Rede von
Josef
Grünbeck
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Für die Marktwirtschaft, ja. Da würde ich mich so bezeichnen lassen, aber ich würde mich nicht selbst so bezeichnen. Aber wenn Sie mir diese Ehre erweisen, dann akzeptiere ich das.
Entgegen Ihrer dunkelsten Prognosen darf ich mal die Fakten aufzählen.
In der Zeit von 1968 bis 1987 ist die Bevölkerung in der Bundesrepublik um 0,7 % gewachsen. Im gleichen Zeitraum, von 1968 bis 1987, ist der Wohnungsbestand um 33,7 % gewachsen. Von 1968 an war eine Wohnung durchschnittlich mit 3 Personen belegt, 1987 waren es noch 2,3 Personen. Und 1968 haben 24 Quadratmeter Wohnraum pro Einwohner zur Verfügung gestanden. 1987 waren es 35 Quadratmeter. Und Sie reden hier von einer schlechten Wohnraumversorgung und von einer Wohnungsnot. Ich glaube, Sie müßten sich besser orientieren.
Immer weniger Einwohner pro Wohnung bedeutet natürlich eine Neubelebung der Nachfrage. Die spüren wir im Augenblick. Der Sachverständigenrat hat ja ein eindeutiges Urteil abgegeben, nämlich daß der Markt diese Dinge besser regelt als die staatlichen Interventionen und die Reglementierungen. Und den Beweis können wir Ihnen antreten.
Der Wohnungsmarkt ist ein träger Markt. Das wissen wir alle. Da ist keine schnelle Reaktion möglich. Aber dennoch freue ich mich darüber, daß bis Ende Oktober 1988 die Wohnbaugenehmigungen um 10 % zugenommen haben, also weit über jedem Wachstum liegen, das sonst in allen anderen Branchen gegeben ist.
Und die Stabilität des Kapitalmarktes, für die diese Bundesregierung ja verantwortlich zeichnet, zieht doch mit. Diese Bundesregierung zeichnet für die Stabilität am Kapitalmarkt verantwortlich. Sie hätten vorgestern den Herrn Pfeiffer hören müssen. Er hat Ihnen mal deutlich vorgeführt, was eigentlich die Stabilität auf dem Kapitalmarkt für die Investoren und die Mieter bedeutet. Das kann man besser gar nicht belegen.
Wir brauchen — da stimme ich mit dem Kollegen Kansy ausdrücklich überein — das Vertrauen der Investoren für klare und kontinuierliche Rahmenbedingungen. Wir brauchen keinen rotgrünen Aktionismus in dieser Bundesrepublik. Der Unterschied zwischen dem Sozialdemokraten Pfeiffer und Ihnen, der SPD-Bundestagsfraktion, ist doch der, daß der Herr Pfeiffer bei seiner weltweiten Untersuchung des Wohnungsmarktes etwas dazugelernt hat. Und das ist alles. Sie
8442 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1988
Grünbeck
lernen einfach nichts dazu, bleiben auf Ihren alten Kisten sitzen und wissen eigentlich nicht, was Sie damit anfangen sollen.
Ich glaube, meine Damen und Herren, wir haben einen guten Grund, dieser wohnungspolitischen Entwicklung, für die die Bundesregierung verantwortlich zeichnet, eine positive Benotung zu geben. Was ist denn eigentlich geschehen? Durch die Rahmenbedingungen ist der Wohnungsbau im Aufschwung.
Und nun komme ich mal zu der Bewertung der Wohnungsgemeinnützigkeit. Was hat man für Horrorgemälde von Ihrer Seite und von allen anderen Seiten an die Wand gemalt, als diese Bundesregierung die Kraft hatte, die Steuerbefreiung der Wohnungsgemeinnützigkeit endlich zu beenden?
Was ist denn die Folge? Die Folge ist, daß die gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften, die auf ihren Beständen sitzenbleiben wollen, jammern. Aber es gibt auch gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften, die erkannt haben, welche Chancen sie auf dem Markt haben, wenn die Wohnungsgemeinnützigkeit aufgehoben ist. Sie werden sehen, wie die jetzt in den Markt hineingreifen und sich als gute Investoren und gute Partner im sozialen Mietwohnungsbau und im Eigentumswohnungsbau betätigen.
Meine Damen und Herren, aus Ihrer sogenannten Großen Anfrage ist herauszulesen — ich dachte, ich lese nicht recht —, ob die Bundesregierung denn das Bausparen stranguliere. Ich weiß nicht, haben Sie denn eigentlich überhaupt keine Tuchfühlung mehr zu den Bausparern? Die Bausparer haben gewaltig zugenommen. Das Bausparen hatte noch nie einen so dynamischen Zuwachs, seit die Bundesregierung das Vermögensbildungsgesetz geändert, das Konten- und Versicherungssparen auf den Nulltarif gesetzt hat und das Produktivkapital und das Bausparen fördert. Jetzt haben die Bausparkassen einen wahnsinnigen Zuwachs. Und Sie reden von der Strangulierung. Sie sind doch weltfremd geworden, meine Damen und Herren! Das muß man Ihnen doch mal sagen.
Und dann sagen Sie noch, daß die Mieten stärker gestiegen seien als das Einkommen. Also, meine Damen und Herren, wir haben 1986 bis 1988 einen real verfügbaren Einkommenszuwachs von 12 % und einen realen Mietzuwachs von 6% zu verzeichnen. Und Sie drehen das genau um. Ich frage Sie doch mal ernsthaft: Wollen Sie eigentlich ewig auf dieser Angstmacherei und Verunsicherung unserer Bevölkerung sitzenbleiben? Ist es denn eine soziale und humane Politik, unsere Bürger nur zu verunsichern und aus dem Sumpf der Verunsicherung politisches Kapital zu schlagen? Ich kann Ihnen dabei nicht helfen. Da werden Sie bei Ihren Wählern kein gutes Ergebnis erzielen.
Und nun sage ich noch mal etwas zu der gestrigen Anhörung, Frau Oesterle-Schwerin. Ich war ja leider Gottes nur kurze Zeit da, weil ich im Wirtschaftsausschuß in einer anderen Debatte gebunden war. Aber, es muß hier in aller Öffentlichkeit einmal festgehalten werden, was der Sozial- oder Wohnungsreferent der Stadt Köln dort gefordert hat und wie weit diese Menschen sich von unserem Grundgesetz und unseren ordnungspolitischen Vorstellungen entfernt haben. Es ging darum, daß der Vermieter einem Mieter im Rahmen einer Räumungsklage kündigt, weil dieser nicht zahlt. Die Nichtbezahlung hat er zum Großteil mit der sogenannten Sozialschwäche des Mieters begründet. Ich weiß nicht, was er damit gemeint hat. Aber er hat ausdrücklich betont, daß einer nicht gezahlt, einen Zahlungsbefehl vom Richter bekommen und sich gar nicht gemeldet hat. Er hat dann unter Berufung auf den Art. 14 des Grundgesetzes — Sozialpflichtigkeit des Eigentums — eine Gesetzesänderung dahingehend verlangt, daß erst dann gekündigt oder die Räumungsklage vollzogen werden kann, wenn der Vermieter dem nichtzahlenden Mieter eine Ersatzwohnung beschafft hat; das sei die Aufgabe des Vermieters.
Wenn wir das in politische Realität umsetzen würden, wie wollen Sie dann noch einen Investor finden, der sich mit diesem Gesetz solidarisch erklärt? Dann müssen Sie lange nach einem Investor suchen, der sich dann bereit findet, Wohnungen zu bauen. Genau das ist es ja: Sie wollen dauernd Dinge, die im Grunde genommen die Situation dramatisch verschlechtern, aber nicht verbessern.