Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ja wieder einmal die schwierigste Frage in der Südafrika-Politik überhaupt, mit der wir uns heute beschäftigen müssen, nämlich die Frage, ob Sanktionen ein Mittel sein können, den friedlichen Wandel herbeizuführen, oder nicht.
Wir haben es uns damit ja nie leichtgemacht. Es ist schon erstaunlich, Herr Staatssekretär, daß man bei Betrachtung desselben Sachverhaltes zu so völlig unterschiedlichen Analysen und Konsequenzen kommen kann. Ich gehe einmal davon aus, daß wir ungefähr über dieselben Kenntnisse darüber verfügen, welche Länder der Welt Sanktionen gegenüber Südafrika verhängt haben, und daß wir auch über ungefähr dieselben Erkenntnisse verfügen, welche politischen und ökonomischen Wirkungen diese Sanktionen haben.
Es kann doch nicht bestritten werden, daß die südafrikanische Politik in den letzten Jahren, in denen der Sanktionsdruck nicht gesunken, sondern vor allen Dingen auf Grund der amerikanischen Politik permanent gewachsen ist, zu Konzessionen bereit gewesen ist, zu denen sie vorher nicht bereit war. Selbst wenn Sanktionen gar nicht verhängt werden müssen, ist die Drohung, daß es zu Sanktionen kommen könnte, ein Instrument der Politik, das in der Südafrika-Politik die allergrößte Bedeutung hat, wie jeder weiß, der dort mit beiden Lagern spricht. Das ist ja eine Sache, die durchaus auch im weißen Lager akzeptiert wird.
Ich habe ein bißchen Schwierigkeiten damit, im einzelnen auf die Anträge der Fraktion DIE GRÜNEN einzugehen, weil man das Problem nicht auf Grund selektiver Einzelanträge darstellen kann. Ich will nur eine Bemerkung dazu machen. Ich finde, daß wir die Frage der Hermes-Bürgschaften, auch die Frage der Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau ganz anders als die allgemeine Sanktionsdiskussion bewerten müssen. Hier geht es nämlich schlicht und einfach darum, ob wir es als Parlament für richtig halten, daß die Bundesrepublik Deutschland selber als Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft mit ihren wirtschaftlichen Institutionen an der Stabilisierung des Apartheid-Systems mitwirkt. Das kann man nun leider nicht bezweifeln, wenn wir uns ansehen, wohin diese Kredite gehen, nämlich in die für das ApartheidSystem strategisch wichtigen Bereiche Kommunikation, Transport und Technologie, und wenn wir uns ansehen, was mit den Hermes-Bürgschaften finanziert wird, nämlich Lieferungen in genau wieder diese für die Apartheid strategisch wichtigen Bereiche. Ich muß Ihnen ja Zitate von Herrn Botha nicht vorführen, in denen zum Ausdruck kommt, wie wichtig diese Form wirtschaftlicher Zusammenarbeit für das Überleben des Apartheid-Systems ist.
Angesichts dessen stellt sich doch die Frage, ob wir das auch noch als Staat Bundesrepublik Deutschland tun müssen, wenn wir schon nicht den Mut aufbringen können, unserer Wirtschaft zu sagen, daß sie es nicht tun solle. Wir selber haben aber ohne weiteres die Fähigkeit zu sagen, wir brauchten das nicht mitzumachen. Das ist keine Sanktion, die in irgendeiner Form das südafrikanische System zum Wandel bringen könnte. Darüber mache ich mir keine Illusionen; dazu
8496 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1988
Verheugen
müßte man schon auf etwas mehr als auf HermesBürgschaften und Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau zurückgreifen. Aber es wäre ein deutliches Signal, auf das viele in Südafrika warten.
Die Kollegen, die hier sind und häufige Kontakte nach dort unterhalten, wissen das. Kollege Hornhues, Sie haben auf Ihre Gespräche mit den Angeklagten und jetzt Verurteilten in dem UDF-Prozeß hingewiesen. Sie werden Ihnen nichts anderes als mir gesagt haben, nämlich daß sie auf ein deutliches Signal der Bundesrepublik Deutschland warten, daß wir es nicht bei Appellen bewenden lassen, sondern wirklich etwas tun sollten.
Was hier vorgeschlagen wird, meine Damen und Herren, ist nun wirklich die allerweicheste Option, die man sich vorstellen kann. Wie man dem widersprechen kann, ist mir schwer verständlich.
Lassen Sie mich noch ein Wort zum Tourismus und zu den Kohleimporten sagen, weil das schwierigere Themen sind. Ich bin Ihrer Meinung, Herr Solms, daß wir die Menschen reisen lassen sollten, wohin sie reisen wollen, und daß wir es begrüßen sollten, wenn sie sich an Ort und Stelle informieren.
Ich weiß allerdings nicht, ob Sie schon einmal die Gelegenheit hatten, sich Tourismusprogramme in Südafrika anzusehen. Es ist, wenn Sie an einem Tourismusprogramm in Südafrika teilnehmen, eben nicht so, daß Sie sich dann über die Lage in Südafrika informieren können; Sie informieren sich über einen ganz bestimmten Ausschnitt. Wer viele Südafrikaveranstaltungen macht, der weiß, was passiert: In diesen Veranstaltungen treten dann die Leute, die dort hingereist sind auf, und sagen: Das stimmt ja gar nicht, was du da erzählst; ich bin ja dort gewesen; die Schwarzen in meinem Hotel waren alle so freundlich, und ich habe sie doch gefragt: Werdet ihr hier anständig behandelt?, und sie haben gesagt: Jawohl, wir werden hier anständig behandelt.
Wenn Sie Südafrikareisen machen können, die Sie wirklich in den Mittelpunkt der Probleme bringen, dann habe ich nichts dagegen einzuwenden. Aber hier geschieht doch nichts anderes, als daß die verzweifelte wirtschaftliche Lage dieses Landes, insbesondere seine verzweifelte Währungssituation, für einen ausgesprochenen Billigurlaub mit einem für afrikanische Verhältnisse im übrigen ungewöhnlichen Komfort ausgenutzt wird.
An die Adresse der bundeseigenen Unternehmen, insbesondere der Lufthansa, sei gesagt: Ich finde, es ist schon ein starkes Stück, daß dann, wenn der amerikanische Kongreß Luftfahrtsanktionen verhängt, das bundeseigene Unternehmen Lufthansa in Südafrika seine Werbung verstärkt und den Leuten sagt: Fliegt mit uns; wir bringen euch nach Amerika, wenn die Amerikaner das nicht mehr tun.
Das gehört zu dem, was wir in der Ausschußberatung noch zu behandeln haben. Im übrigen geht es um Anträge, die in unseren weitergehenden Anträgen bereits enthalten waren. Die Probe aufs Exempel, Herr Solms, in bezug auf das, was Sie auf Ihrem Parteitag beschlossen haben, steht Ihnen ja unmittelbar bevor; denn die weitergehenden Anträge, in denen das enthalten ist, was Sie vorschlagen, stehen hier bald zur Beratung an.
Vielen Dank.