Rede von
Wolfgang
Lüder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der ersten Lesung dieses Gesetzes hat Burkhard Hirsch für meine Fraktion deutlich gemacht, daß gegen die damalige Fassung des Gesetzentwurfs insbesondere verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Fragen gestellt werden
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 117. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1988 8597
Lüder
mußten. Wir haben uns deswegen damals für eine Sachverständigenanhörung eingesetzt. Wir haben den Gesetzentwurf auf Grund dieser Anhörung in wesentlichen Punkten verändert, und ich sage: Wir haben ihn verbessert.
Somit komme ich heute zu dem Ergebnis, daß niemand im Hause, auch nicht, wenn er nachher vielleicht noch persönliche Erklärungen abgibt, sagen kann, hier stünden verfassungsrechtliche Bedenken im Raum, wenn er sie uns nicht dezidiert vorträgt.
Ich sage das hier auch, damit es ins Protokoll kommt. Ich glaube, diejenigen, die damit gemeint waren, werden das auch nachlesen.
Das allgemeine Genörgle darüber, daß möglicherweise verfassungsrechtliche Bedenken bestünden, wird dem Anspruch auf verfassungsrechtliche Prüfung nicht gerecht. Lassen Sie uns das einmal festhalten.
Ich nehme jeden ernst, auch von den Sachverständigen, der hier Argumente vorgebracht hat. Ich wäge die Argumente mit anderen Argumenten und komme dann zu einer Bewertung. Aber ohne Argumente nur allgemeine Behauptungen aufzustellen, das wird diesem Punkt nicht gerecht.
Meine Damen und Herren, die FDP hätte es sich bei diesem Gesetzentwurf genauso leicht machen können wie die GRÜNEN. Es ist bekannt, daß die FDP durch die Veränderung der staatlichen Wahlkampfkostenfinanzierung keine Mark mehr aus dem Steuersäckel erhält. Im Gegenteil: Bei gleichbleibendem Beitrags- und Spendenaufkommen und bei einer Wiederholung des letzten Wahlergebnisses der Bundestagswahl bedeutet die jetzt gefundene Regelung, daß wir Freien Demokraten Jahr für Jahr gut 800 000 DM, fast eine Million DM, weniger Steuermittel erhalten als bisher.
— Die Sachverständigen, liebe Frau Vollmer! Nun sind wir einmal vorsichtig: Wenn Herr von Arnim meint, hier würden insgesamt 92 Millionen DM umverteilt — wie ich es einer Zeitung entnommen habe —, dann muß ich sagen, er mag vielleicht ein guter Jurist sein, aber er hat den Grundsatz „iudex non calculat" offenbar immer noch nicht beherzigt.
Wir werden das ja sehen. Das läuft ja Jahr für Jahr ab und wird veröffentlicht.
Ich wiederhole: Wir werden hier nicht begünstigt, sondern wir nehmen in Kauf, daß wir bei gleichem Spendenaufkommen, gleicher Mitgliedschaft und gleichem Wahlergebnis — das sind nun einmal die Prämissen, unter denen man nur rechnen kann — Jahr für Jahr knapp eine Million DM weniger Steuermittel erhalten werden. Ich hoffe, daß auch der Bund der Steuerzahler dies endlich zur Kenntnis nimmt, wenn er dem selbstgesetzten Anspruch auf Seriosität weiterhin gerecht werden will.
Wir Freien Demokraten hätten es uns leicht machen können, hätten uns abseits stellen und das schwierige Gesetzgebungsverfahren den beiden größeren Parteien überlassen können.
Es gibt aber auch eine Solidarität der Parteien, die diesen Staat Bundesrepublik Deutschland gegründet haben. Diese Solidarität veranlaßt uns, auch dann konstruktiv mit- und zusammenzuarbeiten, wenn Nachteile früherer Gesetzgebungen für andere ausgeglichen werden sollen, auch wenn wir davon keine Vorteile haben.