker zur Geltung gebracht werden konnte, — wie sich die Leistungsänderungen im Bereich Fortbildung und Umschulung auf die Bereitschaft von Frauen zur Teilnahme an entsprechenden Kursen ausgewirkt haben und — welche ersten Erfahrungen mit der Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vorliegen. Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 18. Januar 1989 mitgeteilt, daß sie ihren Antrag „Erweiterung des Untersuchungsauftrages für den 2. Untersuchungsausschuß gem. Drucksache 11/1680 und 11/1683 (neu)" auf Drucksache 11/3658 zurückzieht. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Haushaltsausschuß Drucksache 11/2629 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/2714 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Haushaltsausschuß Drucksache 11/2198 Nr. 2.1 Drucksache 11/2465 Nr. 2.2 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/2465 Nr. 2.25, 2.26 Drucksache 11/2724 Nr. 33 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 11/2724 Nr. 34 Drucksache 11/3021 Nr. 2.14 Drucksache 11/3200 Nr. 2.32
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dieter Schanz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das hier und heute zu beratende Thema gibt der Politik, aber auch uns Politikern Gelegenheit, zu beweisen, daß gemeinsames Handeln im Interesse der gesamten Menschheit dringend geboten, aber auch möglich ist. Eine „Welt-Ökodiktatur" sei keine Lösung, schreibt Horst Bieber in der „Zeit" vom 6. Januar 1989, und ich gebe ihm recht. Patentrezepte gibt es nicht. Internationale Kooperation tut not, und die zu erarbeitenden Konzepte müssen auf die jeweilige Bedürfnisvielfalt der Tropenländer ausgerichtet sein, wenn sie denn greifen sollen.
    Andererseits darf aber der Verweis auf internationale Kooperation kein Ersatz für eigene nationale Anstrengungen sein.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Von mir und meiner Fraktion dürfen Sie erwarten, daß wir die vorliegenden Anträge als Beweis dafür nehmen, daß wir alle vor dem Hintergrund dramatischer Entwicklungen zur Problemlösung beitragen wollen.

    (Zustimmung bei der FDP)

    Aus diesem Grunde verzichte ich jetzt darauf, kritisch auf den Wortbeitrag des Ministers einzugehen.
    Was sind nun die Fakten? Meine sehr verehrten Damen und Herren, die tropischen Regenwälder existieren seit 60 Millionen Jahren und sind die ältesten Landökosysteme der Erde. Durch die immer dramatischere Zunahme der Zerstörung stehen sie in der Gefahr, in weniger als zwei Generationen komplett von der Erde verschwunden zu sein. Die jährlichen Entwaldungsraten der Tropenwaldländer entwerfen ein Schreckensszenario. Der „World Ressources Report 1987" gibt für die Jahre 1981 bis 1985 für Malaysia 255 000 ha, für Indonesien 600 000 ha, für Brasilien
    1,3 Millionen ha und für Indien 132 000 ha Regenwald an. Wenn die Zerstörungsgeschwindigkeit weiterhin so zunimmt, wird unser Planet zu einer Wüste.
    Die großflächige Vernichtung erfolgt aus einer Reihe sehr unterschiedlicher Gründe, die von Land zu Land, von Region zu Region verschieden stark ausgeprägt sind. Aus diesen Gründen ist eine differenzierte Betrachtung und Bewertung unbedingt notwendig. Dennoch lassen sich einige zentrale Faktoren, die für die Vernichtung verantwortlich sind, benennen. In erster Linie sind es die Armut und die ständig wachsende Verschuldung der Tropenwaldländer.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN)

    Hinzu kommen der wachsende Verbrauch von Holz als Roh- und Brennstoff, der Einfluß multinationaler Konzerne, die mit ihrer Interessenpolitik die Zwangslage der Entwicklungsländer ausnutzen,

    (Toetemeyer [SPD]: So ist es!)

    und verfehlte national und multinational finanzierte Großprojekte,

    (Toetemeyer [SPD]: So ist es!)

    die fatale ökologische Folgen provozieren, wie Monokulturen, Werkbauprojekte und Großstaudämme. Erschwerend kommt das hohe Bevölkerungswachstum hinzu. Kurz, die Zerstörung der Wälder ist Folge und Strukturmerkmal von Unterentwicklung.
    Den tropischen Regenwäldern kommt aber für die Erhaltung der Lebensbedingungen in den Regionen wie auch für den gesamten Globus eine besondere Bedeutung zu: in sozialer Weise, da sie den natürlichen Lebensraum für einheimische Urbevölkerungen darstellen, in biologischer Weise, da sie den natürlichen Lebensraum für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten darstellen, in klimatischer Hinsicht, da sie wichtige Funktionen für das lokale und das globale Klima haben.
    Die großflächige Zerstörung der Regenwälder durch Holzeinschlag und Brandrodungen führt somit zu Störungen des Klein- und Großklimas, zu einem bedrohlichen Rückgang der biologischen Artenvielfalt und damit zum unwiederbringlichen Verlust genetischer Ressourcen. Rund 2 Millionen Menschen, die letzten Naturvölker, drohen mit der Zerstörung der Regenwälder ihre natürlichen Lebensgrundlagen zu verlieren. Tausende von ihnen sind schon vertrieben und ausgerottet worden. Mit der Urbevölkerung wird auch ihre ökologisch angepaßte Landnutzungsform verdrängt werden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Viele Gründe der Regenwaldzerstörung liegen in der Struktur und der politisch-wirtschaftlichen Lage der Tropenwaldländer selbst. Die SPD-Bundestagsfraktion ist jedoch der Meinung, daß die Zerstörung der Tropenwälder nicht ausschließlich in der Verantwortung der betroffenen Nationalstaaten liegt, sondern daß auf Grund der globalen Problematik ganz besonders ein verantwortliches Verhalten der Industrieländer gefordert ist. Viele der gigantischen Entwicklungsprojekte, die in den letzten Jahrzehnten in den Tropenwaldländern initiiert worden sind, wurden über direkte oder indirekte Teilfinanzierung seitens



    Schanz
    der Industrieländer und anderer internationaler Finanzträger gewährleistet.

    (Dr. Knabe [GRÜNE]: Auch durch BMA!)

    Beispiele gibt es genug. Beim Großprojekt Grande Carajas in Ostamazonen sind die EG und die Weltbank mit beträchtlichen Summen an der Eisenerzgewinnung beteiligt.

    (Toetemeyer [SPD]: Hört! Hört!)

    Paradoxerweise erscheint der langfristige ökonomische Nutzen für Brasilien vor dem Hintergrund der weltweit zu erwartenden Stahlkrise zusätzlich als sehr fragwürdig.
    Meine Damen und Herren, bisher mußten die Tropenwaldländer die ökologischen Folgekosten der Entwaldungen alleine tragen. Die Industrieländer, auch die Bundesrepublik, profitieren zusätzlich von den wirtschaftlichen Rückflüssen ihrer Projekte. Wir dürfen unsere Verantwortung nicht weiter als Lippenbekenntnisse vor uns hertragen. Für die Zukunft der Tropenwaldländer sind umgehend entwicklungspolitische Maßnahmen notwendig, doch die Zeit arbeitet gegen uns.
    Angesichts der oben genannten Zahlen der bisherigen Zerstörung geht es um ein akutes Notstandsprogramm zur Abwendung einer Katastrophe mit weltweiten Folgen.

    (Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Die Erhaltung tropischer Regenwälder ist eine internationale Aufgabe ersten Ranges, und zwar nicht morgen oder übermorgen, sondern jetzt und heute. Dies hat bereits zutreffend der 1987 vorgestellte Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung „Unsere gemeinsame Zukunft" gefordert.
    Die wichtigsten generellen Ursachen der Tropenwaldzerstörung sind Armut und steigende Verschuldung. Insofern muß der Armutsbekämpfung und der Schuldeneindämmung in der Dritten Welt absolute Priorität eingeräumt werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Die ohnehin schon hochverschuldeten Entwicklungsländer sind einfach nicht mehr in der Lage, selbständig Finanzressourcen für die Erhaltung ihrer tropischen Waldökosysteme aufzubringen. Nur mittels massiver finanzieller Unterstützung durch die reichen Industrienationen gibt es eine echte Chance, die noch bestehenden intakten Ökosysteme zu retten. Die Bundesrepublik sollte hier eine Vorreiterrolle spielen.
    Konkrete Maßnahmen, die unser Antrag fordert, sind: erstens Erlaß der Schulden der am wenigsten entwickelten Länder, zweitens Umschuldung und Konsolidierung der übrigen Auslandsschulden der Dritten Welt durch Verlängerung der Rückzahlungsfristen, langfristige Zinsvereinbarung, Obergrenzen für Zinssätze sowie die Begrenzung des Schuldendienstes auf einen bestimmten Anteil der Exporterlöse; drittens: Auf zwischenstaatlicher Ebene muß dem Schuldentausch, dept-for-nature-swap, stärkere Beachtung geschenkt werden.
    Vor dem Hintergrund der Verschuldungskrise haben private Umweltschutzexperten und Umweltorganisationen versucht, dem Kompensationsgedanken im Umweltschutz mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Letztendlich kann Schuldentausch nur erfolgreich sein, wenn Kompensationen für Dritte-WeltLänder lohnend sind. Auch das im Auftrag des Kanzleramtes erstellte Gutachten des Freiburger Politikwissenschaftlers Dieter Oberndörfer kommt zu dem Schluß, daß Maßnahmen wie Schuldentausch sinnvoll seien.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, neben Maßnahmen zur Armutsbekämpfung und Schuldeneindämmung setzt sich unser Antrag für einen unbedingten Schutz der Primärwälder ein. Das sind diejenigen intakten Regenwälder, die noch nicht durch jedwede Nutzung geschädigt worden sind. Hier sollen und dürfen keine Großprojekte mehr gefördert und keine Straßenbauten in unerschlossene Regenwaldgebiete finanziert werden. Ebenso sollen keine Großstaudammprojekte in Primärregenwäldern mehr gefördert werden.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Im Energiebereich muß einer effizienten und ökologischen Energienutzung Priorität eingeräumt werden. Aus diesen Gründen kann und darf auch dem zweiten Sektor Kredit der Weltbank für Brasilien nicht zugestimmt werden.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Schließlich muß auch der Import von tropischen Harthölzern auf ein unbedingt notwendiges Minimum beschränkt werden. Die Verwendung von Tropenhölzern bei der Ausstattung von Bundesbehörden und Bundeseinrichtungen kann nicht mehr gestattet werden. Mit dieser Forderung trägt die SPD-Bundestagsfraktion der Erkenntnis Rechnung, daß der selektive Holzeinschlag der intakten Ökosysteme der Primärwälder nicht mehr zugelassen werden darf, weil diesen Systemen unreparable Schäden zugefügt werden.
    In diesem Zusammenhang möchte ich den Brief von Umweltminister Töpfer erwähnen, der seinen Kabinettskollegen Schneider gebeten hat, beim Neubau des Ministeriums am Rheinufer auf die Verwendung seltener Tropenhölzer zu verzichten.

    (Toetemeyer [SPD]: Donnerwetter!)

    Wie aus der letzten „Spiegel" -Ausgabe zu entnehmen war, hat der CSU-Minister bisher einen sehr sorglosen Umgang mit Edelhölzern aus den Tropenwaldländern gepflegt:

    (Feilcke [CDU/CSU]: Der nimmt jetzt PVC!)

    500 Fenster des neuen Gästehauses der Bundesregierung auf dem Petersberg sind aus massivem Merantiholz und das Parkett in der Lounge aus Siphomahagoni. Ich danke Herrn Minister Töpfer, daß er seinen Kollegen zur Ordnung gerufen hat.

    (Toetemeyer [SPD]: Aber zu spät!)

    Auf Grund der unterschiedlichen weltwirtschaftlichen Abhängigkeiten der Tropenwaldländer vom Exportstoff Holz kann die Frage nach dem Nutzen oder Schaden eines generellen Importstopps in die Indu-

    Schanz
    strieländer für den Erhalt der Regenwälder nicht pauschal beantwortet werden.

    (Dr. Pinger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Sicher ist jedoch, daß auf einen Import womöglich verzichtet werden muß. Eine freiwillige Importbeschränkung für bestimmte Holzarten wäre ein erstes Signal für unternehmerische Mitverantwortung. Wir sollten uns darum bemühen, daß die Importunternehmen, die beklagen, daß sie beschimpft würden, selber dazu beitragen, daß ihr Ruf etwas aufpoliert wird.

    (Beifall des Abg. Dr. Holtz [SPD])

    Meine Damen und Herren, die Erhaltung tropischer Regenwälder wird in Zukunft für die Weltbevölkerung von immer größerem Interesse sein. Die SPD ist bereit, sich dieser Herausforderung zu stellen und nach besten Kräften an einer Problemlösung so schnell wie möglich mitzuarbeiten. Sicherlich — das habe ich schon gesagt — , ein Patentrezept kann es nicht geben. Der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit wird sich — so haben wir es vereinbart — in einer interfraktionellen Arbeitsgruppe mit der Erhaltung tropischer Regenwälder beschäftigen. Dies ist meines Erachtens ein Zeichen für einen Schritt in die richtige Richtung; denn es geht nicht darum, recht zu behalten, aber nichts zu tun. Hier geht es um ein gemeinsames verantwortliches Handeln im Interesse der Menschheit, nicht nur der Menschen in der Bundesrepublik.
    Politische Maßnahmen müssen im Rahmen der bereits angesprochenen Kriterien gemeinsam mit den Tropenwaldländern durchgeführt werden. Das Argument, man solle und könne sich nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischen, verliert an Hand der globalen Bedrohung an Schlagkraft. Es muß die Einsicht wachsen, daß internationale Kooperation notwendig ist. Sie darf jedoch — das möchte ich hier nochmals ganz klar betonen — nicht zum Ersatz eigener, nationaler Umweltschutzanstrengungen werden.
    Es wird Zeit, daß die Empfehlungen der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung in die entwicklungspolitische Zusammenarbeit aufgenommen werden. Das heißt, dauerhafte Entwicklung muß in Zukunft das Ziel einer gerechteren und sozialeren Weltwirtschaftsordnung sein. Ebenso fordern wir die Erstellung eines UN-Programms für dauerhafte Entwicklung. Das Vorsorgeprinzip muß als wichtigstes Merkmal einer dauerhaften Entwicklung betrachtet werden.
    Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, hier liegt die Chance, in der Entwicklungspolitik national und international einen Paradigmenwechsel zu praktizieren. Hier kann die Lösung des Zielkonflikts zwischen kurz- und mittelfristiger ökonomischer Ausbeutung und ökologisch langfristiger Erhaltung liegen. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, den Kampf um die ökologische Ressource Regenwald, der in der Dritten Welt immer blutiger ausgetragen wird und ein eskalierender Konfliktherd zwischen arm und reich geworden ist, zu beenden. Der gewaltsame Tod Chico Mendes' ist ein tragisches Zeichen und hat uns alle tief betroffen gemacht.
    Meine Damen und Herren, nicht nur aus Eigennutz müssen wir Maßnahmen zur Erhaltung tropischer Regenwälder ergreifen, nicht nur weil der Treibhauseffekt uns alle bedroht. Es muß auch ein weiteres Blutvergießen verhindert werden. Es ist höchste Zeit.
    „In der Dritten Welt wird sich aber nichts ändern, wenn sich in den Industrieländern nichts ändert", so José Luxenberger, der Begründer der brasilianischen Umweltorganisation „Aga Pan".
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Rönsch.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hannelore Rönsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Herren! Meine Damen! Herr Kollege Schanz, lassen Sie mich Ihnen ausdrücklich danken. Ich habe in Ihrer Rede sehr viele Gemeinsamkeiten mit uns entdeckt. Allerdings gibt es auch sehr viele Punkte, die wir in den Ausschüssen noch kritisch diskutieren müssen, wo wir wesentlich anderer Meinung sind.
    Wir erleben heute gewaltiger denn je die Vernichtung der tropischen Regenwälder in Afrika, Asien und Lateinamerika. Noch 1982 hatte die FAO die Zerstörungsrate mit jährlich 11 Millionen Hektar beziffert. Wir wissen alle, daß diese Zahl längst überholt ist. Wir unterschätzen das Ausmaß der Katastrophe nicht mehr. Auch die bundesdeutschen Medien tragen zur Bewußtseinsbildung bei unserer Bevölkerung bei. Dazu auch den Medien herzlichen Dank.
    Im Jahre 1988 wurden 220 000 Quadratkilometer allein in Brasilien durch Brandrodung vernichtet, eine Fläche, die fast so groß ist wie die Bundesrepublik Deutschland. Die Bedeutung dieser bedrohten Naturschätze ist uns wohl bewußt, ebenso der unwiederbringliche Artenreichtum in Fauna und Flora und die Funktion der Wälder für das Klima.
    Alarmiert sehen wir jetzt alle die Auswirkungen dieser Zerstörung. Wir sehen die Erosion und Verkarstung der Böden, die Fehlschläge in der landwirtschaftlichen Nutzung und der Viehhaltung, die Vertreibung der einheimischen Indianerstämme, wir sehen die Verschwendung des Rohstoffs Holz, Armut, Unwissenheit und Verzweiflung bei den landsuchenden Bauern. Der gewaltsame Tod des von der UN für seinen Einsatz zum Schutz der Regenwälder ausgezeichneten Brasilianers Chico Mendes steht nur als letzte Mahnung für uns alle, für die Umweltschützer und Priester, die den persönlichen Einsatz für die Wälder mit ihrem Leben bezahlen mußten.
    Wir stehen, meine Herren und Damen, vor der Lösung eines wahrhaft existentiellen, lebensbedrohlichen Problems. Spätestens dann, wenn unsere Enkel in unserem heutigen Alter sind, werden sie mit den Konsequenzen des Raubbaus auch in Mitteleuropa konfrontiert sein.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Das wird schon eher kommen!)




    Frau Rönsch (Wiesbaden)

    Im Bewußtsein dieser möglichen Perspektiven verschließen wir nicht die Augen. Wir können und dürfen nichts mehr verniedlichen und verharmlosen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich danke dem Minister an dieser Stelle, daß er auch hier heute sehr deutliche und klare Worte gesprochen hat.
    Wir müssen Mitverantwortung übernehmen. Wir von der CDU/CSU-Fraktion sind dazu bereit.
    Schon anläßlich des Weltwirtschaftsgipfels im Juni 1988 in Toronto hat der Bundeskanzler engagiert den weltweiten Erhalt der natürlichen Ressourcen gefordert. Bei der Jahresversammlung von Weltwährungsfonds und Weltbank in Berlin forderte er eine „von allen Beteiligten mitgetragene Strategie des Tropenwaldschutzes". Der Bundeskanzler hat in Berlin den Weg zur neuen Entwicklungsstrategie gewiesen, bei der der Umweltschutz mehr und mehr Schwerpunkt unserer Entwicklungspolitik werden muß.
    An dieser Stelle, meine Kollegen und Kolleginnen von der SPD, bedaure ich allerdings ausdrücklich, daß Sie die IWF-Tagung nicht genutzt haben, um mit uns gemeinsam bei den anwesenden Entwicklungsländern ein neues Bewußtsein hervorzurufen. Sie haben die große Chance leider vertan, uns dort zu unterstützen. Wir hätten dort bewußtseinsbildend einwirken können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es kann nur eines von mehreren Anliegen sein, eine geänderte, bewahrende innere Einstellung zu den natürlichen Lebensgrundlagen zu erzielen. Wir haben darüber hinaus auch praktische Initiativen zu ergreifen. Wir haben sie in der Vergangenheit schon ergriffen.
    Im eigentlichen bilateralen Forstförderbereich unterstützt die Bundesregierung rund hundert Vorhaben. Der Minister ist ausführlich darauf eingegangen. Ich will das nicht wiederholen.
    Besonders unterstreichen will ich aber die in Berlin vom Bundeskanzler gegebene Sonderzusage von 150 Millionen DM an den 1986 von der FAO verabschiedeten Tropenwald-Aktionsplan. Dieser globale Rahmenplan ist ein effektives Instrument zur Erhaltung der tropischen Regenwälder,

    (Volmer [GRÜNE]: Zur Verwertung!)

    das auch seitens der betroffenen Länder ein hohes Maß an Akzeptanz erfährt. Es haben sich, Herr Kollege Volmer, mittlerweile 50 Entwicklungsländer daran beteiligt. Ich meine, wir sollten diesen Aktionsplan in der Zukunft finanziell unterstützen und die finanzielle Absicherung vornehmen, auch in unserem Ausschuß.
    Wir müssen an dieser Stelle allerdings von Fall zu Fall immer wieder kritisch überprüfen, ob die Mittel, die eingesetzt werden, richtig verteilt sind.

    (Frau Dr. Hartenstein [SPD]: So ist es!)

    Denn bisweilen scheint es, daß die wirtschaftliche
    Nutzung gegenüber der Erhaltung tropischer Forstökosysteme unangemessen stärker berücksichtigt wird.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Hier kann die Bundesrepublik ihr politisches Gewicht in die Waagschale werfen, daß Primärwälder in jedem Fall geschützt und alle Eingriffe in Sekundärwälder durch Wiederaufforstung ausgeglichen werden.
    Ich meine, insgesamt hat die Bundesregierung bereits wichtige Schritte unternommen, um in der bilateralen und multilateralen Zusammenarbeit Beiträge zum Schutz der tropischen Wälder zu gewährleisten. Wir von der CDU/CSU-Fraktion, Herr Minister, werden Sie bei den Bemühungen auch in Zukunft tatkräftig unterstützen.
    Daß trotzdem noch sehr viel zu tun bleibt, liegt angesichts der uns allen bekannten Schreckensvisionen eindeutig auf der Hand. Es führen nicht alle Wege nach Rom, und es sind auch nicht alle vorgeschlagenen Instrumente aus unserer Sicht so ohne weiteres annehmbar.
    Ich will nur zwei Aspekte einmal aufgreifen.
    Nehmen wir zunächst die Frage der wirtschaftlichen Nutzbarmachung tropischer Hölzer durch Be-und Verarbeitung oder den Handel: Wenn — wie dies jetzt von der Opposition, wie es von Ihnen, von den GRÜNEN, gefordert wird, was vorhin in der Zwischenfrage schon angesprochen wurde — der Handel mit Tropenholz für die Bundesrepublik völlig untersagt oder auf ein Minimum reduziert werden sollte, welchen Anreiz wollen Sie den Entwicklungsländern als Alternative dafür bieten? Darüber müssen wir uns doch unsere Gedanken machen.

    (Volmer [GRÜNE]: Kompensationszahlungen!)

    Welche alternativen Einkommensquellen wollen Sie den Menschen in den Herkunftsregionen vorschlagen? Wie wollen Sie ihre Existenz sichern, wie wollen Sie ihre Armut bekämpfen,

    (Volmer [GRÜNE]: Die Schulden streichen!)

    und wie wollen Sie die wirtschaftliche Weiterentwicklung dieser Entwicklungsländer dann sicherstellen?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Nein, meine Herren und Damen, Verbote sind an dieser Stelle völlig unangebracht; sie sind kurzfristig gedacht.

    (Abg. Schanz [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)