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    Plenarprotokoll 11/120 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 120. Sitzung Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 8811A Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Wollny, Dr. Daniels (Regensburg), Weiss (München), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE GRÜNEN: Entzug der Betriebsgenehmigung für die Atomkraftwerke Biblis A und B und Sicherheitsüberprüfung deutscher Atomkraftwerke (Drucksache 11/3838) 8811B Tagesordnungspunkt X: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (Drucksachen 11/2972, 11/3005, 11/3859, 11/3860) Funk (Gutenzell) CDU/CSU 8811D Wimmer (Neuötting) SPD 8813 D Heinrich FDP 8816A Kreuzeder GRÜNE 8817 D Kißlinger SPD 8819B Dr. Blüm, Bundesminister BMA 8821 B Namentliche Abstimmung 8822 D Ergebnis 8828 C Tagesordnungspunkt VII: Beratung des Antrags der Abgeordneten Häfner und der Fraktion DIE GRÜNEN: Allgemeine namentliche Kennzeichnung von Polizeibeamten (Drucksache 11/2001) Häfner GRÜNE 8823 B Clemens CDU/CSU 8824 B Tietjen SPD 8825 B Dr. Hirsch FDP 8826 A Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . . 8827 C Tagesordnungspunkt XI: 1. Beratung des Antrags des Abgeordneten Volmer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Keine Verwendung tropischer Hölzer in bundeseigenen Einrichtungen (Drucksache 11/1838) 2. Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Laufs, Dr. Göhner, Harries, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Baum, Frau Dr. Segall, Wolfgramm (Göttingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Klima- und Artenschutz durch Erhaltung der tropischen Regenwälder (Drucksache 11/2010) 3. Beratung des Antrags der Abgeordneten Volmer, Dr. Knabe, Frau Eid und der Fraktion DIE GRÜNEN: Umfassender Schutz für die Trocken- und Feuchtwälder in den Ländern der Dritten Welt (Drucksache 11/2933) 4. Beratung des Antrags der Abgeordneten Schanz, Frau Adler, Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Erhaltung der tropischen Regenwälder zum Schutz einheimischer Bevölkerungen, des Klimas und der genetischen Artenvielfalt durch entwicklungspolitische Maßnahmen (Drucksache 11/3740) Klein, Bundesminister BMZ 8830 C Schanz SPD 8832 A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 Frau Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU . . 8834 C Volmer GRÜNE 8837 A Frau Dr. Segall FDP 8838 D Frau Dr. Hartenstein SPD 8840 A Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU . . . 8842 A Frau Folz-Steinacker FDP 8843 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 8845 A Tagesordnungspunkt XII: Beratung des Antrags der Abgeordneten Schmidbauer, Carstensen (Nordstrand), Dörflinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Baum, Kleinert (Hannover), Frau Dr. Segall, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffoxidemissionen aus Kraftfahrzeugen (Drucksache 11/3598) Schmidbauer CDU/CSU 8847 B Schütz SPD 8849 B Baum FDP 8851 B Brauer GRÜNE 8852 D Dr. Göhner CDU/CSU 8854 A Stahl (Kempen) SPD 8856 A Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . . 8856 D Tagesordnungspunkt XIII: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Lärmschutz an Bundesstraßen (Drucksache 11/2698) Weiss (München) GRÜNE 8859 B Harries CDU/CSU 8860 A Frau Faße SPD 8861 A Gries FDP 8861 D Nächste Sitzung 8862 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8863* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Schartz (Trier) (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit — Drucksachen 11/2972, 11/3005, 11/3859, 11/3860 — . 8863* B Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 8864* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 8811 120. Sitzung Bonn, den 20. Januar 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 20. 1. Frau Beck-Oberdorf 20. 1. Frau Berger (Berlin) 20. 1. Dr. Biedenkopf 20. 1. Börnsen (Ritterhude) 20. 1. Frau Conrad 20. 1. Conradi 20. 1. Cronenberg (Arnsberg) 20. 1. Engelsberger 20. 1. Eylmann 20. 1. Dr. Fell 20. 1. Fellner 20. 1. Gattermann 20. 1. Dr. Geißler 20. 1. Gröbl 20. 1. Grünbeck 20. 1. Frau Hämmerle 20. 1. Dr. Hauchler 20. 1. Dr. Hauff 20. 1. Heimann 20. 1. Frau Hensel 20. 1. Dr. Hüsch 20. 1. Ibrügger 20. 1. Frau Krieger 20. 1. Link (Diepholz) 20. 1. Louven 20. 1. Frau Dr. Martiny-Glotz 20. 1. Dr. Mertens (Bottrop) 20. 1. Mischnick 20. 1. Mitzscherling 20. 1. Dr. Müller 20. 1. Nagel 20. 1. Dr. Neuling 20. 1. Niegel' 20. 1. Oesinghaus 20. 1. Dr. Osswald 20. 1. Regenspurger 20. 1. Reschke 20. 1. Reuschenbach 20. 1. Rühe 20. 1. von Schmude* 20. 1. Dr. Schöfberger 20. 1. Schröer (Mülheim) 20. 1. Dr. Soell* 20. 1. Tillmann 20. 1. Dr. Todenhöfer 20. 1. Uldall 20. 1. Dr. Waffenschmidt 20. 1. Frau Wollny 20. 1. Wüppesahl 20. 1. Dr. Zimmermann 20. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Schartz (Trier) (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit - Drucksachen 11/2972, 11/3005, 11/3859, 11/3860 - Die Zielsetzung dieses Gesetzes, älteren aufgabewilligen Landwirten ohne Betriebsnachfolger eine Rente zu gewähren und sie damit sozial abzusichern, ist richtig und findet meine volle Unterstützung. Ich gebe diese persönliche Erklärung ab, weil ich die Bestimungen über die Abgabe der landwirtschaftlichen Betriebe, insbesondere der landwirtschaftlichen Nutzflächen, für falsch halte. Der Gesetzentwurf schreibt vor, daß die Abgabe des Betriebes sowohl in der Form der Verpachtung als auch in der Form der Flächenstillegung erfolgen kann. Werden die Flächen stillgelegt, so zahlt der Bund auf Antrag die Alterskassenbeiträge weiter, damit nach Vollendung des 65. Lebensjahres eine Rentensteigerung erfolgen kann. Wird die Fläche an andere Landwirte verpachtet, so zahlt der Bund nicht wie im Falle der Stillegung den vollen Alterskassenbeitrag - das sind immerhin 220 DM im Monat -, sondern nur die Hälfte dieses Betrages. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf der Bundesregierung hatte für den Fall der Verpachtung überhaupt keine finanzielle Hilfe des Bundes für die Weiterzahlung von Alterskassenbeiträgen vorgesehen. Nicht zuletzt auf Grund meiner Initiative und der anderer Kollegen aus der Koalition haben die Koalitionsfraktionen beschlossen, daß auch im Falle der Verpachtung der Bund die Hälfte der Alterskassenbeiträge weiterzahlt. Für diese Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Entwurf spreche ich meinen Kollegen in den Koalitionsfraktionen meinen Dank und meinen Respekt aus. Wenn ich trotzdem diese Bestimmungen nicht mittragen kann, so habe ich dafür folgende Gründe: Erstens. Es ist für mich unzweifelhaft, daß besonders in den kleinbäuerlich strukturierten Gebieten der Bundesrepublik die Produktionsaufgaberente am stärksten in Anspruch genommen wird. Sowohl die aufgebenden Betriebe wie die weiterwirtschaftenden Betriebe in diesen Regionen haben eine weit unterdurchschnittliche Größe. Wer in diesen Gebieten eine flächendeckende Landwirtschaft auf Dauer erhalten will, muß die weiterwirtschaftenden Betriebe sowohl der Fläche nach wie auch in der Produktionskapazität vergrößern. Um dies zu erreichen, ist der Übergang der landwirtschaftlichen Nutzflächen der aufgebenden Betriebe in die weiterwirtschaftenden Betriebe unbedingt notwendig. Die Tatsache, daß der Bund bei der Verpachtung der Fläche aus den Betrieben, die die Produktionsaufgaberente in Anspruch nehmen, nur die Hälfte der Alterskassenbeiträge zahlt, im Falle der Stillegung aber den ganzen Alterskassenbeitrag übernimmt, wird dazu führen, daß gerade dort, wo die weiterwirtschaftenden Betriebe noch vergrößert werden müssen, zu viele Flächen stillgelegt werden und 8864* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 damit nur eine ungenügende Möglichkeit für die Aufstockung dieser Betriebe verbleibt. Deswegen widerspreche ich mit allem Nachdruck den Bestimmungen der §§ 6 und 14 dieses Gesetzentwurfes. Ich halte sie für falsch. Die Lebensinteressen der weiterwirtschaftenden Betriebe in meiner Heimat und in allen benachteiligten Regionen der Bundesrepublik Deutschland und die Lebensinteressen der Junglandwirte haben bei mir einen absoluten Vorrang vor der Stillegung der Flächen und damit der Verringerung der Produktion. Zweitens. Einen weiteren Punkt möchte ich ansprechen. Offensichtlich hat die Bundesregierung die Absicht, eine 50 %ige Kürzung der Milchkontingente zugunsten des Bundes einzuführen, wenn diese Milchkontingente von einem die Produktionsaufgaberente beziehenden Betrieb auf einen weiterwirtschaftenden Betrieb übertragen werden. Auch dies halte ich für falsch. Eine Übersicht über die Verteilung der Milchkontingente innerhalb der Bundesrepublik Deutschland läßt deutlich erkennen, daß die Höhe der Milchkontingente in den weiterwirtschaftenden Betrieben der benachteiligten Gebiete weit unter der Höhe der Milchkontingente in anderen Regionen der Bundesrepublik Deutschland liegt. Ausgehend von der Annahme, daß gerade in den benachteiligten Regionen die Zahl der Produktionsaufgaberentenbezieher überdurchschnittlich hoch ist, würde ein 50 %iger Abzug bedeuten, daß dort ein weit überdurchschnittlicher Anteil an Milchkontingenten zugunsten des Bundes abgezogen wird. Dies würde den weiterwirtschaftenden Betrieben nur eine ungenügende Aufstokkungsmöglichkeit ihrer Milchkontingente ermöglichen und darüber hinaus die Gesamtproduktionskapazität dieser Gebiete, zu denen auch meine Heimat zählt, weit überdurchschnittlich schwächen. Aber gerade dort ist die Produktionskapazität heute schon weit unter dem Bundesdurchschnitt. Es gibt also zwei Gründe, die 50 %ige Kürzung von Milchkontingenten nicht durchzuführen. 1. Die notwendigen Aufstockungen der Milchkontingente in den weiterwirtschaftenden Betrieben könnten nicht durchgeführt werden, was insbesondere die Junglandwirte treffen würde und 2. die sowieso schon geringe Produktionskapazität dieser Gebiete würde weiter verringert und dadurch die gesamte Marktposition dieser Gebiete verschlechtert. Damit würden sowohl dem Einzelbetrieb wie der Landwirtschaft in den benachteiligten Regionen insgesamt die Möglichkeit einer Existenzsicherung für die Zukunft in nicht zumutbarer Weise erschwert. Deswegen appelliere ich in aller Eindringlichkeit an die Bundesregierung, diesen 50 %igen Abzug bei Übertragung von Milchquoten nicht vorzunehmen. Damit diese persönliche Erklärung nicht falsch interpretiert werden kann, möchte ich ausdrücklich feststellen, daß ich die von der Bundesregierung und dem Bundeslandwirtschaftsminister Ignaz Kiechle eingeführte neue Agrarpolitik in ihren Grundzügen für absolut richtig halte, und daß ich sie aus innerer Überzeugung mittrage. Ich fasse meine Meinung zusammen: Die Bestimmungen der §§ 6 und 14 des vorliegenden Gesetzentwurfes entsprechen nicht den Interessen der weiterwirtschaftenden Betriebe in den benachteiligten Regionen der Bundesrepublik Deutschland. Ich lehne sie ab. In der Gesamtabstimmung über diesen Gesetzentwurf werde ich dennoch meine Zustimmung geben, weil ich in dem Gesetz trotz der von mir aufgezeigten Fehler eine gute Grundlage sehe, den aufgabebereiten Bauern eine soziale Absicherung zu gewähren. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. Dezember 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen (Verbrauchsteueränderungsgesetz 1988 — VerbStÄndG 1988 —) Gesetz zu dem Beschluß des Rates zur Europäischen Gemeinschaft vom 24. Juni 1988 über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften Gesetz zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft in den Ländern Gesetz über die Umwandlung der Deutschen Pfandbriefanstalt in eine Aktiengesellschaft Gesetz zur Einordnung der Vorschriften über die Meldepflichten des Arbeitgebers in der Kranken- und Rentenversicherung sowie im Arbeitsförderungsrecht und über den Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags in das Vierte Buch Sozialgesetzbuch — Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung — Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten und zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung Gesetz zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes Gesetz zu den Protokollen vom 22. Januar 1988 zum Vertrag vom 22. Januar 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zusammenarbeit Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen Fünftes Gesetz zur Änderung des Weinwirtschaftsgesetzes Achtes Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes Gesetz zur Änderung asylverfahrensrechtlicher und ausländerrechtlicher Vorschriften Neuntes Gesetz zur Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes (9. ÄndG KgfEG) Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren und des Bundesberggesetzes Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1989 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1989) Gesetz über die Erhebung von Meldungen in der Mineralölwirtschaft (Mineralöldatengesetz — MinÖlDatG) Fünftes Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1988 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1988 — BBVAnpG 88) Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 8865* Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GesundheitsReformgesetz — GRG) Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989 (Haushaltsgesetz 1989) Gesetz über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte (Haushaltsbegleitgesetz 1989) Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand Zu den fünf letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt bzw. angenommen. Zum Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1988 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1988 — BBVAnpG 88): Der Bundesrat begrüßt, daß der Bundestag dem Begehren des Bundesrates (BR-Drs. 289/88 [Beschluß]) nachgekommen ist, die Beamten des Justizvollzugsdienstes mit den Beamten des Polizeivollzugsdienstes bei der Erhöhung von Erschwerniszulagen für Dienst zu ungünstigen Zeiten gleichzustellen. Der Bundesrat weist jedoch darauf hin, daß die Beamten im Einsatzdienst der Feuerwehr sich in der dienstlichen Beanspruchung zu ungünstigen Zeiten nicht von den Beamten mit vollzugspolizeilichen Aufgaben oder von den Beamten des Justizvollzugsdienstes unterscheiden. Vielfach sind Polizei und Feuerwehr gemeinsam zu ungünstigen Zeiten eingesetzt. Eine unterschiedliche Abgeltung dieser Dienste ist deshalb nicht gerechtfertigt. Der Bundesrat bittet aus diesen Gründen die Bundesregierung, § 4 Abs. 1 der Erschwerniszulagenverordnung entsprechend zu ändern. Zum Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz — GRG): 1. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Bundesregierung, daß es dringend notwendig ist, das Gesundheitssystem, dessen Kern das über 100jährige System der gesetzlichen Krankenversicherung ist, insgesamt zu reformieren. Um das hohe Niveau unseres Gesundheitswesens zu erhalten, duldet die Verabschiedung des Gesundheits-Reformgesetzes keinen Aufschub. Der Bundesrat begrüßt, daß mit dem Gesundheits-Reformgesetz ein Einstieg in eine Gesundheitspolitik erfolgt, welche Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit des Gesundheitswesens dauerhaft miteinander verbinden soll. Besonders positiv ist, daß die Reform bei der Absicherung der Gesundheitsrisiken eine Umschichtung von den kleinen, dem Verantwortungsbereich des einzelnen zuzumutenden Risiken zu den großen Risiken vornimmt. Dies gilt insbesondere für die neu eingeführten Leistungen bei der Absicherung des Pflegefallrisikos und in der Gesundheitsvorsorge. Dadurch werden Einschränkungen in anderen Bereichen gerechtfertigt. — Organisationsrecht Das Gesetz kann nicht das Ende der Reformbemühungen um das Krankenversicherungssystem darstellen. Es ist eines der gravierendsten Probleme, daß sich die Beitragssätze der verschiedenen Krankenkassen aufgrund der Veränderungen bei den Risikostrukturen immer weiter auseinanderentwickeln. Die erheblichen Beitragssatzunterschiede führen zu weiteren Wettbewerbsverzerrungen und Verschlechterungen der Mitglieder- und Leistungsstrukturen insbesondere der Ortskrankenkassen. Sie gefährden von daher den Bestand des gegliederten Systems der Krankenversicherung. Der Bundesrat fordert deshalb die Bundesregierung auf, die angekündigte Organisationsreform der Krankenversicherung noch in dieser Legislaturperiode zu verwirklichen. — Einstieg in die Absicherung des Pflegefallrisikos Der Bundesrat begrüßt, daß das Gesetz die neue Herausforderung des Pflegefallrisikos annimmt und einen Beitrag der Krankenkassen bei der Absicherung dieses Risikos in der häuslichen Umgebung vorsieht. — Häusliche Krankenpflege Auch im übrigen muß es das Ziel sein, alle Möglichkeiten der ambulanten Krankenversorgung auszuschöpfen und stationäre Behandlungen auf den notwendigen Umfang zu beschränken. Die Behandlung in der häuslichen Umgebung ist nicht nur billiger, sondern auch humaner als eine Krankenhausunterbringung. Aus diesem Grund muß sichergestellt sein, daß die für die Gewährung der häuslichen Krankenpflege erforderliche Feststellung der sonst notwendigen Krankenhauseinweisung durch den medizinischen Dienst nicht letztlich aufgrund eines umständlichen Prüfungsverfahrens doch zu einer Krankenhauseinweisung führt. Der Bundesrat geht deshalb davon aus, daß die in § 37 Abs. 1 Satz 4 SGB V vorgesehene Prüfung durch den medizinischen Dienst nur ausnahmsweise eine Vorstellung des Patienten und seine körperliche Untersuchung erforderlich macht. — Sicherstellung der Versorgung psychisch Kranker Der Bundesrat begrüßt, daß mit dem Gesundheits-Reformgesetz die in den letzten Jahren zu verzeichnenden Verbesserungen bei der Versorgung psychisch Kranker weiter verfolgt werden. Auch wenn die für notwendig gehaltenen weiteren Schritte erst dann vorgenommen werden sollen, wenn die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung des Modellprogramms und die Reformvorschläge der Expertenkommission vorliegen, so muß doch sichergestellt sein, daß durch das Gesundheits-Reformgesetz der bisherige Leistungsumfang der Krankenkassen auch bei der Behandlung psychisch Kranker nicht eingeschränkt wird. — Zahnersatz, § 30 SGB V Es ist positiv anzumerken, daß bei der Versorgung mit Zahnersatz gegenüber der ursprünglichen Gesetzesfassung nunmehr Verbesserungen eingetreten sind. Die Beteiligten werden jedoch aufgefordert, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß die Patienten nicht infolge des Kostenerstattungsprinzips für den von den Krankenkassen zu tragenden Kostenanteil zunächst in Vorlage treten müssen. — Härteregelungen, §§ 61, 62 SGB V Der Bundesrat begrüßt, daß durch umfassende Härte- und Sozialklauseln eine übermäßige Belastung der Versicherten durch Eigenbeteiligungen vermieden wird. Hierdurch ist gewährleistet, daß jeder, unabhängig von seinem Einkommen, eine auch unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts notwendige Versorgung erhält. Der Bundesrat fordert die Krankenkassen jedoch auf, sicherzustellen, daß die Versicherten schnell und unbürokratisch die Befreiungsregelungen in Anspruch nehmen können und so vor unzumutbaren Belastungen geschützt werden. Dabei ist darauf zu achten, daß das Vertrauensverhältnis zwischen Krankenkassen und Patienten nicht beeinträchtigt wird. — Medizinischer Dienst Der Bundesrat ist der Auffassung, daß von der Einschaltung des neu eingeführten medizinischen Dienstes sparsam und zurückhaltend Gebrauch gemacht werden sollte. Bei der Einrichtung dieser Dienste ist jede überflüssige bürokratische Organisation zu vermeiden. 2. Zu Artikel 1 § 35 Der Bundesrat schließt sich der vom Deutschen Bundestag an die Bundesregierung gerichteten Bitte an, über die Auswirkungen der Festbeträge bei Arzneimitteln nach § 35 Abs. 1 bis 3 und Abs. 5 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GRG) zu berichten. Er ist jedoch der Auffassung, daß im Hinblick auf die Bedeutung dieser Vorschriften der Bericht bereits nach zwei Jahren erstattet werden sollte. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in diesem Bericht insbesondere auf folgende Punkte einzugehen: 1. Stand der Umsetzung des § 35 GRG und Ausgabenentwicklung der Gesetzlichen Krankenversicherung für Arzneimittel, 2. angewandte medizinisch-wissenschaftliche Kriterien bei der Bildung der Arzneimittelgruppen nach § 35 Abs. 1 GRG, 8866* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 3. Schwierigkeiten bei der Umsetzung des § 35 Abs. 1 bis 3 und Abs. 5 GRG, 4. Auswirkungen auf die Patientenversorgung und die ärztliche Therapie sowie die Verordnungsweise der Ärzte, 5. Auswirkungen auf das Verhalten der Versicherten, insbesondere die Anreizfunktion und die Akzeptanz der Festbeträge, 6. Auswirkungen auf die für den medizinischen Fortschritt entscheidende Forschungs- und Innovationsfähigkeit der Arzneimittelhersteller, 7. Auswirkungen auf den Wettbewerb unter den pharmazeutischen Unternehmen und das Preisniveau für Arzneimittel. Darüber hinaus hält der Bundesrat wegen der erheblichen Verunsicherung der an der Arzneimittelversorgung Beteiligten eine baldige Vorlage der Kriterien für die Umsetzung des § 35 GRG für geboten. Die Bundesregierung wird gebeten, darauf hinzuwirken, daß alsbald dargelegt wird, welche konkreten Vorstellungen in diesem Zusammenhang bestehen, insbesondere — welche Arzneimittel/Arzneimittelgruppen nach dem derzeitigen Stand der Überlegungen betroffen sein werden, — wann für diese jeweils mit einer Festbetragsregelung zu rechnen ist, — nach welchen Bemessungskriterien die Höhe des jeweiligen Festbetrags bestimmt werden soll, — welche Schritte nach Ablauf der Frist für die Festlegung der Festbeträge nach § 213 Abs. 3 GRG beabsichtigt sind. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung weiterhin, bei der Realisierung des EG-Binnenmarktes darauf hinzuwirken, daß für Arzneimittelhersteller in den Europäischen Gemeinschaften gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden, um dadurch die Attraktivität der Bundesrepublik Deutschland als Industriestandort zu erhalten. Der Bundesrat wiederholt in diesem Zusammenhang seine Bitte, die patentschutzrechtlichen Regelungen für Arzneimittel in die Überprüfung einzubeziehen und auch hierüber zu berichten. Zum Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989 (Haushaltsgesetz 1989): 1. Der Bundesrat stellt fest, daß mit dem Bundeshaushalt 1989 trotz des überproportionalen Anstiegs der Ausgaben der Kurs verantwortungsbewußter Verwendung öffentlicher Mittel und damit die 1983 begonnene Haushaltskonsolidierung fortgesetzt wird. Die überproportionale Ausgabensteigerung für 1989 beruht auf Sonderumständen und stellt keine Abkehr von der auf Konsolidierung ausgerichteten Haushaltspolitik dar. Vor allem der zur Vermeidung einer Beitragsanhebung zwangsläufig erhöhte Bundeszuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit und die Finanzierung der Finanzhilfen zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft in den Ländern zwingen zu einem vorübergehend höheren Ausgabenanstieg. Das Festhalten an diesem Kurs und an der Steuerentlastung hat bereits im Verlaufe dieses Jahres entscheidend zu der feststellbaren wirtschaftlichen Belebung beigetragen. Die günstige wirtschaftliche Entwicklung wird im nächsten Jahr zu beträchtlichen Steuermehreinnahmen führen. Deshalb kann die Nettokreditaufnahme deutlich zurückgeführt werden. 2. Der Bundesrat hält nach wie vor daran fest, daß die Aufgabe des sozialen Wohnungsbaues, unabhängig von der Aufnahme von Aussiedlern und Zuwanderern, angesichts des regional weiterhin bestehenden hohen Bedarfs an preiswertem Wohnraum, keineswegs abgeschlossen ist. Er kann daher einen einseitigen Rückzug des Bundes in diesem Bereich nicht hinnehmen. Der Bundesrat erwartet, daß die Bundesregierung in künftigen Haushaltsplänen entweder wieder ausreichende Bundesmittel bereitstellt oder zu Verhandlungen über eine Entflechtung dieser Mischfinanzierung gegen angemessenen Ausgleich bereit ist. 3. Bezüglich der beschlossenen globalen Minderausgaben bekräftigt der Bundesrat seine Erwartung, daß die Bundesregierung beim Vollzug darauf Rücksicht nimmt, daß die Haushaltspläne gemeinsam finanzierter Einrichtungen nur einvernehmlich geändert werden können und einseitige Kürzungen insoweit unterbleiben. Der Bundesrat geht davon aus, daß die gemeinsam finanzierte überregionale Forschungs- und Kulturförderung von der im § 4 Abs. 11 Haushaltsgesetz vorgesehenen Sperre nicht betroffen wird, und bittet die Bundesregierung, die hierauf entfallenden Kürzungsbeträge an anderer Stelle zu erbringen. Dies gilt namentlich für die Max-PlanckGesellschaft, aber ebenso für die anderen gemeinsam von Bund und Ländern geförderten Einrichtungen der sogenannten Blauen Liste und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Zum Gesetz über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte (Haushaltsbegleitgesetz 1989): 1. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im ersten Halbjahr 1990 über die Entwicklung des Aufkommens an Quellensteuer in den Ländern und die Auswirkungen auf den Länderfinanzausgleich und die Bundesergänzungszuweisungen zu berichten. 2. Weiter wird die Bundesregierung gebeten, eine Änderung der Umsatzsteuer-Richtlinien unverzüglich vorzulegen des Inhalts, in Abschnitt 149 Absatz 9 den Vervielfältiger zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Umsätze aus Geldspielautomaten ohne verplombte Zählwerke von bisher 1,5 auf 2,5 zu erhöhen. Zum Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand: Der Bundesrat stimmt dem Ziel des Gesetzes, die bewährten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen auch für die Zukunft zu sichern, gleichzeitig jedoch das Defizit der Bundesanstalt für Arbeit zu begrenzen, grundsätzlich zu. Pauschale Kritik an dem Gesetz ignoriert, daß der derzeitigen Finanzsituation der Bundesanstalt für Arbeit Leistungsverbesserungen im Umfang von mehreren Milliarden vorausgegangen sind. Zu nennen sind insbesondere — die sog. Qualifizierungsoffensive, — die Verlängerung des Arbeitslosengeldbezugs für „ältere Arbeitslose", — die Verbesserung der Relation zwischen Beitragszeit und Bezugsdauer von Arbeitslosengeld und — die Ausweitung der Beschäftigung in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Von diesen Leistungsverbesserungen konnten viele Arbeitnehmer profitieren. Die Eintritte von Teilnehmern in Maßnahmen der beruflichen Fortbildung und Umschulung stiegen von 265 000 (1982) auf 596 400 (1987), die jährliche durchschnittliche ABM-Beschäftigung im gleichen Zeitraum von 29 200 auf 114 700. Der Bundesrat begrüßt, daß die Bundesregierung zum Ausgleich des für 1989 auf rund 5,9 Milliarden DM geschätzten Defizits in Anerkennung ihrer Verantwortung einen Zuschuß von 4 Milliarden DM an die Bundesanstalt für Arbeit erbringen wird, Er begrüßt auch, daß durch die mit der 9. Novelle zu erwartende Entlastung der Bundesanstalt für Arbeit um 1,26 Milliarden DM und den Bundeszuschuß die Beitragssatzstabilität sichergestellt werden kann. Er hält dies für einen wesentlichen beschäftigungspolitischen und zugleich das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft fördernden Beitrag. Er erwartet aber, daß die Bundesregierung überprüft, ob die Verlagerung der Finanzverantwortung für die Sprachförderung auf die Bundesanstalt für Arbeit angesichts der hohen Ausiedlerzahlen aufrecht erhalten werden kann. Der Bundesrat hält jedoch zwei der vorgesehenen Maßnahmen für bedenklich: — Im Bereich der beruflichen Bildungsmaßnahmen hätte eine Konsolidierung der Ausgaben auch ohne Gesetzesänderung herbeigeführt werden können. Insbesondere hätte auf eine Umwandlung des Rechtsanspruchs auf Erstattung von Maßnahmekosten in eine Ermessensleistung der Arbeitsämter verzichtet werden können. Die von der Bundesanstalt für Arbeit bereits eingeleiteten Schritte haben gezeigt, daß durch die strikte Anwendung des vorhandenen Instrumentariums, gegebenenfalls durch eine zusätzliche Konkretisierung der Anordnung, die Entwicklung bei den freien Trägern gesteuert, die Kostenentwicklung insgesamt begrenzt und wieder Raum für mehr Auftragsmaßnahmen für Arbeitslose gewonnen werden kann. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1989 8867* — Die vorgesehene Änderung der Rahmenregelung für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wird zu einer Verschlechterung für schwer vermittelbare Arbeitslose und Träger von Maßnahmen in den meisten Landesarbeitsamtsbezirken führen, Die angestrebte Konsolidierung könnte auf weniger einschneidende Weise erreicht werden, wenn in allen Landesarbeitsämtern gleiche Maßstäbe bei der Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen angewendet würden. Insgesamt gesehen kann es nicht hingenommen werden, daß die Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik zunehmend den Charakter von Strukturhilfeinstrumenten erhalten. Vielmehr ist die Zielgruppenorientierung aller im AFG enthaltenen Maßnahmen eine unabdingbare Grundlage des AFG, die keinesfalls aufgeweicht werden darf. Der Bundesrat erwartet, daß die mit den Maßnahmen der 9. Novelle zum AFG beabsichtigte qualitative Konsolidierung, die er im Grundsatz bejaht, im tatsächlichen Vollzug nicht zu unvertretbaren Folgen im Wirkungsbereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik führt. Er erwartet, daß dem insbesondere bei der Umsetzung der Einsparauflage von 540 Millionen DM für den Haushalt 1989 der Bundesanstalt für Arbeit Rechnung getragen wird, also die aktiven Instrumente der Arbeitsmarktpolitik möglichst gering berührt werden. Er geht davon aus, daß die Bundesregierung zusätzliche Haushaltsmittel für den Fall bereitstellt, daß die Wirkungen auf dem Arbeitsmarkt nicht den Annahmen entsprechen, die der vorliegenden Novelle in diesen Punkten zugrunde liegen. Im Hinblick auf die mit der Konsolidierung der Leistungsfähigkeit der Bundesanstalt für Arbeit verbundenen Änderungen des Arbeitsförderungsgesetzes erwartet der Bundesrat zum 1. Mai 1990 einen Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der 9. Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz. Der Bericht soll darlegen, inwieweit es gelungen ist, die Leistungsfähigkeit der Bundesanstalt für Arbeit auf hohem Niveau zu erhalten, die Förderungsstrukturen stark auf die eigentlichen Zielgruppen des Arbeitsförderungsgesetzes zu konzentrieren und eine regional angemessene Verteilung der Förderungsmittel sicherzustellen. Dazu erwartet der Bundesrat Auskunft — wie sich die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in quantitativer Hinsicht entwickelt haben und wie sich die regionale Verteilung der zu 100% geförderten Maßnahmen im Vergleich zum 31. Dezember 1988 darstellt, — ob der Anteil der arbeitslosen, von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedrohten und ungelernten Arbeitnehmer an den beruflichen Bildungsmaßnahmen erhöht und damit der eigentliche Auftrag der Arbeitsförderung wieder stärker zur Geltung gebracht werden konnte, — wie sich die Leistungsänderungen im Bereich Fortbildung und Umschulung auf die Bereitschaft von Frauen zur Teilnahme an entsprechenden Kursen ausgewirkt haben und — welche ersten Erfahrungen mit der Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vorliegen. Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 18. Januar 1989 mitgeteilt, daß sie ihren Antrag „Erweiterung des Untersuchungsauftrages für den 2. Untersuchungsausschuß gem. Drucksache 11/1680 und 11/1683 (neu)" auf Drucksache 11/3658 zurückzieht. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Haushaltsausschuß Drucksache 11/2629 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/2714 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Haushaltsausschuß Drucksache 11/2198 Nr. 2.1 Drucksache 11/2465 Nr. 2.2 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/2465 Nr. 2.25, 2.26 Drucksache 11/2724 Nr. 33 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 11/2724 Nr. 34 Drucksache 11/3021 Nr. 2.14 Drucksache 11/3200 Nr. 2.32
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Honor Funk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verabschiedung des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit, kurz FELEG genannt, ist ein wichtiger Teil der Reform der europäischen Agrarpolitik.
    Der Rat der Europäischen Gemeinschaft hat am 11. und 12. Februar 1988 Beschlüsse zur Eindämmung ständig steigender Überschüsse gefaßt. Mit viel Energie hat die Bundesregierung innerhalb der Gemeinschaft andere Weichen gestellt. Die sinnlose Überproduktion mit dem daraus resultierenden Preisverfall der Agrarprodukte muß gestoppt werden. Dabei ist leider die Interessenlage der einzelnen EG-Mitgliedstaaten höchst unterschiedlich. Dies erschwert eine rasche Lösung der Probleme.
    Wir sind mit der EG-Kommission der Meinung, daß eine Sanierung des EG-Haushalts erreicht werden muß. Dies darf nicht durch die ständigen Preissenkun-



    Funk (Gutenzell)

    gen geschehen, sondern muß durch den Abbau der Überkapazitäten erfolgen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Diese sind verantwortlich für die hohen Kosten innerhalb der Gemeinschaft.
    Durch ein Bündel von Maßnahmen wie Flächenstillegungen, Extensivierungen, Umstellung der Produktion und schließlich die Produktionsaufgaberente wird den Landwirten ein Angebot gemacht, selbst freiwillig zur Mengenrückführung beizutragen. Dafür gibt es einen Einkommensausgleich, der den Bauern direkt zufließt und nicht wie bisher notgedrungen für teure Lagerhaltung ausgegeben werden muß.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das Angebot einer Produktionsaufgaberente wurde in enger Abstimmung zwischen dem Bundesarbeitsminister und dem Bundeslandwirtschaftsminister erarbeitet und schließlich vom federführenden Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung in Zusammenarbeit mit dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf den Weg gebracht. Damit hat die Bundesrepublik als erstes Mitgliedsland der Gemeinschaft diese Möglichkeit in nationales Recht umgesetzt. Es kann sehr bald den vorgegebenen Zielsetzungen dienen.
    Die Produktionsaufgaberente soll Landwirten ab 58 Jahren ohne Hofnachfolger eine Alternative bieten. Weitermachen und investieren ist in vielen Fällen unrentabel; es wird nur Substanz verbraucht. Andere berufliche Alternativen liegen nicht vor. Vielfach handelt es sich um Betriebe, welche in einer besonders angespannten wirtschaftlichen Situation leben müssen. Besonders die Bäuerinnen haben hier oft ein viel zu großes Arbeitspensum zu bewältigen. Eine Umfrage hat ergeben, daß in jeder achten Bauernfamilie eine Person pflegebedürftig ist. Bäuerinnen sind dadurch häufig physisch und psychisch überfordert, wenn sie gleichzeitig noch die übrigen Aufgaben in Familie, Haushalt und Betrieb bewältigen müssen, zumal Hilfskräfte in der Regel wegen der finanziellen Lage nicht eingesetzt werden können.
    Die sozialen Auswirkungen dürfen nicht vergessen werden. Leistungsberechtigte können eine dauerhafte Sicherung ihrer Einkommenslage erwarten. Hinzu kommen die erheblichen Entlastungen des ausscheidenden Unternehmens von den Soziallasten. Gerade von einkommensschwachen Betrieben sind diese Aufwendungen kaum noch aufzubringen. Wir wollen diesen Betrieben helfen, und zwar nicht mit Ideologie, sondern mit Taten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir wollen dem Landwirt aber freistellen, seine Flächen stillzulegen. Unter Umständen können diese Flächen in Zusammenarbeit mit den Kommunen und Ländern für den Natur- und Gewässerschutz oder zur Verbesserung der Infrastruktur verwandt werden. Damit ist ausschließlich der Marktentlastung gedient, weil gleichzeitig auch der gesamte Betrieb mit der eventuellen kleinen Veredelungsproduktion stillgelegt wird. Dadurch wird der Markt tatsächlich entlastet.
    Bei der Berechnung des Flächenzuschlags sind die Ertragsmeßzahlen heranzuziehen. Auf der anderen Seite ist es dem Landwirt aber auch freigestellt, seine Flächen strukturverbessernd zu verpachten. Diese Strukturverbesserung bleibt auch in Zukunft eine wesentliche Komponente im Rahmen der Weiterentwicklung unserer Landwirtschaft. Darüber gibt es überhaupt keinen Zweifel.
    Die verbleibenden Landwirte stehen im europäischen Wettbewerb. In vielen Gebieten der Bundesrepublik haben wir zu wenige wettbewerbsfähige landwirtschaftliche Betriebe. Der technische und biologische Fortschritt geht weiter. Er wird von unseren Konkurrenten viel stärker genutzt. Unsere Märkte sind offen. Wir können uns nur dagegen wehren, indem wir Wettbewerb gegen Wettbewerb stellen und uns in dieser Situation behaupten.
    Der Strukturwandel vollzieht sich vor allem im Rahmen des Generationswechsels in kleineren Betrieben mit geringeren Produktionskapazitäten. Junge Landwirte sind oft nicht bereit, zwei Berufe zu erlernen und die Doppelbelastung auf sich zu nehmen. Gleiches gilt für die Landfrauen. Sie sind unter diesen Voraussetzungen immer weniger bereit, in die Landwirtschaft zu gehen.
    Für mehr als ein Drittel aller landwirtschaftlichen Betriebe gibt es derzeit keine gesicherte Hofnachfolge. Gleichzeitig hat die Zahl der Jugendlichen im Ausbildungsberuf Landwirt in den letzten beiden Jahren um 5 000 Auszubildende abgenommen, obwohl der Strukturwandel in den letzten Jahren bei weitem nicht das Ausmaß der Jahre 1970 bis 1980 erreichte.
    Die Entscheidung, die strukturverbessernde Abgabe dadurch zu verbessern, daß der Abgebende mit dem halben Beitrag seine Alterskassenverpflichtung ableisten kann, wird besonders von jungen Landwirten begrüßt, welche begreiflicherweise an einer Strukturverbesserung interessiert sind. Wir wollen ja nicht nur Aussteigerprogramme, sondern wir wollen auch jungen Landwirten Hoffnung machen, daß sie in der Landwirtschaft bleiben können, denn wir brauchen die Landwirte, gerade in den schwierigen Gebieten unserer Bundesrepublik.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Schließlich haben wir in der Bundesrepublik durch Flächenstillegungen und durch die Ausweisung von Schutzgebieten mit Beschränkungen bei Düngung, Pflanzenschutz und Tierhaltung erhebliche Vorleistungen erbracht. Es ist für die bundesdeutschen Landwirte nur schwer einzusehen, daß ihnen ständig Beiträge zur Beseitigung der Überschüsse abverlangt werden, während zur gleichen Zeit nur zögernd analoge Schritte in anderen Mitgliedsländern unternommen werden.
    Die Besorgnisse der Landwirte gehen auch in Richtung wettbewerbsbedingter Nachteile durch die zunehmenden Auflagen bei der Tier- und Pflanzenproduktion. Wir sind aber der Auffassung, daß die Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft beim Schutz des Wassers, der Luft und des Bodens alsbald nachziehen müssen. Schließlich können wir ihnen diese Hausaufgabe nicht abnehmen. Sie sind für ihre Hei-



    Funk (Gutenzell)

    mat verantwortlich, so wie wir für unsere Heimat verantwortlich sind, was die Umweltpolitik anbetrifft.
    Im Verlauf der Diskussion haben auch die Mitglieder der SPD-Fraktion die Zielsetzung des Gesetzentwurfs begrüßt. Allerdings wurden die Maßnahmen als nicht umfassend genug bezeichnet. So wurde gefordert, die Laufzeit des Gesetzes bis 1999 auszudehnen und das Zugangsalter zu senken. Meine Fraktion hat dies abgelehnt. Wir halten es für entscheidend, daß der Landwirt nunmehr einen umfassenden rentenrechtlichen Anspruch hat. Das ziehen wir einer Plafonds-Lösung vor. Wer also Leistungsvoraussetzungen erfüllt, bekommt die Produktionsaufgaberente und kann eine echte Alternative zu einer unsicheren Zukunftsperspektive erhalten.
    Wir müssen auch die Kosten beachten. An Kosten sind für das Jahr 1989 115 Millionen DM eingestellt, für 1990 250 Millionen DM, für 1991 350 Millionen DM und schließlich für 1992 380 Millionen DM.
    Ich möchte auch hervorheben: Mit diesem Gesetz betreten wir Neuland

    (Zuruf von den GRÜNEN: Eben!)

    und wollen Erfahrungen sammeln. Ein Gesetz, welches in wirtschaftliche Strukturen eingreift, sollte befristet sein.
    Aus heutiger Sicht sind etwa 35 000 Landwirte als Beitragszahler bei der Landwirtschaftlichen Altershilfe mehr als 60 Jahre alt. Zirka 55 000 Beitragszahler sind zwischen 55 und 59 Jahre alt. Viel mehr wissen wir derzeit nicht über die Altersgruppen. Bekannt ist uns nur: In diesen Zahlen befinden sich auch die künftigen Antragssteller für die Aufgaberente.
    Ähnlich ist es auch mit der Frage, wieviel landwirtschaftliche Arbeitnehmer unter das Gesetz fallen. Davon haben wir wenig Ahnung. Davon müssen wir uns dann eben überraschen lassen. Aber wir haben auch hier Verbesserungen angebracht.
    Wenn das Gesetz seiner Zielsetzung gerecht wird und die schwierige wirtschaftliche Situation der Landwirtschaft es erforderlich macht, zweifle ich nicht an seiner Fortführung auch über das Jahr 1992 hinaus.
    Eine weitere Verbesserung wurde in den Ausschußberatungen erreicht, nämlich die soziale Absicherung von Arbeitnehmern, welche durch diese Maßnahmen ihren Arbeitsplatz verlieren. Hier liegen uns ebensowenig Zahlen vor. Tatsache ist, der ausscheidende Arbeitnehmer hat einen gesetzlichen Anspruch auf die Beiträge zur Krankenversicherung und Rentenversicherung. Der Rentenanspruch wird damit voll gewahrt. Falls die Entlassung des Arbeitnehmers bis zu 12 Monaten vor der Stillegung oder Abgabe des Betriebes stattfindet, hat er auch noch Anspruch auf die genannten Leistungen.
    Ich möchte gerne diese Gelegenheit benützen, auch im Namen der Landwirte der Bundesregierung für die Bereitstellung ständig steigender Finanzmittel zur Bewältigung der Sozialkostenentlastung der Bauern herzlich zu danken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dies ist eine große Leistung der Regierung. Darüber gibt es überhaupt keinen Zweifel.

    (Zuruf von der SPD: Die Mittel hat doch das Parlament beschlossen!)

    — Ich möchte auch das gern hier sagen: Es ist auch eine Leistung des Parlaments.

    (Zurufe von der SPD: Aha! — Weitere Zurufe)

    — Na ja, diejenigen, die dagegen gestimmt haben, kann ich ja nicht unbedingt für gute Leistungen loben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe)

    — Ich muß immerhin der Regierung das Lob einräumen, denn die hat die Dinge auf den Weg gebracht und hat sie vor allen Dingen auch vollzogen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Das ist wichtig; denn der Landwirt rechnet nicht mit dem, was wir an Sprüchen vorbringen, sondern der Landwirt rechnet mit dem, was seinen Hof an Geldmitteln erreicht. Darüber gibt es doch nichts zu diskutieren. Das ist überhaupt gar kein Zweifel.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Rein rechnerisch erhält jeder Landwirt, welcher in den drei Zweigen der landwirtschaftlichen Sozialversicherung versichert ist, 9 100 DM. Dieser Betrag kann erheblich überschritten werden, wenn seine Einkommenslage besonders schlecht ist.

    (Zuruf von der SPD: Das wollen wir auch für Handwerker!)

    Ich habe zu danken. Als Berichterstatter möchte ich den Mitgliedern des Ausschusses für Arbeit und Soziales — da schließe ich alle mit ein — sowie dem Ausschußsekretariat herzlich für die zügige Behandlung des Gesetzentwurfs danken. Trotz der großen Arbeitsbelastung in diesem Bereich kann das Gesetz noch rechtzeitig verabschiedet werden und in Kraft treten. Ich bitte Sie zuzustimmen;

    (Zuruf von der CDU/CSU: Werden wir auch tun!)

    denn das wird eine gute Sache. Ich meine, wir sollten der Landwirtschaft diesen Dienst erweisen und ihr eine weitere Möglichkeit anbieten, in ihrer schwierigen und bedrängten Situation weiterzukommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Wimmer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hermann Wimmer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Gesetz, über das wir heute abschließend beraten, hätte eigentlich etwas Vernünftiges werden können.

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    Zielsetzung ist, ein Marktgleichgewicht wiederherzustellen, mit dem vorrangigen Ziel der Marktentlastung, aber auch der Verbesserung der Agrarstruktur. Wahrscheinlich wird bei der Zielsetzung das eintreten, was der Kollege Funk auch im Hinblick auf die Anzahl der Arbeitnehmer in landwirtschaftlichen Betrieben gesagt hat: Da lassen wir uns überraschen.



    Wimmer (Neuötting)

    Wahrscheinlich werden Sie auch von dem Ergebnis der Zielsetzung überrascht werden, weil Sie viel von dem, was Sie als Zielsetzung schreiben, nicht erreichen werden.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU] : Ihr wart überrascht, und jetzt seid ihr schon wieder überrascht!)

    Ein Gesetz über eine soziale Vorruhestandsregelung für alle Landwirte und in der Landwirtschaft Beschäftigten, das diesen Namen verdient, könnte ein wirklicher Beitrag zur Milderung der Agrarkrise sein. Dieses Ziel wurde mit dem Gesetzentwurf nicht erreicht. Vielleicht haben Sie die frühere Bezeichnung „Vorruhestand" in „Produktionsaufgaberente" umgetauft — genau heißt das Gesetz: Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit — , weil Sie diese Ziele nicht mehr erreichen werden.
    Eine wirklich soziale Vorruhestandsregelung haben wir Sozialdemokraten seit langem gefordert. Wir waren seinerzeit dafür, die alte Landabgaberente, wenn auch modifiziert, weiterlaufen zu lassen. Das haben Sie nach Übernahme der Regierung aufgegeben.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Dem haben Sie sich ständig auch in den letzten Jahren widersetzt.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Weil ihr Unsinn gemacht habt!)

    Später wurden auf europäischer Ebene erste Vorschläge für eine Vorruhestandsregelung vorgelegt. Wir alle im Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten waren uns schnell einig, daß dies eine sinnvolle Maßnahme sein kann und, wenn es vernünftig gemacht wird, sein wird.
    Viele wissen, daß ein Viertel aller älteren Betriebsinhaber keinen Hofnachfolger hat. Nimmt man nur die Gruppe der über 55jährigen, ist dieser Anteil sicher noch höher. Ein solide ausgestattetes staatliches Angebot, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen, wäre für viele dieser Betriebe eine wirkliche, eine soziale Alternative.

    (Eigen [CDU/CSU]: Das machen wir doch!)

    Viele ältere Landwirte bräuchten sich dann nicht mehr bis zur normalen Altersgrenze oder bis zur Erwerbsunfähigkeit auf ihren vielfach unzureichend ausgestatteten Betrieben weiter zu quälen.

    (Eigen [CDU/CSU]: Deshalb wollen wir doch helfen!)

    Die Arbeitsbelastung gerade in den kleinen und mittleren Betrieben hat inzwischen ein so großes Maß erreicht, daß nur noch die Hälfte der Betriebsleiter bis zum 65. Lebensjahr wirtschaften kann. Die anderen beantragen vorher das vorzeitige Altersgeld, weil sie erwerbsunfähig geworden sind und weil die Arbeit ihre Gesundheit ruiniert hat. Das ist im übrigen nicht nur in der Landwirtschaft so.

    (Gallus [FDP]: Sehr richtig!)

    Auch deshalb ist eine solide ausgestattete Vorruhestandsregelung notwendig.

    (Sielaff [SPD]: Richtig!)

    Die dadurch frei werdenden Produktionskapazitäten könnten entweder stillgelegt werden oder aber mit mehr ökologischen Aufgaben — was viel sinnvoller wäre — den verbleibenden Landwirten zur Verbesserung der Auslastung der gut ausgestatteten Betriebe zur Verfügung gestellt werden.

    (Beifall des Abg. Sieler [Amberg] [SPD])

    Das wäre auch ein Beitrag zur Minderung der Einkommensprobleme.
    Das, was die Bundesregierung hier vorgelegt hat und von der Mehrheit der Koalition, zum Teil sicher gegen ihre Überzeugung, im Ausschuß durchgezogen worden ist,

    (Eigen [CDU/CSU]: Quatsch!)

    verdient den Namen „soziale Vorruhestandsregelung" in der Tat nicht.

    (Eigen [CDU/CSU]: Doch!)

    Es ist für mich eine klägliche Karikatur einer solchen Regelung. Unabhängige Fachleute sind sich einig — zu den unabhängigen Fachleuten gehört der Herr Gallus sicher nicht —,

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD — Heiterkeit bei den GRÜNEN)

    daß diese Produktionsaufgaberente, wie es jetzt laufen soll, nur ein Desaster werden kann.
    Weil der Finanzminister dem Herrn Kiechle und dem Herrn Blüm die Schrauben angelegt hat,

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    haben Sie an der von Ihnen ursprünglich verkündeten Altersgrenze von 55 Jahren so lange herumgebastelt und manipuliert, bis es paßte. 58 Jahre soll jetzt das Einstiegsalter sein. Das reicht in den Finanzen, die zur Verfügung gestellt wurden, gerade aus. Es deckt die agrarpolitische Blöße der CDU/CSU nicht zu.

    (Gallus [FDP]: Du hast nicht geglaubt, daß wir den Einstieg kriegen!)

    Wie glaubwürdig sind Sie, meine Herren, eigentlich noch in Europa? Sie setzen sich für eine europaweite Vorruhestandsregelung ab 55 Jahren ein. Das haben wir anerkannt. Im eigenen Land dagegen fallen Sie weit hinter diese 55 Jahre zurück.

    (Eigen [CDU/CSU]: Wir sind die einzigen, die das machen, Hermann!)

    Sie — auch Sie, Herr Eigen — beschweren sich, wenn unsere EG-Partner die von Ihnen ebenfalls geforderte und geförderte Flächenstillegung als Stiefkind behandeln.

    (Gallus [FDP]: EG-weit sind wir Spitze! — Zuruf von der CDU/CSU: Weltweit! — Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

    — Herr Gallus, in der EG Spitze zu werden, ist sicher einfach. In der Bundesrepublik werden Sie es nie werden.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)




    Wimmer (Neuötting)

    Welchen Respekt die Bundesregierung im übrigen vor dem Gesetzgeber hat, zeigt sich in einer Broschüre, die bereits im Dezember 1988 erschienen ist und verteilt worden ist. Ich habe sie mitgebracht. Bevor der federführende Ausschuß darüber überhaupt beraten hatte, weit vor unserer heutigen Debatte, verkündeten Sie auf Seite 9, daß Landwirte ab 58 Jahren Produktionsaufgaberente beantragen können und daß ferner Arbeitnehmer keinen eigenen Anspruch auf Leistung nach dem Gesetz haben. Das war lang, bevor es beschlossen wurde. Ist das so richtig? Vielleicht ist es erneut das unbotmäßige Verhalten des Presse- und Informationsamtes, wie es ja gelegentlich vorkommen soll.

    (Sielaff [SPD]: Gelegentlich?)

    Dem landwirtschaftlichen Arbeitnehmer haben Sie einen eigenen Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz verweigert. Das ist eine klare gesellschaftspolitische Ungleichbehandlung: Während der landwirtschaftliche Unternehmer frei wählen kann, ob er in den Vorruhestand geht oder nicht, ist der landwirtschaftliche Arbeitnehmer vom Handeln seines Arbeitgebers abhängig.
    In den Beratungen konnte — und dies erst in der letzten Sitzung des Ausschusses — wenigstens erreicht werden, daß der Arbeitnehmer nun nicht mehr beweispflichtig ist, daß seine Entlassung auf Grund des Vorruhestandes oder der Stillegung des Betriebes seines Arbeitgebers erfolgte. Auch aus Gründen der Verwaltungspraxis halten wir es für einen kleinen Erfolg, daß das Ausgleichsgeld nunmehr ohne weiteres gewährt werden muß, wenn der Arbeitnehmer vor Ende 1991 58 Jahre alt wird und innerhalb von zwölf Monaten vor Eintritt in den Vorruhestand oder Flächenstillegung des Unternehmers seinen Arbeitsplatz verloren hat.
    Obwohl von den großartigen Versprechungen des Herrn Minister Kiechle zum Vorruhestand nicht viel übriggeblieben ist, will er mit dem kläglichen Rest doch noch weitere agrarpolitische Probleme lösen. So soll damit jetzt sein Bauchladen zuviel verteilter Milchquoten erleichtert werden — ein Vorhaben, mit dem er im letzten Jahr an seiner eigenen Partei gescheitert ist. Bei allem Respekt: Wir halten das für einen altrar- und regionalpolitischen Irrweg. Gerade in den benachteiligten Gebieten der Bundesrepublik leben die Bauern vom Grünland. Das läßt sich rentabel nur über die Milch nutzen. Die Milchquoten in diesen Regionen müssen daher erhalten bleiben.
    Sie setzen dagegen die Beißzangen gleich von zwei Seiten an: Verpachtet der Vorruheständler seine Futterflächen mit den dazugehörigen Milchquoten, ziehen Sie ihm die Hälfte der Quote ab. Legt er seine Fläche dagegen still, ohne aber seine Milchquote zu verrenten, zahlen Sie ihm nur den halben Flächenzuschlag. Fast in jedem Fall wird die Milchrente so verlorengehen, zumindest aber stark reduziert werden.
    Herr Minister Kiechle müßte es eigentlich genau wissen.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Er weiß es auch! — Gegenruf von der SPD: Das ist das Schlimme, daß er das weiß! — Pfuhl [SPD]: Er ist schon lange aus der Landwirtschaft raus! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Ich vermute es, aber die Handlungsweise spricht eben manchmal eine andere Sprache. — Minister Kiechle müßte wissen, daß benachteiligte Gebiete als landwirtschaftliche Standorte ohne Milchquoten nicht überlebensfähig sind. Auf diese Art verkehrt sich der mögliche positive Struktureffekt der Vorruhestandsregelung in sein Gegenteil. Statt ländliche Räume lebensfähig zu erhalten, droht ihnen die Entleerung. Die Frage ist, ob verlassene Dörfer, wie sie heute schon in einigen Bereichen Frankreichs zu finden sind, nicht auch in der Bundesrepublik Realität werden.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Quatsch!)

    Die Agrarpolitik der Bundesregierung bietet den Landwirten keine Perspektiven für die Zukunft. Sie verkünden zwar laufend neue Maßnahmen, die aber
    — bei Licht besehen — zwei entscheidende Mängel aufweisen. Erstens. Sie zielen immer nur auf Stilllegung, Abbau, Reduzierung, auf das Aufhören. Zweitens bleiben die tatsächlichen Maßnahmen immer weit hinter den großen Worten zurück.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir werden diesem Gesetz, dieser Karikatur einer sozialen Vorruhestandsregelung nicht zustimmen.

    (Eigen [CDU/CSU]: Das kann doch nicht wahr sein! Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen! Ihr seid doch ganz ordentliche Menschen!)

    — Herr Eigen, wenn Sie jetzt zuhören, dann wissen Sie, warum. — Um jeder Legendenbildung vorzubeugen, stelle ich nochmals fest: Wir Sozialdemokraten verlangen unverändert die Einführung eines Vorruhestandes in der Landwirtschaft. Wir verlangen nach wie vor die Festsetzung der Altersgrenze auf 55 Jahre.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir fordern den Verzicht auf die im Zusammenhang mit den Milchquoten vorgesehenen Regelungen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir verlangen einen eigenen Anspruch für landwirtschaftliche Arbeitnehmer auf Leistungen nach dem Gesetz.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir wollen eine echte — nicht so, wie Herr Kollege Funk es gesagt hat, daß sie vielleicht verlängert wird — Verlängerung der Laufzeit.

    (Fuchtel [CDU/CSU]: Und was kostet das alles?)

    Da Sie jedoch keinen unserer allgemein anerkannten Verbesserungsvorschläge akzeptiert haben — —

    (Fuchtel [CDU/CSU]: Was kostet das alles, wie finanzieren Sie das? — Gallus [FDP]: Was sagen deine Haushaltsleute dazu?)




    Wimmer (Neuötting)

    — Wenn Sie sich einmal angucken, was der Jäger 90 kostet, fällt Ihnen die Beantwortung dieser Frage vielleicht ein bißchen leichter.

    (Lachen und Beifall bei der SPD — Fuchtel [CDU/CSU]: Wir haben nur einen Jäger 90! — Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Wir hätten Apel 80 abschaffen sollen und nicht den Jäger 90! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Da Sie jedoch keinen unserer allgemein anerkannten Verbesserungsvorschläge akzeptiert haben, sind wir nicht bereit, unsere Stimmen für ein unzulängliches und in Teilen gegen die Landwirtschaft gerichtetes Gesetz herzugeben. Aus diesen Gründen stimmen wir diesem Gesetz nicht zu.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)