Rede von
Gerd
Wartenberg
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Debatte zum Ausländerrecht auf Grund des Gesetzentwurfes und des Antrages der SPD-Fraktion verläuft heute ja relativ friedlich im Unterschied zu der öffentlichen meist bösartigen Diskussion zur Ausländerfrage.
Ich bedaure es sehr, Herr Innenminister, daß Sie bei der Vorstellung der ersten Ergebnisse zur Volkszählung es nicht unterlassen konnten, insbesondere die Volkszählungsergebnisse unter dem Aspekt der unerträglichen Überfremdung in unserem Lande zu werten, obwohl zu Ihrer eigenen Überraschung die ersten Ergebnisse — was Sie offensichtlich gar nicht so gut finden — eine niedrigere Ausländerzahl angeben, nämlich 4,1 Millionen, als die, die Sie bis jetzt propagiert haben. Das paßt nun nicht ganz in Ihre Propaganda.
Die Tatsache aber, daß jeder Anlaß genutzt wird, Ausländerpolitik emotional negativ in der Öffentlichkeit zu diskutieren, zeigt eigentlich das Grunddilemma unserer Gesellschaft. Da nutzt es auch nicht, wenn man hier im Parlament hin und wieder relativ unverbindliche Worte zur Ausländerpolitik ausspricht. Die Problematik liegt nicht so sehr in der Parlamentsdiskussion hier, sondern vielmehr in der gesellschaftlichen Diskussion. Nur eine maßvolle, von humanitären Grundsätzen geprägte Auseinandersetzung kann den Betroffenen, nämlich den Ausländern, weiterhelfen.
Noch etwas zu dieser Debatte. Es ist natürlich ein bißchen witzig: Auf der einen Seite sagt der Bundesminister Zimmermann: „Ihren schädlichen Gesetzentwurf, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, sollten Sie überdenken; treten Sie in Übereinstimmung mit Ihren Ländern und machen Sie etwas anderes, machen Sie nicht einen Gesetzentwurf der offenen Grenzen." Frau Olms sagt auf der anderen Seite: „Das ist ein Gesetzentwurf, der sehr dem gleicht, was der Herr Zimmermann vorlegt. "
Wir liegen, glaube ich, ganz richtig mit unseren Vorstellungen, die übrigens in einer breiten Übereinstimmung in vielen internen Anhörungen der SPD mit Betroffenengruppen, mit Ausländerinitiativen, zustande gekommen sind. Der Grundtenor ist die Verrechtlichung der Situation für Ausländer, damit sie eine vernünftige Lebensplanung in der Bundesrepublik vornehmen können, denn wer sein Leben planen will, der muß wissen, was er zukünftig in diesem Lande für Rechte hat. Diese Rechte müssen ausgeweitet werden, hin auf ein Niederlassungsrecht.
Ich muß Ihnen auch folgendes sagen. Als Sie damals Ihre Niederlassungskonzeption vorgestellt haben, ist die, nachdem die SPD ihre vorgestellt hat, davon weitestgehend abgeschrieben worden. Nun sehen Sie sich einmal Ihren Entwurf an! Der unterscheidet sich sehr wenig von dem, was die SPD damals entwickelt hat.
Ich glaube — auch das ist ein Grunddilemma —, daß Sie damit den gleichen Fehler wie Herr Zimmermann machen, nämlich um die eigene Position zu profilieren, auch Sie nicht davon ablassen können, in diese Diskussion immer ein Hauch von Bösartigkeit hineinzubringen. Wem hilft das eigentlich?
Versuchen wir doch einmal gemeinsam, das, was sinnvoll, was für die Menschen vernünftig ist, durchzusetzen.