Rede von
Dr.
Heinz
Riesenhuber
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Wenn Sie hier bestreiten wollen, daß die Forschung für defensive Zwecke unzulässig ist, dann müssen Sie es auch für unzulässig halten, daß die Erdbeobachtung genutzt werden kann, um Panzeraufmärsche festzustellen.
8532 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1988
Bundesminister Dr. Riesenhuber
— Deshalb ist es kein ESA-Projekt, sondern ein Projekt von Partnern. Es kann nicht unterstellt werden. Wir verlangen für unsere Elemente unsere Hoheit. Sie ist uns zugestanden worden. Wir sind gleichberechtigte Partner, nicht Untermieter. Wir haben das gleiche Recht zu akzeptieren, zu respektieren wie unsere Partner. Wenn für den Vertrag insgesamt gilt, daß friedliche Nutzung für zuviele Zwecke möglich ist, müssen sich auch derartige mögliche Forschungen daran messen.
Sie haben hier Hermes angesprochen. Ich weise nur beiläufig darauf hin, daß wir vereinbart haben, daß wir Ende 1990, Anfang 1991 noch einmal abschließend hierüber entscheiden werden. Aber natürlich ist Ihr Argument richtig, daß hier ein Zusammenhang mit Sänger besteht. Wenn wir von Deutschland aus langfristige Strategien, mit denen wir auch große europäische Systeme prägen, verfolgen, dann können wir nicht abenteuerliche Sprünge über technische Stufen hinweg machen. Insofern ist es richtig, daß wir dieses Projekt fördern, denn wir brauchen die Techniken. Das Spektrum reicht von der Wiedereintauchtechnik bis zur Avionik.
Ich glaube, wenn Sie hier schon sagen, Sänger könne ein vernünftiges Projekt sein
— richtig, ich stimme Ihnen zu; auch wir behalten uns ein Urteil bis nach der Vorprüfungsphase vor —, dann muß man akzeptieren, daß auch die Zwischenstufe vernünftig ist.
Einigermaßen überrascht war ich im Hinblick auf Ihre Argumentation betreffend die Zusammenarbeit mit der Sowjetunion. Lieber Herr Fischer, es ist verblüffend, wenn Sie nach der Zusammenarbeit mit der Sowjetunion in der Vergangenheit fragen. Selbst wenn man nicht die Berichte der Max-Planck-Gesellschaft liest und wenn man nicht zur Kenntnis nimmt, was die Akademie der Wissenschaften veröffentlicht: Daß „Giotto", der Besuch bei dem Halleyschen Kometen, ein sichtbares Ereignis war, ist ja wirklich unbestreitbar. „Giotto" war Ergebnis einer Zusammenarbeit; der Flugkörper war mit einer deutschen Kamera bestückt, er enthielt sowjetische Elemente. Es sind Vorausmissionen geflogen worden. Jetzt könnten wir die Zusammenarbeit mit der Sowjetunion, die sich prächtig entwickelt hat, über die Grundlagenforschung hinaus auf breite Bereiche ausdehnen.
Sie sagen voller Stolz, Sie hätten den Anstoß zu dieser Forschung gegeben. Ja, warum distanzieren Sie sich jetzt davon? Das ist eine prima Sache. Ich habe von Ihnen ja nicht nur Unfug geerbt; ich habe auch außerordentlich wertvolle und gute Sachen geerbt.
Wir haben sie prächtig weiterentwickelt.
— Ich habe auch Probleme. Aber das ist heute nicht unser Thema.
Wir haben eine Zusammenarbeit daraus entwickelt. Nun sagen Sie, es habe Streit gegeben. Ich muß Ihnen sagen: Es gab nur einen relevanten Punkt, in bezug auf den hier — ich sage es einmal höflich — unterschiedlichen Meinungen einmal öffentlich diskutiert worden sind. Das betraf die Frage, ob wir, wie GlawKosmos sich das vorgestellt hat, jetzt dafür bezahlen sollen, daß ein deutscher Astronaut mitfliegt, ob wir andere Dienstleistungen bezahlen sollen oder nicht. Ich habe hierzu eine schlichte Auffassung gehabt. Ich habe gesagt: Wenn es eine technische Zusammenarbeit ist, dann bringt jeder seine Elemente mit ein, wie es in anderen Fällen auch gemacht wird, und jeder bezahlt für seine eigenen Elemente. Aber in den Verträgen, die wir mit anderen Staaten geschlossen haben, steht: No exchange of funds. Genau dies ist geschehen. Hier gab es eine Differenz, okay. Die Bundesregierung hat die Position, die ich immer für richtig gehalten habe, zugrunde gelegt. Was die Zeitpläne betrifft: Wir sind genau richtig übereingekommen. Das zeitliche Ziel war immer der Besuch des Bundeskanzlers in Moskau. Dieses Ziel haben wir mit einer Präzision erreicht, die für die Arbeit der Bundesregierung nicht untypisch ist.
Jetzt kann ich leider einige Themen nur sehr verkürzt darstellen, und zwar aus Zeitgründen.
— Verschlabbern, dies ist das Wort; Sie haben es genannt.
Wir haben mit DARR eine völlig neuartige Aufgabe. Ich habe mich sehr über dies engagierte Plädoyer gefreut, das Kollege Laermann ebenso wie Kollege Rüttgers aus ihrer großen Fachkunde geleistet haben.
— Ich bin immer in der Schwierigkeit: Entweder ich sage, daß es irgendwann in den neunziger Jahren ist
— dann kann ich nie widerlegt werden — , oder ich setze einen ehrgeizigen Zeitpunkt und mache entsprechend Druck.
— Natürlich war er es. Lieber Herr Catenhusen, ich muß Ihnen wirklich eins sagen: Entweder ich mache hier Druck — und das tue ich — und nenne frühe Termine, oder ich entspanne mich und warte, was so in die Landschaft wächst und schaue dann voller Erbau-
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Bundesminister Dr. Riesenhuber
ung, daß nach zwei Jahren auch noch nichts entstanden ist.
Wir kommen hier mit ganz guten Ergebnissen zu einer vernünftigen Zeit. Wenn DARA hier bis in das Vorfeld der politischen Entscheidung Konzepte entwickeln, Strategien und Zusammenarbeit organisieren und verhandeln soll, dann ist es natürlich schon ein ganz neuartiges und gutes Konzept.
Was ich jetzt auch nur in Stichworten angehen kann — und das kann ich mir auch leisten, weil der Kollege Maaß das mit großer Kompetenz dargestellt hat — , ist die Frage der Informationstechnik und der weiteren Strategie. Sie verlangen zu Recht, daß wir hier Bilanz ziehen über das, was seit 1984 geschehen ist. Bilanz kann ich nur begrenzt ziehen, so lange die Zeit nicht wirklich ausgelaufen ist. Sie läuft jetzt aus. Wir haben uns mit dem Wirtschaftsminister zusammengesetzt. Wir müssen das gemeinsam machen, denn es geht nicht nur um eine einzelne Technik oder um einzelne Projekte. Es geht um die Entwicklung übergreifender Strukturen. Das sind die indirekten Programme für den Mittelstand, von denen der Kollege Maaß gesprochen hat.
Was wir hier an Anschub gebracht haben, sehen Sie an der außerordentlichen Dynamik, die mittelständische Unternehmen erfolgreich in die Märkte hineingebracht haben, in einer Weise, die 1982 niemand für möglich gehalten hat. Das sehen Sie an den neuen strategischen Projekten, die nach Europa hineinreichen, an strategischen Projekten wie dem vom hochauflösenden Fernsehen, einem Leitprojekt, das uns erlaubt, neue Strukturen zu entwickeln, große Märkte für den Chip der nächsten Generation zu erschließen, das uns erlaubt, Normen und Standards einheitlich in Europa durchzusetzen, große Märkte und große Serien zu erreichen und damit die Rückkehr der Unterhaltungselektronik auf Märkte, die bis jetzt als verloren galten. Ich nenne weiter COSINE, aus dem deutschen Forschungsnetz entstanden, die Zusammenarbeit der Forschungsinstitute untereinander durch aufeinandergestapelte Softwarepakete. Das bedeutet auch die Durchsetzung einheitlicher europäischer Normen.
Ich bin jetzt mitten im letzten Punkt, mitten in Europa. Herr Vosen, ich hätte gern Ihre Rede gehört, aber die Geschäftsführung hat es anders vorgesehen. Was hier entsteht, sind Normen, Standards und Infrastrukturen, die in Europa wachsen
— ich höre es mit Vergnügen; ich kann nur nicht mehr antworten — , die Europa aufbauen und zusammenführen, die in Europa die kritische Masse an technischer Intelligenz zusammenführen.