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ID1111708300

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    Plenarprotokoll 11/117 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 117. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1988 Inhalt: Anteilnahme am Schicksal der Opfer des Absturzes eines amerikanischen Kampfflugzeuges auf ein Wohngebiet in Remscheid 8553 A Erweiterung der Tagesordnung 8553 B Zur Geschäftsordnung Kleinert (Marburg) GRÜNE 8553 C Seiters CDU/CSU 8554 C Bernrath SPD 8555 B Wolfgramm (Göttingen) FDP 8555 C Zusatztagesordnungspunkt 7: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Straßmeir, Fischer (Hamburg), Börnsen (Bönstrup), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Richter, Gries, Kohn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines Seeschiffahrtsregisters für deutsche Handelsschiffe im internationalen Verkehr (Drucksachen 11/2161, 11/3679) Fischer (Hamburg) CDU/CSU 8556 B Frau Faße SPD 8559 A Richter FDP 8560 C Frau Rock GRÜNE 8561 D Dr. Schulte, Parl. Staatssekretär BMV 8563 B Straßmeir CDU/CSU 8563 D Ewen SPD 8564 B Funke FDP 8566 A Tagesordnungspunkt 26: Eidesleistung der Bundesministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit und des Bundesministers für Wirtschaft Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 8566 D Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi 8567 A Tagesordnungspunkt 27: a) Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Bernrath, Bindig, Duve, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Lage der Menschenrechte in der Türkei (Drucksache 11/2600) c) Beratung der Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zur Hinrichtung von politischen Häftlingen in Indonesien (Drucksachen 10/6275, 11/3575) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Menschenrechte in Kolumbien (Drucksache 11/2404) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von den Abgeordneten Bindig, Dr. Schmude, Frau Bulmahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 117. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1988 der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984 (VN-GV- Res. 39/146) (Drucksache 11/3668) Dr. Kohl, Bundeskanzler 8568 A Brandt SPD 8573 B Frau Geiger CDU/CSU 8576 C Frau Olms GRÜNE 8578 D Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 8581 D Schäfer, Staatsminister AA 8584 A Dr. Schmude SPD 8585 C Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 8587 B Bindig SPD 8588 D Frau Eid GRÜNE 8590 C Zusatztagesordnungspunkt 10: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 11/2421, 11/3672, 11/3672 [neu], 11/3697) b) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Änderung des Parteiengesetzes (Drucksachen 11/3097, 11/3672, 11/3697) Bernrath SPD 8591 C, 8594 D Spilker CDU/CSU 8592 B Lüder FDP 8596 D Frau Dr. Vollmer GRÜNE 8600 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 8602 C Conradi SPD 8605 C Häfner GRÜNE 8609 B Wüppesahl fraktionslos 8611D Stiegler SPD 8613 A Namentliche Abstimmung 8614 A Ergebnis 8614 B Nächste Sitzung 8616A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 8617* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Struck und Catenhusen (beide SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 11/2421, 11/3672, 11/3673) 8617* C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Frau Dr. Adam-Schwaetzer und Frau Dr. Hamm-Brücher (beide FDP) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 11/2421, 11/3672, 11/3673) 8617* D Anlage 4 Amtliche Mitteilungen 8618* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 117. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1988 8553 117. Sitzung Bonn, den 9. Dezember 1988 Beginn: 8.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 9. 12. Antretter* 9. 12. Bangemann 9. 12. Frau Beck-Oberdorf 9. 12. Becker (Nienberge) 9. 12. Frau Berger (Berlin) 9. 12. Dr. Biedenkopf 9. 12. Dr. Blens 9. 12. Böhm 9. 12. Börnsen (Bönstrup) 9. 12. Dr. Briefs 9. 12. Bühler (Bruchsal) 9. 12. Frau Conrad 9. 12. Daweke 9. 12. Deres 9. 12. Duve 9. 12. Engelsberger 9. 12. Frau Fischer 9. 12. Gansel 9. 12. Gattermann 9. 12. Gautier 9. 12. Genscher 9. 12. Dr. Glotz 9. 12. Dr. Götz 9. 12. Dr. Grünewald 9. 12. Dr. Hauff 9. 12. Frau Hämmerle 9. 12. Heinrich 9. 12. Dr. Hennig 9. 12. Hiller (Lübeck) 9. 12. Frau Hoffmann (Soltau) 9. 12. Hoss 9. 12. Irmer 9. 12. Jens 9. 12. Jung 9. 12. Kalb 9. 12. Dr. Köhler 9. 12. Kossendey 9. 12. Kreuzeder 9. 12. Dr. Kronenberg 9. 12. Frau Luuk* 9. 12. Dr. Mertens (Bottrop) 9. 12. Möllemann 9. 12. Frau Pack 9. 12. Paintner 9. 12. Petersen 9. 12. Pfuhl 9. 12. Rappe (Hildesheim) 9. 12. Regenspurger 9. 12. Reuschenbach 9. 12. Frau Schilling 9. 12. Frau Schmidt-Bott 9. 12. von Schmude* 9. 12. Freiherr von Schorlemer 9. 12. Dr. Soell* 9. 12. Steiner* 9. 12. Frau Trenz 9. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Warnke 9. 12. Wetzel 9. 12. Wilz 9. 12. Wimmer 9. 12. Zierer* 9. 12. Dr. Zimmermann 9. 12. Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Struck und Catenhusen (beide SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 11/2421, 11/3672, 11/3673) Da nach meiner Überzeugung die Einführung eines Sockelbetrages und die Heraufsetzung der Publizitätspflicht für Spenden von DM 20 000 auf DM 40 000 auf verfassungsrechtliche Bedenken stößt, werde ich mich der Stimme enthalten. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Frau Dr. Adam-Schwaetzer und Frau Dr. Hamm-Brücher (beide FDP) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 11/2421, 11/3672, 11/3673) Die Unterzeichner dieser Erklärung sehen sich (abgesehen von möglichen verfassungsrechtlichen Bedenken) aus folgenden Gründen nicht imstande, der Novelle des Parteienfinanzierungsgesetzes zuzustimmen: 1. Die Mehrkosten von jährlich 68 Millionen DM, die zur Parteienfinanzierung aus Steuermitteln zur Verfügung gestellt werden sollen und die eine Steigerung der Zuwendungen von 20 Prozent ausmachen, können im Hinblick auf notwendige Kosteneinsparungen bei anderen öffentlichen Aufgaben gegenüber dem Bürger nicht überzeugend vertreten werden. 2. Die Bürger erwarten zu Recht von den Parteien, daß Wahlkämpfe so sparsam wie möglich geführt werden. Dies ist immer wieder nachzuweisen und auch möglich. 3. Die Berufung einer unabhängigen Kommission zur Festlegung der Zuschüsse an die Parteien durch den Bundespräsidenten ist ein wichtiger Schritt, um den notwendigen Bedarf der Parteien für ihre Ausgaben transparenter zu machen. Deshalb sollte vor einer Erhöhung der Wahlkampfkostenerstattung auf jeden Fall erst das Votum dieser unabhängigen Kommission eingeholt und die Erhöhung der Zuschüsse bis dahin zurückgestellt werden. 8618* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 117. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1988 Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 11/936 Drucksache 11/1301 Drucksache 11/1537 Drucksache 11/1676 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 10/4184 Nr. 3 Drucksache 11/138 Nr. 3.39, 3.40 Drucksache 11/973 Nr. 2.4 Drucksache 11/2465 Nr. 2.8, 2.10 Drucksache 11/2580 Nr. 22 Drucksache 11/2956 Nr. 2.4 Drucksache 11/3021 Nr. 2.5 Drucksache 11/3200 Nr. 2.4 — 2.9 Drucksache 11/3311 Nr. 2.3-2.5, 2.7, 2.9 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/2724 Nr. 24, 25 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/439 Nr. 2.12
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Antje Vollmer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Der „Aufbruch 1988" hat sich mit anderen Kolleginnen und Kollegen meiner Partei erheblich dafür eingesetzt, daß die Partei der GRÜNEN diese Finanzfragen so ernst nimmt, daß wir darüber den ganzen Bundesvorstand gekippt haben, was uns nicht leichtgefallen ist. Von daher, denke ich, haben die GRÜNEN in dieser Frage sehr wohl das Recht, moralisch und auch politisch in der Weise Stellung zu nehmen, in der wir das tun.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: So wie mit den grünen Fahrrädern, die in den Kellern verstauben!)

    Gute Erfolgsaussichten scheint ein Einspruch gegen die enorme Bevorzugung der CSU durch die jetzige Regelung zu haben.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Was? Wie bei den grünen Fahrrädern! Mit dem Dienstwagen fahren, sich aber mit den grünen Fahrrädern fotografieren lassen!)

    Trotz ihres hohen Spendenaufkommens wird die CSU in den Jahren 1989 bis 1992 an Sockelbetrag und Chancenausgleich voraussichtlich 28 Millionen DM mehr bekommen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das ist unseriöse Berechnung!)

    Damit erhält sie allein 127 % mehr als bei ihrer letzten Wahlkampfkostenerstattung. Einer nur auf ein Teilgebiet der Bundesrepublik begrenzten Partei dürfte sinnvollerweise eigentlich überhaupt kein Sockelbetrag zukommen. Sie wird die Notwendigkeit auch schwerlich begründen können, warum sie nun mit Plakaten und Werbematerial die ganze Bundesrepublik überziehen müßte, was sie ja auch nicht tut.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Von euch kommt sicherlich mehr! Die Papierproduzenten sitzen auf eurer Etage!)

    Umgekehrt ist aber auch bei der CDU zu fragen, ob
    nicht eine Kürzung des Sockelbetrags um den bayerischen Anteil angebracht sei. Darauf hatte die Kornmission bereits hingewiesen; ohne Konsequenzen, wie man sieht.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Vorn Aufbruch über den Durchbruch zum gewaltigen Einbruch!)

    Wenn es meine Zeit erlaubte, würde ich dem Hohen Hause nicht ersparen, den ungeheuer erhellenden Satz zur Berechnung des Chancenausgleichs hier einmal im Wortlaut vorzutragen; es dauert aber zehn Minuten. Ich empfehle ihn deshalb für die Rubrik „Aufgespießt" in der „Frankfurter Allgemeinen" oder in der „Frankfurter Rundschau" und dem Hohen Hause zur Lektüre von Bürokratendeutsch in der Weihnachtspause.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Ich würde nicht so viel zitieren!)

    Keiner der Sachverständigen sah sich in der Lage, danach eine Berechnung vorzunehmen. Außerdem ist es auch ein Hohn, in einem Fall, wo alle Parteien, mit Ausnahme der GRÜNEN, handfest ihre Chance ergreifen, sich mehr Geld zu genehmigen, nun ausgerechnet von Chancen a u s g 1 e i c h zu sprechen. Wäre es wirklich um eine Bereinigung der Ungerechtigkeiten der letzten Regelung gegangen, hätte die Rechnung unter dem Strich mit Null ausgehen müssen und nicht mit 68 Millionen DM mehr.

    (Conradi [SPD]: Dann hättet ihr aber arm ausgesehen!)

    Dies macht die Bürger wütend, und zwar mit Recht.
    Die einzig ernst zu nehmende Alternative als Denkmodell zu Ihren Entwürfen wäre die Einführung einer Einwirkungsmöglichkeit der Bürgerinnen und Bürger auf das Finanzgebaren der Parteien gewesen. Hiergegen, gegen den Bürgerbonus bestand kein einziges verfassungsrechtliches Bedenken von seiten der Sachverständigen; sie waren sich alle einig. Hiergegen gab es nur den politischen Widerstand aller anderen Parteien, die unseren Vorschlag zunächst als naiv und als lächerlich und dann als unpraktikabel bezeichnet hatten.

    (Dr. Nöbel [SPD]: Das ist er auch!)

    Er ist es nicht. Alle Vorwürfe, die gegen ihn erhoben wurden, er sei populistisch, er befördere Vorurteile und Neid gegenüber den Parteien, hielten nicht stand,

    (Dr. Nöbel [SPD]: Und er ist sehr teuer! Das kommt noch hinzu!)

    es sei denn, man würde sie insgesamt gegen die Tatsache ins Feld führen, daß es überhaupt Wahlen in der Demokratie gibt; denn auch hier gibt es Vorurteile, Populismus, Schüren von Emotionen. Ihre Ablehnung verfängt also nicht.
    Für diesmal sind wir mit unserer Vorstellung nicht erfolgreich gewesen. Wir sind aber außerordentlich sicher, daß diese Idee nicht sterben wird.
    Es hätte ja auch eine gute Kompromißmöglichkeit gegeben, indem Sie beispielsweise einen Teil der Wahlkampfkostenerstattung, ungefähr in Höhe des Sockelbetrags, für diesen Bürgerbonus freigegeben
    8602 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 117. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1988
    Frau Dr. Vollmer
    hätten. Das hätte eine radikale Öffnung der Parteien für die Kritik der Bürger und Bürgerinnen bedeutet, und es wäre so etwas wie ein vertrauenschaffendes Signal gewesen, das die in den Fragen der politischen Kultur inzwischen sehr sensibel gewordene Öffentlichkeit

    (Dr. Nöbel [SPD]: Das ist doch ein Popanz!)

    — das hat sich seit 1967 geändert — wenigstens mit Respekt hätte zur Kenntnis nehmen können.

    (Beifall bei den GRÜNEN) Die Chance ist diesmal vertan.

    Es bleibt uns nur die Möglichkeit, Sie aufzufordern, in namentlicher Abstimmung gegen den vorliegenden Gesetzentwurf zu stimmen.

    (Bernrath [SPD]: Frau Vollmer, Sie wissen doch, daß Ihr Vorschlag teurer gewesen wäre als das, was wir jetzt gemacht haben!)

    — Ich sage: wir hätten einen Einstieg anstelle des Sokkelbetrags machen können. Das wäre genau die symbolische Wirkung gewesen.

    (Bernrath [SPD]: Aber das wäre teurer gewesen! Sie haben immer von einer Mark gesprochen! Das wäre 25 % teurer geworden!)

    — Nein. Es wäre sogar Geld gespart worden, Geld, das die Bürger den Parteien möglicherweise nicht zur Verfügung gestellt hätten. Aber dieses hätten wir sehr gerne zugunsten einer politischen Infrastruktur eingesetzt, die die Bürgerinnen und Bürger vor Ort benutzen könnten, z. B. Druckmöglichkeiten, Räume. Dann endlich hätten die Bürgerinnen und Bürger selbst ihren Anspruch auf die Besetzung des politischen Raums einlösen können.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Bernrath [SPD]: Aber dafür brauchen wir doch kein Geld! Sie haben doch die Infrastruktur!)

    Ein Wort zum Schluß. Es gibt im internationalen Bereich, soweit ich weiß, kein Land, das in ähnlicher Weise Parteien aus öffentlichen Mitteln subventioniert wie bei uns. England, das erste Land, in dem sich Parteien als politische Institutionen ausgeprägt haben, kennt überhaupt keine öffentliche Parteienfinanzierung.

    (Stiegler [SPD]: Wie ist es mit der Verbandsabhängigkeit?)

    Frankreich, das seit der Französischen Revolution den Parlamentarismus an die Oberfläche der Geschichte gebracht hat, kennt keine Parteienfinanzierung, jedenfalls nicht in dem Ausmaß wie bei uns.
    Die Ursache, so scheint mir, liegt darin, daß in der Bundesrepublik Deutschland die Sphäre der Politik auf der einen Seite und die Sphäre des Alltags auf der anderen Seite in extremer Weise auseinandergedriftet sind. Alltag hat nichts mit Politik zu tun, Politik ist separiert von Ökonomie, Kultur, Kunst und Wissenschaft. Der Gebrauchswert der Politiker sinkt, aber ihr Preis steigt. Sicherlich ist eine Gesellschaft, in der Alltag, Wissenschaft und Politik zusammenfallen, eine Illusion, vielleicht sogar eine gefährliche Illusion. Eine Gesellschaft aber, in der die Sphäre der Politik von anderen gesellschaftlichen Sphären derart extrem getrennt ist, beruht letztlich auf sehr brüchigem Fundament. Darüber selbstkritisch nachzudenken wäre in der Pause, die wir jetzt alle vor uns haben, vielleicht angebracht.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gerster.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Johannes Gerster


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist keinesfalls so, daß die CDU/CSU mit großem Enthusiasmus an dieses Gesetz herangegangen ist. Es ist aber doch festzustellen, daß wir nicht von uns aus darangegangen sind, dieses Gesetz mit den anderen Fraktionen zu beraten und zu verabschieden, sondern durch das Bundesverfassungsgericht dazu veranlaßt worden sind. Das muß einmal klar gesagt werden.
    Es ist schon merkwürdig: Wenn uns das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung auf anderen Feldern der Politik einen Handlungsauftrag gibt — ich erinnere einmal an die Datenschutzgesetze —, können sich manche nicht genug beeilen, die Stoppuhr anzuwerfen, um uns kurze Zeit später an den Fristablauf zu erinnern.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Richtig!)

    Wenn uns das Bundesverfassungsgericht aber verpflichtet, die Parteienfinanzierung noch einmal zu überprüfen, dann wird das Ganze so dargestellt, als wollten wir aus bloßer Überheblichkeit und Raffgier einen tiefen Griff in die Staatskasse tun.
    Festzuhalten ist folgendes: Nicht nur das Bundesverfassungsgericht hat uns mit seinem Urteil von 1986 zu einer Überarbeitung verpflichtet, auch der Bundestagspräsident hat — ebenfalls auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung — darauf hingewiesen, daß der Chancenausgleich, der ja nicht von uns, sondern von einer Sachverständigenkommission entwickelt worden war, entgegen der ursprünglichen Absicht Parteien mit hohen Eigenanstrengungen nicht begünstigt, sondern bestraft. Oder, anders gesagt: Je geringer die Spenden- und Mitgliederwerbung, um so mehr Staatsknete — wie die GRÜNEN zu sagen belieben — winkt auf Grund der noch geltenden Regelung der Parteikasse der GRÜNEN.

    (Zuruf von der SPD: So ist es!)

    So bekommt in diesem Jahr die CDU mit 750 000 Mitgliedern null DM aus dem Chancenausgleich. Und die GRÜNEN erhalten bei 40 000 Mitgliedern 5,9 Millionen DM.

    (Frau Traupe [SPD]: So ist es!)

    Es gehört zu ihrem scheinheiligen Gehabe, daß sie letzten Endes, weil sie da im Verhältnis zu anderen Parteien ein Stück beschnitten werden, protestieren und dies in ein puritanisches Mäntelchen fassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Man kann es noch drastischer formulieren: Nach geltendem Recht finanziert ein privater Spender, der die großen Parteien unterstützen will, ungewollt, aber wirksam über den Chancenausgleich die kleinen Par-
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 117. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1988 8603
    Gerster (Mainz)

    teien mit. Das konnte nicht gewollt sein und kann daher so nicht bleiben.