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    Plenarprotokoll 11/114 Bundestag Deutscher Stenographischer Bericht 114. Sitzung Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 11: a) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des Vorruhestandsgesetzes (Drucksachen 11/1808, 11/3583, 11/3603, 11/3626) b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand (Drucksachen 11/2990, 11/3583, 11/3603, 11/3627) Schemken CDU/CSU 8245 D Schreiner SPD 8248 C Dr. Thomae FDP 8252 C Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 8255 A Frau Hasselfeldt CDU/CSU 8257 A Heyenn SPD 8259 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 8261 C Frau Steinhauer SPD 8266 C Grünbeck FDP 8268 D Frau Hillerich GRÜNE 8269 C Louven CDU/CSU 8270 D Hasenfratz SPD 8272 D Scharrenbroich CDU/CSU 8274 C Reimann SPD 8277 A Frau Unruh GRÜNE 8278 D Hinsken CDU/CSU (zur GO) 8279 D Namentliche Abstimmungen 8280A, 8280 B Ergebnisse 8283C, 8285 B Vizepräsident Stücklen 8276 B Tagesordnungspunkt 19: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes (Drucksachen 11/2964, 11/3609, 11/3629) b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Frau Dr. Vollmer, Frau Unruh und der Fraktion DIE GRÜNEN zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur finanziellen Sicherung der Künstlersozialversicherung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die mit dem Künstlersozialversicherungsgesetz gewonnenen praktischen Erfahrungen (Drucksachen 11/1174, 11/2979, 11/3609, 11/3629) Frau Weiler SPD 8280D, 8281 D Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU 8280 D Heinrich FDP 8286D Frau Unruh GRÜNE 8287 C Höpfinger, Parl. Staatssekretär BMA 8288 B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 Tagesordnungspunkt 20: a) Beratung des Antrags der SPD: Eingliederung der Aussiedler und Aussiedlerinnen aus Staaten Ost- und Südosteuropas sowie der Übersiedler und Übersiedlerinnen aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 11/3178) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gerster (Mainz), Dr. Laufs, Lintner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Lüder, Dr. Hirsch, Richter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Aufnahme und Eingliederung der Aussiedler (Drucksache 11/3455) Dr. Penner SPD 8290 B Gerster (Mainz) CDU/CSU 8291 C Frau Olms GRÜNE 8293 D Lüder FDP 8295 B Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 8297 B Sielaff SPD 8299 C Schulze (Berlin) CDU/CSU 8302 A Frau Hämmerle SPD 8303 C Dr. Wittmann CDU/CSU 8305 A Zusatztagesordnungspunkt 12: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu den Beschlüssen des EG-Umweltministerrates vom 24./25. November 1988 Schäfer (Offenburg) SPD 8306 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 8307 B Brauer GRÜNE 8308 D Baum FDP 8309 D Lennartz SPD 8310D Schmidbauer CDU/CSU 8311D, 8318 D Frau Dr. Hartenstein SPD 8313 A Dr. Göhner CDU/CSU 8314 B Dr. Knabe GRÜNE 8315 D Dr. Friedrich CDU/CSU 8316 A Antretter SPD 8316D Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 8318A Nächste Sitzung 8319 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 8321* A Anlage 2 Erklärungen der Abgeordneten Dr. Daniels (Bonn), Kolb, Glos, Dr. Unland (alle CDU/ CSU) 8321* B Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 8321* D Anlage 4 Aufhebung der Streichung des Zuschusses zur Lebensversicherung der Wehrpflichtigen angesichts deren finanzieller Situation MdlAnfr 43 25.11.88 Drs 11/3561 Frau Adler SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg 8322* A Anlage 5 Reduzierung der Schießübungen der US-Streitkräfte an Sonn- und Feiertagen, z. B. auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr; Rückverlagerung des US-Militärverkehrs von der Straße auf die Schiene, z. B. im Raum Grafenwöhr MdlAnfr 48, 49 25.11.88 Drs 11/3561 Stiegler SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg 8322* B Anlage 6 Unsachgemäße Behandlung der im amerikanischen Munitionsdepot Dülmen-Visbeck gelagerten Waffen- und Munitionsbestände MdlAnfr 50, 51 25.11.88 Drs 11/3561 Dr. Klejdzinski SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg 8322* D Anlage 7 Konsequenzen aus der Reduzierung des spanischen Anteils am Entwicklungsprogramm für den Jäger 90 MdlAnfr 52, 53 25.11.88 Drs 11/3561 Horn SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg 8323* B Anlage 8 Reduzierung des spanischen Anteils am Entwicklungsvorhaben Jäger 90 MdlAnfr 54, 55 25.11.88 Drs 11/3561 Frau Fuchs (Verl) SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg 8323* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 8245 114. Sitzung Bonn, den 2. Dezember 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens** 2. 12. Bindig* 2. 12. Frau Brahmst-Rock 2. 12. Büchner (Speyer)** 2. 12. Buschbom 2. 12. Cronenberg (Arnsberg) 2. 12. Frau Eid 2. 12. Dr. Francke 2. 12. Dr. Glotz 2. 12. Graf 2. 12. Grünbeck 2. 12. Haar 2. 12. Dr. Hauff 2. 12. Ibrügger 2. 12. Dr. Jenninger 2. 12. Jungmann 2. 12. Dr. Kohl 2. 12. Kolb 2. 12. Koschnick 2. 12. Dr. Kreile 2. 12. Frau Krieger 2. 12. Kreuzeder 2. 12. Leidinger 2. 12. Dr. Mahlo 2. 12. Dr. Mechtersheimer 2. 12. Möllemann 2. 12. Niegel* 2. 12. Dr. Pick 2. 12. Rappe (Hildesheim) 2. 12. Reuschenbach 2. 12. Ruf 2. 12. Schäfer (Offenburg) 2. 12. Dr. Scheer 2. 12. Scherrer 2. 12. Schmitz (Baesweiler) 2. 12. Tietjen 2. 12. Toetemeyer 2. 12. Frau Trenz 2. 12. Verheugen 2. 12. Dr. Vogel 2. 12. Weisskirchen (Wiesloch) 2. 12. Frau Weyel 2. 12. Zeitler 2. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Dr. Hans Daniels (Bonn) (CDU/CSU) Ich versichere, daß ich an den namentlichen Abstimmungen zur Schlußabstimmung des Gesetzent- Anlagen zum Stenographischen Bericht wurfs der Fraktion der CDU/CSU zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand auf Drucksachen 11/2990, 11/3583 und 11/3603 mit Ja und zu dem Entschließungsantrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 11/3601 mit Nein gestimmt habe. Mir ist unerklärlich, warum meine Abstimmungskarten nicht auffindbar sind. Erklärung des Abgeordneten Elmar Kolb (CDU/CSU) Ich versichere, daß ich an der dritten namentlichen Abstimmung (zu Drucksache 3375) in der 109. Sitzung am 23. November 1988 teilgenommen und mit Nein gestimmt habe. Mir ist unerklärlich, warum meine Abstimmungskarte nicht auffindbar ist. Erklärung des Abgeordneten Michael Glos (CDU/CSU) Ich versichere, daß ich an der Schlußabstimmung des Gesundheits-Reformgesetzes teilgenommen und mit Ja gestimmt habe. Mir ist nicht erklärlich, warum meine Abstimmungskarte nicht auffindbar ist. Erklärung des Abgeordneten Dr. Hermann Josef Unland (CDU/CSU) Ich versichere, daß ich an der vierten namentlichen Abstimmung (zu Drucksache 11/3374) in der 108. Sitzung am 22. November 1988 teilgenommen und mit Nein gestimmt habe. Mir ist unerklärlich, warum meine Abstimmungskarte nicht auffindbar ist. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Petitionsausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Drucksache 11/2485 Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Drucksache 11/2266 Nr. 2.11-2.20 Drucksache 11/2350 Nr. 2.2-2.8, 2.10 Drucksache 11/2465 Nr. 2.13-2.19 Drucksache 11/2580 Nr. 26-35, 37, 38 Drucksache 11/2841 Nr. 3, 4, 6-8 8322* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Frage der Abgeordneten Frau Adler (SPD) (Drucksache 11/3561 Frage 43) : Ist die Bundesregierung vor dem Hintergrund der finanziellen Situation der Wehrpflichtigen bereit, die Streichung des Zuschusses zur Lebensversicherung für Soldaten laut Schnellbrief des Bundesministeriums der Verteidigung S II/3, Abteilung 23.1203, vom 31. August 1988 rückgängig zu machen? Mit dem Schnellbrief des Bundesministers der Verteidigung vom 31. August 1988 wurde nicht die Streichung des Zuschusses zur Lebensversicherung für Soldaten nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz angeordnet. Nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz werden Beiträge für zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgungen für die Zeit des Wehrdienstes erstattet. Darunter wurden unter Berücksichtigung von § 10 EStG bisher auch Kapitalversicherungen miteingeschlossen, deren Versicherungsvertrag für die Dauer von mindestens 12 Jahren abgeschlossen war. Nach einer rechtskräftigen Entscheidung des OVG Münster vom 21. April 1988 entspricht diese Auslegungspraxis nicht dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des OVG Münster wurde mit dem erwähnten Schnellbrief angeordnet, daß Beiträge zu Lebensversicherungen nur noch dann zu erstatten sind, wenn die Auszahlung der Versicherungssumme im Erlebensfall an den Versicherungsnehmer in der Regel nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres vereinbart ist. Es wurde jedoch auch angeordnet, daß solche Wehrpflichtige, deren Verträge diese Voraussetzungen nicht erfüllen, innerhalb einer Übergangszeit von drei Monaten ihre Verträge umstellen können und dann die Beiträge im bisherigen Umfang erstattet erhalten. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Stiegler (SPD) (Drucksache 11/3561 Fragen 48 und 49): Wird die Bundesregierung mit den US-Streitkräften ähnlich wie beim Fluglärm auch in bezug auf den Schießlärm z. B. am Truppenübungsplatz Grafenwöhr über eine Lärmpause an Sonn- und Feiertagen sprechen, und welche Initiativen sind in dieser Richtung bisher entfaltet worden? Welches Ergebnis hatten die Gespräche mit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Rückverlagerung des Militärverkehrs von der Straße auf die Schiene, und bis wann ist mit positiven Konsequenzen, z. B. im Raum Grafenwöhr, zu rechnen? Zu Frage 48: Die Bundesregierung verhandelt unter anderem in einer deutsch-amerikanischen Koordinierungsgruppe auf Staatssekretärsebene mit dem Ziel, daß sich die hier stationierten US-Streitkräfte den Schießzeitenregelungen der Bundeswehr annähern, soweit dies möglich und mit dem militärischen Zweck ihrer Präsenz in der Bundesrepublik vereinbar ist. Die Vorstellungen beider Seiten decken sich nicht ganz. Bei den US-Streitkräften besteht aber der Wille, die Belastungen durch ihre militärischen Aktivitäten zu vermindern. Daneben steht die Bundesregierung auch im Einzelfall, z. B. Grafenwöhr, im Gespräch über Schießzeitenbeschränkungen. Die Frage wurde zuletzt im deutsch-amerikanischen Liegenschaftsausschuß am 10. November 1988 angesprochen. Zu Frage 49: Grundsätzlich stehen die amerikanischen Streitkräfte der Durchführung militärischer Schwertransporte mit der Eisenbahn aufgeschlossen gegenüber. Allein einschneidende Kürzungen der bisher für Transporte durch Dritte zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel haben die amerikanischen Streitkräfte verstärkt zu Straßentransporten gezwungen. Die Gespräche in dieser Angelegenheit mit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika sind noch nicht abgeschlossen. Im militärischen Bereich wird diese Thematik auf der Expertenebene im deutschamerikanischen Mobility Coordinating Commitee, einem Fachausschuß, der sich mit grundsätzlichen Fragen zur Durchführung der Militärverkehre befaßt, weiter behandelt. Derzeitig kann daher noch keine Aussage gemacht werden, bis wann mit positiven Konsequenzen, z. B. im Raum Grafenwöhr, gerechnet werden kann. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Klejdzinski (SPD) (Drucksache 11/ 3561 Fragen 50 und 51) Ist die Bundesregierung unter dem Aspekt der Sicherheit der Zivilbevölkerung vor Giftgas-Katastrophen rechtlich und tatsächlich in der Lage, Einfluß auf die Anzahl und die Gattung der im amerikanisch genutzten Munitionslager Dülmen-Visbeck gelagerten Waffen und Munitionsbestände zu nehmen? Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß im amerikanischen Teil des Munitionsdepots in Dülmen-Visbeck offenbar Munition gelagert wird, die — wie kürzlich geschehen — bei geringer unsachgemäßer Behandlung beschädigt werden kann und dann den Verdacht des Austritts stark ätzender Säuredämpfe hervorruft? Zu Frage 50: Die amerikanischen Streitkräfte sind hinsichtlich der Lagerung von Waffen und Munition in den von ihnen genutzten Munitionslagern grundsätzlich gem. Art. II des NATO-Truppenstatuts (NTS) an das einschlägige deutsche Recht gebunden. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 8323* Gem. Art. 45 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut (ZA/NTS) können die verbündeten Gaststreitkräfte innerhalb der ihnen zur ausschließlichen Benutzung überlassenen Liegenschaften die zur befriedigenden Erfüllung ihrer Verteidigungspflichten erforderlichen Maßnahmen treffen. Hierbei können sie innerhalb der Liegenschaften auf den Gebieten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ihre eigenen Vorschriften anwenden. Dieses Recht steht allerdings unter dem Vorbehalt, daß diese eigenen Vorschriften gleichwertige oder höhere Anforderungen stellen als das deutsche Recht. Die ausländischen Streitkräfte sind danach gehalten, auf die Einhaltung der nach dem deutschen Recht geforderten Sicherheitsstandards zu achten. Die deutschen Behörden nehmen auf die Einhaltung dieser Standards im Wege der Zusammenarbeit mit den Dienststellen der Entsendestaaten Einfluß, wie dies im Artikel 53 Abs. 4 ZA/NTS und in den Absätzen 5-7 des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 53 des Zusatzabkommens vorgesehen ist. Im übrigen ist die Bundesregierung im Rahmen der Konsultationen zur Operationsführung in der NATO an den Entscheidungen über die erforderliche Ausrüstung mit und Dislozierung von Waffen und Munition im Bündnis beteiligt und nimmt insoweit auch Einfluß auf die Anzahl und Art der in der Bundesrepublik Deutschland gelagerten Waffen- und Munitionsbestände. Im übrigen war bei dem Zwischenfall im Munitionsdepot Dülmen die Zivilbevölkerung nicht betroffen, und es handelte sich auch nicht — wie die Frage nahelegt — um eine „Giftgaskatastrophe". Durch ein Versehen war lediglich ein Gerät zur Erzeugung von künstlichem Nebel ausgelöst worden, irgendwelche Waffen- oder Munitionsbestände waren an diesem Zwischenfall nicht beteiligt. Zu Frage 51: Im Munitionsdepot Dülmen-Visbeck ist keine Munition gelagert, die bei geringer unsachgemäßer Behandlung beschädigt werden kann und dann den Verdacht des Austritts stark ätzender Säuredämpfe hervorruft. Wie bereits in der Antwort auf die vorhergehende Frage erwähnt, wurde bei dem Vorkommnis in Dülmen bei Wartungsarbeiten versehentlich ein Gerät ausgelöst, das künstlichen Nebel erzeugt. Die nach dem Zwischenfall kurzfristig durchgeführte Absperrung sowie der Einsatz eines Meßtrupps der Feuerwehr geschah aus Vorsorgegründen, um jegliche Gefährdung und Behinderung der Zivilbevölkerung ausschließen zu können. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Horn (SPD) (Drucksache 11/3561 Fragen 52 und 53): Welche — aus dem MoU hervorgehenden — juristischen und finanziellen Konsequenzen ergeben sich für Spanien für den Fall, daß es sich später zu einer Reduzierung seines Anteils am Entwicklungsprogramm EFA auf einen Betrag entsprechend der in seinem Land ausgeführten Arbeiten entscheiden würde? Welche Vorkehrungen hat die Bundesregierung getroffen für den Fall, daß Spanien seine finanzielle Beteiligung an der Entwicklungsphase oder an späteren Phasen des Projekts EFA reduziert, weil Spaniens finanzielle Möglichkeiten überschritten werden? Zu Frage 52: Die Regierungsvereinbarung (MoU 3) für die Entwicklungsphase des EFA sieht vor, daß jeder Teilnehmerstaat die Arbeiten der eigenen Industrie finanziert. Unteraufträge unterhalb der 2. Ebene sowie die Lieferung von Rohmaterial werden dem Anteil der bestellenden Firma zugerechnet, unabhängig in welchem Land diese Leistung erbracht wird. Es ergeben sich somit keine besonderen juristischen und finanziellen Konsequenzen, wenn sich Spanien für einen Betrag entsprechend den in seinem Land ausgeführten Arbeiten entscheidet, weil dies der bereits vereinbarten Regel entspricht. Zu Frage 53: Spanien hat sich mit der abgeschlossenen Regierungsvereinbarung verpflichtet, in der Entwicklungsphase des EFA einen Anteil der Arbeiten und der Kosten in Höhe von 13 % zu übernehmen. Die Arbeiten der Industrie sind in diesem Verhältnis aufgeteilt. Eine Reduktion der vereinbarten finanziellen Beteiligung wäre ein Teilrücktritt. Die Regierungsvereinbarungen enthalten klare Regeln für den Rücktritt oder den teilweisen Rücktritt. Sie sehen vor, daß die ausscheidende Nation alle Kosten, die aufgrund des Ausscheidens entstehen, zu tragen hat. Die Kostenbeteiligungspflicht kann bis zur Höhe der Gesamtverpflichtung für die Entwicklungsphase reichen. Allerdings haben die Nationen auch eine Schadensbegrenzungspflicht. Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht verpflichtet, in einem solchen Fall einen erhöhten Anteil zu übernehmen. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, daß Spanien seinen Anteil reduzieren will. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen der Abgeordneten Frau Fuchs (Verl) (SPD) (Drucksache 11/3561 Fragen 54 und 55): Treffen Presseberichte (DER SPIEGEL, 14. November 1988) zu, wonach die Teilnehmerstaaten des Projekts „Jäger 90" eine Zusatzvereinbarung abgeschlossen haben, die es Spanien erlaubt, seine Beteiligung von 13 v. H. am Entwicklungsvorhaben „Jäger 90" zu reduzieren, und wenn ja, wann wird die Bundesregierung diese Zusatzvereinbarung dem Parlament und seinen zuständigen Fachausschüssen vorlegen? 8324* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 Kann die Bundesregierung garantieren, daß Spanien seinen Anteil von 13 v. H. am Entwicklungsvorhaben „Jäger 90" aufrechterhält? Zu Frage 54: Die Regierungsvereinbarung für die Entwicklung des EFA hat dem Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages vorgelegen und ist von diesem am 4. Mai 1988 gebilligt worden. Sie enthält die Verpflichtungssummen der Teilnehmerstaaten sowie die notwendigen Vereinbarungen über die industrielle Arbeitsaufteilung. Diese Regierungsvereinbarung ist durch Spanien am 9. November 1988 in unverändertem Wortlaut unterzeichnet worden. Die Vereinbarung sieht vor, daß die prozentuale Arbeitsaufteilung (,,Workshare") in jedem der 5 Teilbereiche der Entwicklung eingehalten wird. Während für das Flugzeug und das Triebwerk die Arbeiten entsprechend aufgeteilt sind, könnten im Verlauf der Geräteauswahl, die im Wettbewerb durchgeführt wird, Ungleichgewichte entstehen. Die Regierungsvereinbarung läßt deshalb die Möglichkeit zu, daß die beteiligten Regierungen im Falle entstehender Ungleichgewichte durch geeignete Maßnahmen die Einhaltung der Aufteilung sicherstellen. Der angesprochene Sideletter regelt in diesem Rahmen Einzelheiten für den möglichen Fall, daß Spanien in einem Bereich der Entwicklung seinen Anteil nicht ausfüllen kann, und zwar in erster Linie durch Ausgleich innerhalb der Entwicklungsphase. Für den Fall, daß die spanische Industrie wegen mangelnder industrieller Kapazität in speziellen Bereichen dem spanischen Anteil zuzurechnende Unteraufträge an die Industrie der Partnerländer vergibt, sind die Partner Spaniens bereit, im EFA Programm oder auch außerhalb gleichwertige Aufträge an die spanische Industrie zum Arbeitsausgleich zu vergeben. Die Nebenabsprache dient damit also nicht dem Zweck, Spanien zu gestatten, seinen Anteil beliebig abzusenken, sondern sie soll im Gegenteil es Spanien erleichtern, seinen Arbeitsanteil auszufüllen, ohne daß damit ein Nachteil für die Partner Spaniens entsteht. In der Nebenabsprache wird ausdrücklich festgestellt, daß die Regierungsvereinbarung nicht geändert wird. Damit wird eine Erhöhung der Kostenverpflichtung der Bundesrepublik Deutschland in der Entwicklung ausgeschlossen. Der Bundesminister der Verteidigung ist selbstverständlich bereit, das Dokument zur Information vorzulegen. Zu Frage 55: Die Bundesregierung hat keinen Anlaß für die Annahme, daß Spanien seiner mit der Regierungsvereinbarung eingegangenen Verpflichtung nicht nachkommt. Es ist nicht üblich, Regierungsvereinbarungen durch zusätzliche Garantien abzusichern.
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    Rede von Heinz Schemken


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die 9. Novelle des Arbeitsförderungsgesetzes wird einen weiteren Beitrag zur Stabilisierung und Verstetigung der Arbeitsmarktpolitik bringen. Die Zahl der Erwerbstätigen hat von August bis Oktober um weitere 150 000 zugenommen. Sie liegt um über 170 000 über dem Stand des Vorjahres.
    Die Aufwärtsentwicklung hat mittlerweile auch das verarbeitende Gewerbe erfaßt. Dies ist sehr erfreulich. Das verarbeitende Gewerbe profitiert offensichtlich auch von der Belebung der Investitionsnachfrage.
    Die Zahl der Arbeitslosen ist erneut gesunken. Sie lag Ende Oktober bei 2,074 Millionen; das sind 26 000 oder 1 % weniger Arbeitslose als im Monat davor. Gegenüber Oktober 1987 ging die Arbeitslosigkeit um 18 400 zurück.
    Nun kommt etwas ganz Entscheidendes, das wir uns einmal in Erinnerung rufen sollten: Seit der Regie-
    8246 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988
    Schemken
    rungsübernahme im Oktober 1982 sind über 900 000 neue Arbeitsplätze geschaffen worden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Günther [CDU/CSU]: Das wollen manche nicht hören! — Zurufe von der SPD)

    — Das ist eine hochinteressante Betrachtung, Herr Dreßler. Diese fast 1 Million neue Arbeitsplätze ist genau die Zahl, die uns als Mehrarbeitslosigkeit vorhergesagt wurde. Vom DGB und den einschlägigen Instituten — dies wurde von der SPD unkritisch übernommen — wurde eine Arbeitslosigkeit von weit über 3 Millionen, ja bis 3,5 Millionen, prophezeit. Wir liegen aber um 1 Million darunter.

    (Dreßler [SPD]: So kommen Sie genau auf die Zahl!)

    Natürlich ist das Problem der Arbeitslosigkeit auch für uns nach wie vor eine große Herausforderung. Auffällig am Arbeitsmarkt ist, daß Jüngere schneller vermittelt werden können. Die Chancen der Jugendlichen nehmen deutlich zu. Die Arbeitslosigkeit nimmt in diesem Bereich spürbar ab, allerdings — das geben wir zu — zu Lasten der älteren Arbeitslosen. Arbeitslose über 50 Jahre sind im Schnitt zehn Monate und länger arbeitslos. Ihre Vermittlungschancen sind weniger gut. Dies ist auch bei den Behinderten der Fall.
    Wir möchten von hier aus einen Appell an die öffentliche Hand und auch an die Länderregierungen richten, mit gutem Beispiel voranzugehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dreßler [SPD]: Sie appellieren immer an die anderen!)

    Den Behinderten sollte eine Chance gegeben werden. Es wäre ein bedauerlicher Vorgang, wenn wir die Behinderten auf die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen verwiesen, wenn wir ihnen damit perspektivlos nur kurzfristige Chancen einräumten. Die Behinderten müssen an- und aufgenommen werden;

    (Zuruf von der SPD: Zur Sache: Neunte Novelle!)

    ihnen stehen Arbeitsplätze zu. Dies ist eine Schwerpunktaufgabe, zugleich auch eine Herausforderung für die Gesellschaft, für die Wirtschaft, für die Kirchen. Wir brauchen jetzt Phantasie und Kreativität. Die Probleme der 90er Jahre werden völlig andere sein, als es noch in den 70er und 80er Jahren der Fall war.
    Wir teilen deshalb auch die Sorgen der beiden Kirchen, wenn es um die Langzeitarbeitslosigkeit geht.

    (Dreßler [SPD]: Deswegen die Neunte Novelle!)

    — Ja, mit einem veränderten Blick auch auf das Materielle kann Kreativität oft Wunder wirken.
    Die Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit

    (Heyenn [SPD]: Das wird langsam entscheidend!)

    sind eindeutig in den entscheidenden Bereichen der aktiven Arbeitsmarktpolitik von 6,9 Milliarden DM im Jahre 1982 unter der SPD auf über 15 Milliarden DM in diesem Jahr angestiegen. Das ist mehr als eine Verdoppelung. Ich meine, hiermit ist mittlerweile sicherlich eine Obergrenze erreicht, die sich nicht mehr steigern läßt.
    Diese Leistungen sind von dem Arbeitslosengeld flankiert. Hier können und dürfen wir auch feststellen, daß wir gerade für die Langzeitarbeitslosigkeit im Laufe dieses Jahres mehr erreicht haben; denn in den 18,5 Milliarden DM für die Ausgaben an Arbeitslosengeld sind 2,4 Milliarden DM enthalten für das, was wir gerade für ältere Arbeitnehmer und ihre entsprechende soziale Sicherung ausgeben.
    In den Ausgaben für Qualifizierung und berufliche Bildung hat die Bundesanstalt mittlerweile einen Grad der Leistungshöhe erreicht, der nun wirklich nicht mehr gesteigert werden kann, es sei denn, die Bundesanstalt sollte künftig der alleinige Reparaturbetrieb für Bildungsdefizite sein. Das kann ja wohl nicht angehen. Es wäre auch nicht systemgerecht und würde die Finanzierungsmöglichkeiten einer Solidargemeinschaft völlig überfordern, es sei denn, wir wären bereit, die Beitragssätze weiter in die Höhe zu treiben. Da muß ich Ihnen ehrlich sagen, konnte sich auch bei der Anhörung niemand für diesen Schritt entscheiden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das habe ich bei all den Sorgen, die uns vorgetragen wurden, vermißt, ein ehrliches Wort auch zu den Beiträgen.
    Der Bund tritt im kommenden Jahr mit über 4 Milliarden DM zur Deckung des Defizits mit ein. Wir begrüßen dies ausdrücklich — das sage ich noch einmal mit Nachdruck — , da hiermit insbesondere auch die Forderungen auf Hilfe bei der Eingliederung der deutschen Aussiedler in den Erwerbsprozeß mitfinanziert wird. Um diesem Anliegen der Aussiedler — und das ist vielleicht auch noch eine ausdrückliche Bitte — stärkeren Nachdruck zu verleihen, wäre es sinnvoll, wenn die Ausgaben für diesen Teil in besonderer Weise ausgewiesen würden.
    Wenn wir von Solidargemeinschaft sprechen, kann sicher der, der in Arbeit ist, auch einen Anteil an seiner Weiterbildung leisten; dies zugunsten des Arbeitslosen; dem ist eine solche Eigenleistung nicht möglich, auch nicht zumutbar. Auch diese Erkenntnis sollte bei der Bewertung der Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit zugunsten der Arbeitslosen, insbesondere der Langzeitarbeitslosen, zukünftig eine Rolle spielen. Deshalb ist mit der Konsolidierung der Finanzsituation der Bundesanstalt für Arbeit eine stärkere Konzentration der Mittel auf Zielgruppen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik dringend geboten.
    Die Wirtschaft und die Tarifparteien werden in Zukunft mehr Verantwortung für die Beschäftigten in der beruflichen Weiterbildung übernehmen müssen. Dies ist wichtig. Wir können nicht nur in Maschinen investieren, wir müssen auch in Bildung investieren. Es ist sehr wesentlich, daß hier die betriebliche Orientierung in der Qualifizierung eine Rolle spielt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Fort- und Weiterbildung muß betriebliche Nähe erfahren. Sie muß sich an der Realität der Technik ausrichten, und sie muß sich an der Wirklichkeit der Arbeitswelt orientieren. Die Bundesanstalt wird
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 8247
    Schemken
    sich deshalb zukünftig stärker auf Gruppen konzentrieren müssen, die in ihrer Betroffenheit insbesondere auf unsere Solidarität rechnen dürfen. Das sind die Arbeitslosen, die unmittelbar von Arbeitslosigkeit Bedrohten, die Ungelernten.

    (Zuruf von der SPD: Kommen Sie doch mal zur Sache!)

    Damit wird das sogenannte Windhundverfahren ausgeschlossen, wenn wir mit § 45 AFG den Interessen dieser Arbeitnehmer auch in der Mittelverteilung zu gleichen Bedingungen über das ganze Jahr Rechnung tragen. Windhundverfahren möchten wir nämlich nicht einführen bzw. verhindern. Wer zuerst kommt, darf nicht zuerst mahlen, und die letzten dürfen auch nicht von den sogenannten Hunden gebissen werden.
    Die Ausgaben — auch das muß ich noch einmal ausdrücklich der SPD sagen — für die allgemeinen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sind von 870 Millionen DM in Ihrer Regierungszeit inzwischen auf 3,3 Milliarden DM im Jahr 1988 gestiegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Bei diesem Titel ist eine Konsolidierung dringend geboten. Das muß nicht dazu führen, daß wichtige und dringliche Projekte aufgegeben werden. Wer sagt das? Durch eine angemessene Eigenbeteiligung

    (Zurufe von der SPD: Aha!)

    kann bei einer strengeren Bewertung der Maßnahmen für die Betroffenen eine größere Chance eröffnet werden.

    (Heyenn [SPD]: Weniger Geld, mehr Kreativität!)

    — Ja: Mehr Kreativität! Wir haben ja das Gespräch mit der EKD und den Vertretern der Bischofskonferenz geführt. Das war ja der Punkt, zu dem man uns fragte: Wo könnt ihr einmal ein Pilotprogramm auflegen, das Langzeitarbeitslosen eine Perspektive, einen Weg eröffnet? Wir müssen an solche Modellvorhaben herangehen. Aber das kann man nicht mit der Gießkanne über das Land bewältigen. Da muß man dort ansetzen, wo es notwendig ist. Dorthin sollen die Mittel fließen. Im übrigen stehen wir auch da zu einer Förderung von 100 %.
    Wenn schon Solidargemeinschaft, dann darf es nicht so sein, daß sich gerade die Kommunen um diesen Eigenanteil drücken.

    (Frau Steinhauer [SPD]: Die haben kein Geld!)

    — Das habe ich erwartet. — Nachweislich profitieren die Kommunen stark vom Wirtschaftsboom im Hinblick auf die Gewerbesteuer.

    (Dreßler [SPD]: Ach ja!) Schauen Sie sich die Haushalte an!


    (Dreßler [SPD]: Wollt Ihr auch das noch abkassieren!)

    Die Kommunen profitieren vom Anstieg der Einkommensteuer. Da gibt es eindeutig enorme Zuwächse.
    Es wäre traurig, wenn sich die Kommunen um die wichtige Frage der Arbeitslosigkeit und der Qualifizierung von Jugendlichen drücken

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    und hier 100 % fordern würden.
    Im übrigen: Ich verstehe Sie nicht.

    (Jahn [Marburg] [SPD]: Da sei Gott vor!)

    Ich habe jahrelang als Bürgermeister für Arbeitsstellen nach AB kämpfen müssen. Das hat die ÖTV jeweils abgelehnt. Ich muß im nachhinein sagen: Sie hatte sogar recht. Denn da, wo eine originäre Aufgabe der Kommunen wahrgenommen wird oder wahrgenommen werden soll, da sollte die Kommune diese Stelle einrichten und bezahlen und nicht auf Kosten der Solidargemeinschaft städtische Haushalte sanieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das ist nicht systemgerecht.
    Die Strukturfördermaßnahmen oder der Ausgleich zwischen den leistungsstarken und den leistungsschwachen Ländern sollten bewirken — ich bin stolz darauf und froh darüber —, daß das Land NordrheinWestfalen 3/4 Milliarden DM zehn Jahre lang zusätzlich bekommt. Ich kann mir vorstellen: Bei Strukturschwäche sollte man diese 3/4 Milliarden DM in meinem Land für eine aktive Arbeitsmarktpolitik einsetzen. Denn sie führt von der Strukturschwäche weg. Die entscheidende Frage ist, wieweit man bereit ist, solche Maßnahmen in entsprechende Umweltschutzmaßnahmen, Kanalbaumaßnahmen, städtische Maßnahmen überzuleiten, die Vollzeitarbeitsplätze bringen. Nicht aber sollte man zu dem Hilfsinstrument der AB-Maßnahmen greifen, das für den einzelnen Arbeitslosen auf Sicht perspektivenlos ist.

    (Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Eben!)

    Denn mit einem Jahr kann ich dem Jugendlichen keine Perspektive eröffnen.

    (Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Drei bis vier Jahre!)

    Im Gegenteil! Wenn es ein Behinderter ist, dann ist das noch mehr ein Schlag ins Gesicht.
    Dort, wo die Arbeitslosigkeit sehr hoch ist, wird
    — das wissen Sie sehr wohl — weiterhin die Leistungsgewährung über die Regelförderungssätze hinaus möglich sein. Bei der Senkung des Einarbeitungszuschusses von 70 auf 50 % gehen wir davon aus, daß bei weiterer Entspannung des Arbeitsmarktes auch hier eine vertretbare Einsparung möglich ist.
    Behinderte sind von dieser Maßnahme nicht betroffen — das sage ich noch einmal ausdrücklich — , da das Förderinstrument des Schwerbehindertengesetzes unverändert bleibt.
    Gleichzeitig muß deutlich gemacht werden, daß die Ergänzung des § 49 AFG hinsichtlich der Bewertung
    — das ist ein ganz wichtiger Punkt im Gesetz —, vor allem für Frauen, die wegen der Kindererziehungszeiten längere Zeit nicht erwerbstätig waren, zu einer besonderen Berücksichtigung bei der Gewährung dieser Förderung führt. Wir halten das für ganz wich-
    8248 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988
    Schemken
    tig. Denn wenn wir Familie und Kindererziehung wollen, müssen wir bereit sein, den Frauen an dieser Schwelle des Übergangs in die berufliche Welt eine Chance zu eröffnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dies eröffnen wir jetzt mit dieser Betonung im Gesetz ausdrücklich.
    Mit dem Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand bekommen wir eine Altersteilzeitregelung, die Vorteile gegenüber dem bisherigen Vorruhestandsgesetz in folgenden Punkten bringt:
    Erstens. Kein abrupter Übergang von der Arbeit in den Ruhestand.
    Zweitens. Der Wechsel der Lebenssituation kann damit humaner gestaltet werden.
    Drittens. Wertvolle Erfahrungen, gerade älterer Arbeitnehmer, im Wirtschafts- und Erwerbsprozeß bleiben dem Betrieb länger erhalten. Dies ist besonders für mittelständische Betriebe wichtig. Denn Erfahrung ist dort zum überwiegenden Teil unverzichtbar.
    Weiter: Die freiwerdende Arbeitsstelle kann mit Teilzeitarbeitskräften, aber möglicherweise auch
    — über die Bündelung von mehreren Altersteilzeitregelungen — mit voll arbeitenden Kräften besetzt werden. Hiermit wird dem Produktionsprozeß am Arbeitsmarkt, aber insbesondere dem Aspekt des humanen Übergangs in den Ruhestand Schritt für Schritt Rechnung getragen.
    Wir möchten mit dieser Fortschreibung

    (Rixe [SPD]: Rückschreibungen!)

    des AFG, mit den Finanzmitteln, die verfügbar sind
    — dies, das darf ich noch einmal ausdrücklich feststellen, auf hohem Niveau —, sicherstellen, daß wir uns den Herausforderungen des Arbeitsmarktes der 90er Jahre stellen können. Dies tun wir, indem wir den Schwerpunkt auf die Qualifizierung insbesondere von Arbeitslosen, von Ungelernten legen. Dies tun wir weiter, indem wir den Frauen, die nach Kindererziehungszeiten in das Erwerbsleben zurückkehren wollen, eine besondere Chance eröffnen. Damit bauen wir auch den hohen Anteil der Frauenarbeitslosigkeit an den 2 Millionen — das sind mehr als 1,1 Millionen arbeitslose Frauen — ab.

    (Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Wer das glaubt, wird selig!)

    Davon sind wir überzeugt. Wie sollte es sonst geschehen, wenn nicht über die Qualifizierung der Frauen für den richtigen Arbeitsplatz?

    (Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Eben!) Dies tun wir.

    Wir wollen mit der Altersteilzeitregelung erreichen, daß wir den Übergang von der Arbeit in den dritten Lebensabschnitt oder in den Ruhestand humaner gestalten.

    (Zuruf von der SPD: Ja, länger arbeiten!)

    Ich glaube, dieses Gesetz sieht seine Herausforderung
    deshalb sicherlich darin, daß wir mit Blick auf morgen
    — und da laden wir eigentlich alle ein: die Wirtschaft, die Gewerkschaften —

    (Lachen bei der SPD)

    — ja, wir laden alle ein —, daran mitwirken, daß diese Schwerpunkte auch verwirklicht werden.
    Schönen Dank.

    (Beifall bei CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Schreiner.

(Scharrenbroich [CDU/CSU]: Aber nicht so laut, Herr Schreiner! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ottmar Schreiner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Abgeordneten Schemken ein Wort: Sie gehören zu der Spezies von Abgeordneten, die ein merkwürdiges Doppelleben führen.

    (Zustimmung bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Die Organisation, der Sie angehören, die Christdemokratische Arbeitnehmerschaft, hat in den vergangenen Wochen und Monaten mehrfach an die Bundesregierung appelliert, diesen Gesetzentwurf, die 9. Novelle, zurückzuziehen, weil er zu verheerenden Konsequenzen bei den Arbeitslosen führt. Sie als Vertreter und Mitglied der CDA stellen sich hierhin

    (Zuruf von der CDU/CSU: Er spricht hier als Abgeordneter!)

    und verteidigen den Gesetzentwurf. Man tritt Ihnen ständig in den Hintern, und Sie dürfen öffentlich dazu singen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD) Das ist in der Tat ein eigenartiges Verständnis.

    Wenn es um diese 9. Novelle geht, darf ich daran erinnern, daß von den 27 Sachverständigen bei der Anhörung im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung, Herr Bundesminister, nicht ein einziger die 9. Novelle verteidigt hat — von 27 nicht einer! Es gab nicht ein einziges Argument in dieser Anhörung für die 9. Novelle.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Es gibt ja auch nicht mehr Geld! — Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Es waren die falschen Gäste; ist doch klar!)

    Das Problem, das sich mir stellt, ist: Warum machen wir, wenn alle Sachverständigen in einer Anhörung des Deutschen Bundestages den Gesetzentwurf ablehnen und die Bundesregierung an diesem Gesetzentwurf dennoch nahezu unverändert festhält, Sachverständigenanhörungen? Was soll das dann noch, wenn gegen den erklärten Sachverstand der Gutachter

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Das stimmt übrigens gar nicht! — Rixe [SPD]: Blüm weiß ja immer alles!)

    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 8249
    Schreiner
    ohne Rücksicht auf Verluste blind durchmarschiert wird? Warum leisten wir uns dann noch Sachverständigenanhörungen?

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Sie stellen das falsch dar!)

    Ich denke, daß diese Sachverständigenanhörung deshalb besonders beispielhaft war, weil es nicht um billige Lobbypolitik ging.

    (Günther [CDU/CSU]: Es ging um Geld!)

    Es ging darum, die Sachverständigen zu befragen, wie wir die Arbeitsmarktinstrumente gegen Arbeitslosigkeit am sinnvollsten einsetzen können. Ich denke, daß Politikverdrossenheit auch damit zu tun hat, daß — wie in diesem Beispiel — die Fähigkeit zur Selbstkorrektur völlig verlorengegangen ist, gegen erklärte Argumente völlig verlorengegangen ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das hat mit Geld zu tun!)

    — Zum Geldargument komme ich gleich.
    Die Folgen der 9. Novelle in den Kernbereichen sind: massiver Verlust von Qualifizierungsmaßnahmen in einer Zeit, in der Qualifizierung nötiger denn je ist; Abbau von mindestens 30 000 AB-Maßnahmen nach Schätzungen der Bundesanstalt für Arbeit. Die Bundesregierung hat noch am Montag dieser Woche die Zahlen der Bundesanstalt für Arbeit im Ausschuß angezweifelt. Die Bundesregierung ist bis heute nicht in der Lage, deutlich zu machen, was denn nun ihrer Ansicht nach die Folgen der 9. Novelle sind. Die Bundesregierung hat am Montag im Ausschuß erklärt, bei der Bundesanstalt für Arbeit habe sich inzwischen eine Arbeitsgruppe konstituiert, mit dem Auftrag, über die Folgen insbesondere im Bereich der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nachzudenken. Das ist eine Bankrotterklärung dieser Bundesregierung.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist skandalös, daß die Regierung nicht in der Lage ist, über die Folgewirkungen einigermaßen seriös Auskunft zu geben.

    (Günther [CDU/CSU]: Die Bundesanstalt muß sich Gedanken machen! Die muß das ja umsetzen!)

    Ich will Ihnen — es geht ja um die Folgen — aus dem evangelischen Bereich und aus dem katholischen Bereich eine Stimme aus dem Chor der vielen zitieren. Die bischöfliche Pressestelle Trier hat in ihrem Informationsdienst vom 24. November 1988 folgendes erklärt:
    „Aus" für 150 ABM-Mitarbeiter bei der Caritas im Bistum Trier und für weitere 120 Jugendliche in Ausbildungsgängen und Arbeitslosenprojekten: Wenn das neue Arbeitsförderungsgesetz .. . ab 1. Januar 1989 in Kraft treten sollte, kann die Caritas ihren dann sprunghaft gestiegenen Anteil an den Personalkosten von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in Projekten für Arbeitslose nicht mehr bezahlen. „Die Finanzierungslücke würde zwei Millionen DM betragen. Das können wir aus Eigenmitteln nicht finanzieren." ... Die Gesetzesnovelle trifft nach Ansicht der Caritas besonders hart diejenigen, die durch Arbeitslosigkeit
    und unzureichende Qualifikation ohnehin verminderte Chancen haben. Gespart werden solle dabei vor allem zu Lasten Jugendlicher und junger Erwachsener.

    (Günther [CDU/CSU]: Das stimmt genau nicht!)

    — Das ist eine Stimme. Sie mögen ja sagen, daß der Bischof von Trier keine Ahnung hat. Das kann ja Ihre Meinung sein. Sie sollten in der Tat einmal ein bißchen über das C in Ihrer Plakette nachdenken, wenn Sie jetzt auch noch die Bischöfe angreifen.

    (Zurufe von der CDU/CSU — Rixe [SPD]: Die Wahrheit können Sie nicht hören!)

    Ich will Ihnen eine zweite Stimme aus dem Bereich der evangelischen Kirche zitieren. Die EKD bewertet die 9. Novelle des Arbeitsförderungsgesetzes wie folgt:
    Es ist schwer zu verstehen, daß in einer Zeit wirtschaftlicher Prosperität und einer über Erwarten guten Haushaltslage an einer so empfindlichen Stelle und in einer solchen Größenordnung Kürzungen vorgenommen werden sollen.
    Ich will Ihnen ein letztes Zitat nicht ersparen. Es stammt vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt, der meines Erachtens den Nagel auf den Kopf trifft. Ebenfalls zur 9. Novelle des AFG, die hier zur Beratung ansteht, heißt es dort, daß
    ... die Maßnahmen
    — der Bundesregierung in der 9. Novelle —
    darauf ausgerichtet sind, Arbeitslosigkeit als Dauerzustand zu akzeptieren, die Last der Arbeitslosigkeit auf die Betroffenen selbst zu verlagern und dem Arbeitsmarkt „entferntere" Personengruppen überwiegend oder endgültig aus dem Leistungsanspruch und der dauerhaften Integration in den Arbeitsmarkt auszugliedern und somit eine beliebig verfügbare Manövriermasse für die Deregulierungs- und Flexibilisierungsstrategie der Bundesregierung zur Hand zu haben.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Dreßler [SPD]: Leider wahr!)

    Das ist präzise der Punkt: Sie benutzen schamlos die Arbeitslosen, um Ihre reaktionäre Deregulierungspolitik im Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik durchzusetzen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch Unsinn!)

    Meine Damen und Herren, vom Kollegen Schemken ist auf das Defizit der Bundesanstalt für Arbeit hingewiesen worden. Es ist darauf hingewiesen worden, daß der Bund im Jahre 1989 mit 4 Milliarden DM Bundeszuschuß eintritt. Das ist nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte der Wahrheit ist, daß das Defizit bei der Bundesanstalt für Arbeit im wesentlichen darauf zurückzuführen ist, daß originäre Bundesaufgaben in den Verantwortungsbereich der Bundesanstalt für Arbeit abgeschoben worden sind

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    8250 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988
    Schreiner
    und damit die Beitragszahler für Aufgaben haftbar gemacht werden, die originäre Aufgaben des Bundes sind. Ich nenne Ihnen ein Beipiel. Allein die Hilfe für Aussiedler, die auch wir wollen, die auch wir unterstützen, kostet die Bundesanstalt für Arbeit in 1989 über 1,5 Milliarden DM.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Und wieviel schießt der Bund in 1989 insgesamt zu? Über 4 Milliarden!)

    Das heißt, der Zuschuß des Bundes ist überhaupt nichts anderes als der Versuch, auf die Bundesanstalt abgeschobene Bundesaufgaben teilweise zu kompensieren.

    (Louven [CDU/CSU]: Das ist nur die Viertelwahrheit, Herr Schreiner!)

    — Das ist die andere Seite der Wahrheit.
    Wenn man sich die Konsequenzen dieser 9. Novelle anguckt, dann erkennt man als eine der wirklich absurden Folgen die Tatsachen, daß die öffentliche Hand so gut wie nichts einspart. Es geschieht nichts anderes als eine Verlagerung von der aktiven Arbeitsmarktpolitik zur passiven Verwaltung von Arbeitslosigkeit.
    Der Bund hat sich bislang an der Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik so gut wie nicht beteiligt. Die Finanzmittel für die arbeitsmarktpolitischen Instrumente des AFG, vor allen Dingen Arbeitsbeschaffungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, werden ausschließlich von den Beitragszahlern der Bundesanstalt für Arbeit aufgebracht. Der Ausbau der Arbeitsmarktinstrumente seit 1982 ist die einzige, aber keineswegs hinreichende Antwort auf die hohe Massenarbeitslosigkeit. Ohne die aktive Arbeitsmarktpolitik der Bundesanstalt beliefe sich die Zahl der registrierten Arbeitslosen heute vermutlich in Richtung 3 Millionen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dann war sie aber wirkungsvoll!)

    Der entscheidende Punkt ist, daß die Neunte Novelle nicht zu nennenswerten Einsparungen an öffentlichen Mitteln führt. Wenn der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit recht hat, daß Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beispielsweise eine Selbstfinanzierungsquote von 97 % haben, dann ist das Abmeiern, das Abschneiden von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, ohne eine praktikable Alternative zu bieten, geradezu abenteuerlich. Wenn diejenigen, die heute noch in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen drin sitzen, durch die Neunte Novelle aus ihnen rausgeschmissen werden, tauchen sie im Regelfall morgen als Lohnersatzleistungsempfänger auf, oder sie tauchen bei der Sozialhilfe auf. Präsident Franke hat, unterstützt von entsprechenden Gutachten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg, glaubhaft nachgewiesen, daß die Beträge, die für eine aktive Arbeitsmarktpolitik öffentlich aufzubringen sind, nahezu identisch mit den Beträgen sind, die für die passive Verwaltung von Arbeitslosigkeit aufzubringen sind.

    (Frau Steinhauer [SPD]: Das versteht der Blüm nicht!)

    Es ist geradezu abenteuerlich, absurd, daß die gleichen Gelder, die an der einen Ecke eingespart werden, aus anderen öffentlichen Kassen wieder aufgebracht werden müssen.

    (Frau Steinhauer [SPD]: Verlagerung auf die Kommunen!)

    Dabei sind nicht die humanen und sozialen Folgekosten berücksichtigt. Ich will an den Vertreter der Caritas erinnern, der in der Anhörung des Ausschusses darauf hingewiesen hat, daß höhere Arbeitslosigkeit nicht selten zu Alkoholabhängigkeit, Drogenmißbrauch, Kriminalität, zerrütteten Familienverhältnissen, entwicklungsgestörten Kindern führt. Das sind die Humankosten. Die nehmen Sie billigend in Kauf.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Schlimme Bezeichnung!)

    Diese humanen Kosten haben auch soziale Folgekosten;

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Allerdings!)

    denn da muß ja repariert werden. Und damit schließt sich der Teufelskreis.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Genauso ist es!)

    Der massive Verlust von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen verstärkt im übrigen gesellschaftliche Spaltungstendenzen. Die Anzahl der Langzeitarbeitslosen wächst ständig und umfaßt gegenwärtig ca. 750 000 Personen. Diese Arbeitslosen sind wegen besonderer Merkmale — Alter, Behinderung, schwere Qualifizierungsdefizite oder aber individuelle Beeinträchtigungen auf Grund der Arbeitslosigkeit — kaum noch ohne besondere Hilfestellung in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Anläßlich der Anhörung des Ausshcußes für Arbeit und Sozialordnung zur neunten Novelle des Arbeitsförderungsgesetzes formulierte der Sprecher der EKD, Herr Winkler, das Problem so — Zitat — :
    Die Langsameren, die Schwerintegrierbaren oder jedenfalls diejenigen, die an der Grenze zum Behindertenstatus stehen, fanden in der agrarischen Gesellschaft immer Unterkunft. In der hochtechnisierten und spezialisierten Wirtschaft mit Arbeitsplätzen, die sehr teuer sind und auch Verantwortung und eine gute Ausbildung verlangen, kann man diese Personengruppe nur um so schwerer unterbringen.
    Das ist genau der Punkt. Sie spalten unsere Gesellschaft entlang derjenigen, die nicht in die olympiareifen Belegschaften hineinpassen. Sie grenzen immer mehr diejenigen aus, die, aus welchen Gründen auch immer, benachteiligt sind.
    Ich sage Ihnen: Unsere Gesellschaft besteht nicht nur aus Siegertypen,

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    sie besteht nicht nur aus Gewinnern, sie besteht nicht nur aus Menschen, die ihre Ellenbogen hart einsetzen können. Unsere Gesellschaft besteht auch aus Menschen, die an und in dieser Gesellschaft mitwirken wollen. Und die grenzen Sie in zunehmendem Maße aus. Die Neunte Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz ist dazu ein Beitrag; denn wir wissen, daß die
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 8251
    Schreiner
    Hälfte der Plätze in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen an Langzeitarbeitslose geht.
    Im übrigen sind die Langzeitarbeitslosen — ich habe darauf hingewiesen — teilweise Ältere, teilweise Behinderte. Ich will Ihren Bundeskanzler zitieren.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Nanu!)

    Helmut Kohl hat am 7. November in einem Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" folgendes formuliert:
    Mich bedrücken vor allem die Gruppen, über die niemand redet,

    (Lachen bei der SPD)

    z. B. die über 50jährigen Arbeitslosen, die wegen eines absurden Jungseinskults an den Rand der Gesellschaft geschoben werden.

    (Rixe [SPD]: Da kannst du mal sehen, was der für dummes Zeug redet!)

    Originalton Bundeskanzler! Ihn bedrücken die älteren Arbeitslosen. Bei den Langzeitarbeitslosen ist ein erheblicher Teil älterer Arbeitsloser. Wollen Sie Ihren Bundeskanzler hier vorführen? Wollen Sie ihn als Lügner entlarven? Wollen Sie ihn als Demagogen entlarven?

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Der Bundeskanzler erklärte vor vierzehn Tagen, ihn bedrücke das Schicksal der älteren Arbeitslosen, und Sie verschärfen hier mit der Neunten Novelle genau das gleiche Problem.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Wen wollen Sie eigentlich vorführen? Lügt der Bundeskanzler? Wollen Sie das unterstützen?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Billiger geht es doch nicht! So eine billige Polemik! So ein Quatsch!)

    Meine Damen und Herren, die katholische Soziallehre hat zum Kern — ich zitiere aus dem HerderLexikon —:
    Die katholische Soziallehre will eine Gesellschaft, welche die Menschen je nach dem Beitrag, den sie zum Wohle des Ganzen liefern, zusammenfaßt und ihnen so ermöglicht, ihrer Verantwortung für das Ganze zu genügen.
    Ja, entsprechend dem, was die Menschen leisten können! Was Sie machen, ist das Gegenteil. Sie grenzen immer stärker aus. Sie drängen immer mehr Menschen an den Rand der Gesellschaft und über die Grenzen der Arbeitsgesellschaft hinaus, neben der Verschärfung der Langzeitarbeitslosigkeit, die im übrigen im glatten Widerspruch zu der gemeinsamen Erklärung aller Fraktionen steht. Ich zitiere aus der gemeinsamen Erklärung aller Fraktionen im Anschluß an die Anhörung zur Langzeitarbeitslosigkeit anläßlich der EKD-Denkschrift im Deutschen Bundestag. Da haben alle Fraktionen folgendes erklärt:
    In Übereinstimmung mit den Obleuten aller Fraktionen
    — Erklärung des Vorsitzenden des Ausschusses —
    ist als Ergebnis der Anhörung festzuhalten, daß alle Parteien sich fest vorgenommen haben, an der Erschließung von Beschäftigungsmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose mitzuwirken. Der Vorschlag der evangelischen Kirche, gezielte Hilfen für Langzeitarbeitslose zu organisieren, wurde von allen Sachverständigen und allen Vertretern der Politik unterstützt. Der EKD ist für die Initiative zu danken. Die Sachverständigen, allen voran die Vertreter der EKD — an der Spitze Bischof Wilkens — haben dafür gesorgt, daß die Anhörung auf außerordentlich hohem Niveau durchgeführt werden konnte.
    Was Sie jetzt machen, ist der Bruch Ihres eigenen Wortes.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Sie haben den Langzeitarbeitslosen mit der gemeinsamen Erklärung Hoffnung gegeben. Die Bundesregierung läßt die christdemokratischen Parlamentarier im Regen stehen. Sie brechen Ihr Wort. Sie verschärfen die Langzeitarbeitslosigkeit durch die Neunte Novelle und haben im Ausschuß erklärt, sie wollten etwas dagegen tun. Sie tun nichts. Sie verschärfen umgekehrt die Situation. Was ist von Ihnen dann noch zu halten?

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE] — Scharrenbroich [CDU/CSU]: Wir geben über 3 Milliarden für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen aus!)

    Es ist wirklich schamlos. Die Initiative der EKD ist vor einem Jahr, im Dezember vergangenen Jahres, ins Parlament gebracht worden. Bis heute hat sich nichts getan. Sie haben Erklärungen abgegeben. Sie haben versucht, Hoffnung zu wecken. Aber in der Praxis machen Sie das genaue Gegenteil. Es ist schamlos, was Sie machen.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE] — Andres [SPD]: Sie schämen sich aber nicht! — Frau Dr. Götte [SPD]: Doch! Heimlich tun sie es!)

    Da fällt einem ja ein, daß bei der Debatte zum Gesundheitsreformgesetz der Bundesminister hier Sankt Martin für sich in Anspruch nahm. Wenn Sankt Martin Sie sehen würde, würde er vor Schreck vom Pferd stürzen. Er käme gar nicht mehr dazu, seinen Mantel zu teilen.

    (Heiterkeit bei der SPD — Seiters [CDU/ CSU]: Das haben Sie aber schön aufgeschrieben!)

    Eine zweite Folge der Neunten Novelle ist die dramatische Verschärfung in den Regionen mit eh schon hoher Arbeitslosigkeit. Wie sollen denn die Kommunen im Ruhrgebiet, an der Küste, im Saarland oder anderenorts, die angesichts der hohen Kosten der Arbeitslosigkeit ausbluten, das noch ausgleichen, was durch die Neunte Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz verlorengeht? In Kommunen mit hoher Arbeitslosigkeit wächst der Anteil der Sozialhilfekosten stündlich an. Diese Kommunen sind gar nicht mehr in der Lage, ausreichend zu investieren, weil sie von den Sozialhilfekosten eingeschnürt werden. Sie verschärfen auch hier die Probleme. Je weniger die Kommu-
    8252 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988
    Schreiner
    nen investieren können, um so stärker wächst umgekehrt die Arbeitslosigkeit. Damit schließt sich der Teufelskreis.
    Herr Blüm, Sie sind drauf und dran, den Sozialstaat zu einem Sozialhilfestaat verkommen und verrotten zu lassen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Der Einbruch von AB-Maßnahmen führt überdies dazu, daß auch Dienstleistungen, insbesondere im sozialen Bereich, zurückgenommen werden müssen. Beispielhaft seien genannt: Arbeitslosenberatung, Sozialhilfeberatung, Aids-Beratung, ambulante Versorgung von Behinderten, Nachhilfeschulen auf Stadtteilebene, Umweltprojekte, Frauenprojekte, StadtteilKulturzentren, Schuldnerberatung usw. Strukturen, die im sozialen Interesse der Menschen aufgebaut worden sind, werden zerschlagen werden müssen, weil den Einrichtungen das Geld fehlt, weil den Kommunen das Geld fehlt, weil den Wohlfahrtsverbänden das Geld fehlt. Mit brutaler Faust zerschlagen Sie im Interesse von denen, die am Rand dieser Gesellschaft stehen, gewachsene und aufgebaute Strukturen.

    (Günther [CDU/CSU]: Gar nichts wird zerschlagen!)

    Ähnliches gilt für die Qualifizierungsproblematik. Gerade angesichts des rapiden Wandels in der Arbeitswelt, hervorgerufen durch neue Techniken, wäre Qualifizierung nötiger denn je. In der gleichen Zeit legen Sie die Hand an die Qualifizierungsinstrumente, wandeln Sie Rechtsansprüche in reine Ermessensansprüche um, vertrösten Sie die Betroffenen.
    Ich will Ihnen sagen, daß es wohl keinen Sinn macht, gewissermaßen in letzter Minute an die Koalitionsfraktionen zu appellieren, von diesem Gesetz Abstand zu nehmen. Ich weiß, daß dies illusorisch ist. Aber vielleicht macht es einen Sinn, an Sie zu appellieren, in den nächsten Wochen — die Zeit bietet sich an — einmal in Ruhe darüber nachzudenken, was Sie ohne Not anrichten, und einmal in Ruhe darüber nachzudenken, inwieweit es wirklich mit dem christlichen Menschenbild vereinbar ist,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Hör doch auf! — Heyenn [SPD]: Was soll das denn?)

    daß Sie Zehntausende von Menschen auf Grund dieser Novelle zusätzlich in Arbeitslosigkeit bringen, zusätzlich in existentielle Nöte bringen, im Dezember einmal darüber nachdenken, ob das wirklich noch mit dem Anspruch einer Partei vereinbar ist, eine christliche Partei sein zu wollen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Ich denke, es ist nicht vereinbar. Sie sollten die Zeit nutzen. Wenn Sie zu dem Ergebnis kommen, es sei vereinbar, dann sollten Sie konsequenterweise das „C" aus Ihrem Parteischild entfernen.
    Schönen Dank.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Daran glaubt sowieso niemand!)