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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/113 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 113. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag der Abg Frau Hoffmann (Soltau) 8093 A Erweiterung der Tagesordnung 8093 A Begrüßung des Botschafters der Französischen Republik, Boidevaix sowie des Koordinators für die deutsch-französische Zusammenarbeit, Dr. Barzel 8140 D Tagesordnungspunkt 3: Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland Dr. Kohl, Bundeskanzler 8094 A Dr. Vogel SPD 8100 A Lintner CDU/CSU 8103 D Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 8106D Hoppe FDP 8109 A Diepgen, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 8110 C Büchler (Hof) SPD 8112 D Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . 8116 C Heimann SPD 8118 D Werner (Ulm) CDU/CSU 8121 C Frau Hensel GRÜNE 8124 A Ronneburger FDP 8126 C Hiller (Lübeck) SPD 8128 C Dr. Czaja CDU/CSU 8130 D Frau Terborg SPD 8133 A Tagesordnungspunkt 4: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (Drucksache 11/3253) b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 06 40 Titel 681 05 — Haushaltsjahr 1988 (Drucksache 11/3173) c) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 14 05 Titel 525 21 — Aus- und Fortbildung, Umschulung (Drucksache 11/3193) d) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 13 Titel 646 02 — Erstattung der Aufwendungen für die Krankenhilfe an Heimkehrer und durch Gesetz gleichgestellte Personengruppen (Drucksache 11/3268) 8135 B Zusatztagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Abgeordneten Carstensen (Nordstrand), Eigen und Genossen und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Bredehorn, Richter, Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Seefischereigesetzes (Drucksache 11/3596) 8135 C Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen: Einwilligung in die Veräußerung eines bundeseigenen Grundstücks in München, Dachauer Straße, gemäß § 64 Abs. 2 BHO (Drucksache 11/3567) 8135 C II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrags der Abgeordneten Conradi, Müntefering, Erler, Großmann, Menzel, Dr. Niese, Oesinghaus, Reschke, Scherrer, Tietjen, Weiermann, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Weiterentwicklung und Verbesserung der nach 1950 erbauten Großsiedlungen (Drucksache 11/2241) 8135 C Tagesordnungspunkt 5: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 4. Dezember 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen (Drucksachen 11/2553, 11/3559) 8135D Tagesordnungspunkt 6: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 23. November 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Venezuela zur Vermeidung der Doppelbesteuerung der Unternehmen der Luftfahrt und der Seeschiffahrt (Drucksachen 11/3091, 11/ 3600) 8136A Tagesordnungspunkt 7: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Schaffung eines Vorrechts für Umlagen auf die Erzeugung von Kohle und Stahl (EGKS- UmVG) (Drucksachen 11/353, 11/3197) 8136 A Tagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fischwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 11/2852, 11/3252) . . . 8136B Zusatztagesordnungspunkt 5: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 11/2688, 11/3566) 8136B Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Wahlkreiskommission für die 11. Wahlperiode des Deutschen Bundestages gemäß § 3 Bundeswahlgesetz (Drucksachen 11/2870, 11/3170) . 8136B Tagesordnungspunkt 9: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 14 02 Titel 698 01 — Abgeltung von Schadensersatzansprüchen Dritter (Drucksachen 11/3051, 11/3296) 8136 C Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 89 zu Petitionen (Drucksache 11/3467) 8136 C Tagesordnungspunkt 11: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Protokollen vom 22. Januar 1988 zum Vertrag vom 22. Januar 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zusammenarbeit (Drucksachen 11/3258, 11/3265, 11/3410, 11/3610, 11/3611) Dr. Dregger CDU/CSU 8137 D Voigt (Frankfurt) SPD 8140 D Dr. Feldmann FDP 8143 D Dr. Mechtersheimer GRÜNE 8145 B Genscher, Bundesminister AA 8147 A Dr. Wieczorek SPD 8148 D Lamers CDU/CSU 8150 C Ebermann GRÜNE 8152 A Dr. Ehmke (Bonn) SPD (Erklärung nach § 31 GO) 8152D Dr. Stercken CDU/CSU 8154 A Namentliche Abstimmung 8154 C Ergebnis 8158 D Tagesordnungspunkt 12: a) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung (Drucksachen 11/14, 11/3608) b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten und zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung (Drucksachen 11/2503, 11/3604, 11/3618, 11/3624) Scharrenbroich CDU/CSU 8155 B Andres SPD 8160 B Heinrich FDP 8164 A Hoss GRÜNE 8166 C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 III Dr. Blüm, Bundesminister BMA 8168 C Urbaniak SPD 8172B Dr. Warrikoff CDU/CSU 8173 D Stratmann GRÜNE 8176D Peter (Kassel) SPD 8178A Frau Unruh GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 8179C Dr. Warrikoff CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 8179D Dreßler SPD (Erklärung nach § 31 GO) . 8180A Namentliche Abstimmung 8180 D Ergebnis 8181 B Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrags der Abgeordneten Fuchs (Verl), Dr. Böhme (Unna), Erler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rücktritt der Bundesrepublik Deutschland von dem Entwicklungsvorhaben „Europäisches Jagdflugzeug/ Jagdflugzeug 90" (Drucksache 11/3018) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Ausscheiden der Bundesrepublik Deutschland aus dem Entwicklungsvorhaben Jagdflugzeug 90 (Drucksache 11/3592) Frau Fuchs (Verl) SPD 8183B Francke (Hamburg) CDU/CSU 8186B Frau Schilling GRÜNE 8187D Ronneburger FDP 8189 B Würzbach, Parl. Staatssekretär BMVg . . 8191A Ronneburger FDP (Erklärung nach § 30 GO) 8192 C Horn SPD (Erklärung nach § 30 GO) . . . 8193 A Vizepräsident Westphal 8187D, 8189B Tagesordnungspunkt 13: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 88 zu Petitionen (Drucksache 11/3291) Dr. Emmerlich SPD 8193 C Jung (Limburg) CDU/CSU 8194 A Häfner GRÜNE 8195 A Frau Dr. Segall FDP 8195 D Tagesordnungspunkt 14: a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Wiederkehrerlaubnis für in der Bundesrepublik Deutschland aufgewachsene Ausländer (Drucksache 11/ 1931) b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Bundesausländergesetz (Drucksache 11/2598) Schröer (Mülheim) SPD 8197 B Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI . 8198D Frau Olms GRÜNE 8200 A Dr. Hirsch FDP 8201 A Wartenberg (Berlin) SPD 8202 B Dr. Kappes CDU/CSU 8204 A Tagesordnungspunkt 15: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Frau Schmidt-Bott und der Fraktion DIE GRÜNEN: Ursachen, Prävention und Behandlung der Unfruchtbarkeit, Entwicklung und Auswirkungen von Fortpflanzungstechniken und Embryonenforschung (Drucksachen 11/747, 11/2238) Frau Schmidt-Bott GRÜNE 8206 A Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 8207 C Frau Becker-Inglau SPD 8208 C Frau Würfel FDP 8209 D Pfeifer, Parl. Staatssekretär BMA . . . 8211B Tagesordnungspunkt 16: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Weiss (München), Dr. Daniels (Regensburg) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verhalten der Bundesregierung gegenüber dem österreichischen Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie in bezug auf die geplante atomare Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf (Drucksache 11/2873) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Weiss (München), Dr. Daniels (Regensburg) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Erörterungstermin in Wackersdorf (Drucksache 11/2894) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrags des Abgeordneten Dr. Daniels (Regensburg) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Keine Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf (Drucksache 11/3597) Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . . . 8213 A Dr. Friedrich CDU/CSU 8214 D Schütz SPD 8217 A Frau Dr. Segall FDP 8218 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . . 8220B Tagesordnungspunkt 17: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Kuhlwein, Dr. Penner, Odendahl, weiterer Abgeordneter und der IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 Fraktion der SPD: Entwicklungsstand und Perspektiven der Fachhochschulen in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen 11/2211, 11/2603) Kuhlwein SPD 8222 B Daweke CDU/CSU 8226 A Wetzel GRÜNE 8228 B Neuhausen FDP 8230 A Möllemann, Bundesminister BMBW . . 8231 A Tagesordnungspunkt 18: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Volkszählung 1987 (Drucksache 11/1762) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Übernahme der Kosten der Volkszählung am 25. Mai 1987 durch den Bund (Drucksache 11/3584) Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . . 8234 B Bohl CDU/CSU (zur GO) 8235 C Gerster (Mainz) CDU/CSU 8236 C Wartenberg (Berlin) SPD 8237 C Lüder FDP 8238 B Frau Schmidt-Bott GRÜNE 8239 A Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 8240 D Nächste Sitzung 8241 D Berichtigungen 8242 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8243* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 8093 113. Sitzung Bonn, den 1. Dezember 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    8242 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 Berichtigungen Nachtrag zum Plenarprotokoll 11/111, Seite 8034 D, Nr. 53: Im ersten Absatz der Erklärung der Abg. Frau Folz-Steinacker ist statt „109. Sitzung am 23. November 1988" zu lesen: „110. Sitzung am 24. November 1988". Auf Seite 7938 ist bei Nr. 42, Drucks. 11/3441, einzufügen: „Zweiter Spiegelstrich". Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* * 2. 12. Antretter 1. 12. Bindig * 2. 12. Frau Brahmst-Rock 2. 12. Büchner (Speyer)* * 2. 12. Buschbom 2. 12. Catenhusen 1. 12. Cronenberg (Arnsberg) 2. 12. Dr. Francke 2. 12. Dr. Geißler 1. 12. Dr. Glotz 1. 12. Dr. Hauff 2. 12. Irmer * 1. 12. Dr. Jenninger 2. 12. Frau Krieger 2. 12. Kühbacher 1. 12. Maaß 1. 12. Dr. Mahlo 2. 12. Mitzscherling 1. 12. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Müller 1. 12. Dr. Müller * * 1. 12. Niegel * 2. 12. Frau Pack 1. 12. Dr. Pick 2. 12. Paintner 2. 12. Rappe (Hildesheim) 2. 12. Roth 1. 12. Dr. Scheer 2. 12. Scherrer 1. 12. von Schmude 1. 12. Schulhoff 1. 12. Frau Trenz 2. 12. Tietjen 2. 12. Toetemeyer 2. 12. Vosen 1. 12. Weisskirchen (Wiesloch) 2. 12. Wieczorek 1. 12. Zeitler 2. 12. Zierer* 1. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alfred Dregger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Assemblée Nationale in Paris und der Deutsche Bundestag beraten am selben Tag, nämlich heute, ein deutsch-französisches Abkommen. Um was geht es bei diesem Abkommen? Die Protokollnotiz zum Verteidigungs- und Sicherheitsrat beschreibt die Ziele wie folgt — ich zitiere — : „Es geht um die Vervollständigung des europäischen Einigungswerks und um die Entwicklung einer europäischen Identität in der Sicherheitspolitik."
    Das sind zwei große, kühne, schwierige Aufgaben. Das weiß jeder, der sich die heutigen Sicherheitsstrukturen in Westeuropa ansieht.
    Was bedeuten diese Ziele gesamtpolitisch? Werfen wir zunächst einen Blick nach Osten. Die inneren Veränderungen in der Sowjetunion, deren Ausmaß noch nicht abzuschätzen ist — zur Zeit sind die verkünde-
    8138 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988
    Dr. Dregger
    ten Absichten noch beeindruckender als die Ergebnisse —,

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Das ist manchmal auch bei unserer Bundesregierung so!)

    machen den europäischen Zusammenschluß nicht überflüssig. Im Gegenteil: Wir brauchen den europäischen Zusammenschluß nicht nur um unserer Sicherheit, sondern auch um der Ost-West-Beziehungen willen, die — davon bin ich überzeugt — nur unter Mitwirkung eines eigenständigen und handlungsfähigen Westeuropa zum Erfolg geführt werden können.
    In einem Gespräch mit Herrn Jakowlew, einem Mitglied des Politbüros, in Moskau im Zuge des Kanzlerbesuchs habe ich auf einige militärgeographische Tatsachen hingewiesen, die auch wir uns von Zeit zu Zeit bewußt machen sollten, schon um uns nicht selbst zu überschätzen. Die Ost-West-Tiefe der Bundesrepublik Deutschland, also der Abstand zwischen der Ostgrenze und der Westgrenze der Bundesrepublik Deutschland, beträgt ganze 250 km, die Ost-West-Tiefe der Sowjetunion dagegen 9 000 km. Die Entfernung von uns bis zur sowjetischen Grenze beträgt 600 km, die Entfernung zu den Vereinigten Staaten von Amerika beträgt 6 000 km.
    Meine Damen und Herren, wer sich diese militärgeographischen Tatsachen klarmacht, dem muß auch klar sein, daß der europäische und der atlantische Verbund für uns Deutsche unverzichtbar sind;

    (Dr. Mechtersheimer [GRÜNE]: Das ist überhaupt nicht logisch! — Dr. Feldmann [FDP]: Das ist richtig!)

    denn wir wollen ja vor der Größe und der Macht der Sowjetunion nicht erstarren müssen. Wir wollen ihr Partner sein, aber nicht ihr Satellit.
    Der europäische und der atlantische Verbund, so habe ich in Moskau hinzugefügt, sind für uns Deutsche nicht die Alternative, sondern die Voraussetzung für eine enge Zusammenarbeit mit der Sowjetunion, die wir wollen.
    Mein Gesprächspartner, der mich beeindruckt hat, hat das offenbar verstanden. Ich hatte durchaus nicht den Eindruck, daß ihn diese Aussage überrascht oder gar erschreckt hätten; dazu bestünde ja auch nicht der geringste Anlaß.
    Ich möchte dem eine zweite Aussage hinzufügen. Wir — die CDU/CSU-Bundestagsfraktion — sind bereit, die inneren Reformen in der Sowjetunion zu unterstützen, auch wenn diese die Wirtschaftskraft und damit die Macht der Sowjetunion vergrößern. Friede und Sicherheit, meine Damen und Herren, sind ja nicht nur eine Frage der Machtrelationen, sondern auch eine Frage der inneren Entwicklung eines Landes sowie der Art und Weise, wie andere mit ihm umgehen. Wenn sich die Sowjetunion mit westlicher Unterstützung zu mehr innerer Freiheit — sicherlich nicht so wie bei uns, aber doch zu mehr innerer Freiheit — entwickeln sollte, dann könnten auch ihre Nachbarn sicherer leben.
    Eine Einschränkung möchte ich allerdings machen. Wir können die Sowjetunion nur dann technisch und ökonomisch unterstützen, wenn ihre Politik nicht nur verbal, sondern tatsächlich einen friedlichen Charakter annimmt. Dazu gehört der Verzicht auf militärische Übermacht, d. h. die Bereitschaft zur asymmetrischen Abrüstung. Dazu hat sich die Sowjetunion grundsätzlich bereit erklärt. Die Sowjetunion sollte so bald wie möglich auf die Ernsthaftigkeit dieser Absicht in konkreten Verhandlungen getestet werden, für die wir, Herr Außenminister, uns im westlichen Bündnis ja mit Nachdruck einsetzen.
    Zur friedlichen Politik gehört auch der Verzicht auf militärische Erpressung, nicht nur in Form des schrecklichen Afghanistan-Abenteuers, das Millionen Menschen das Leben gekostet hat und noch nicht beendet ist; dazu gehört auch der Verzicht auf die Breschnew-Doktrin, deren Widerruf leider immer noch aussteht. Es kann nicht Aufgabe der Roten Armee sein, die innere Entwicklung der Nachbarländer der Sowjetunion durch militärischen Druck zu beeinflussen und zu intervenieren, wenn dieser Druck nicht das gewünschte Ergebnis hat. — Das zu den Ost-West-Beziehungen, an denen wir weiterhin auf das höchste interessiert bleiben.
    Noch schwieriger, als die europäische Einigungspolitik und die europäische Ostpolitik miteinander zu verbinden — ich hoffe, daß alle europäischen Staats- und Regierungschefs, die jetzt in kurzen Abständen nach Moskau fahren, ihre Mission wie wir als ein Teilstück einer europäischen Ostpolitik verstehen —, ist es, im Westen neue Allianzstrukturen zu schaffen, die notwendig sind, wenn die europäische Identität in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik geschaffen werden soll, wie es ja in dem Abkommen, das uns jetzt vorliegt, als Ziel beschrieben wird.
    Der Schlüssel dafür liegt bei Frankreich. Frankreich ist 1966 aus der integrierten Kommandostruktur der NATO ausgeschieden und lehnt es, wie wir alle wissen, nach wie vor ab, diesen Schritt rückgängig zu machen. Frankreich deshalb zu schelten wäre töricht, zumal es für seine Haltung Sachgründe gibt. Sinnvoller dürfte es sein, den Versuch zu machen, eine neue Lösung zu finden. Dabei kann an zwei Veränderungen im strategischen Denken Frankreichs angeknüpft werden. Die erste: Die Allianz mit den USA bleibt notwendig und für die Dauer der Teilung Europas auch die amerikanische Präsenz in Europa. Das wird von niemand bestritten, auch von Frankreich nicht mehr. Ich erinnere an die große Rede, die der französische Staatspräsident Mitterrand am 20. Januar 1983 vor dem Deutschen Bundestag gehalten hat. Zweitens: Frankreich hat erkannt, daß es mit der Bundesrepublik Deutschland einen Sicherheitsraum bildet. Ein französischer Politiker hat das mir gegenüber wie folgt ausgedrückt. Er hat gesagt: Zwischen Ihnen und uns gibt es weder den Ärmelkanal noch den Atlantik. — Durch die Änderung der Machtstrukturen nach diesem Krieg haben sich die Schicksale Frankreichs und der Bundesrepublik untrennbar miteinander verknüpft. Wir können nur noch gemeinsam Sicherheit gewinnen und behalten. Das sind zwei wesentliche Änderungen im strategischen Denken Frankreichs, die wichtig sind. Frankreich betont denn heute auch mit Nachdruck die Notwendigkeit einer gemeinsamen europäischen Verteidigung. Über bilaterale Absprachen mit seinen Nachbarn, vor allem mit uns, der
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 8139
    Dr. Dregger
    Bundesrepublik Deutschland, ist es aber bisher nicht hinausgekommen.
    Es kommt daher darauf an, einen Weg zu zeigen, der die Atlantische Allianz nicht beschädigt, es Frankreich zugleich aber auch ermöglicht, führend am Aufbau eines europäischen Verteidigungssystems teilzunehmen. Das geht nur in einer neuen NATO-Struktur, die auch aus anderen Gründen notwendig ist.

    (Roth [SPD]: Aha! Sehr interessant!)

    Heute stehen sich in der NATO eine Weltmacht, die sich wegen ihrer globalen Verantwortung in mancherlei Hinsicht überfordert fühlt, auf der einen Seite und 15 Mittel- und Kleinstaaten auf der anderen Seite gegenüber, von denen Frankreich und Spanien nicht integriert sind und von denen Frankreich und Großbritannien über eigene, wenn auch im Vergleich zu den Weltmächten relativ schwache, Atomstreitkräfte verfügen.
    Es gibt in der Allianz kein Gleichgewicht zwischen Nordamerika und Westeuropa, weder was den Einfluß, noch was die Mittel angeht. Dabei wird häufig übersehen, daß der Beitrag der Europäer zur europäischen Verteidigung schon heute groß ist. Die Europäer stellen zur Zeit 95 % der Divisionen, 90 % der Artillerie, 80 % der Panzer, 80 % der Kampfflugzeuge, 65 % der größeren Kriegsschiffe.

    (Dr. Feldmann [FDP]: Und die deutsche Wehrpflicht!)

    — Ja; ein sehr wichtiger Punkt, den man in Dollars gar nicht ausdrücken kann, Herr Feldmann.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Und 90 % der Risiken!)

    — Auch das stimmt.
    Wenn wir diese europäischen Kräfte, einschließlich der französischen, im europäischen Pfeiler der Allianz bündeln, dann entstünde eine neue NATO, die aus zwei Partnern bestünde: aus Nordamerika und Westeuropa; zwei etwa gleichgewichtigen Partnern. Dann wäre es auch vorstellbar, daß einmal ein europäischer General der Oberkommandierende der NATO in Europa würde, wie es Henry Kissinger schon vor vielen Jahren angeregt hat, dessen Stellvertreter dann der Oberste Befehlshaber der USA-Streitkräfte in Eurpa wäre.
    Ich verbinde diese Überlegung mit der Feststellung, daß bisher alle amerikanischen Oberbefehlshaber in dem Rahmen, der ihnen von ihrem Präsident abgesteckt wurde, die europäischen und deutschen Sicherheitsinteressen immer fair und gut wahrgenommen haben. Ich möchte diesen Dank an die amerikanischen Oberbefehlshaber aussprechen.
    Woran sollte der zu schaffende europäische Pfeiler der Atlantischen Allianz rechtlich und organisatorisch anknüpfen? Ein neuer Vertrag, dessen Ausarbeitung gewiß viel Zeit erfordern würde, ist meines Erachtens dafür nicht notwendig. Alle vorhandenen vertraglichen Instrumente sollten genutzt werden, um das politische Ziel, die europäische Sicherheitsunion, zu verwirklichen. Es kommt gewiß nicht auf die Instrumente an, sondern auf den politischen Willen. Wenn der allerdings fehlen sollte, dann könnten wir die weiteren Überlegungen einstellen.
    Da Frankreich den Schlüssel zur europäischen Sicherheitsunion hat und da die Anregungen, die ich hier vortrage — wie mir in manchen Gesprächen mit französischen Politikern und Politikern aus anderen EG-Ländern versichert wurde — , Frankreich durchaus erwägenswert erscheinen — ich will mich ganz vorsichtig ausdrücken — , wird es sich zeigen, wie ernsthaft der Wille zur europäischen Einheit tatsächlich ist.
    Die wichtigsten Instrumente der Einigungspolitik in Europa sind die EG und die WEU. Die Europäische Gemeinschaft hat die stärksten Institutionen. Die WEU konzentriert sich auf das größte zusammenhängende europäische Allianzgebiet. Das Beitragsversprechen der WEU geht weit über das der NATO hinaus. Die Partner der WEU haben sich gegenseitige Hilfe „mit allen Mitteln" versprochen. Die Westeuropäische Union als Sicherheitsorganisation der EG — was keine volle Identität der Vertragsgebiete voraussetzt — erscheint mir daher als der aussichtsreichste Weg zur europäischen Sicherheitsunion. Diesen Weg schlage ich vor.
    Die WEU als europäischer Pfeiler der Atlantischen Allianz würde die WEU aus ihrem schattenhaften Dasein herausführen. Welche Maßnahmen dazu im einzelnen notwendig wären, habe ich in einem Memorandum dargelegt, das ich der Bundesregierung zugeleitet habe mit der Anregung, die darin gemachten Vorschläge im deutsch-französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrat zu erörtern.
    Am 17. November 1988 konnte ich in Den Haag dem Monnet-Komitee meine Vorstellungen vortragen. Sie haben nicht nur die Unterstützung der deutschen Mitglieder, so des früheren Bundespräsidenten Karl Carstens, des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt und des derzeitigen Koordinators der deutsch-französischen Zusammenarbeit Rainer Barzel gefunden; sie sind auch bei den Mitgliedern aus anderen EG-Ländern auf großes Interesse und zum Teil auf Zustimmung gestoßen.
    Ich möchte meine Überlegungen in zehn Punkten zusammenfassen: Erstens. Die Europäische Sicherheitsunion und mit ihr die politische Union Europas ist heute notwendiger denn je. Europas Zukunft kann nicht alleine den Weltmächten überlassen bleiben.
    Zweitens. Die USA brauchen ein mit ihnen verbündetes starkes Europa, wenn sie weiterhin ihrer globalen Verantwortung gerecht werden wollen.

    (Frau Beer [GRÜNE]: Und ein starkes Deutschland!)

    Die Sowjetunion braucht für eine verbesserte Zusammenarbeit mit Europa einen europäischen Partner, der seine Interessen auch ihr gegenüber eigenständig und selbstbewußt vertreten kann.
    Drittens. Europa braucht vor allem sich selbst. Die WEU als europäischer Pfeiler der Atlantischen Allianz würde das jetzige Ungleichgewicht in der Allianz überwinden.
    Viertens. Die WEU würde es Frankreich ermöglichen, in der europäischen Verteidigung eine Rolle zu
    8140 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988
    Dr. Dregger
    spielen, die seiner Größe, seiner Macht und seiner militärgeographischen Unentbehrlichkeit entspricht.
    Fünftens. Die WEU als europäischer Pfeiler der Atlantischen Allianz würde es ermöglichen, das Nebeneinander mehrerer Abwehrstrategien in Europa zu überwinden; Sie, Herr Ehmke, hatten davon in der ersten Lesung gesprochen. Zur Zeit gibt es eine französische, vielleicht auch eine spanische und eine atlantische Abwehrstrategie, die von den USA dominiert und von den anderen integrierten Europäern mitgetragen wird. Dieses Nebeneinander verschiedener Abwehrstrategien ist ein Luxus, den sich Europa und die Allianz nicht länger leisten sollten.
    Sechstens. Die WEU als europäischer Pfeiler der Atlantischen Allianz würde es Europa ermöglichen, in Zukunft an allen Verhandlungen teilzunehmen, die seine Interessen berühren. Beim nächsten — ich sage das bildlich — Reykjavik-Gipfel würde anders als 1986 außer dem Präsidenten der USA und dem Generalsekretär aus Moskau auch ein Repräsentant Europas am Verhandlungstisch sitzen.
    Siebtens. Die Atomstreitkräfte Großbritanniens und Frankreichs verblieben selbstverständlich — wie die amerikanischen — unter nationalem Oberbefehl. Wir Deutsche haben keine Atomwaffen und wollen auch keine. Das schließt es nicht aus — wie ich hinzufügen möchte —, es muß vielmehr von unseren Verbündeten erwartet werden, daß die unter nationalem Oberbefehl stehenden Atomstreitkräfte in ihrer Einsatzplanung — und das hängt auch mit den festgelegten Reichweiten zusammen — auf die Überlebensinteressen der nicht atomar bewaffneten Alliierten Rücksicht nehmen.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Selbstverständlich!)

    Achtens. Europa ist dabei, den größten Binnenmarkt der Erde mit 320 Millionen Menschen zu schaffen. Auch wenn Europa militärisch keine Weltmacht ist und auch nicht anstrebt es zu werden, hat Europa jedenfalls Anspruch darauf, daß seine Sicherheitsinteressen nicht geringer geachtet werden als die Sicherheitsinteressen der USA und der Sowjetunion. Die USA haben die europäische Einigung immer gefördert und in Europa immer mehr gesehen als ein Glacis, dessen Verteidigung dem Schutz amerikanischer Interessen zu dienen hat. Auch die Sowjetunion muß Europa endlich als eigenständige Kraft mit durchaus eigenständigen Sicherheitsinteressen anerkennen. Europa ist mehr und etwas anderes als eine vorgeschobene Basis der USA.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Sehr wahr!)

    Neuntens. Die Gründung einer europäischen Sicherheitsunion würde der Gründung der Wirtschafts- und Währungsunion einen entscheidenden Impuls geben. Wenn sich die Europäer in der Existenzfrage ihrer Sicherheit miteinander identifizieren, dann ist es selbstverständlich, daß sie ihre wirtschaftlichen, ihre finanziellen und ihre Währungsinteressen in den gemeinsamen Verbund hineingeben.

    (Dr. Feldmann [FDP]: Unabdingbar!)

    Zehntens. Die politische Union Europas könnte in der weiteren Entwicklung auch bei der Überwindung der europäischen Teilung eine Rolle spielen. Ich will das nur andeuten. Sie könnte, wenn auch den ostmitteleuropäischen Staaten die Mitwirkung erlaubt würde, zur friedenserhaltenden Mitte zwischen den Weltmächten werden, die es diesen ersparte, sich mitten in Europa hochgerüstet hautnah einander gegenüberzustehen.
    An der Einheit Europas, meine Damen und Herren, haben alle Bundeskanzler seit Konrad Adenauer gearbeitet. Besonders engagiert und erfolgreich hat das Bundeskanzler Helmut Kohl zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten Mitterrand getan. Unser Außenminister, Herr Kollege Genscher, sieht ebenfalls in der Verwirklichung der europäischen Union eine seiner Hauptaufgaben. Die sehr aktive europapolitische Rolle meiner Fraktion ist bekannt. Auch die SPD-Opposition hat sich in der ersten Lesung aufgeschlossen gezeigt. Diese politische Übereinstimmung sollte in unserer heutigen Beschlußfassung sichtbar werden.
    Wir sollten die Vorlage verabschieden und die Regierungen in Paris und Bonn auffordern, die notwendigen Initiativen zur Gründung der europäischen Sicherheitsunion zu ergreifen, zumal dadurch auch das Entstehen der Wirtschafts- und Währungsunion gefördert würde. Daß die Gespräche zur Gründung der europäischen Sicherheitsunion in enger Abstimmung mit den USA stattfinden müssen, ergibt sich aus deren nach wie vor bedeutsamen Rolle für die europäische Sicherheit.
    Ich bin überzeugt, daß deutsch-französische Initiativen zur — jetzt gebe ich noch einmal die Formulierung der Protokollnotiz wieder — „Vervollständigung des europäischen Einigungswerks und zur Entwicklung einer europäischen Identität in der Sicherheitspolitik" , wie es im Abkommen heißt, bei den meisten unserer europäischen Partner auf Zustimmung stoßen würden. Sollten einige Europäer zunächst zögern, so werden sie, wie ich hoffe — es gibt dafür geschichtliche Beispiele — , etwas später das gleiche tun.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, bevor ich das Wort weitergebe, möchte ich Sie davon unterrichten, daß wir einen Gast haben, nämlich den Botschafter der Französischen Republik, Herrn Boidevaix. Ich begrüße ihn herzlich.

(Beifall)

Ich begrüße auch den Koordinator für die deutschfranzösische Zusammenarbeit, Herrn Dr. Barzel.

(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

Ich rufe nun den nächsten Redner, Herrn Voigt (Frankfurt), auf.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Karsten D. Voigt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Es freut mich, daß die bei unserer Debatte anwesenden Gäste mitspüren und miterleben können, daß die deutschfranzösische Freundschaft zumindest bei der SPD und den Regierungsfraktionen unumstritten ist. Denn die
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 8141
    Voigt (Frankfurt)

    deutsch-französische Freundschaft dient dem europäischen Frieden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    In diesem europäischen Geist und mit dieser friedenspolitischen Zielsetzung unterstützen wir Sozialdemokraten jeden konkreten Fortschritt in der deutsch-französischen Zusammenarbeit, und sei er noch so klein und bescheiden.

    (Dr. Mechtersheimer [GRÜNE]: Und sei er noch so atomar!)

    Wir werden deshalb auch den beiden Zusatzprotokollen zum Elysée-Vertrag zustimmen. Wir bejahen die beabsichtigte Vertiefung der deutsch-französischen Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Abrüstungspolitik und ebenso in der Wirtschafts- und Finanzpolitik.
    Wir haben in den letzten Jahren immer wieder bedauert, wenn sich die Bundesregierung Kohl in ihrer Zusammenarbeit mit der französischen Regierung vor allen Dingen auf die Pflege symbolischer Akte konzentriert hat. Weniger Symbolik und mehr politische Substanz wären uns lieber gewesen.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Sehr wahr!)

    Auch die Einrichtung des in den Zusatzprotokollen vorgesehenen Verteidigungs- und Sicherheitsrates einerseits und des Finanz- und Wirtschaftsrates andererseits ist vom Makel einer zu sehr an politischen Symbolen orientierten deutsch-französischen Zusammenarbeit nicht frei, denn beide Räte könnten nichts beraten, was sich nicht auch heute schon unter Nutzung der vorhandenen Strukturen beraten ließe, wenn man nur wollte. Trotzdem hoffen wir, daß diese neuen Räte durch die Bundesregierung auch tatsächlich zu einer weiteren Vertiefung der deutsch-französischen Zusammenarbeit genutzt werden. Gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen in der französischen Nationalversammlung werden wir uns aktiv an der Ausfüllung der den beiden Räten gestellten Aufgaben beteiligen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Der Auswärtige Ausschuß des Bundestages ebenso wie der Auswärtige Ausschuß der französischen Nationalversammlung haben zu diesem Zweck die Einrichtung von gemeinsamen deutsch-französischen Arbeitsgruppen beschlossen, die die Arbeit auf Regierungsebene parlamentarisch begleiten sollen. Diese qualitativ neue Form der parlamentarischen Zusammenarbeit kann und sollte als unser Beitrag zu einer Art transnationalen Parlamentarismus in Europa gesehen werden, und sie kann auch Vorbild werden für die Zusammenarbeit mit anderen Parlamenten in Europa.
    Es gab in Westeuropa immer wieder besorgte Stimmen, die fürchteten, daß sich eine Vertiefung der zweiseitigen deutsch-französichen Zusammenarbeit zu Lasten der Zusammenarbeit mit anderen westeuropäischen Staaten auswirken könnte. Diese Sorgen waren und sind unbegründet. Im Gegenteil, die deutsch-französische Zusammenarbeit hat sich als Motor des westeuropäischen Einigungsprozesses bewährt. Ohne die deutsch-französische Zusammenarbeit wäre es nie zu einem Europäischen Währungssystem gekommen.
    Die westeuropäischen Sozialdemokraten und Sozialisten haben sich in einer Sitzung am 20. November 1988 in Rom auf eine gemeinsame Plattform in der Sicherheits- und Abrüstungspolitik geeignet. Sie sind damit den westeuropäischen Regierungen wieder mal ein Stückchen voraus. Aber wir Sozialdemokraten drängen und hoffen, daß sich die Regierungen Westeuropas endlich zur Formulierung eines sicherheits- und abrüstungspolitischen Gesamtkonzepts als fähig erweisen; dies ist erforderlich. Aber wir meinen auch, daß man im Rahmen eines solchen Gesamtkonzepts nicht die Stationierung neuer Kurzstreckenraketen legitimieren, sondern sie überflüssig machen, d. h. darauf verzichten sollte.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir streben eine gemeinsame europäische Währung und eine gemeinsame Notenbank an. Mein Kollege Norbert Wieczorek wird dazu noch etwas sagen. Aber wer diese Ziele bejaht, der muß auch eine enge deutsch-französische Zusammenarbeit bejahen. Ohne sie geht es nicht, aber es geht auch nicht mit ihr allein. Deshalb muß die deutsch-französische Zusammenarbeit auch weiterhin politisch gegenüber den anderen westeuropäischen Staaten offenbleiben und sich immer wieder erneut öffnen.
    Willy Brandt und Helmut Schmidt nutzten die deutsch-französische Zusammenarbeit auch zur Abstimmung gemeinsamer entspannungs- und abrüstungspolitischer Initiativen. Die Chancen für den Erfolg einer neuen Phase der Entspannungs- und Abrüstungspolitik sind auf Grund des unter Generalsekretär Gorbatschow begonnenen Reformkurses besser geworden, und auch der Kollege Dregger bewertet heute die Reformpolitik Gorbatschows viel positiver als noch vor ein, zwei Jahren. Damals war es auch noch nicht so eindeutig.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Man muß sehr sorgfältig prüfen!)

    Insofern nehme ich das auch als Teil nicht nur eines Lernprozesses, sondern auch als Teil eines Prozesses, der die inneren Entwicklungen in der Sowjetunion, die positiv verlaufen, reflektiert.
    Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Chancen der Reformpolitik noch besser zu nutzen, durch deutsch-französische Zusammenarbeit und durch gemeinsame westeuropäische Initiativen. Ich mache darauf aufmerksam, daß de Gaulle seine Ostpolitik noch zu Zeiten begann, als Konrad Adenauer noch bremste. Auch künftig sollte sich die deutsch-französische Zusammenarbeit im Willen zur Zusammenarbeit und zur Partnerschaft mit den Staaten Ost- und Ostmitteleuropas bewähren.
    Übrigens mehren sich auch in der Sowjetunion die Stimmen, die erkennen, daß sich die deutsch-französische Zusammenarbeit zugunsten einer gesamteuropäischen Zusammenarbeit auswirken kann. So bewertet Radio Moskau — Kollege Ehmke hat darauf gestern in einer Rede vor der Bundestagsfraktion hingewiesen — den deutsch-französischen Gipfel Anfang November zusammenfassend mit dem Satz: „Die
    8142 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988
    Voigt (Frankfurt)

    deutsch-französische Zusammenarbeit wurde zu einem bedeutenden Faktor der europäischen Politik. Sie kann zum Ausbau des gesamteuropäischen Hauses beitragen. " Dieser Einschätzung stimmen wir ausdrücklich zu.
    Ich möchte hinzufügen: Wer dieses deutsch-französische Vertragswerk ablehnt, untergräbt objektiv auch seine Fähigkeit zu Verhandlungen mit den Staaten Osteuropas.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP — Bundesminister Genscher: Sehr wahr!)

    Die heutige deutsch-französische Freundschaft ist für uns auch Antrieb zur Vollendung der deutsch-polnischen Versöhnung. Wir wollen mit Frankreich zusammenarbeiten, nicht weil wir alte Feindbilder gegenüber Frankreich durch neue Feindbilder gegenüber unseren östlichen Nachbarn ersetzen wollen, sondern weil wir Feindbilder und Feindschaft in Ost und West durch eine europäische Friedensordnung überwinden wollen.

    (Dr. Feldmann [FDP]: Sehr gut!)

    Zu diesem Ziel bekennen sich auch ausdrücklich die heute zur Ratifizierung anstehenden Verträge. Dieses Ziel ist in dem gemeinsamen Bericht von Herrn Feldmann, Herrn Lamers und mir, der ja von allen Mitgliedern dieser drei Fraktionen angenommen und im Auswärtigen Ausschuß unterstützt worden ist, ausdrücklich festgehalten.

    (Dr. Feldmann [FDP]: Schon das war eine symbolische Handlung!)

    Wir Sozialdemokraten unterstützen dieses Ziel einer europäischen Friedensordnung. Wir streben eine Friedensordnung in Europa an, die die Konfrontation der Militärblöcke und auch der Gesellschaftssysteme abbaut und die Teilung Europas durch Zusammenarbeit und gleichzeitigen friedlichen Wettbewerb zwischen den Systemen überwindet. Wir streben eine schrittweise Entmilitarisierung des Ost-West-Gegensatzes an. Aber ich sage auch: Solange es eine europäische Friedensordnung noch nicht gibt, bedarf die Friedenspolitik der Bundesrepublik Deutschland des Rückhaltes einer auch militärisch abgestützten und in die Partnerschaft im westlichen Bündnis eingebundenen Sicherheitspolitik. Da kann die WEU ein Beitrag sein — nicht zur Aufrüstung, wie manche unterstellen, aber zur Bildung von Selbstbewußtsein und auch zur Verhandlungsfähigkeit Westeuropas gegenüber Osteuropa.
    Die NATO ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zum Zweck. Im Rahmen einer künftigen europäischen Friedensordnung können die Gefahren einer äußeren Bedrohung gebannt und das Ziel einer sicherheitspolitischen Stabilität in Europa gefördert werden, auch ohne daß sich Militärbündnisse gegeneinander organisieren; sie werden damit überflüssig. Das gilt dann auch für die NATO.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Deswegen müssen wir sie stärken, ja?!)

    Die Militärstrategien der NATO und Frankreichs sind heute keineswegs deckungsgleich. Frankreich hat die NATO-Strategie der „flexiblen Antwort" für sich nie akzeptiert.

    (Duve [SPD]: Sehr wahr!)

    Wir Sozialdemokraten sind uns bewußt, daß die geltende NATO-Strategie der „flexiblen Antwort" nur durch eine neue Übereinkunft im Bündnis abgelöst werden kann. Wir streben eine solche Änderung an, da die geltende Bündnisstrategie nach unserer Überzeugung nicht geeignet ist, das gemeinsame Ziel der Kriegsverhütung auf Dauer sicherzustellen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Die Bundesregierung hat in ihrer Denkschrift zu dem Protokoll auf Drängen der SPD festgestellt und klargestellt, daß von diesem keine vertragliche Festlegung auf eine bestimmte Strategie ausgeht.

    (Dr. Feldmann [FDP]: Das war doch klar!)

    Diese Rechtsauffasssung ist — ebenfalls auf Wunsch der SPD — der französischen Seite durch Verbalnote unter Einschluß der Denkschrift notifiziert worden.

    (Duve [SPD]: Sehr richtig!)

    In Gesprächen mit den Berichterstattern des Auswärtigen Ausschusses und des Verteidigungsausschusses der Assemblée Nationale — das sind Gespräche gewesen, bei denen übrigens die GRÜNEN durch Abwesenheit geglänzt haben; da sieht man, wie sehr sie diese Frage intern ernst nehmen, im Gegensatz zu ihren öffentlichen Darstellungen — —

    (Dr. Mechtersheimer [GRÜNE]: Das ist eine Unverschämtheit! Ich habe dir schon einmal erklärt, wie das war!)

    — Erklärt ja, aber anwesend war keiner.

    (Dr. Mechtersheimer [GRÜNE]: Es war ein Termin vereinbart, der nicht eingehalten worden ist! Das ist doch unmöglich hier, das ist eine Rücksichtslosigkeit, das ist eine Charakterlosigkeit, so etwas hier anzumerken, nachdem ich dir das erklärt habe! Also, das ist widerlich, nur billige Polemik!)

    Durch solche Gespräche mit den Berichterstattern in der Assemblée Nationale, an denen wir uns beteiligt haben, haben wir erreicht, daß das französische Parlament diese Rechtsauffassung teilt. Im Bericht des Auswärtigen Ausschusses der Assemblée Nationale zu dem Protokoll zum Elysée-Vertrag wird hierüber hinaus hervorgehoben, daß das Protokoll auch für die Gegenwart keine Festlegung auf eine gemeinsame militärische Strategie enthält.

    (Duve [SPD]: Sehr richtig!)

    Es wird dabei festgehalten, daß es vielmehr Aufgabe künftiger Konsultationen sei, sich um die Erarbeitung gemeinsamer oder ähnlicher strategischer Prinzipien zu bemühen — darauf hat der Kollege Dregger bereits hingewiesen — , die dann gleichermaßen, falls man sich einigt, für die Bundesrepublik Deutschland und Frankreich gelten könnten.

    (Dr. Mechtersheimer [GRÜNE]: Genosse Dregger!)

    Wie diese künftige Strategie aussehen wird, darüber
    entscheiden politische Mehrheiten in Bonn und Paris.
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 8143
    Voigt (Frankfurt)

    Der Inhalt einer derartigen Strategie wird völkerrechtlich durch die Protokolle zum Elysée-Vertrag in keiner Weise präjudiziert.
    Die GRÜNEN behaupten, daß die Vertiefung der deutsch-französischen Zusammenarbeit in der Sicherheitspolitik sowohl zur nuklearen als auch zur konventionellen Aufrüstung führen müsse.

    (Dr. Feldmann [FDP]: Falsch!)

    Diese Behauptung ist falsch. Sie wird auch durch den Wortlaut des Vertragswerkes nicht gerechtfertigt. Diese Behauptung widerspricht darüber hinaus den in der gemeinsamen Berichterstattung durch den Auswärtigen Ausschuß des Bundestages dargelegten Zielen, die gemeinsam durch SPD, FDP und CDU/CSU beschlossen wurden.

    (Dr. Mechtersheimer [GRÜNE]: Warum steht es dann drin im Protokoll?)

    Wir Sozialdemokraten haben in den letzten Wochen auch die gegenteilige Erfahrung gemacht. Als wir nämlich mit allen sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien eine gemeinsame sicherheits- und abrüstungspolitische Plattform in Rom beschlossen haben, also auch unter Beteiligung der französischen Sozialisten, haben wir uns auf das gemeinsame Ziel der Unterstützung des START-Abkommens mit einer 50%igen Reduzierung der nuklearstrategischen Waffen geeinigt. Wir haben uns gegen eine Umgehung oder Kompensation des Abkommens über eine doppelte Null-Lösung bei den Mittelstreckenwaffen durch eine sogenannte Modernisierung bei den nuklearen Kurzstreckenraketen unterhalb der Reichweite von 500 km festgelegt.

    (Frau Beer [GRÜNE]: Aber die seegestützten dürfen!)

    Wir haben uns festgelegt auf das Ziel einer konventionellen Stabilität, das erreicht wird durch Abrüstung und nicht durch Aufrüstung. Schließlich haben wir uns im Zusammenhang mit der konventionellen Stabilität darauf geeinigt, das Ziel anzustreben, alle nichtstrategischen Nuklearwaffen letztlich völlig abzubauen.

    (Duve [SPD]: Sehr gut!)

    Das sind klare und eindeutige abrüstungspolitische Ziele, die wir gemeinsam mit den Franzosen haben. Sie widerlegen diejenigen GRÜNEN, die behaupten, daß jede Form der deutsch-französischen Zusammenarbeit zu einer Militarisierung führen müsse. Dies ist nicht der Fall. Wer so etwas behauptet, schürt Mißtrauen und baut neue Feindbilder auf, wo es um Zusammenarbeit und Abbau von Feindbildern — auch von alten, überkommenen Feindbildern — geht.

    (Dr. Feldmann [FDP]: Genau so ist es!)

    Niemand kann leugnen, daß Auffassungsunterschiede verbleiben: Wir Sozialdemokraten sind nicht nur gegen amerikanische und sowjetische, sondern auch gegen französische Kurzstreckenraketen, gleichgültig ob sie den Namen Pluton oder Hades tragen. Ebenso sind wir gegen französische Neutronenwaffen wie gegen Neutronenwaffen anderer Staaten.

    (Beifall des Abg. Duve [SPD] — Dr. Feldmann [FDP]: Wir auch!)

    Wir beharren auf unserem Ziel, das System der wechselseitigen nuklearen Abschreckung durch Fortschritte in der Abrüstung, durch den Abbau von Feindbildern und potentieller Feindschaft schließlich im Rahmen einer europäischen und letztlich weltweiten Friedensordnung gänzlich zu überwinden. Das unterscheidet uns von vielen Franzosen, das unterscheidet uns auch von vielen Christdemokraten in diesem Hause.

    (Dr. Mechtersheimer [GRÜNE]: Nur nicht von allen!)

    Aber auch gerade angesichts dieser Unterschiede bleiben vertiefte Diskussionen über sicherheits- und abrüstungspolitische Fragen zwischen Deutschen und Franzosen — also auch auf Regierungsebene — sinnvoll, nützlich und erforderlich.
    Wer — wie die GRÜNEN — diese Zusammenarbeit als Schritt zur europäischen Atomstreitmacht unter Beteiligung der Deutschen diffamiert — Kollege Dregger hat bereits darauf hingewiesen, daß das gar nicht angestrebt wird und auch nicht möglich ist —, der betreibt eine bewußte Irreführung der deutschen und europäischen Öffentlichkeit. Wir Sozialdemokraten sind gegen eine europäische Atomstreitmacht. Aber wichtiger ist noch: Die Protokolle zum ElyséeVertrag enthalten keinen einzigen Hinweis auf eine europäische Atomstreitmacht. Sie führen weder direkt noch indirekt auf dieses Ziel hin. Alles andere sind Unterstellungen und widerspricht den Tatsachen.
    Die heute zur Ratifizierung anstehenden deutschfranzösischen Verträge sind eine Chance für Europa, und zwar nicht nur für Europa im Westen, sondern auch für die Zusammenarbeit in Europa über die Grenzen nach Osten hinaus und damit für Gesamteuropa, nicht weniger, aber auch nicht mehr.
    Wir Sozialdemokraten wollen diese Chance nutzen. Deshalb stimmen wir mit Ja.

    (Beifall bei der SPD)