Rede von
Norbert
Geis
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Wohnungssituation in der Bundesrepublik Deutschland ist im Augenblick von einer steigenden Nachfrage nach Wohnraum gekennzeichnet. Dies hat viele Gründe. Die Zahl der Haushaltungen wächst. Dies ist bedingt durch einen Wandel in der Altersstruktur, durch erhöhte Schei-
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dungsraten, aber auch dadurch, daß viele Jugendliche auf Grund ihres Einkommens in der Lage sind, sich eine eigene Wohnung zu leisten. Hinzu kommen Obdachlose, Asylanten, langfristig Arbeitslose, aber auch der immer stärker werdende Zustrom von Aussiedlern, für die Wohnungen bereitgestellt werden müssen.
Wir registrieren aber auch eine erfreulich ansteigende Nachfrage nach Eigentumswohnungen und nach Familieneigenheimen. Dies wiederum hat seinen Grund darin, daß eine ganz breite Schicht unseres Volkes über ein höheres Einkommen, über hohe Sparvermögen verfügt. Dies wiederum kann nicht wundern, wenn man bedenkt, daß in den letzten drei Jahren das durchschnittliche Einkommen der bei uns in der Bundesrepublik Deutschland in abhängiger Arbeit tätigen Personen um über 12 % angestiegen ist.
Diese Gründe haben dazu geführt, daß nach einer längeren Zeit der Flaute wiederum Bewegung in den Wohnungsbau geraten ist. Die Zahl der Genehmigungen für Wohnungen ist in dem jetzt ablaufenden Jahr um 10 % gestiegen und die Zahl der Genehmigungen für Mehrfamilienhäuser sogar um 30 %.
Trotz dieser ausgezeichneten Entwicklung und trotz der Tatsache, daß wir die beste Wohnungsversorgung in den westlichen Industrienationen haben, besteht ein Wohnungsmangel vor allem in den Ballungszentren, aber auch in mittleren und kleineren Städten.
Deshalb hat die Bundesregierung für den Wohnungsbedarf der Aussiedler ein Sofortprogramm eingeleitet und einen Betrag von 1,125 Milliarden DM für die nächsten zwei Jahre zur Verfügung gestellt. Meine Kollegin Frau Rönsch wird darauf noch näher eingehen.
Parallel dazu hat der Bundesbauminister Pläne verfolgt, die bestehende Wohnungsbauförderung flexibler zu gestalten. Neben den bestehenden Förderungsmöglichkeiten, den klassischen zwei Förderungswegen durch Zurverfügungstellung von öffentlichen Baudarlehen und von Aufwendungsbeihilfen, hat der Bauminister einen weiteren, dritten Förderungsweg entwickelt, um auf momentan auftretende Engpässe schneller und möglichst rasch und unkonventionell außerhalb der starren gesetzlichen Regelungen, die der erste und der zweite Förderungsweg vorsehen, reagieren zu können.
Deshalb hat die Regierung den vorliegenden Entwurf des Wohnungsbauänderungsgesetzes, der diesen dritten Förderungsweg vorsieht, nunmehr vorgelegt. Diese neugeschaffene Regelung erfreut sich allgemeiner Zustimmung sowohl bei den Kommunen, den Verbänden der Wohnungswirtschaft, aber auch, wie die letzte Ausschußsitzung gezeigt hat, bei der Opposition.
— Nicht bei den GRÜNEN, aber die unterschieden
sich ja immer in I-Pünktchen; das können wir nicht
verhindern; die kapieren das nicht so schnell. — Aber
die Opposition — das möchte ich ausdrücklich feststellen — hat in der Ausschußberatung zugestimmt.
— Ich höre immer genau zu, wenn Sie reden; aber manchmal wird es mir doch ein bißchen zuviel, vor allen Dingen wenn ich daran denke, wie rüpelhaft Sie sich neulich am Anfang der Rede des Bundestagspräsidenten verhalten haben.
Dieser Gesetzentwurf, den wir nun in zweiter und dritter Lesung beraten, ist, wie ich meine, ein Musterbeispiel für ein rasches, entschlossenes und situationsgerechtes Handeln der Bundesregierung und des Gesetzgebers.
Was ist nun an dem dritten Förderungsweg neu? Worin unterscheidet er sich von den zwei klassischen Förderungswegen? Warum brauchen wir diesen neuen Förderungsweg zusätzlich, und warum brauchen wir ihn so schnell?
Der maßgebliche Unterschied zwischen den zwei bestehenden Förderungswegen und dem nun neu überlegten und heute zu verabschiedenden dritten Förderungsweg besteht darin, daß der Bewilligungsgeber freier über seine Mittel entscheiden kann, daß er mit dem Unternehmer auf der Basis der Gleichberechtigung einen privatrechtlichen Vertrag im privatrechtlichen Bereich — also nicht im Über-/Unterordnungsverhältnis im öffentlichen Bereich, wie das der erste und zweite Förderungsweg vorsieht — machen und sagen kann, in welcher Weise die öffentlichen Mittel einzusetzen sind.
Anders gewendet bedeutet dies, daß mehr marktwirtschaftliche Elemente in den Wohnungsbau eingebracht werden sollen und mit weniger Bürokratie versucht werden soll, punktuell und bei bestehenden Notsituationen oder bei bestehenden Engpässen schneller, unkonventionell, ohne die sehr starre bürokratische Regelung des ersten und des zweiten Förderungsweges — die ich durchaus nicht verurteilen will, sondern die durchaus ihre Berechtigung hat — und schneller, als diese Förderungswege es vorsehen, zu handeln.
Der erste Förderungsweg bindet sowohl die Bewilligungsbehörde als auch den Unternehmer sehr langfristig. Der Bewilligungsgeber, die Bewilligungsbehörde muß öffentliches Kapital langfristig zur Verfügung stellen und damit binden. Der Unternehmer ist an die Kostenmiete langfristig gebunden, kann also über sein Eigentum nicht frei verfügen und muß eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorlegen, nach der er dann die Bewilligung bekommt.
Dies alles entfällt in dem nun möglichen dritten Förderungsweg, wie er vorgesehen ist. Die Vorlage einer Wirtschaftlichkeitsberechnung ist in diesem Fall nicht erforderlich. Dafür aber kann die Bewilligungsbehörde ihr Kapital freier anbieten. Der Unternehmer kann mit der Bewilligungsbehörde freier vereinbaren, wie seine Bindung an das Kapital und damit natürlich auch an die Vorstellungen der öffentlichen Hand aussehen soll. Der Bewilligungsgeber, die Bewilligungsstelle kann aus dem Kreis interessierter Unternehmer
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das beste Angebot auswählen. Es entsteht also eine Art Konkurrenzverhältnis, das durch die starren Regelungen des ersten Förderungsweges, insbesondere aber auch des zweiten Förderungsweges bislang in diesem Fall so nicht bestanden hat.
Die nach diesem bisherigen Förderungsweg — vor allem auf Grund der langfristigen Bindung — immer wieder auftretenden Mietverzerrungen und Fehlbelegungen können auf diesem Weg stärker vermieden werden.
Die Förderintensität, d. h. der Förderbetrag pro Wohnung oder pro Wohnfläche, kann — je nach Bedarf — einzeln vereinbart werden, ist also nicht an gesetzliche Regelungen in dem Maße gebunden, wie dies beim ersten und zweiten Förderungsweg vorgesehen ist.
Durch diese Möglichkeit der freieren Handhabung öffentlichen Kapitals für den Bau von Wohnungen wird es jedenfalls besser möglich sein, zusätzliche Wohnungen schnell und möglichst unkonventionell zu bauen. Das ist die Forderung der Stunde. Gerade deshalb brauchen wir ein flexibleres Förderinstrument.
— Auch das wird über diesen dritten Förderungsweg zur Verfügung gestellt werden. Wir werden dort helfen, wo Not ist. Wir wollen aber die Förderinstrumente sehr vorsichtig einsetzen. Denn wir registrieren — ich habe es eingangs gesagt — eine ansteigende Konjunktur im Bauwesen. Es wäre völlig falsch, diese Entwicklung seitens der öffentlichen Hand zu sehr zu stören. Es kommt uns darauf an, daß wir mit diesem dritten Förderungsweg in punktuell bestehenden Notsituationen helfen können. Das ist der Sinn dieses Gesetzes.
Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Danke schön.