Rede von
Julius
Louven
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Zukünftig, Herr Kollege Kirschner, hat die Bundesanstalt diese Arbeit zu überprüfen, sehr kritisch zu hinterfragen und eventuell auch Zuschüsse zu verweigern.
— Bisher hatten sie nicht die Möglichkeit dazu, weil die Pflicht bestand, diese Institutionen zu fördern.
Wir müssen, meine Damen und Herren, auf einem höheren Eigenanteil der Träger bestehen. Ich bin ganz sicher, daß die meisten ihn auch zahlen werden. Kann es denn richtig sein, daß Kommunen zu 100 % geförderte ABM-Stellen bekommen und anschließend in der Lage sind, die Betreffenden in Arbeitsverhältnisse zu übernehmen, aber nicht in der Lage sind, einen höheren Eigenanteil zu zahlen?
Ich gebe zu, daß die Kommunen in Nordrhein-Westfalen in einer schwierigen Lage sind. Sie sind es aber
8272 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988
Louven
dadurch, daß das bankrotte Land Nordrhein-Westfalen den Kommunen seit Jahren Beträge vorenthält, auf die sie eigentlich Anspruch hätten.
Meine Damen und Herren, auch die ÖTV und der ZdH warnen, den Bereich ABM weiter auszubauen. Statt zu polemisieren, wie es in dieser Woche Sozialminister Heinemann von Nordrhein-Westfalen tat, sollten sich im Bereich ABM auch die Länder angesprochen fühlen, dies um so mehr, als sie es ja sind, die uns einen hohen Prozentsatz von Hauptschülern ins Berufsleben entlassen, die nicht einmal einen Hauptschulabschluß haben.
— Struktur- und Arbeitsmarktpolitik, Herr Dreßler, geht auch die Länder an. Schließlich bekommen sie vom Bund jetzt zehn Jahre lang jährlich 2,45 Milliarden DM, die mittelbar zur Förderung der Beschäftigung dienen sollen.
Mit dem Bereich F und U, meine Damen und Herren, müssen wir uns — das geht heute nicht, weil die Zielsetzung des Gesetzes Sparen ist — einmal intensiv und, wie ich meine, auch leidenschaftslos im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung auseinandersetzen. Im Gesetz steht, daß hier diejenigen gefördert werden, die arbeitslos, von Arbeitslosigkeit bedroht beziehungsweise unterqualifiziert sind. Wie kann die Arbeitsverwaltung beispielsweise sicherstellen, daß diese Kriterien Beachtung finden? Allein der Begriff „von Arbeitslosigkeit bedroht" läßt Manipulation zu. Diese Regelung — so der Bundesrechnungshof — kann dazu führen, daß Antragsteller sichere Arbeitsplätze aufgeben. Sosehr ich es begrüße, daß es gelungen ist, die Förderung von Teilnehmern an Meisterkursen des Handwerks und ähnlichen Teilnehmern über das ganze Jahr sicherzustellen, stelle ich als Handwerksmeister, der seine beiden Meisterprüfungen vollständig aus der eigenen Tasche bezahlt hat,
doch auch die Frage, ob für das Gros der Teilnehmer zutrifft, was das Gesetz vorschreibt. Ich will nicht rütteln am kleinen Unterhaltsgeld und am Zuschuß bei auswärtiger Unterbringung bei Weiterbildung. Die Kritik des Handwerks, die so weit geht, uns vorzuwerfen, mit der Neuregelung im Bereich F und U würde man Existenzgründungen und damit das Entstehen neuer Arbeitsplätze erschweren, ist genauso überzogen, wie hier einen Zusammenhang mit einem Fragenkatalog zu sehen, der zur Abschaffung oder Aufweichung des Großen Befähigungsnachweises führt.
Wir müssen generell über die Aufstiegsförderung reden. Ich sage heute nicht: Fort damit! Nein, wir müssen uns im Ausschuß von der Bundesanstalt für Arbeit, die ja diese Förderung auf Grund von hausinternen Anordnungen vornimmt, einmal lückenlos vorlegen lassen, was alles in diesem Bereich gefördert wird,
und dann nüchtern analysieren, was notwendig ist, um Arbeitslosigkeit abzubauen.
Im Bereich der beruflichen Ausbildung müssen die Unternehmen und die Tarifvertragsparteien ihrer Verantwortung nachkommen. Ich meine, Herr Andres, wenn Sie hier eine 10. AFG-Novelle ansprechen: wir müssen doch in der Lage sein, unser AFG ständig den Notwendigkeiten anzupassen.
Herr Andres, wir müssen uns stärker auf die konzentrieren, die keinen Arbeitgeber haben, der ihnen eine qualifizierte Weiterbildung ermöglichen kann. Stärker als bislang müssen wir die Mittel der Bundesanstalt den arbeitsmarktpolitischen Problemgruppen zuführen.
Ich wünsche mir, meine Damen und Herren, daß wir vor Verabschiedung weiterer Gesetze in diesem Bereich dazu kommen, unser AFG nüchtern zu analysieren. Wir müssen dieses Gesetz effektiver gestalten. Für Überflüssiges und Mißbrauch sind die Mittel der Beitragszahler nicht gedacht und, denke ich, auch zu schade. Die notwendigen Einsparungen bei der Bundesanstalt für Arbeit im Rahmen der 9. AFG-Novelle sind so gesetzt worden, daß die produktiven Maßnahmen der Arbeitsförderung auf hohem Niveau weiterlaufen können. Diese Tatsache können Sie mit noch so viel Polemik nicht aus der Welt schaffen.