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ID1110806300

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    Plenarprotokoll 11/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Grunenberg 7415A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989 (Haushaltsgesetz 1989) (Drucksachen 11/2700, 11/2966, 11/3119) Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksachen 11/3204, 11/3231 — Dr. Vogel SPD 7415B, 7453 C Dr. Dregger CDU/CSU 7426 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 7432 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 7438 C Dr. Kohl, Bundeskanzler . . . . 7443A, 7454B Jungmann SPD 7454 C Dr. Geißler CDU/CSU 7457 A Frau Wieczorek-Zeul SPD 7461 C Austermann CDU/CSU 7465 B Wüppesahl fraktionslos 7467 A Namentliche Abstimmung 7469 D Ergebnis 7471D Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes — Drucksachen 11/3205, 11/3231 — Waltemathe SPD 7470 A Dr. Rose CDU/CSU 7473 C Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 7475 D Hoppe FDP 7477 D Wischnewski SPD 7479 C Dr. Stercken CDU/CSU 7481 C Verheugen SPD 7484 B Genscher, Bundesminister AA 7486 A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 11/3207, 11/3231 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 11/3217, 11/3231 — Dr. de With SPD 7490 D von Schmude CDU/CSU 7493 B Häfner GRÜNE 7494 D Kleinert (Hannover) FDP 7496 C Diller SPD 7498 A Engelhard, Bundesminister BMJ 7499 B Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 11/3219, 11/3231 — Esters SPD 7501 B Borchert CDU/CSU 7503 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 Frau Eid GRÜNE 7506 A Frau Folz-Steinacker FDP 7507 B Klein, Bundesminister BMZ 7508 D Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 11/3221, 11/3231 — Büchler (Hof) SPD 7511B Dr. Neuling CDU/CSU 7513 D Dr. Knabe GRÜNE 7516A Hoppe FDP 7517 B Hiller (Lübeck) SPD 7518 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . . 7519D Namentliche Abstimmung 7539 D Ergebnis 7540 A Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit — Drucksachen 11/3216, 11/3231 — Waltemathe SPD 7523 A Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 7525 C Frau Garbe GRÜNE 7529 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 7531A Schäfer (Offenburg) SPD 7532 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 7535C Namentliche Abstimmungen . . 7539B, 7539C Ergebnisse 7540B, C, D Nächste Sitzung 7540 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 7541* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 7415 108. Sitzung Bonn, den 22. November 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Endgültiges Ergebnis und Namensliste 109. Sitzung, Anlage 2 **) Endgültiges Ergebnis und Namensliste 109. Sitzung, Anlage 3 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bahr 22. 11. Dr. Bangemann 25. 11. von Bülow 23. 11. Dr. Dollinger 25. 11. Duve 24. 11. Dr. Ehrenberg 22. 11. Dr. Emmerlich 22. 11. Frau Fischer 24. 11. Francke (Hamburg) 24. 11. Dr. Haack 24. 11. Dr. Hauff 25. 11. Dr. Hornhues 22. 11. Graf Huyn 24. 11. Dr. Jenninger 25. 11. Frau Kelly 25. 11. Dr. Klejdzinski 24. 11. Dr. Köhler 24. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lenzer 24. 11. Lutz 22. 11. Meyer 25. 11. Dr. Müller 25. 11. Frau Pack 25. 11. Pfuhl 24. 11. Dr. Pick 22. 11. Rappe 22. 11. Regenspurger 24. 11. Rühe 22. 11. Dr. Scheer 24. 11. Schmidt (München) 25. 11. Schröer (Mülheim) 22. 11. Spranger 24. 11. Todenhöfer 22. 11. Vosen 23. 11. Dr. von Wartenberg 24. 11. Weirich 22. 11. Weiß (München) 22. 11. Würtz 24. 11. Dr. Zimmermann 23. 11.
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    Rede von Dietrich Austermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst, Frau Kollegin Wieczorek-Zeul, nachträglich herzlichen Glückwunsch zu Ihrem gestrigen Geburtstag!

    (Beifall)

    Dies wird allerdings das einzig Nette sein, was ich Ihnen sagen kann.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Sie haben ja die Gelegenheit genutzt, die Aussprache zum Kanzleretat vor allen Dingen dem Thema „EG-Politik" zu widmen,

    (Frau Wieczorek-Zeul [SPD]: Na klar!)

    wohl nicht wissend, obwohl Sie einige Zeit dem Europäischen Parlament angehört haben, welch positive Bilanz für diesen Bereich — Sie haben sich ja Sorgen im Hinblick auf das Jahr 1992 gemacht — diese Regierung vorzuzeigen hat. Ich möchte, ohne viele Worte zu machen, zu dem, was auf europäischer Ebene 1988 im Februar beim Brüsseler Gipfel erreicht worden ist, nur kurz sinngemäß Herrn Delors, den Präsidenten der EG-Kommission, zitieren, der nach dem letzten EG- Gipfel, nach der EG-Präsidentschaft unseres Bundeskanzlers, gesagt hat: Dieser Bundeskanzler hat als Präsident der EG in einem halben Jahr mehr geleistet als andere vor ihm in zehn Jahren. Ich glaube, das kann man nur unterstreichen, um zu zeigen, daß wir auch in diesem Bereich der europäischen Wirtschaftspolitik ein wesentliches Stück vorangekommen sind. Wir sollten die Zeit, die bis zum Jahre 1992 vor uns liegt, mit Zuversicht betrachten.
    Die Reise- und die Steuergrenzen sind durchlässiger geworden. Die Teuerungsrate in der EG ist gesunken. Die Europäische Gemeinschaft hat für Regional-, Sozial- und Forschungspolitik 1982 11,5 Milliarden DM ausgegeben und die Ausgaben 1987 auf 15,7 Milliarden DM gesteigert. Ich sage das auch deshalb, weil hier der Eindruck erweckt worden ist, der gemeinsame Markt könnte damit verbunden sein, daß es den Arbeitnehmern, den Arbeitern, der Bevölkerung im gemeinsamen Markt schlechter geht. Dies ist eindeutig nicht zutreffend.
    Lassen Sie mich zur Debatte über den Kanzleretat zurückkommen, der ja in erster Linie eine Diskussion über die Situation der politischen Führung — meistens der Regierung, seltener der Opposition — auslöst. Wir müssen dabei meines Erachtens auf die eindeutigen Fakten zurückkommen, die heute vorliegen und die in Gegensatz gestellt werden müssen zu dem, was wir zu Beginn unserer Regierungszeit übernommen haben. Ich sage dies hier so deutlich, weil man manchmal den Eindruck hat, daß über Aufgeregtheiten zu einzelnen verbalen Äußerungen — egal, von welcher Seite — diese Fakten zurückgedrängt worden sind. Für die Bürger sind aber Fakten wichtig.
    1982 — es tut fast weh, dies immer wiederholen zu müssen, weil man den Eindruck hat, manch einer, vor allen Dingen die Opposition, erinnere sich nicht gerne — schrumpfte die Wirtschaft, galoppierte die Inflation, stieg die Steuerlast, wucherten die Zinsen, explodierte die Arbeitslosigkeit, explodierten Kurzarbeit und Lehrstellenmangel. Die Geburtenzahlen sanken. Schwächere blieben ausgegrenzt. Kaufkraft, Renten und Reallöhne sanken gleichermaßen. Für Mütter galt ein Zweiklassenwahlrecht. Die Familien standen im Abseits der Regierungspolitik. Beim Umweltschutz und in der Landwirtschaftspolitik galt das Prinzip des Abwartens.
    1988 — dies wird auch 1989 gelten; wir reden ja über den Haushalt für das kommende Jahr — wächst die Wirtschaft im siebten Jahr weiter. Ich frage einmal: Was bedeuten eigentlich für einen normalen Bürger 3 % Wachstum? — Das sind 1 000 DM mehr in der Tasche, bei jedem einzelnen. Für eine Familie von vier Personen ist das leicht auszurechnen. Wer sagt denn, daß niemand weiß, was er damit anfangen soll?
    Kaufkraft, Reallohn, die Zahl derer, die Arbeit haben, und vor allem auch die Zahl der Geburten sind angestiegen. Für mich war es eine der erfreulichsten Tatsachen der Beratungen im Haushaltsausschuß, daß wir für das Jahr 1988 feststellen mußten, daß wir 300 Millionen DM mehr in diesem Jahr für Kindergeld ausgeben müssen, man könnte eher sagen: dürfen. Wir rechnen für das nächste Jahr damit, 625 Millionen DM zusätzlich, über die 13 bis 14 Milliarden DM hinaus, für Kindergeld auszugeben. Das heißt doch, daß der Optimismus in der Bevölkerung gewachsen ist, daß die Familien von dieser Regierung und der sie tragenden Mehrheit offensichtlich gut behandelt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Zahl der Geburten steigt, die Zahl der Lehrstellen steigt, die Höhe der Renten steigt. Geld, Mieten und Strompreise sind stabil, auch wenn der Kollege Jahn mit seinem Mieterbund sich ständig anschickt,



    Austermann
    das Gegenteil zu behaupten. Arbeitslose erhalten mehr und länger Hilfe als bisher. Die Kurzarbeiterzahlen sinken.
    Was an Schlagworten in der Vergangenheit eigentlich von Bedeutung war, erkennt man beispielsweise an den Antworten auf die Frage: Was erwarten eigentlich unsere Einzelhändler, die Mittelständer, die kleinen und mittleren Unternehmen, von den verbleibenden Wochen des Jahres? Da sagt der Hamburger Einzelhandelsverband: In den beiden letzten Monaten — November und Dezember 1988 — erwartet man 600 Millionen DM zusätzlichen Umsatz, 600 Millionen zusätzlichen Umsatz im November, 600 Millionen DM zusätzlichen Umsatz im Dezember. Ich glaube, deutlicher kann man nicht sagen, daß Wirtschaftspolitik, Steuerpolitik und effektive Arbeitsmarktpolitik den Bürgern im Lande helfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte dies einmal, der sogenannten neuen Armut gegenüberstellen. Dieses Thema hat vor einiger Zeit eine Rolle gespielt; heute ist das Stichwort interessanterweise gar nicht gefallen. 1985 hat es einen großen Teil der Bevölkerung verunsichert; von Kaputtsparen und von Ellbogengesellschaft war die Rede. Heute kann man feststellen, wie das mit der Kaufkraft der Bevölkerung, mit der Steuerlast, die sinkt, und mit vielen anderen positiven Zahlen aussieht.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Man kann feststellen, daß die Mütter Erziehungsurlaub, Erziehungsgeld, Erziehungsrente erhalten. Ich will einmal sagen, wie viele Bürgerinnen in unserem Land das inzwischen betrifft: Bisher erhalten 3,7 Millionen Mütter — davon sind 2,2 Millionen vor 1912 geboren — deshalb eine höhere Rente, weil sie Kinder erzogen haben.
    Hier ist vorhin die Frage gestellt worden: Wie ist es eigentlich um die geistig-moralische Wende bestellt?
    Ich bin der Auffassung, auch die Frage, wie man Familien behandelt, wie man Kinder behandelt, wie man ältere Menschen, wie man Mütter behandelt, ist Gegenstand einer geistig-moralischen Erneuerung gewesen, gerade wenn man weiß, daß diese früher im Abseits gestanden haben.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Dies gilt übrigens auch für die Frage, wie wir werdendes Leben heute behandeln; dies gilt für die Frage, wie wir mit der Abrüstung umgehen, und dies gilt auch für die Frage, wie wir mit der Umwelt umgehen. Ich meine schon, daß die geistig-moralische Erneuerung für jeden Gutwilligen erkennbar ist.
    Meine Damen und Herren, dies steht ein bißchen im Widerspruch zu dem, was berichtet wird. Man stellt einen Unterschied zwischen dem Befinden der Bevölkerung und ihrer Befindlichkeit fest, insbesondere wenn man sich auf die Medien konzentriert, darunter ein paar Medien, die besonders Meinung machen in unserem Land. Ich sage dies deshalb mit einem lachenden und mit einem weinenden Auge, weil zwei dieser Medien von tüchtigen Druckern in der Stadt Itzehoe in meinem Wahlkreis hergestellt werden. Nun kann sich der einzelne nicht dagegen wehren, was er dort drucken muß. Aber wenn man einmal gegenüberstellt, welche Themen in der Zeit von 1983 bis heute laut Meinungsumfragen im Bewußtsein der Bürger eine Rolle gespielt haben, dann stellt man schon ein Auseinanderklaffen zwischen Fakten und Bewußtsein fest.
    1983 — im ersten Jahr des Aufschwungs — spielten die Entlassung eines Generals und die Absage des Honecker-Besuchs eine Rolle. 1984 spielten andere Themen eine Rolle. 1985 — im dritten Jahr des Aufschwungs — dominierten ein Überläufer vom Verfassungsschutz, der Glykolweinskandal und SPD-Parolen von der „neuen Armut" die öffentliche Meinung. 1986 — im vierten Jahr des Aufschwungs — dominierten verständlicherweise Umweltkatastrophen die öffentliche Meinung. Die Auswirkungen der Affäre um die Neue Heimat spielten kurzfristig eine Rolle. 1987 — im fünften Jahr des Aufschwungs, im Jahr der gewonnenen Bundestagswahl — wurde der Wahlsieg von personellen Fragen überlagert, weniger von den Fakten. Erinnern Sie sich daran, daß zu Beginn dieses Jahres Rheinhausen eine Rolle gespielt hat. Ich hätte es in diesem Zusammenhang schon begrüßt, wenn hier erwähnt worden wäre, daß wir heute 41 Millionen t statt damals geschätzter 35 Millionen t Stahl produzieren. Das sagt auch etwas über die Entwicklung der Wirtschaft aus. Niemand sollte unsere Zeit später aus der Sicht manch eines Magazins beurteilen. Das Urteil wäre — im Gegensatz zur tatsächlichen Lage — verheerend.
    Ich will aber keine Medienschelte betreiben. Sicher machen auch wir einiges falsch, was die Darstellung unserer Politik angeht. Es geht aber meines Erachtens an der Sache vorbei, wenn man dem Bundespresseamt Vorwürfe machen wollte, denn man muß sich vor Augen führen, daß die massivste Kritik am Bundespresseamt vom Bundesverfassungsgericht geübt wurde, und zwar in bezug auf eine Zeit, die vor unserer Regierungsübernahme lag. Das Bundesverfassungsgericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß das Presseamt damals mißbraucht wurde. Diese Zeit ist Gott sei Dank vorbei. Wenn Sie zur Kenntnis nehmen, daß wir heute im Bundespresseamt hundert Mitarbeiter weniger als damals haben, dann macht auch dies deutlich, daß wir eine andere Politik betreiben.
    Ich glaube, man kann heute feststellen, daß dieses Land auf einem guten Weg ist. Wir müssen erkennen, daß die SPD nirgendwo, wo sie an der Regierung ist, gezeigt hat, daß sie es besser kann. Deutlicher, als der Sachverständigenrat dies gestern in bezug auf das Land Nordrhein-Westfalen gesagt hat, kann man es nicht sagen. Der Sachverständigenrat hat Johannes Rau bescheinigt, das Ruhrgebiet stelle den besonders exemplarischen Fall einer falschen sektoralen und regionalen Strukturpolitik dar. Ich glaube, deutlicher kann man nicht sagen, wo falsche Politik gemacht wird und daß er und die SPD es einfach nicht verstehen, mit der Wirtschaft, mit dem Geld vernünftig umzugehen, von den Mompers, Spöris, Scharpings, Hiersemanns und Schröders ganz zu schweigen. Es ist mir nicht gelungen, festzustellen, wer in Hessen eigentlich der derzeitige SPD-Vorsitzende ist. Ich bitte, das zu entschuldigen.



    Austermann
    Meine Damen und Herren, liebe Freunde, der Chef der größten Oppositionspartei sollte sich um seine Partei sorgen. Er sollte sich auch um den DGB sorgen, der nicht einmal mehr in der Lage ist, seine Kreisgeschäftsführer zu bezahlen, weil das Geld für Agitation gegen die Regierung verplempert wird. Er sollte sich nicht um die Zukunft unseres Landes sorgen, denn die gestalten wir.
    Lassen Sie mich abschließen. Es geht den Bürgern Ende 1988 besser als Ende 1987. Auf die Regierung und die sie tragende Mehrheit ist Verlaß. 1989 wird es das gleiche gute Zwischenurteil geben.
    Ich bedanke mich.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wüppesahl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Thomas Wüppesahl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Entwurf dieses Haushalts hat ein wesentliches Merkmal, und zwar das Merkmal der Kontinuität. Kontinuiät seit 1982 bedeutet in diesem Zusammenhang das weitere Begehen der Sackgassen. Wenn Herr Austermann mit der Feststellung schließt, daß es dem Bürger 1988 besser ginge als 1987, dann kann man dazu analytisch nur bemerken, daß 1988 in der Bundesrepublik Deutschland sicherlich mehr zu verteilen ist als 1987, aber tatsächlich dieses mehr zu Verteilende bei einer immer geringeren Anzahl von Bürger/innen, nämlich vor allen Dingen Dividendenbeziehern, also Aktionären, in den Taschen landet.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was für ein Quatsch!)

    Die Komplexität der Industriegesellschaft, die auch bei direkter Einwirkungsmöglichkeit von fortschrittlichen programmatischen Zielsetzungen, wie ich sie mit vertrete, nicht sofort verändert werden kann, ist sicherlich ein besonderes Problem für eine Opposition, die so weitreichende Korrekturen an den Vorgaben der herrschenden Politik fordert, wie ich es mache. Aber dennoch: Es gäbe und es gibt Handlungsspielräume.
    Dazu nur drei konkrete Beispiele: Wenn Sie das Tornado-Programm aufgeben würden, hätten Sie knapp 100 Milliarden DM nach augenblicklichen Preisen zusätzlich zur Verteilung für notwendige Maßnahmen im ökologischen Bereich und im Bereich der Arbeitsmarktpolitik. Wenn Sie die Steuerreform nicht in der Weise durchführten, wie beschlossen, also von unten nach oben verteilen, sondern für sinnvolle Maßnahmen in den beiden genannten Bereichen nutzten, gäbe es weitere 40 Milliarden DM sinnvoll umzuschichten. Darüber hinaus gibt es Umschichtungsmöglichkeiten im Haushalt, die in den einzelnen Debatten zu den Einzelplänen des Haushalts noch herausgeschält werden.
    Ein Beispiel für die Komplexität unserer Industriegesellschaft ist auch die hier relativ intensiv geführte Diskussion über die Fusion von Messerschmitt-Bölkow-Blohm und Daimler-Benz. Hier ging es nicht einmal mehr um nationale Interessen, sondern längst um die internationale Konkurrenzfähigkeit der Bundesrepublik und eines ihrer wichtigsten Konzerne gegenüber den USA, gegenüber Japan. Die Rahmenbedingungen sind so weit gediehen, daß in der Tat die Abhängigkeit auch der Politik bereits auf Grund dieser Strukturelemente ausgesprochen schwierig ist.
    Ich möchte Ihnen aber noch einen Vergleich vorhalten, und zwar den, den Sie immer am meisten scheuen, den Vergleich mit dem Osten. Der Staat im Westen gleicht sich immer mehr den Monopolen an — diese These stelle ich auf — , und die Monopole sind auch immer mehr in der Lage, Einfluß auf das zu nehmen, was der Staat im Westen an Handlung produziert. Das gilt auch und im besonderen für die Bundesrepublik Deutschland, so daß nicht zu Unrecht nicht nur die Frage, sondern längst die These aufgestellt wird, wer hier eigentlich regiert, die Monopole, die Wirtschaft, bestimmte Interessengruppen oder die Regierungskoalition. Die Frage ist dann weiter zu formulieren, ob die handelnden Akteure und Akteurinnen in der Regierung nicht längst zu Marionetten heruntergekommen sind.
    Unter dem Staatsmonopolkapitalismus im Osten haben wir es etwas anders: Dort gibt der Staat den Ton in den Fabriken an, ob die nun volkseigener Betrieb oder sonstwie benannt werden. Das ist der einzige wesentliche Unterschied. In jedem Fall steht ganz weit oben die betriebswirtschaftliche Sichtweise unter Vernachlässigung von rechtlichen Aspekten, von Grundfreiheiten und von ökologischen Gesichtspunkten. Hierin eingebettet zieht die Regierungskoalition, was nicht nur an diesem Haushalt ablesbar ist, verschiedene Einzelprojekte durch, die teilweise — für sich genommen — ein so gravierendes Ausmaß erreichen, daß jede Staatsbürgerin und jeder Staatsbürger in unserem Land davon betroffen sind.
    Die Rentenreform, die jetzt ansteht, ist ein weiteres Beispiel nicht nur für Frauenfeindlichkeit, weil die Ausfallzeiten zukünftig anders bewertet werden sollen, sondern für die weitere Vernachlässigung der Klientel, die Herr Austermann gerade als letzter Redner vor mir als von dieser Koalition besonders positiv bedient darstellte, nämlich der alten Mitbürger/innen in unserer Politik. Die sind nach der herrschenden Logik schlicht überflüssig und werden nach den zur Rentenreform vorliegenden Papieren auch so behandelt. Das Motto, das darin zum Ausdruck kommt, lautet: Jeder, der arbeiten kann, soll arbeiten, solange er kann. Zu diesem Zweck wird auch die Altersgrenze stufenweise auf 65 Jahre heraufgesetzt, obwohl wir wissen, daß nicht einmal 60 % unserer Bevölkerung diese Altersgrenze erreichen.
    Es gibt noch weitere Leitmotive, die man zur Kennzeichnung der Rentenreform anführen kann: Es gibt nur „Lebende oder Tote" — ältere Mitbürger/innen unter uns werden sich daran erinnern — oder die sehr flapsige Formulierung: „Arbeiten bis zum Umfallen." Das bereiten Sie zur Zeit mit der Rentenreform vor. Das werden wir Anfang des nächsten Jahres hier sicher noch sehr intensiv diskutieren.
    Das gleiche passiert bei der Gesundheitsreform. Wir werden sie am kommenden Freitag ausgiebig diskutieren.
    Einen weiteren Punkt möchte ich in Erinnerung rufen, weil er oft in Vergessenheit zu geraten droht,



    Wüppesahl
    nämlich die Steuerreform. Hier ist bei der Umverteilung ein so großes unsoziales Potential produziert worden, daß man es in der Erinnerung wachhalten muß. Vor allen Dingen muß man den Betroffenen vergegenwärtigen, was alles ihnen in diesem Zusammenhang aus den Taschen gezogen werden wird bzw. bereits aus den Taschen gezogen wird.
    Die Bundesregierung Kohl hat darüber hinaus die Nerven, die Massenarbeitslosigkeit inzwischen als Normalzustand ihrer Politik zu deklarieren. Sie bemühen sich, eine Form der Gewöhnung an die Massenarbeitslosigkeit in der Bevölkerung durch ihre Verlautbarungen und auch durch den CDU-Wirtschaftsrat und durch andere Gremien zu produzieren, die in der Tat unerträglich ist. Auch in diesem Haushalt finden sich keine entscheidenden Ansätze, um dieses Problems Herr zu werden.
    Weil Sie um die Problematik wissen und auch der Druck nicht nur von den Gewerkschaften und der Opposition in diesem Hause ständig wächst, bemühen Sie sich darum, die Arbeitslosenstatistik neu zu definieren. Ich sage: Sie versuchen, sie zu verfälschen. Diese Versuche haben sogar gefruchtet. Mit der 8. Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz haben Sie die Mittel für Qualifizierungsmaßnahmen und für Jugendliche gesperrt. Sie haben rund 5 Milliarden DM in zwei Bereichen eingespart, die im Hinblick auf die Arbeitsmarktsituation sinnvollerweise zu fördern wären.
    Auch aus diesem Grunde möchte ich von dieser Stelle aus einen ausdrücklichen Aufruf an alle arbeitslosen Männer und Frauen in unserer Republik richten, sich bei den Arbeitsämtern zu melden, damit die Statistik auch wirklich so aussieht, wie sie aussehen müßte. Die Dunkelzifer bei den Arbeitslosen liegt zwischen 400 000 und 1 Million Mitbürgerinnen und Mitbürgern.
    Kommen wir zur Ökologie. Nicht nur mehrere 10 Milliarden DM, sondern wahrscheinlich an die 100 Milliarden DM werden für den Tornado verschwendet werden. Sie verpulvern nicht nur für die Verteidigungspolitik wahnsinnig viele und wertvolle Ressourcen, die unser Land hat, sondern, wie bereits ausgeführt, auch für den gesamten Bereich Arbeit und Soziales. Das Problem besteht nicht darin, daß wir etwa keine Mittel hätten, um eine sinnvollere Umweltpolitik zu betreiben, sondern es geht um die Frage, wie der politische Wille aussieht, um die vorhandenen Mittel sinnvoll zu verteilen.
    Was hat sich in der Umweltpolitik zwischen 1982 und 1988 eigentlich geändert? Verschiedene Vorredner/innen gingen bereits darauf ein. Nur ein einziges Beispiel: Die Emission von Stickoxiden hat sich erhöht. Sie haben in Ihren Propagandaschriften ständig behauptet, Sie gingen an diese Problematik heran. Aber das, was ich im Zusammenhang mit den Luftemissionen gesagt habe, gilt genauso für viele, viele andere Felder.
    Ich meine, dies wird in der Bevölkerung auch sehr bewußt gesehen und vor allem auch gespürt, und zwar nicht nur im Zusammenhang mit der Gesundheit, nicht nur bei dem alltäglichen Geschehen in der gesellschaftlichen Wirklichkeit — am Arbeitsplatz, im
    Vereinsleben oder in der Familie — , sondern es wird auch politisch erkannt. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als daß Sie auch für diesen Bereich eine entsprechende Quittung bekommen.

    (Unruhe)

    — Herr Präsident, ich wäre dankbar, wenn etwas mehr Ruhe einkehren könnte. Es ist mindestens schwierig, so zu sprechen. —
    Eine gute Umweltpolitik würde sich durch eine optimale Prävention auszeichnen. Diese Prävention wäre nirgendwo besser angesiedelt als im Wirtschaftsressort. Aber dort finden wir genau die umgekehrte Sichtweise: Subventionen für Bereiche unserer Industriegesellschaft, die die Umweltproblematik noch weiter verschärfen und die Umweltsituation, in der wir leben, verschlechtern.
    Herr Töpfer versucht zwar sehr geschickt, philosophisch die Umweltproblematik an den Bürger zu bringen — das gelingt ihm zur Zeit bedauerlicherweise noch viel zu gut — , aber was er tatsächlich will, ist lediglich, wieder Vertrauen in diejenigen zu gewinnen, die Umweltpolitik machen. Tatsächlich wird kein Umweltschutz betrieben, sondern es wird nur der Verkauf der sogenannten Umweltpolitik

    (Glocke des Präsidenten) etwas cleverer vorgenommen.