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ID1110820200

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    Plenarprotokoll 11/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Grunenberg 7415A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989 (Haushaltsgesetz 1989) (Drucksachen 11/2700, 11/2966, 11/3119) Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksachen 11/3204, 11/3231 — Dr. Vogel SPD 7415B, 7453 C Dr. Dregger CDU/CSU 7426 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 7432 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 7438 C Dr. Kohl, Bundeskanzler . . . . 7443A, 7454B Jungmann SPD 7454 C Dr. Geißler CDU/CSU 7457 A Frau Wieczorek-Zeul SPD 7461 C Austermann CDU/CSU 7465 B Wüppesahl fraktionslos 7467 A Namentliche Abstimmung 7469 D Ergebnis 7471D Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes — Drucksachen 11/3205, 11/3231 — Waltemathe SPD 7470 A Dr. Rose CDU/CSU 7473 C Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 7475 D Hoppe FDP 7477 D Wischnewski SPD 7479 C Dr. Stercken CDU/CSU 7481 C Verheugen SPD 7484 B Genscher, Bundesminister AA 7486 A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 11/3207, 11/3231 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 11/3217, 11/3231 — Dr. de With SPD 7490 D von Schmude CDU/CSU 7493 B Häfner GRÜNE 7494 D Kleinert (Hannover) FDP 7496 C Diller SPD 7498 A Engelhard, Bundesminister BMJ 7499 B Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 11/3219, 11/3231 — Esters SPD 7501 B Borchert CDU/CSU 7503 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 Frau Eid GRÜNE 7506 A Frau Folz-Steinacker FDP 7507 B Klein, Bundesminister BMZ 7508 D Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 11/3221, 11/3231 — Büchler (Hof) SPD 7511B Dr. Neuling CDU/CSU 7513 D Dr. Knabe GRÜNE 7516A Hoppe FDP 7517 B Hiller (Lübeck) SPD 7518 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . . 7519D Namentliche Abstimmung 7539 D Ergebnis 7540 A Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit — Drucksachen 11/3216, 11/3231 — Waltemathe SPD 7523 A Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 7525 C Frau Garbe GRÜNE 7529 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 7531A Schäfer (Offenburg) SPD 7532 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 7535C Namentliche Abstimmungen . . 7539B, 7539C Ergebnisse 7540B, C, D Nächste Sitzung 7540 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 7541* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 7415 108. Sitzung Bonn, den 22. November 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Endgültiges Ergebnis und Namensliste 109. Sitzung, Anlage 2 **) Endgültiges Ergebnis und Namensliste 109. Sitzung, Anlage 3 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bahr 22. 11. Dr. Bangemann 25. 11. von Bülow 23. 11. Dr. Dollinger 25. 11. Duve 24. 11. Dr. Ehrenberg 22. 11. Dr. Emmerlich 22. 11. Frau Fischer 24. 11. Francke (Hamburg) 24. 11. Dr. Haack 24. 11. Dr. Hauff 25. 11. Dr. Hornhues 22. 11. Graf Huyn 24. 11. Dr. Jenninger 25. 11. Frau Kelly 25. 11. Dr. Klejdzinski 24. 11. Dr. Köhler 24. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lenzer 24. 11. Lutz 22. 11. Meyer 25. 11. Dr. Müller 25. 11. Frau Pack 25. 11. Pfuhl 24. 11. Dr. Pick 22. 11. Rappe 22. 11. Regenspurger 24. 11. Rühe 22. 11. Dr. Scheer 24. 11. Schmidt (München) 25. 11. Schröer (Mülheim) 22. 11. Spranger 24. 11. Todenhöfer 22. 11. Vosen 23. 11. Dr. von Wartenberg 24. 11. Weirich 22. 11. Weiß (München) 22. 11. Würtz 24. 11. Dr. Zimmermann 23. 11.
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    Rede von Hans Peter Schmitz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Das bestätige ich. Nur, wir haben hier andere Prioritäten gesetzt.
    Mit 46 neuen Stellen wird der Bundesumweltminister in die Lage versetzt, vor allem die drängenden Aufgaben beim Gewässerschutz, beim Sonderabfall, bei der Entsorgung nuklearer Abfälle wirksamer anzugehen. Die dramatische Entwicklung bei Nord- und Ostsee, der Notstand bei der Sondermüllentsorgung und die Vorgänge um die Hanauer Firmen Transnuklear und Nukem haben unmittelbar im Haushalt ihren Niederschlag gefunden. Wir haben hier auch gehandelt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deut-



    Schmitz (Baesweiler)

    lich verbessert wurde dadurch auch die Infrastruktur des Ministeriums. Dies ist deswegen erforderlich, weil die Mitarbeiter dieses Hauses bis an die Grenze des für sie Zumutbaren belastet sind.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Das ist richtig!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Opposition hat ihre Kritik — und deswegen, Herr Kollege Waltemathe, wiederhole ich das noch einmal — immer wieder auf die Höhe des Umweltetats konzentriert. Auf den ersten Blick mag der Umweltetat mit seinen 441 Millionen DM recht klein erscheinen. Aber es ist falsch, wie dies SPD und GRÜNE tun, vernünftige Umweltpolitik ausschließlich an der Höhe des Umweltetats zu messen. Die Qualität einer Umweltpolitik ist in erster Linie daran zu ersehen, ob man in der Lage ist, das Verursacherprinzip durchzusetzen. Es kann zwar sein, daß es hier einen Streit in der Sache gibt, daß dies von Ihrer Seite aus ganz anders gesehen wird. Wer aber das Verursacherprinzip ernst nimmt und dafür eintritt, muß dafür Sorge tragen, daß sich die Kosten der Umweltbelastung im Budget und in den Bilanzen der Verursacher niederschlagen und nicht beim Bundesumweltminister. Sie wollen das Gegenteil. Die Aufwendungen für den Umweltschutz dürfen nicht dem Staat zur Last fallen, sondern müssen vor allen Dingen von der Wirtschaft getragen werden. Das heißt, diejenigen, die daran verdienen, müssen sich an der Beseitigung von verursachten Schäden beteiligen. Nur über die Kosten, die sich in den Preisen niederschlagen, führt der Weg vom Verursacherprinzip zum Vermeidungsprinzip. Das haben Sie offenbar noch nicht begriffen.

    (Oh-Rufe bei der SPD und den GRÜNEN — Frau Blunck [SPD]: PET-Flaschen, kann man da nur sagen!)

    Wer dagegen — wie die SPD und die GRÜNEN — eine Finanzierung über die öffentlichen Haushalte fordert, der hat bereits bei der Durchsetzung dieses Prinzips kapituliert, schlicht und einfach kapituliert, und hat sich auf das Gemeinlastprinzip zurückgezogen.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Wir müssen Ihre Sünden aufarbeiten!)

    Sie wissen genau, daß das Gemeinlastprinzip dazu führt, daß der kleine Mann auf der Straße belastet wird.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Die kleine Frau auch!)

    Das wollen Sie doch offenbar.
    Konkret heißt das folgendes: Verursacherorientierte Umweltpolitik ist erfolgreich, wenn Industrie und Gewerbe — wie bereits geschehen — rund 50 Milliarden DM in die Luftreinhaltung investieren, ohne da nur eine einzige Mark aus Bundesmitteln des Bundesumweltministers dafür aufgebracht zu werden brauchte. Allein dieses Beispiel zeigt, daß verursacherorientierte Umweltpolitik allen Versuchen weit überlegen ist, dies notdürftig mit zusammengestrickten Beschäftigungsprogrammen zu gestalten.
    Ein Sonderprogramm „Arbeit und Umwelt", wie es die SPD fordert, ist ein alter Hut. Jeden Tag die alte Platte bringt uns nicht weiter.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Aber, Herr Schmitz!)

    Immer wieder wird versucht, dies hervorzuziehen. Es ist volkswirtschaftlich unsinnig und schafft, auf Dauer gesehen, keinen einzigen neuen Arbeitsplatz. Es würde das Verursacherprinzip auf den Kopf stellen und im Wege von Subventionen diejenigen belohnen, die die Umwelt am meisten belasten, ohne daß auf Dauer — ich wiederhole das — ein einziger Arbeitsplatz zusätzlich geschaffen würde. Deswegen, meine Damen und Herren, lehnen wir Ihre Art des Umweltschutzes in dieser Form ab.
    Lieber Herr Schäfer, ich bin ja gerne bereit, Ihnen einmal einige Beschlüsse vorzulesen, die Sie in Münster gefaßt haben. Dann würden Ihnen die Augen übergehen und dem Verbraucher erst recht.
    Meine Damen und Herren, würde sich die SPD mit ihren wirtschaftspolitischen Vorstellungen vom Münsteraner Parteitag durchsetzen, so wäre zu befürchten, daß die Umweltpolitik durch Verteilungskonflikte gelähmt würde, die wirtschaftspolitisch falsche Weichenstellung würde erheblichen Schaden anrichten. Deswegen sind wir nicht dafür, daß wir dies machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, die konsequente Anwendung des Verursacherprinzips muß sich auch für den Schutz von Nord- und Ostsee bewähren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Haushaltsausschuß hat sich mit dem Schutz von Nord- und Ostsee eingehend befaßt.

    (Dr. Knabe [GRÜNE]: Stickstoffsteuer!)

    Lieber Herr Kollege Waltemathe, jetzt will ich Ihnen etwas sagen: Hätten wir von seiten der Koalition und auch von seiten der Bundesregierung nicht darauf gedrängt, daß wir einen vernünftigen Bericht über die Frage der Sanierung von grenzüberschreitenden Gewässern bekommen,

    (Waltemathe [SPD]: Wer hat gedrängt?)

    dann hätten Sie heute einen Teil ihrer Rede gar nicht halten können.

    (Waltemathe [SPD]: Sie haben gedrängt!)

    Ich bin ja froh, daß Sie diesen Bericht gelesen haben, daß Sie zumindest etwas Aufklärung darüber bekommen haben, was wir in den nächsten Jahren noch vor uns haben. Ich hoffe, Sie begleiten uns dabei anständig.
    Ich füge gleich folgendes hinzu: So zu tun, als sei dies ausschließlich Sache des Bundes,

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Ausschließlich? — Gegenruf des Abg. Bohl [CDU/CSU]: So hörte sich das an!)

    und die Länder und Gemeinden sollen draußen vorbleiben, davor kann ich nur warnen. Auf der einen Seite fordern die Länder Kompetenzen im Natur- und Gewässerschutz, und auf der anderen Seite wollen sie



    Schmitz (Baesweiler)

    sich auf Kosten des Bundes sanieren, insbesondere Nordrhein-Westfalen, das Saarland und dann schließlich auch noch das Land, das Sie im Norden zwischenzeitlich — leider Gottes, muß ich dazu sagen — regieren.

    (Frau Blunck [SPD]: Wir sind ganz froh!)

    Die Diskussion dieses Berichtes hat erneut gezeigt, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß wir die zusätzlichen Forderungen, die hier aufgestellt worden sind, so nicht akzeptieren. Der Schutz von Nord- und Ostsee und der Schutz unserer Flüsse sind Aufgaben, die uns vor große Herausforderungen stellen. Wir sind der Meinung, daß dieses neue Programm, das aufgelegt worden ist, als Strukturhilfeprogramm im wesentlichen mit dazu beitragen muß, auch die Reinigungsstufen bei Städten und Gemeinden so zu gestalten, daß sie keinen Eintrag in die Flüsse vornehmen. Deswegen bin ich der Meinung, dies ist eine Bewährungsprobe für die Länder, ob sie im Stande sind, dies zu machen.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Wer nimmt denn den Ländern das Geld weg?)

    — Das war ja wohl kein ernstzunehmender Einwurf. Angesichts der Tatsache, daß auch das Land Nordrhein-Westfalen einen steuerlichen Zuwachs von über 2 Milliarden DM in diesem Jahr erhält, ist die Behauptung, daß wir den Ländern das Geld wegnehmen, absurd. Herr Schäfer, das, was Sie behaupten, ist schlicht und einfach absurd.
    Deswegen erwarten wir von den Ländern, daß sie das Strukturhilfeprogramm so gestalten, daß hier wesentliche Umweltschutzmaßnahmen mitfinanziert werden müssen und auch finanziert werden können und es nicht dazu dient, Haushaltsdefizite zu kaschieren oder auszugleichen.
    Meine Damen und Herren, wir haben noch ein weiteres getan. Der 10-Punkte-Katalog und die im Strukturhilfegesetz veranschlagten Millionen und die 10 Millionen DM, die wir im Haushaltsausschuß zusätzlich für ein Gewässerrandschutzprogramm zur Verfügung gestellt haben, eröffnen in der Kombination mit dem Extensivierungsprogramm des Landwirtschaftsministers mit absoluter Sicherheit die Chance

    (Zuruf der Abg. Frau Flinner [GRÜNE])

    — es ist ja Ihr Bier, nicht meines — , einen Schritt in Richtung Gewässersanierung zu tun. Hätten Sie früher etwas getan, hätten wir heute die Probleme nicht.

    (Frau Flinner [GRÜNE]: Wir? Ihr macht die Agrarpolitik!)

    Auch beim Schutz der Nord- und Ostsee ist es erforderlich, daß wir die internationalen Beziehungen, die diese Problematik berühren, auch einmal darauf abklopfen, ob die anderen Länder bereit sind, etwas zu tun.

    (Frau Blunck [SPD]: Immer nach dem Motto: Hannemann, geh du voran!)

    Es kann nicht sein, daß z. B. gesagt wird: Wir sind in der Tschechoslowakei Oberliger, oder: Wir sind in der DDR Oberliger, und infolgedessen haben wir mit dem Problem nichts zu tun. Wir begrüßen es daher, daß die
    Bundesregierung unter Helmut Kohl und Bundesumweltminister Töpfer in der internationalen Zusammenarbeit große Erfolge vorzuweisen haben. Die Reise der Delegation nach Moskau, bei der das Umweltschutzabkommen mit der Sowjetunion unterzeichnet wurde, hat deutlich gemacht, daß wir angesichts der grenzüberschreitenden Gefährdung unserer Umwelt und den in der Tat hohen Umweltbelastungen in Osteuropa einen ganz wichtigen Schritt getan haben. Daraus ist ein positives Signal sicherlich auch für die übrigen Ostblockstaaten zu ersehen. Deswegen begrüßen wir es auch, daß sich in der Zusammenarbeit mit der DDR eine Möglichkeit ergibt, in ersten Haushaltsansätzen für Einzelfälle Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen, wenn es um Pilotprojekte betreffend umweltbelastende Produktion innerhalb der DDR geht.

    (Lennartz [SPD]: Die sechs Punkte!)

    Wir sind im Hauhaltsausschuß der Meinung gewesen, beim Investitionstitel des Bundesumweltministers zur Verminderung der Umweltbelastungen einen Haushaltsvermerk einzufügen, der dies ermöglicht.

    (Schmidbauer [CDU/CSU]: Sehr vernünftig!)

    Auch dies ist, meine ich, ein erster neuer Schritt in die richtige Richtung. Ich finde, daß Sie auch das einmal würdigen sollten.

    (Beifall bei der FDP — Dr. Knabe [GRÜNE]: Im letzten Jahr bei den GRÜNEN abgelehnt!)

    Lassen Sie mich das einmal in aller Deutlichkeit sagen.

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Das haben Sie von uns übernommen!)

    — Sie haben Anträge gestellt, Frau Vennegerts, die sich schlicht und einfach von einer Milliarde zur anderen hin bewegt haben, ohne daß Sie eine konkrete Begründung dazu geliefert haben.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Ja und? Ist Ihnen das die Umwelt nicht wert? — Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

    — Wir wollen das nicht weiter fortsetzen; es war ohne eine konkrete Begründung.
    Deswegen sind wir der Meinung, daß wir hier gerade auch im Verhältnis zur DDR auf dem richtigen Weg sind. Hier sind Chancen; ich gestehe zu: Es gibt auch Risiken. Das muß vernünftig miteinander abgesprochen werden. Deswegen, meine Damen und Herren, verfahren wir nicht ausschließlich nach dem Motto „Leistung und Gegenleistung", sondern wir bieten hier etwas an. Nur eines ist auch sicher: Wir erwarten eine kooperative Zusammenarbeit auch von den Ländern, die Anrainerstaaten der Ost- und Nordsee sind.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Hannemann, geh du voran!)

    Deswegen ist dies richtig. Ich halte es für richtig, daß
    wir, wenn es uns nützt, die Belastungen von seiten der
    DDR und anderer Staaten durch einen entsprechen-



    Schmitz (Baesweiler)

    den Einsatz bundesdeutscher Haushaltsmittel mit entschärfen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend folgendes sagen. All das Gerede von seiten der Opposition

    (Waltemathe [SPD]: Ist berechtigt!)

    entbehrt wirklich jeder Grundlage, weil sie der Bundesregierung und diesem Bundesumweltminister kein geschlossenes Konzept gegenüberstellen kann.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Das ist ja Schwachsinn! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Das haben Sie ja eben mitbekommen.
    Deswegen kann ich Ihnen nur ankündigen, bevor Sie weiter diesen Bundesminister und bevor Sie weiter diese Bundesregierung, Herr Lennartz, wüst beschimpfen — das kann ich bei Ihnen nur sagen — : Sie werden von uns daraufhin geprüft werden, ob Sie konkrete Alternativen vorlegen können.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Bundesumweltminister hat auch in schwierigen Jahren der EG-Präsidentschaft gute Arbeit geleistet. Dafür bedanken wir uns. Er hat unsere volle Unterstützung.

    (Frau Blunck [SPD]: Ja, baden gegangen ist der Töpfer!)

    Der Umweltschutz wird in den kommenden Jahren bei der Verteilung sowohl von personellen als auch von finanziellen Ressourcen weiterhin Vorrang haben. Die Schwerpunkte im Haushalt 1989 sind richtig gesetzt. Deswegen stimmen wir von seiten der CDU/ CSU-Fraktion diesem Haushalt, diesem Bundesminister und dieser Bundesregierung ausdrücklich zu, ob Sie es wollen oder nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Garbe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Charlotte Garbe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Tagen und Monaten, wo sich die 40. und 50. Jahrestage häufen und Irrationalität, Blindheit und Skrupellosigkeit sowie Brutalität einer anderen Zeit in Erinnerung rufen, die wir Deutschen gestaltet und ertragen haben, lohnt es sich, an die Beschlüsse einen anderen Gradmesser anzulegen als den der jährlichen Bilanz.
    Ich möchte die Frage aufwerfen, Herr Schmitz (Baesweiler) und meine sehr verehrten Damen und Herren von den Koalitionsparteien, wie Sie Ihren Haushalt nunmehr verabschieden wollen und ob er eine rationale Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit ist. Ich möchte die Frage aufwerfen, ob Ihre Haushaltsbeschlüsse jene mitfühlende Wärme produzieren werden, die diese Welt wieder zum Haus für viele Mitgeschöpfe werden lassen kann.
    Ich darf hier die Gedanken eines Tierschützers von der Insel Wangerooge zitieren:
    Es klopft abends an der Tür. Ich denke, was ist es
    wohl diesmal: ein verölter Seevogel, den ich totspritzen muß, ein todkranker Seehund, der die
    Nacht im Keller nicht übersteht, oder vielleicht ein gestrandeter Tümmler, der frisch tot angetrieben wurde? Seit acht Jahren lebe ich hier, pflege und töte Tiere. Anfangs kamen noch die Tränen, wenn ich einem verölten Vogel mit dem Stein den Schädel zertrümmerte, um ihn so schnell wie möglich von seinen fürchterlichen Qualen zu erlösen. Was geblieben ist? Eine unsägliche Trauer, eine ohnmächtige Wut, die im letzten Winter 60mal hochkam. Doch es kommt noch besser. Verreckende Seehunde am Strand ... Immer diese Hilflosigkeit. Es wird nicht besser, nur schlimmer. Kaum jemand hilft einem — die Schreibtische sind weit weg ... Wenn ich wüßte, wer das alles zu verantworten hat, ich würd's ihm ins Gesicht schreien, doch der Aufschrei würde nur in endlosen Bürogängen verhallen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Koalitionsparteien, mit diesem Haushalt hier machen Sie sich zu Schreibtischtätern.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Ach du meine Güte! Jetzt fangen Sie schon wieder mit Ihren Nazivergleichen an! Hören Sie doch endlich auf mit dem Gerede! Treten Sie zurück!)

    Oder haben die 85 000 Unterschriften von den Sammelpetitionen zur Verbesserung der Lage von Nord-und Ostsee Wirkung gezeigt? Nein! Dieser Haushalt bleibt irrational und kalt, wo es um Mitgefühl für die geschundene Mit- und Umwelt ginge.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Haben Sie einmal reingeguckt?)

    Dieser Haushalt bleibt da brutal, wo es um die Fragen geht: Werden wir unseren Kindern eine lebensfähige und lebenswerte Umwelt erhalten?
    „Wenn der Planet zürnt: Wüste, Flut und Stürme" — Sie haben es sicherlich alle im November im „Bild der Wissenschaft" gelesen. Die Eingriffe, die wir durch den enormen Energieverbrauch und durch den enormen Chemikalieneinsatz global bewirken, sind so gewaltig, daß die natürlichen Gewalten zurückschlagen. Nicht nur Ozonloch und Wärme, sondern Sintfluten, Dürren und Verwüstungen sind durch die bisherige Politik vorprogrammiert.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Das ist irrational. An dieser Irrationalität soll mit den von Ihnen beschlossenen Haushaltsvorgaben offensichtlich nicht gerüttelt werden.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN und der SPD)

    Was ist mit den 100 000 ungeprüften Altchemikalien? Wird denn jetzt aus weiser Vorsorge heraus gehandelt? Werden die Altstoffe überprüft? 20 Chemikalien pro Jahr können abschließend bearbeitet werden. Für mehr reichen die Kapazitäten nicht. Aber ein Aktionsprogramm, um auf Nummer Sicher zu gehen, nämlich die vermutlich umwelt- und gesundheitsschädlichen Chemikalien aus dem Verkehr zu ziehen, die Prüfung nunmehr mit allen Mitteln zu beschleunigen — das sucht frau vergebens.



    Frau Garbe
    Derweilen dürfen wir Jahr für Jahr die Meldung entgegennehmen, daß die Belastungen unserer Organe oder der Muttermilch mit den giftigsten Verbindungen im Steigen begriffen sind. Den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen genügt die Muttermilch schon lange nicht mehr.
    Ist das rational, was Sie uns jetzt im Haushalt vorlegen? Die Zunahme der Mittel im Verteidigungshaushalt beträgt das Dreifache dessen, was den gesamten Umwelthaushalt ausmacht. An dieser Relation hat sich durch die Haushaltsplanberatung absolut nichts geändert. Die Umwelt bleibt ein Winzling, das Militär der Riese.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Sie haben noch nicht das begriffen, was nun auch im Osten dämmert, die Erkenntnis nämlich, daß wir selber unser größter Feind sind.
    Wie verhält sich nun der Umwelt-, Naturschutz- und Reaktorsicherheitsminister in dieser Situation?

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Traurig, traurig!)

    Ob in schonungsloser Feuerwehrpositur oder in schönfärberischer Bestandsaufnahme, der Umweltminister sagt, wo es langgeht. Er redet nicht nur, er macht auch Worte: Erstens. Wir sind besser als die anderen. Zweitens. Wir versuchen das Möglichste. Drittens. Uns sind die Hände gebunden.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Viertens. Wir ergreifen alle notwendigen Maßnahmen. Fünftens. Handeln müssen jetzt die anderen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Damit ist bereits eine Menge bewegt worden. Die Leute im Lande zumindest sind bewegt worden, Sie, Herr Minister Töpfer, jetzt als tatenlosen Glaubensminister zu durchschauen.
    Mindestens 15 Milliarden DM sollten einmal zur Rettung der Nordsee mobilisiert werden. Als wir aber ein Bund-Länder-Programm forderten, um die Nährstoff- und Schadstoffeinträge in Flüsse und Meere drastisch zu reduzieren — Kosten für den Bund 1,4 Milliarden DM jährlich —, war dafür kein Geld da.

    (Richtig! bei der SPD)

    Diese Summe, die Sie nicht zu bewilligen bereit waren, erhält ihre Bedeutung durch die Beträge, die lokker vom Hocker fließen, wenn es um andere Dinge geht. Ich möchte wie Herr Kollege Waltemathe nur andeuten: Jäger 90. Oder denken Sie an die Airbus-Milliarden, die Ihnen die Schaffung des sternigen Limousinen-Rüstungsimperiums wert waren. Da sitzen die Milliarden locker. Wenn es aber um die Umwelt geht, werden Sie knauserig.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Angesichts roter Listen, Ozonloch, Waldsterben, Robbensterben, Klärschlammverseuchung, Grundwasserverseuchung mit Nitraten und Pestiziden und Sorgen über Sorgen mit der ungeklärten Entsorgung aller Arten von Müll — sei es Atom- oder Chemiemüll — vermag ich nicht zu erkennen, daß Sie hier einen Weg rationalen Handelns und rationaler Ressourcenallokation eingeschlagen hätten.
    Statt die Energieverschwendung einzudämmen, feiern Sie jetzt die Investitionssumme von 20 Milliarden DM, die durch die Großfeuerungsanlagen-Verordnung mobilisiert worden sind. Aber das Anwachsen der Stoffströme, der schadstoffbelasteten Gipsberge sowie der steigende Kalkeinsatz kann doch wohl nicht als umweltfreundliche Wohltat gefeiert werden, so überfällig die Reduzierung der Schwefeldioxidemissionen auch war.
    Wir sind aufgeschlossen gegenüber der Umwelttechnologie; das habe ich immer wieder betont. Aber das, was Sie feiern als Wachstumsbranche, als grünen Unternehmenszweig — wie er inzwischen ja schon tituliert wird —, ist unserer Meinung nach nur rational im Rahmen eines Umbaukonzepts zu einer umweltgerechteren Kreislaufwirtschaft. Dieser Haushalt signalisiert aber keinen Umbau. Er signalisiert vielmehr Zubau, und zwar ökologisch schädlichen Zubau.
    Wir haben einen umfangreichen Haushaltsantrag für ein Bund-Länder-Programm zum Schutz des Grundwassers und zur Sicherung der Trinkwasserversorgung eingebracht. Es ist bekannt, daß zig Milliarden in den nächsten Jahren investiert werden müssen, um die Kanalisationssysteme zu modernisieren. Es ist bekannt, daß zig Milliarden in die Sanierung unserer Grundwasservorkommen investiert werden müssen. Es ist bekannt, daß 70 000 Altlasten auf ihre Sanierung warten. Von der Bundesregierung sind hier nur Pfennigbeträge zu erwarten.
    Wir sind mit unseren Haushaltsvorstößen gescheitert, denn die Bundesregierung geht den umgekehrten Weg. Statt eines Bund-Länder-Programms nimmt sie die Kommunen finanziell aus, so daß in puncto Umwelt auf allen Ebenen die umfassenden Maßnahmen ausbleiben müssen. Diese Art von Rationalität ist eine, die eben nicht auf Nachhaltigkeit setzt, sondern auf kurzfristige Vorteile zielt. Sie ist von Unverantwortlichkeit gegenüber Umwelt, Mitwelt und Nachwelt geprägt, wie es Hartmut Bosse charakterisieren würde.
    Wen wundert es da, daß unsere Anträge, die Umweltverträglichkeitsprüfungen durch Sammlung von Know-how zu unterfüttern, bei Ihnen auf Eis liegen? Wen wundert es, daß keine weiteren Mittel bereitgestellt werden, um wichtige Relikte von Natur zu sichern? Sie schmieren lieber die Atomindustrie weiter durch ein strahlendes Bundesamt.
    Sie haben es nicht fertiggebracht, meine Herren und Damen, sich haushaltsmäßig für einen Umbau stark zu machen, der ökologisch und sozial motiviert wäre. Und schon gar nicht sind Sie auf unsere Konzeptionen eingegangen, die nicht nur Umbau postulieren, sondern eine Revitalisierung auf ihre Fahnen geschrieben haben. Eine Renaturalisierung der Natur, eine Revitalisierung der Umwelt — für solche Argumentation, für eine Umweltpolitik mit Zukunft, die auf Erhalt und Wiedergewinn unserer Lebensgrundlagen setzt, haben wir bei Ihnen kein offenes Ohr gefunden.

    (Dr. Knabe [GRÜNE]: Leider, leider!)

    Meine sehr verehrten Herren und Damen der Koalitionsparteien, wir können diesen Haushalt der wach-



    Frau Garbe
    senden Sorgen und der Entsorgungslüge deshalb nur ablehnen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)