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ID1110802100

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    Plenarprotokoll 11/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Grunenberg 7415A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989 (Haushaltsgesetz 1989) (Drucksachen 11/2700, 11/2966, 11/3119) Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksachen 11/3204, 11/3231 — Dr. Vogel SPD 7415B, 7453 C Dr. Dregger CDU/CSU 7426 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 7432 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 7438 C Dr. Kohl, Bundeskanzler . . . . 7443A, 7454B Jungmann SPD 7454 C Dr. Geißler CDU/CSU 7457 A Frau Wieczorek-Zeul SPD 7461 C Austermann CDU/CSU 7465 B Wüppesahl fraktionslos 7467 A Namentliche Abstimmung 7469 D Ergebnis 7471D Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes — Drucksachen 11/3205, 11/3231 — Waltemathe SPD 7470 A Dr. Rose CDU/CSU 7473 C Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 7475 D Hoppe FDP 7477 D Wischnewski SPD 7479 C Dr. Stercken CDU/CSU 7481 C Verheugen SPD 7484 B Genscher, Bundesminister AA 7486 A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 11/3207, 11/3231 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 11/3217, 11/3231 — Dr. de With SPD 7490 D von Schmude CDU/CSU 7493 B Häfner GRÜNE 7494 D Kleinert (Hannover) FDP 7496 C Diller SPD 7498 A Engelhard, Bundesminister BMJ 7499 B Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 11/3219, 11/3231 — Esters SPD 7501 B Borchert CDU/CSU 7503 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 Frau Eid GRÜNE 7506 A Frau Folz-Steinacker FDP 7507 B Klein, Bundesminister BMZ 7508 D Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 11/3221, 11/3231 — Büchler (Hof) SPD 7511B Dr. Neuling CDU/CSU 7513 D Dr. Knabe GRÜNE 7516A Hoppe FDP 7517 B Hiller (Lübeck) SPD 7518 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . . 7519D Namentliche Abstimmung 7539 D Ergebnis 7540 A Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit — Drucksachen 11/3216, 11/3231 — Waltemathe SPD 7523 A Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 7525 C Frau Garbe GRÜNE 7529 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 7531A Schäfer (Offenburg) SPD 7532 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 7535C Namentliche Abstimmungen . . 7539B, 7539C Ergebnisse 7540B, C, D Nächste Sitzung 7540 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 7541* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 7415 108. Sitzung Bonn, den 22. November 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Endgültiges Ergebnis und Namensliste 109. Sitzung, Anlage 2 **) Endgültiges Ergebnis und Namensliste 109. Sitzung, Anlage 3 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bahr 22. 11. Dr. Bangemann 25. 11. von Bülow 23. 11. Dr. Dollinger 25. 11. Duve 24. 11. Dr. Ehrenberg 22. 11. Dr. Emmerlich 22. 11. Frau Fischer 24. 11. Francke (Hamburg) 24. 11. Dr. Haack 24. 11. Dr. Hauff 25. 11. Dr. Hornhues 22. 11. Graf Huyn 24. 11. Dr. Jenninger 25. 11. Frau Kelly 25. 11. Dr. Klejdzinski 24. 11. Dr. Köhler 24. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lenzer 24. 11. Lutz 22. 11. Meyer 25. 11. Dr. Müller 25. 11. Frau Pack 25. 11. Pfuhl 24. 11. Dr. Pick 22. 11. Rappe 22. 11. Regenspurger 24. 11. Rühe 22. 11. Dr. Scheer 24. 11. Schmidt (München) 25. 11. Schröer (Mülheim) 22. 11. Spranger 24. 11. Todenhöfer 22. 11. Vosen 23. 11. Dr. von Wartenberg 24. 11. Weirich 22. 11. Weiß (München) 22. 11. Würtz 24. 11. Dr. Zimmermann 23. 11.
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    Rede von Hubert Kleinert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Haushaltsdebatten im Bundestag als dem Ort der politischen Generalauseinandersetzung folgen für gewöhnlich einem eingeschliffenen Ritual: Die Regierung, ganz besonders diese Regierung, verkündet mit anmaßender Selbstgerechtigkeit diverse Erfolgsbilanzen. Wie mühsam und hohl das klingen kann, haben wir gerade eben gehört. Die Oppositionsparteien attackieren die Regierung, legen die Finger in die Wunde der Widersprüche und versichern, wenn sie nur das Sagen hätten, dann würde alles besser, und zwar gleich. Dabei erscheint die politische Auseinandersetzung leicht reduziert auf die Frage des bloßen Austauschs von Parteien und Personen. Es tritt in den Hintergrund, was eigentlich ganz vorn stehen muß, nämlich die Frage, was Politik heute zu leisten hat und was Politik real leisten kann.
    In diesem Herbst ist die Versuchung besonders groß, beim Kratzen an der Oberfläche des politischen Personalkarussells stehenzubleiben; denn die ganzen vermeintlichen Erfolgsbilanzen, die wir gerade gehört haben, sollen ja nur vergessen machen, wie sehr es mittlerweile bröckelt und wie sehr es bröselt im Fundament der Regierungsmacht des Herrn Kohl. Was vor gut einem Jahr in Schleswig-Holstein mit jener Zerstörung der politischen Kultur dort seinen Anfang genommen hat, hat sich fortgesetzt durch den Lauf der Roulettekugel in den Spielbanksälen von Niedersachsen bis Rheinland-Pfalz. Die ganzen Bekundungen nach Schleswig-Holstein, nun sollte alles anders werden — was ist denn daraus geworden? Allein das Beispiel Niedersachsen zeigt, wie sehr der Verfall der politischen Kultur mittlerweile weitergegangen ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und die GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen?)

    Doch nicht die Skandale und Skandälchen der Bonner Regierungsparteien und ihrer Statthalter in den Ländern sollen im Vordergrund dieses Beitrags stehen; im Vordergrund stehen soll die Auseinandersetzung mit den wesentlichen politischen Themen, um die es heute geht. Keine Seite des Bundestags wird es heute mehr wagen, die grundsätzliche Bedeutung des ökologischen Themas in Zweifel zu ziehen. An Bekundungen ökologischer Nachdenklichkeit in Sonntagsreden und in Seminarvorträgen besteht mittlerweile kein Nachholbedarf mehr. In diesem einen Punkt hat sich seit dem Einzug der GRÜNEN in den Bundestag wahrlich etwas geändert: Es wird ungleich mehr als damals über Ökologie und Umweltpolitik geredet.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Aber nur geredet!)

    Die Probleme sind zum großen Teil inzwischen wohlbekannt. Viele — auch hier — sind in Sachen Umweltrhetorik mittlerweile durchaus geübt.
    Doch eines hat sich kaum geändert, meine Damen und Herren: die politische Praxis. Sie hat sich kaum geändert. Alle spektakulären Fototermine des Umweltministers, alle Hubschrauberflüge und alle Strandinspektionen des Herrn Töpfer an den immer neuen Brennpunkten der ökologischen Krise, all seine versammelte Nachdenklichkeit in umweltpolitischen Sonntagsreden können über eines nicht hinwegtäu-



    Kleinert (Marburg)

    schen: über die dürftige Praxis regierungsamtlicher Umweltpolitik.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Gewiß, es gibt da und dort Detailverbesserungen. Das soll gar nicht bestritten werden. Aber die Waldschäden nehmen zu, die Müllberge nehmen noch stärker zu, die Stickoxide nehmen weiter zu, das Trinkwasser ist gefährdet, die Nordsee stirbt, und die Klimakatastrophe wird immer wahrscheinlicher.
    Erst in diesen Tagen haben wir die deprimierende Bilanz der jüngsten Waldschadenserhebung hören müssen. Obwohl die Witterungsbedingungen in diesem Jahr ungewöhnlich günstig waren, sind die Waldschäden schlimmer geworden. Trotz anderslautender Vorhersagen der Regierung hat der Ausstoß von Stickoxiden weiter zugenommen. Hauptverursacher für diesen Anstieg ist der wachsende Lkw-Verkehr. Was tut nun die Bundesregierung dagegen? Die Bundesregierung tut gar nichts.

    (Zuruf von der FDP: Stimmt doch gar nicht! — Zuruf von der CDU/CSU: Starker Satz!)

    — Nichts, nichts tun Sie. — Was hat die Regierung unternommen, als die Nordseekatastrophe durch das Robbensterben tagtäglich in alle Wohnzimmer flimmerte? Was hat sie unternommen? Herr Töpfer hat im Sommer von 20 Milliarden DM gesprochen, die zur Sanierung der Nordsee gebraucht würden, 20 Milliarden DM! In diesem Bundeshaushalt finden sich ganze 7 Millionen DM.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist falsch!)

    Das sind 0,03 %. Mit diesen 7 Millionen DM soll, wie es heißt, zur Reinhaltung der Nordsee ein Demonstrationsvorhaben zur kostengünstigen Ölentsorgung in den bundesdeutschen Seehäfen gefördert werden. Das ist alles, was Sie uns zu bieten haben,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist falsch!)

    alles an Konsequenz aus dem, was wir alle mit der Nordseekatastrophe mitbekommen haben, was die Öffentlichkeit mitbekommen hat, als Herr Töpfer mit Hubschrauberflügen und spektakulären Strandinspektionen großes Ballyhoo veranstaltet hat. Das ist alles, was in diesem Bundeshaushalt als Konsequenz übrigbleibt.
    Was wird getan, um die wachsenden Müllberge zu beseitigen? Ich will Ihnen sagen, was getan wird: Das Problem wird ins Ausland verschoben. Der Müll wird in die Dritte Welt oder in Ostblockländer exportiert. Müllimperialismus könnte man das nennen, was das Konzept dieser Bundesregierung ist. Die Devise lautet: möglichst weg damit, möglichst kein Aufhebens, möglichst weg mit dem Dreck, aber nicht heran an die Quellen, nicht heran an die Hauptverursacher des demnächst drohenden Müllnotstands. Denn dann müßten Sie ja den Konflikt mit der chemischen Industrie und mit anderen mächtigen Freunden dieser Regierung suchen, und so weit reicht die ökologische Nachdenklichkeit des Herrn Töpfer nicht.
    Politisch überlebt diese Regierung längst nicht mehr deshalb, weil ökologische Risiken und ökologische Gefahren in der Gesellschaft noch nicht bekannt genug wären; Sie leben mittlerweile eher vom politischen Gegenteil, Sie leben davon, daß die Menschen am Übermaß der Nachrichten und Berichte über ökologische Probleme fast zu ersticken drohen und daß jeder und jede in diesem Land mittlerweile weiß oder doch sehr genau spürt, daß der großen öffentlichen Konjunktur umweltpolitischer Themen kaum jemals wirkliche politische Konsequenzen folgen, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Die Folge davon ist ein wachsendes Gefühl von Ohnmacht und Überforderung, und Sie wundern sich dann hinterher, daß demnächst niemand mehr von der Bonner Politik wirkliche Lösungen erwartet.
    Es gibt eben nicht nur eine Krise der Umwelt, sondern auch eine Krise der Umweltpolitik. Wirksame Veränderungen sind bis heute in keinem der wesentlichen Bereiche von Umweltpolitik erreicht worden, in der Energiepolitik nicht, in der Luftreinhaltung nicht, nicht im Gewässerschutz und nicht im Trinkwasserschutz, nicht bei der Chemisierung und nicht bei der Vergiftung, nicht beim Müll und beim Landschaftsverbrauch und auch nicht beim Natur- und Artenschutz.
    Der Sozialwissenschaftler Ulrich Beck hat 1986 den Zustand der Umweltpolitik mit dem Begriff „politisches Vakuum" gekennzeichnet. Er schreibt in seinem Buch „Risikogesellschaft" dazu weiter — ich zitiere:
    Die Gefährdungen wachsen, aber sie werden politisch nicht umgemünzt in präventive Risikobewältigungspolitik. Mehr noch, es ist unklar, welche Art von Politik und politischen Institutionen dazu überhaupt in der Lage ist. Zugleich entsteht mit dieser Kluft ein Vakuum an politischer Kompetenz und Institutionalität, ja sogar an Vorstellungen darüber. Die Offenheit der Frage, wie die Gefährdungen politisch zu handhaben sind, steht in krassem Mißverhältnis zu dem wachsenden Handlungs- und Politikbedarf in der Gesellschaft.
    Diese Feststellungen treffen auch zwei Jahre nach Erscheinen dieses Buches haargenau auf die Realität des Jahres 1988 und den Zustand der Umweltpolitik zu. Die Frage, ob irgend jemand in dieser Regierung umweltpolitisch guten Willen hat oder nicht, ist deshalb auch gar nicht so interessant. Vorzuwerfen ist dieser Regierung etwas ganz anderes. Vorzuwerfen ist dieser Regierung in erster Linie, daß in ihrer Politik nicht einmal eine Ahnung davon deutlich wird, welche grundsätzlich neuen Probleme mit der ökologischen Frage heute anstehen und welche grundsätzlich neuen Probleme damit aufgeworfen sind.
    Worum es dabei geht, hat kein anderer als der CDU- Kollege Biedenkopf unlängst vorsichtig, aber in der Grundtendenz erstaunlich zutreffend dargestellt. Deshalb möchte ich an dieser Stelle aus einem Referat des Kollegen Biedenkopf zitieren, das er vor der Konferenz des Instituts für Ökologie und Unternehmensführung e.V. in Bonn im September gehalten hat. Herr Biedenkopf sagte:



    Kleinert (Marburg)

    Ich halte dafür, daß die Beibehaltung einer Wirtschaftspolitik, die auf quantitatives Wachstum festgelegt ist und sich deshalb für berechtigt hält, quantitatives Wachstum auch mit staatlichen Mitteln zu fördern, mit dem anderen an Bedeutung gewinnenden Ziel unvereinbar ist, die Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik ökologisch verträglich zu gestalten und den Konsequenzen begrenzter Ressourcen für die Gesellschaft Rechnung zu tragen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Ich zitiere weiter — Originalton Biedenkopf — :
    Wir werden deshalb — davon bin ich überzeugt — unser bisheriges Wachstumsziel überprüfen müssen.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, das ist die vorsichtige Wortwahl eines Mitglieds der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der trotz seiner Außenseiterrolle in seiner Partei sicher Rücksichten nehmen muß, die ich hier nicht nehmen muß. Ich erlaube mir deshalb, den gleichen Sachverhalt etwas drastischer auszudrücken. Etwas drastischer ausgedrückt heißt das: Man kann nicht Umweltpolitik machen, ohne an die heiligen Kühe der Wirtschafts- und Finanzpolitik heranzugehen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Man kann nicht über ökologische Wenden philosophieren und gleichzeitig über Wachstumsraten daherschwadronieren, als hätte man von ökologischen Folgekosten noch nie etwas gehört.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Das ist das eigentliche Dilemma der Umweltpolitik dieser Regierung. Eine Umweltpolitik, die vor den wirtschaftlichen Grundstrukturen Halt macht, wird den Wettlauf zwischen den kleinen Fortschritten einerseits und den großen neuen Problemen andererseits niemals gewinnen können. Solange die industriellen Hauptverursacher der Umweltprobleme mit Samthandschuhen angefaßt werden, solange nicht endlich wirksame Instrumente eingesetzt werden, um Investitionen aus umweltgefährdenden in umweltfreundliche Produktionszweige umzulenken, solange die Möglichkeiten nicht genutzt werden, über eine ökologisch ausgestaltete Steuerreform auf die wirtschaftliche Entwicklung Einfluß zu nehmen, so lange wird jede Umweltpolitik den Problemen bloß hinterherlaufen.
    Mit viel Aufwand und noch mehr Peinlichkeiten hat die knappe Mehrheit dieser Koalition vor der Sommerpause eine Steuerreform durchgedrückt, die nichts bewirken wird außer einer weiteren Umverteilung von unten nach oben. Wenn auch nur ein Teil der Energien, die dabei verbraucht worden sind, zur ökologischen Umgestaltung des Steuersystems eingesetzt worden wäre, dann wenigstens hätten die Umwelt und die Mehrheit der Menschen etwas davon gehabt, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Vogel [SPD]: Richtig!)

    In Ihrer Politik triumphieren jenseits aller schönen Sonntagsreden immer die alten Prioritäten. Die alten ökonomischen Muster wie Wachstum, Rentabilität und Weltmarktkonkurrenz triumphieren über ökologische Teilwahrheiten. Die fundamentale Einsicht, daß die Dynamik der Industriegesellschaften immer stärker auch eine Dynamik ökologischer Zerstörung ist, hat die Bonner Koalition nicht erreicht.

    (V o r sitz : Vizepräsident Cronenberg)

    Sie glauben noch immer, mit einem eigenen Ministerium, das ein paar Gesetze und ein paar schärfere Grenzwerte durchsetzen kann, sei die Sache erledigt, und ansonsten könne man alles beim alten lassen. Das, meine Damen und Herren, wird schiefgehen!

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Umweltpolitik muß aus dem Getto isolierter Ressortverwaltung ausbrechen, und Umweltpolitik muß endlich zu einer ökologischen Wirtschafts-, Finanz- und Strukturpolitik werden. In dem Dreieck von ökologischer Verträglichkeit, sozialer Gerechtigkeit und Finanzierbarkeit muß eine Wirtschaftspolitik nach neuen Prioritäten so angelegt sein, daß vorrangiges Kriterium die Umweltverträglichkeit ist.
    Die Entwicklung und die Umsetzung einer solchen Ökonomie, die die ökologische Verträglichkeit in den Mittelpunkt rückt, die Entwicklung sanfter Technologien und die dazu nötigen Veränderungen in den Produktionsstrukturen, aber auch bei den Verbrauchern, das sind die großen politischen Aufgaben des ökologischen Umbaus, um die es heute geht.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Frau Conrad [SPD])

    Wenn man Ihre Politik an solchen Zielen mißt, dann wird man nicht einmal kümmerlichste Ansätze finden. Im Gegenteil: Bedenkenlos sollen mit der Gentechnologie neue, nicht mehr rückholbare Risiken erzeugt werden. Sie wollen, daß die großindustrielle Verwertung dieser hochgefährlichen Technologie demnächst beginnen kann.
    Wenn man sich das alles ansieht, was auf diesem Gebiet läuft, dann kommt man an der Vorstellung nicht vorbei: Bonner Regierungspolitik hat bis heute aus allen gelehrten Debatten um die Fragwürdigkeit eines überholten wirtschaftlichen und wissenschaftlich-technischen Fortschrittbegriffs nichts, aber auch gar nichts gelernt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Während die Diskussion um sinnvolle Instrumente der Technikfolgenabschätzung in Bonn seit Jahren vor sich hindümpelt, ist sie mittlerweile längst von einer Realität überholt, die eine Vielzahl neuer Gefahrenquellen hervorgebracht hat. Es geht dabei wirklich nicht um Pessimismus und dumpfe Zukunftsängste; aber allein die Bedenkenlosigkeit, mit der vor 20 und vor 30 Jahren alle maßgeblichen Kräfte den Weg in die sogenannte friedliche Nutzung der Atomenergie beschritten haben, sollte heute wenigstens nach Tschernobyl Anlaß genug zu größerer Vorsicht sein.
    Aber auch das hat offenbar nicht zu tieferen Einsichten geführt. Man muß das Gefühl haben, Tschernobyl ist in diesem Hause längst wieder vergessen; denn auch heute soll regierungsamtlich all das wieder



    Kleinert (Marburg)

    für vernünftig und für richtig erklärt werden, was Wissenschaftler als Fortschritt anpreisen und was neue profitable Kapitalanlagen verspricht. Dafür ist die Gentechnologie nur ein Beispiel.
    Meine Damen und Herren, sehr kurz sind die Beine regierungsamtlicher Politik auch da, wo es um die Zukunft des Beschäftigungssystems und der Sozialsysteme geht. Ja, es ist noch schlimmer: Die Umverteilungswirkungen Ihrer Politik gerade in diesen Bereichen gehören zu den schrecklichsten Konsequenzen der Politik, über die wir heute reden.
    Sicher, Herr Vogel, einmal mehr ist beschäftigungspolitische Tatenlosigkeit dieser Regierung zu beklagen, wenn es um den Haushaltsentwurf und wenn es um die Frage geht, was denn nun eigentlich den mehr als 2 Millionen Arbeitslosen angeboten werden soll. Diese Tatenlosigkeit ist eine kalkulierte Tatenlosigkeit. Natürlich bleibt es ein sozialpolitischer Skandal, wenn auch in diesem Haushalt keine Initiativen zu ökologisch und sozial sinnvollen Investitionen zu finden sind.
    Aber wer hier mit Recht das Thema Massenarbeitslosigkeit anspricht, darf nicht nur die absichtsvolle Enthaltsamkeit der Bundesregierung in diesen Fragen anprangern. Wir müssen uns mit den Fragen der Arbeitslosigkeit, mit der ganzen Zukunft des Beschäftigungssystems und mit der Problematik der Umgestaltung sozialer Sicherungssysteme noch auf grundsätzlichere Weise beschäftigen, als es vorhin anklang.
    Eines kann als gesichert angesehen werden: Mit der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik der Regierung wird sich am Zustand der Massenarbeitslosigkeit bis zum Jahre 2000 gar nichts ändern. Selbst wenn Sie ein Wachstum von 2,5 % unterstellen, gäbe es im Jahre 2000 ungefähr so viele Arbeitsplätze wie heute, wenn sich sonst nichts ändert. Das bedeutet, daß auch im Jahre 2000 die Zahl der arbeitslosen Menschen mindestens so hoch wäre wie heute. Unter diesen Voraussetzungen will Norbert Blüm das Rentenalter ab 1995 sogar wieder heraufsetzen, was diese Probleme nur verschärfen würde. Wenn das Wachstum niedriger sein sollte, wären die Probleme noch dramatischer, und wenn die Möglichkeiten des Zugangs von Frauen zum Erwerbsleben tatsächlich verbessert werden sollen, dann wird das das Problem aufwerfen, daß weitere Millionen von Erwerbsarbeitsplätzen angeboten werden müssen.
    Für all diese langfristigen Zukunftsprobleme hat diese Regierung nicht nur keine Antworten, all das ist für diese Regierung gar kein Grund zur Besorgnis; das wissen wir aus vielen Zeugnissen. Die konservativen Politikstrategen verstehen solche Zukunftsaussichten überwiegend sogar als Chance, jene sozialstaatlichen Hindernisse zu beseitigen, die der vollen Durchsetzung ihrer Art von Flexibilisierung heute noch entgegenstehen.
    Wenn man aber nach Lösungen sucht, dann kommt man zunächst an einer grundsätzlichen Feststellung nicht vorbei: Die gerechte Verteilung der Arbeit und die Frage der Arbeitszeitverkürzung sind die entscheidenden politischen Hebel in dieser Frage. Wer radikale Arbeitszeitverkürzungen will, muß dabei auch das Verhältnis von Erwerbsarbeit und Nichterwerbsarbeit politisch neu bestimmen. Deswegen wollen wir GRÜNE den Arbeitsbegriff ausweiten.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir wollen, daß Tätigkeiten wie Hausarbeit, wie Kindererziehung, wie Kümmern um Pflegebedürftige in der Gesellschaft als Arbeit anerkannt werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Diese Anerkennung ist nötig, und sie ist die Voraussetzung, wenn der Anspruch auf individuelle Entfaltungsmöglichkeiten unterschiedlicher Arbeits- und Lebensbedürfnisse in der Gesellschaft möglich werden soll. Das ist das eine.
    Wer politisch wirksam Massenerwerbslosigkeit bekämpfen will, der muß für radikale Arbeitszeitverkürzungen eintreten. Dazu gibt es keine Alternative. Daß dabei differenzierte Lohnausgleichsmodelle notwendig sind, haben die GRÜNEN in ihrem Sindelfinger Wirtschaftsprogramm schon 1983 vorgeschlagen.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Sehr weitsichtig!)

    Da braucht uns niemand etwas Neues beizubringen.
    Frauen und Männern muß der gleichberechtigte Zugang zur Erwerbsarbeit ermöglicht werden. Deswegen braucht es auch unterschiedliche Formen von Teilzeitarbeit; das ist nicht das Problem. Das Problem ist die Frage der sozialen Absicherung dieser unterschiedlichen Formen von Teilzeitarbeit, und dafür treten wir ein.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Die Politik muß den Frauen den Weg zeigen, auf dem dieser Zugang auch tatsächlich erleichtert werden kann. Man darf nicht nur davon reden. Es muß auch endlich wirksam politisch etwas umgesetzt werden. Die GRÜNEN haben dazu in ihrem Antidiskriminierungsgesetz schon vor zwei Jahren entsprechende Vorschläge unterbreitet.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Das Problem ist auch nicht die Frage der flexibleren Ausgestaltung von Arbeitszeitregelungen. Wir wollen, daß das Recht, flexiblere Arbeitszeiten zu haben, von dem Menschen und seinen Bedürfnissen ausgeht. In diesem Sinne sind wir nicht gegen Flexibilisierung von Arbeitszeitregelungen. Das Problem liegt ganz woanders. Das Problem liegt bei einer Flexibilisierungsstrategie, die sich lediglich für mehr Wochenendarbeit und für verlängerte Maschinenlaufzeiten stark macht. Eine solche Flexibilisierungsstrategie wird nicht mehr Freiheit für den einzelnen hervorbringen, sie wird am Ende eher das Gegenteil von mehr Freiheit für den einzelnen hervorbringen, denn sie wird den einzelnen in größerem Maße als heute den Unternehmenszwecken und den Bedürfnissen der Maschinerie unterordnen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Deshalb sind auch nicht die Überlegungen zur Arbeitszeitverkürzung und manche seiner unbequemen Wahrheiten an die Adresse der Gewerkschaften für mich das Problem, das man mit den jüngsten Überlegungen von Oskar Lafontaine haben muß. Ich kann nichts Schlimmes daran finden, wenn jemand poli-



    Kleinert (Marburg)

    tisch den Anspruch stellt, die soziale Ausgestaltung des Modernisierungsprozesses zu betreiben, so wie Lafontaine den Anspruch stellt. Daran kann nichts Schlimmes sein. Denn, um das Wort eines berühmten Gelehrten dieser Republik aufzugreifen, der gemeinhin zur Linken gerechnet wird: Es kann ja wohl nichts Unanständiges sein, über die Reform des Kapitalismus nachzudenken.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wenn nun freilich unter dieser schönen Überschrift am Ende nur die praktische Umsetzung dessen verstanden wird, was auch ohne den Versuch steuernden Eingriffs in die wirtschaftliche Entwicklung sozial sowieso stattfinden würde, dann muß sich Oskar Lafontaine am Ende schon fragen lassen, worin sich sein Modernisierungskonzept sozialpolitisch — nicht ökologisch — von dem unterscheidet, was wir von Späth und von anderen bereits seit längerem angeboten bekommen, und das muß im Zentrum einer solchen Diskussion stehen.
    Meine Damen und Herren, wer sich mit der Sozialpolitik dieser Regierung beschäftigt, wird um zwei Glanzstückchen des Reformeifers im Kabinett des Dr. Kohl nicht herumkommen, d. h. um die zwei Vorhaben, die in diesen Tagen besondere Bedeutung beanspruchen, nämlich die sogenannte Gesundheitsreform und die künftige Rentenfinanzierung.
    Was in diesen Tagen die Koalitionsmehrheit mit aller Gewalt in Marathonsitzungen zur Neuregelung der Gesundheitspolitik hier über die Bühne bringen will, hat mit Reform wenig, aber verdammt wenig zu tun.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Denn statt den Zusammenhang von Rekordgewinnen in der Pharmaindustrie mit Suchtgefahren in der Gesellschaft aufzugreifen, statt die Fragwürdigkeit bestimmter Entwicklungen der Apparatemedizin zu thematisieren, statt über ärztliche Gebührenordnungen nachzudenken und der Frage des Krankheitsbegriffs in einer verdreckten und vergifteten Umwelt nachzugehen, statt all dies zu tun, was nötig wäre, reduziert sich das, was großspurig unter der Überschrift „Strukturreform des Gesundheitswesens" daherkommt, auf eine Strafaktion für Kranke und auf die schleichende Einführung einer Zweiklassenmedizin.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Auch die bisher bekanntgewordenen Vorschläge zur Rentenreform beweisen, daß hier bestenfalls der Weg der Flickschusterei vorgeschlagen wird. Statt angesichts der veränderten Alterspyramide und der Probleme wachsender Altersarmut den Weg einer grundlegenden Neuordnung anzupeilen, schlagen Sie Flickwerk vor. Mir ist allerdings schleierhaft, wieso die Sozialdemokraten dabei diesen Weg mitgehen wollen.
    Statt in die Richtung einer steuerfinanzierten einheitlichen Grundsicherung zu denken, auf der aufbauend dann eine durch Pflichtbeiträge finanzierte Zusatzrente gezahlt wird, statt in diese Richtung einer grundlegenden Neuordnung zu denken, soll weiter herumlaviert werden mit demnächst fast unbezahlbaren Beitragssätzen und ohne Aussicht, Altersarmut jemals wirksam verhindern zu können. Meine Damen und Herren, Sie werden damit Probleme nicht lösen, sondern nur weiter verlängern.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Was sich in der Umwelt- und Sozialpolitik als Politik der kurzen Beine herausstellt, hat sich in einer wirtschaftspolitischen Kernfrage der letzten Wochen noch viel drastischer als Kapitulationserklärung der Politik vor den Interessen der mächtigen Konzerne herausgestellt. Ich meine damit das Verhalten der Bundesregierung zur geplanten Großfusion von Daimler-Benz und MBB.
    Ausgerechnet im fünfzigsten Jahr seit Hitlers Überfall auf Polen entsteht in der Bundesrepublik wieder eine gigantische Waffenschmiede. Es entsteht ein Rüstungskonzern, der dem vielbemühten freien Wettbewerb schon deshalb entzogen ist, weil nach dem heutigen Stand ca. 60 % der Beschaffungstitel aus dem Rüstungshaushalt an diesen Superkonzern gehen würden.
    Und was macht die Bundesregierung? Die Bundesregierung liefert noch das Geld dazu und die ideologische Rechtfertigung obendrauf. Die ganzen Herrschaften, die sich sonst als Gralshüter der Marktwirtschaft aufspielen, haben sich hier zu bloßen Handlangern der Interessen der großen Konzerne degradieren lassen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Herr Lambsdorff hatte sich dabei noch eine ganz originelle politische Begleitmelodie ausgedacht. Er hat zunächst die Backen ganz gehörig aufgeblasen und sich als oberster Kritiker der geplanten Großfusion aufgespielt, am Ende aber die Rolle eines politischen Knallfrosches übernommen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Nach einer Woche des schlagzeilenträchtigen Ballyhoos war er nämlich mit seinen Bedenken bereits wieder am Ende. Es ist schon grotesk, wenn man diesen Vorgang mit dem ansonsten so verbreiteten Geschwätz vom freien Spiel der Kräfte vergleicht und ihn dazu in Beziehung setzt.
    Als die Frage von Markteinführungshilfen für alternative Energieerzeuger anstand, bekam die Regierung ordnungspolitische Bedenken und warnte vor drohender Wettbewerbsverzerrung.

    (Lachen bei den GRÜNEN)

    Ich zitiere aus einer Vorlage des Finanzministeriums:
    Die Bundesregierung hält zusätzliche Förderungsmaßnahmen für den falschen Weg.
    Also, wenn es um die Förderung neuer umweltfreundlicher Energiearten geht, scheitert diese Förderung an ordnungspolitischen Bedenken. Dann ist von Wettbewerbsverzerrungen die Rede. Wenn aber ein solcher Superkonzern entsteht, dann sind diese Bedenken der Gralshüter der Marktwirtschaft wie weggeblasen. Das ist die politische Realität in der Bundesrepublik heute.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Frau Garbe [GRÜNE]: Wie ein Chamäleon!)




    Kleinert (Marburg)

    Die großen Fragen des ökologischen Umbaus und der sozialen Zukunftsentwürfe bleiben in der Politik dieser Regierung weitgehend ausgespart. Während allüberall über Zukunft und Zukunftssicherung nachgedacht wird, regiert in Bonn eine Politik des politischen Werbefeldzuges. Von der gesellschaftlichen Wirklichkeit längst überholt, wird ein Weiterwursteln in lange ausgetretenen Politikpfaden praktiziert. Gelegentlich fällt dann einmal auf, wie weit die Bonner Realitätsverdrängung schon weg ist von der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Jüngstes Beispiel war im Sommer die peinliche Veranstaltung zum Flugbenzin. Dann wird hektisch nach Beruhigungspillen für eine aufgebrachte Öffentlichkeit gesucht, aber nur, damit es dann hinterher erst recht so weitergehen kann wie zuvor.
    Ulrich Beck, den ich vorhin schon einmal zitiert habe, hat diesen wachsenden Abstand der offiziellen Politik zur Gesellschaft so zugespitzt — ich zitiere — :
    Die gesellschaftlichen Institutionen werden zu Konservatoren einer sozialen Wirklichkeit, die es immer weniger gibt. Frei nach Brecht könnte man sagen: Wir geraten immer mehr in eine Situation, in der die Regierungen sich gezwungen sehen können, das Volk abzuwählen, und die Verbände vielleicht nicht umhinkönnen, ihre Mitglieder zu entlassen.
    Die bestehenden Institutionen sind nicht einmal mehr im Ansatz in der Lage, auf die heutigen Probleme angemessen zu reagieren. Das ist der Hintergrund dafür, daß es in der Gesellschaft einen tief sitzenden Bruch gegenüber den Institutionen und gegenüber der offiziellen Politik heute gibt und daß sich diese Tendenzen verstärken. Das hat nicht nur positive Aspekte, sondern bringt auch die Schwierigkeit mit sich, daß aktiver Veränderungswille heute Probleme hat, einen gesellschaftlichen Ort zu finden, weil man zunehmend weniger glaubt, daß die große Politik überhaupt noch etwas bewegen kann außer ihrer eigenen Bestandserhaltung.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Das ist auch der Grund, weshalb in der Gesellschaft Einstellungen um sich greifen, die sagen: Laßt die Politiker doch machen, was sie wollen, es juckt uns nicht, und es ist am Ende doch belanglos. So denken mittlerweile viele. Ich halte diese Entwicklung nicht nur deshalb für gefährlich, weil sie letztlich auch bei uns Spuren hinterläßt. Sie ist vor allem deshalb gefährlich, weil in Wirklichkeit die Anforderungen an Politik in einer Zeit der ökologischen Risikogesellschaft und der tiefgreifenden sozialen Umbrüche größer sind als jemals zuvor. Deshalb wird es um so folgenreicher sein, wenn die Politik der Gesellschaft hoffnungslos hinterherhechelt und ansonsten nur noch unangenehme Skandalgerüche verbreitet, wie das für die Politik zutrifft, für die diese Regierung steht.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN)

    Wir brauchen eine grundlegende Neuorientierung der Politik und der politischen Institutionen. Dafür werden andere Mittel als die einer pragmatischen Reformpolitik nicht zur Verfügung stehen. Aber diese
    Mittel müssen endlich gebündelt eingesetzt werden, damit ein neues Gefüge entstehen kann in der Beziehung zwischen Arbeit, freier Zeit und sozialer Absicherung und damit eine neue Ökonomie durch ein neues ökologisches Leitbild als grundlegendes Kriterium entstehen kann.
    Meine Damen und Herren, am ersten Tag dieser Haushaltsdebatte kann nicht ganz über das hinweggegangen werden, was in der letzten Sitzungswoche im Bundestag vorgefallen ist. Herr Jenninger ist zurückgetreten. Die persönliche Seite dieses unglückseligen Auftritts ist damit abgeschlossen. Darum kann es also nicht gehen.
    Gefragt werden muß aber schon danach, was dieser Auftritt im Bundestag und in der Bundesrepublik des Jahres 1988 bedeutet hat und was er bedeuten wird im Blick auf die zahlreichen Veranstaltungen, die für das kommende Jahr geplant sind. Eines kann dabei mit Sicherheit gesagt werden: All diejenigen, die mit Weizsäckers Rede am 8. Mai 1985 ein Kapitel bundesdeutscher Vergangenheit abgeschlossen und ein neues aufgeschlagen sahen, sind widerlegt. Die Last mit der Vergangenheit ist noch lebendiger, als viele es wahrhaben wollten. Der Bundestag muß sich deshalb mit diesen Themen beschäftigen, bevor im nächsten Jahr die offiziellen Feierlichkeiten anstehen.
    Theo Sommer hat in diesem Zusammenhang in der „Zeit" von der — ich zitiere — „Fühllosigkeit des guten Gewissens" gesprochen. Er sieht diese Fühllosigkeit in Jenningers — und jetzt zitiere ich Sommer —„kaltherzigen Zitaten über hakennasige jüdische Blutschänder" . Er sieht diese Fühllosigkeit ebenso in den Sätzen eines Berliner „ taz " -Autors, der geschrieben hat, die Disco sei bereits abends um acht „gaskammervoll" gewesen.
    Es ist zu einfach, solche Dinge als rhetorische oder sprachliche Entgleisung abzutun.

    (Frau Roitzsch [Quickborn] [CDU/CSU]: Sie entgleisen hier doch auch!)

    Denn das Gemeinsame an beiden Äußerungen ist, daß beide ein erschreckendes Maß an Unbetroffenheit zum Ausdruck bringen, welche letztlich — ob gewollt oder nicht — Verbrechen bagatellisiert.
    Diese Art Umgang mit Sprache in der Bundesrepublik macht schon heute eines deutlich: Wer glaubt, im Frühjahr 1989 anläßlich des 40. Gründungstags der Bundesrepublik ein biedersinniges Freudenfest feiern zu können, wird von der Last der Vergangenheit eingeholt werden.
    Und wenn das Problem eines solchen Sprachgebrauchs in der Bundesrepublik heute angesprochen ist, dann muß auch jenes fürchterliche Wort von der „durchrassten Gesellschaft", wie wir es aus dem Munde von Herrn Stoiber hören mußten, hier aufgegriffen werden.
    Sicher, Herr Stoiber hat dieses schreckliche Wort wieder zurückgenommen. Aber ein maßgeblicher Repräsentant einer Landesregierung und wichtiger Funktionär einer Koalitionspartei kann einen solchen Begriff auch dann nicht einfach ungeschehen machen, wenn er sich korrigiert hat.



    Kleinert (Marburg)

    Wieso kann ein maßgeblicher Politiker in einem Gespräch über Ausländerpolitik ein solches Wort überhaupt gebrauchen? Beweist diese Fähigkeit zu einem solchen Begriff aus dem Wörterbuch des Unmenschen nicht doch, wie sehr mindestens im Unterbewußten auch heute noch etwas mitgeschleppt wird aus unseligen Traditionen? Verweist dies nicht auch auf vielleicht doch ganz tiefsitzende Ängste und schreckliche Ressentiments, die bis heute weiter wuchern und die an ganz unselige Zeiten erinnern?
    Es gibt noch andere Beispiele für die Aktualität der Frage nach dem Umgang mit der Vergangenheit. Was ist eigentlich davon zu halten, wenn in einer Antwort des Bundesinnenministers auf eine Kleine Anfrage der GRÜNEN im Herbst 1988 die Formulierung auftaucht — ich zitiere — : „Faschismus ist ein politischer Kampfbegriff, den vor allem Kommunisten verwenden"?

    (Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

    Was ist davon zu halten, wenn es in einem Entwurf für ein neues Ausländerrecht aus dem Hause des Herrn Zimmermann heißt, Ausländer gefährdeten — Zitat — „die Homogenität der Gesellschaft ... die gemeinsame deutsche Geschichte, Tradition, Sprache und Kultur " .

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Das ist Rassismus, etwas vornehmer ausgedrückt!)

    Meine Damen und Herren, wenn man nur die Sprache berücksichtigt, die da zum Ausdruck kommt, dann müßte man meinen, im Innenministerium hätte sich eine rechtsradikale Kampftruppe eingenistet.

    (Beifall bei den GRÜNEN und Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

    Fühllosigkeit in der Sprache kann man dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Späth bei seinen Vorschlägen zur Änderung des Asylrechts nicht vorhalten. Bei ihm liegt das Problem in der Sache. Späth propagiert ganz offen die Einschränkung des Asylrechts. Er beweist damit nicht nur seine Gegnerschaft zu einer Politik der offenen Grenzen. Er zeigt auch, wie wenig er von dem besonderen historischen Zusammenhang begriffen hat, in dem gerade in der Bundesrepublik nach der Erfahrung des Faschismus das Asylrecht entstanden ist.
    Dieser Zusammenhang verpflichtet in der Bundesrepublik zu einem Höchstmaß an Liberalität und Toleranz im Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen, aus anderen Rassen und mit anderer Hautfarbe.
    Wer wirklich Konsequenzen aus jener Vergangenheit ziehen will, hat deshalb nicht auf rechtes Stammtischgeschwätz zu schielen, sondern er muß die eigentliche Aufgabe in der praktischen Umsetzung jener multikulturellen Gesellschaft sehen, von der neuerdings sogar Heiner Geißler spricht. Das Konzept einer multikulturellen Gesellschaft muß gegen Angst, gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen Nationalismus und gegen Ausländerhaß gesetzt und durchgesetzt werden. Das wäre eine der entscheidenden Konsequenzen aus jener Geschichte, die uns neulich hier erneut eingeholt hat.
    Danke schön.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Graf Lambsdorff.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! In der Tat, Herr Kleinert, wird die Bundesrepublik vor einer nicht leichten Aufgabe stehen, wenn sie im nächsten Jahr darangeht, dieses Jubiläum zu feiern. Schon das müßte man ein wenig in Anführungsstriche setzen. Wir alle wissen das. Wir fragen uns überhaupt, wie kurzlebig unsere Zeit geworden ist, wenn 40 Jahre ein Jubiläumsdatum sind.

    (Walther [SPD]: Richtig!)

    Muß eigentlich jedes Jahresdatum zu einer Feier herhalten? Aber nun gut. Es wird so kommen.
    Es ist sicherlich nicht nur Anlaß zum Jubel. Es ist auch Anlaß zur Sensibilität. Es ist aber auch Anlaß — und das lassen wir uns nicht wegnehmen —, mit einigem Stolz auf das zu sehen, was wir erreicht haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich jedenfalls — und ich denke, das gilt auch für die meisten meiner Freunde — bin unbeschadet aller Schwierigkeiten, Defizite und Probleme, die ich sehe, gern und aus Überzeugung Bürger der Bundesrepublik Deutschland und lebe gern in diesem Land.
    Ich habe keinen Zweifel und will auch nicht wegdiskutiert sehen, daß es bei uns Ausländerfeindlichkeit und auch Antisemitismus gibt. Ich denke und hoffe, es sind Restbestände. Aber wer wollte das übersehen und verschweigen? Es gibt sie. Solche Gefühle, solche Ressentiments oder Sentiments sind überall schlecht. Bei uns, in unserem Lande sind sie vollständig unakzeptabel. Es ist unsere Aufgabe, uns das nicht im Parlament gegenseitig vorzuhalten, sondern draußen dahin zu wirken, daß solche Gefühle und solche Äußerungen unterbleiben und korrigiert werden.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)

    An eines, Herr Kleinert, glaube ich allerdings nicht: daß man das mit Gesetzen, mit Strafgesetzen regeln kann. Den Geist und das Denken von Menschen mit Strafgesetzen ändern zu wollen,

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Das habe ich doch gar nicht gesagt!)

    das ist eine Auffassung, die wir nicht teilen. Strafgesetze helfen hier nicht.
    Aber ansonsten nehme ich das, was hier zum Ausdruck gebracht worden ist, schon ernst, und wir nehmen es ernst.
    Im übrigen, nun etwas weniger ernst: Ich glaube, von Technik, so haben Sie das hier dargetan, verstehen Sie etwas. Von Pyrotechnik verstehen Sie nichts. Knallfrösche zerplatzen und sind weg — und ich bin hier.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




    Dr. Graf Lambsdorff
    Herr Kollege Vogel, die Freie Demokratische Partei bedankt sich bei Ihnen — der Vorsitzende erst recht — für Ihre freundlichen Worte zu meiner Wahl. Wir werden hier noch häufig aneinandergeraten.

    (Dr. Vogel [SPD]: Sicher!)

    Das ist klar. Aber wir müssen uns die Fähigkeit erhalten, in Situationen, in denen es darauf ankommt, miteinander sprechen zu können. Wir haben schon früher erfahren, daß es solche Situationen gibt, die sich keiner wünscht, die aber nicht vermeidbar sind.
    In der Politik wie im privaten und wirtschaftlichen Leben steht man immer wieder einmal vor der Frage: Wie hoch soll ich eigentlich die Meßlatte für die Ziele legen, die ich anzustreben habe? Lege ich sie hoch, so laufe ich das Risiko, es nicht zu schaffen und die selbstgesetzten Erwartungen nicht zu erfüllen. Lege ich sie niedrig, so bewegt man nicht viel. Diese Regierung und diese Koalition haben die innenpolitische Meßlatte dieser Legislaturperiode wahrlich hoch angesetzt; sehr hoch. Allein die drei Reformwerke: Steuerreform, Gesundheitsreform und Rentenreform! Jedes einzelne reichte eigentlich für eine Legislaturperiode. Es ist festzustellen: Wir sind im Zeitplan. Wir erfüllen unser Pensum. Wir tun das, was wir uns vorgenommen haben. Wir werden nicht allen Erwartungen gerecht. Das können wir überhaupt nicht. Wir werden auch nicht alle selbstgesetzten Ziele erreichen. Auch dafür lag die Meßlatte zu hoch.
    Dennoch, ich halte es für richtig, sie so hoch gelegt zu haben. Die Steuerreform hat ihre Schönheitsfehler; nicht die, die Sie zitieren. Aus unserer Sicht sind schon mit den Stichworten Quellensteuer und gespaltener Spitzensteuersatz solche Schönheitsfehler erwähnt. Aber — Herr Dregger hat recht — es ist über Jahrzehnte nicht gelungen, den linear-progressiven Tarif einzuführen, den Mittelstandsbauch zu beseitigen und, was viel wichtiger als die Spitzensteuersätze ist, die leistungstötende Wirkung der Grenzsteuersätze im mittleren Einkommensbereich auch bei Facharbeitern endlich etwas herunterzufahren.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das ist bei allen Fehlern gute und richtige Steuerpolitik. Es ist Reform. Es ist erst die dritte steuerpolitische Reform in der Geschichte der Bundesrepublik: Die Einführung der Mehrwertsteuer, das Anrechnungsverfahren bei der Körperschaftsteuer und jetzt die Einführung des linear-progressiven Tarifs. Das ist Reform, die auch jede andere Regierungszusammensetzung überstehen wird, weil sie richtig ist und weil sie gut ist. Freuen Sie sich aber nicht zu früh, Herr Wieczorek, wegen dieser Bemerkung.
    Meine Damen und Herren, die Gesundheitsreform ist ein erster Schritt. Endlich wird einer getan. Er ist doch notwendig. Die Kostenexplosion im öffentlichen Gesundheitswesen kann so nicht ungehindert weitergehen. Die daraus folgende Beitragsexplosion gefährdet weiter Arbeitsplätze, belastet die Arbeitskosten und die Produktivität. Die Einsparungen, die vorgenommen werden, betreffen alle, bildlich gesprochen: vom Geburtshelfer bis zum Bestattungsunternehmer. Es kann nur Ärger geben, auf der ganzen Front. Denn niemand läßt sich gerne etwas wegnehmen. Wir wissen, daß hier auch aus der Sicht der FDP auf alle Fälle noch Defizite gegeben sind. Es muß ein zweiter Schritt folgen, und er wird folgen. Es kann nicht so bleiben, daß der große Anteil, den die Krankenhäuser am öffentlichen Gesundheitswesen kosten, unberücksichtigt bleibt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir stehen in der Rentenreform vor abschließenden Beratungen. Es ist zum erstenmal ein Ansatz gemacht worden — wie ich denke, ein erfolgversprechender und richtiger Ansatz — , die demographische Entwicklung einzufangen. Die sieht für die Bundesrepublik verheerend aus. Das weiß doch jeder. Die Zahlen stehen fest. Wir müssen uns also darum bemühen. Es ist — ich freue mich über die anerkennenden Worte, Herr Kollege Dregger; über Urheberrecht und darüber, wer zuerst darüber nachgedacht hat, will ich gar nicht streiten — ein Stück Gleichberechtigung — im Sinne von Kindererziehungszeiten — von der Koalition vorgeschlagen und in diesen Entwurf aufgenommen worden. Wir begrüßen es, daß die Sozialdemokraten bereit sind, über dieses wichtige Stück deutscher Politik Gespräche zu führen und, wenn es geht, zu gemeinsamen Entscheidungen zu kommen.
    Aber das Festhalten an einer starren Altersgrenze, Herr Vogel, keine Flexibilität auch für solche aufzunehmen, die länger arbeiten wollen, und für andere, die kürzer — —

    (Zuruf von der SPD)

    — Wenn wir darüber schon reden, sieht es ein bißchen anders aus.

    (Dr. Vogel [SPD]: Massenarbeitslosigkeit! Das gibt nur mehr Arbeitslose!)

    Wenn es am Ende heißt: Die Altersgrenze muß festgeschrieben werden und der Bundeszuschuß — ich übertreibe jetzt etwas — verdreifacht werden, dann waren es etwas platonische Liebeserklärungen, daß wir hier vielleicht doch zueinander kommen könnten. Ich will hoffen, daß es geht.
    Meine Damen und Herren, es geht nicht alles so, wie man manchmal bei Ihnen den Eindruck hat, als könne man solche Reformen ohne jede Einschränkung zustande bringen. Manna vom Himmel regnen lassen können nämlich auch Sie nicht.

    (Dr. Vogel [SPD]: Das haben wir doch nach 1969 gelernt!)

    In Wahrheit sind einige von Ihnen unterwegs, um die Bürger dieses Landes mit Abgaben und Steuern in einer Weise zu schröpfen, wie wir das früher noch nie gehabt haben. Ich brauche mir nur anzusehen, was der Senator Scherf an steuerpolitischen Vorstellungen kürzlich verkündet hat: kein Grundfreibetrag mehr ab 130 000 DM; die Staatsquote soll — so expressis verbis gesagt — über höhere Steuern heraufgesetzt werden, freie Berufe rein in die Gewerbesteuer, Quellensteuer 25 %, verdreifachte Mehrwertsteuer bei Pkw ab 60 PS, Mineralölsteuer verdreifachen. Das, meine Damen und Herren, kommt aus Ihren Reihen, und es kommt unwidersprochen aus Ihren Reihen.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Denken Sie an die normalen Arbeitnehmer!)




    Dr. Graf Lambsdorff Das wundert mich so.
    Bei Herrn Scherf bin ich in Bremen. Herr Vogel, der Bundeskanzler wird sich für die CDU mit Ihnen auseinandersetzen. Das ist nicht meine Aufgabe. Aber ein Wort will ich Ihnen doch sagen. Bremen sollten Sie schon erwähnen, wenn es um den Zustand von Parteien geht.

    (Dr. Vogel [SPD]: Da ist die CDU noch in Ordnung!)

    Kümmern Sie sich um Bremen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Es hat lange gedauert, bis der Innensenator Meyer gegangen ist. Aber immerhin ist er gegangen, und Herr Schnoor ist immer noch da.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Vogel [SPD]: Er hat doch gar keinen Grund!)

    Bei Herrn Schnoor hat man den Eindruck,

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Sie sind noch nie gegangen, obwohl Sie verurteilt wurden!)

    er sei auf seinem Sessel nicht festgeklebt, sondern festgeschraubt und verlötet.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU — Dr. Vogel [SPD]: Lambsdorff, wie lange hat es bei Ihnen gedauert?)

    Selbst Herr Penner hat neulich schon ein kleines Anzeichen der Bedenken gegeben.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Dr. Penner [SPD])

    — Ich weiß, ich weiß, Herr Penner, Sie sind zur Ordnung gerufen worden, und Disziplin ist alles.
    Was der FDP-Fraktionsvorsitzende im Landtag von Nordrhein-Westfalen gestern gesagt hat: Die Art und Weise, wie sich Herr Schnoor der Kritik des Parlaments entzieht, indem er die Polizei als Schutzschild mißbraucht, um sich selbst zu schützen, ist undemokratisch, das ist auch die Meinung der FDP-Bundestagsfraktion

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Das ist ungehörig, was Sie hier sagen!)

    und der gesamten Partei.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Das ist ungehörig und falsch!)

    Herr Schnoor braucht uns, meine Damen und Herren, über die Notwendigkeiten der inneren Sicherheit nicht zu belehren, jedenfalls nicht so lange, wie er die Kiefernstraße in Düsseldorf verteidigt. Vielleicht lesen Sie sich dazu einmal durch, was der Fraktionsvorsitzende Farthmann zu diesem Thema gesagt hat.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Sie brauchen uns zum Thema Rechtlichkeit überhaupt nicht zu belehren, Graf Lambsdorff, Sie nicht!)

    Fragen der inneren Sicherheit, meine Damen und
    Herren, sind sicherlich von der Materie her schwierig.
    Aber rechtsfreie Räume entstehen lassen, wie das in
    diesem Düsseldorfer Bereich der Fall ist, das kann nicht die Antwort auf solche Entwicklungen sein.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Was macht die FDP alles mit? Sicherheitsgesetze! Artikelgesetze! Sie stützen doch den Zimmermann!)

    Ich sagte, Fragen innerer Sicherheit seien von der Materie her schwierig. FDP und CDU/CSU gehen hier in einigen Bereichen von unterschiedlichen Ausgangspositionen aus.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Ist doch nicht wahr! Sie unterstützen alles, was läuft!)

    Wir haben das immer gewußt. Aber wir werden die Sicherheitsgesetze, die sogenannten Sicherheitsgesetze, die im Parlament eingebracht sind, verabschieden.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Sehen Sie: Jetzt fällt er schon wieder um!)

    — Wir haben das längst beschlossen, und Sie wissen das natürlich auch ganz genau.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Aber sicher! Große Töne reden Sie nur!)

    Und wir werden die Datenschutzgesetze und die dazugehörigen Gesetze der Dienste mit den Vorbehalten ins Kabinett bringen, die wir nach langer und sorgfältiger Beratung für notwendig halten, für notwendig in dem Sinne, daß in den Fraktionen noch einmal darüber gesprochen wird.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Das ist aber eindrucksvoll!)

    Wir sind der Meinung, daß die Bürger im Lande ein Tätigwerden auf diesem Gebiet von den hier Verantwortlichen erwarten. Wir wissen, daß wir ein volles Durchsetzen unserer liberalen Position nicht erreichen können. Wir werden uns erträglichen und vertretbaren Kompromissen nicht verschließen. Aber auch Kompromißbereitschaft — das sei hinzugefügt — hat ihre Grenzen. Ich denke, wir werden die Grenzen nicht ausloten müssen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Erfolgsbilanz der Politik dieser Regierung in der Wirtschaftspolitik ist völlig eindeutig. Ich brauche das hier nur ganz kurz anzuführen: Wachstumsrate von 3,5 in diesem Jahr, Preisstabilität. Herr Vogel hat davon gesprochen, daß das durch die Energiepreise entstanden sei, und gemeint, das sei nur die Auswirkung des internationalen Ölpreismarktes. Sie schreiben unsere eigenen gemeinsamen Bemühungen zu klein, daß wir nämlich 1973 angefangen haben, wirklich Marktwirtschaft zu exerzieren und damit auch auf die ölproduzierenden Länder durch die Entkoppelung von Energieverbrauch und Wachstum, durch Einsparungsbemühungen,

    (Dr. Vogel [SPD]: Das war ja nicht so schlecht!)

    und zwar erfolgreiche, Druck auszuüben. Unsere Außenhandelsbilanz ist so gut in Ordnung, daß es eher
    Ärger im Ausland gibt. Die Investitionen steigen. Der



    Dr. Graf Lambsdorff
    Konsum steigt. Die Aussichten für 1989 werden vom Sachverständigenratsgutachten positiv bewertet.
    Wir haben wirklich nichts zu beklagen, mit der Ausnahme des einen Punktes — und dies bestreite ich überhaupt nicht — : Arbeitslosigkeit, Arbeitslosigkeit, über die man vieles sagen könnte, auch über das Thema Statistik. Aber ich will keine Statistik-Diskussion, solange die Zahlen und die Einzelschicksale eine wichtige Rolle spielen. Aber wir machen wohl darauf aufmerksam, daß seit vielen Jahren die Hauptverantwortung bei den Tarifvertragsparteien liegt, die diese Verantwortung erst in sehr letzter Zeit besser wahrnehmen. Es ist eine Tarifpolitik betrieben worden, die immer nur diejenigen sichert und immer nur denjenigen nutzt, die Arbeit haben, und die sich um die, die vor den Fabriktoren stehen, nicht kümmert. Das ist zu kritisieren. Das geht an die Adresse der Tarifvertragsparteien, ganz besonders dann, wenn man Tarif autonomie will, wie wir es wollen und wie wir sie verteidigen wollen.

    (Reimann [SPD]: „Immer nur" ist falsch!)

    Das Verhältnis zu den Gewerkschaften — Herr Kollege Vogel, Sie haben davon gesprochen — sollte kein feindschaftliches Verhältnis sein. Einverstanden. Auch wir wollen das nicht. Wir wollen eine vernünftige und sachliche Gesprächsbasis mit einer wichtigen, großen Organisation oder: vielen wichtigen, großen Organisationen.
    Trotzdem kann ich nicht übersehen, daß ich hier z. B. ein Flugblatt der IG Metall aus Saarbrücken mit der Überschrift auf dem Tisch habe: „Kriminelle, Gangster und Banditen. Daß Lambsdorff, Bangemann, Kohl, Geißler und Stoiber sich die Zerschlagung des DGB an die Fahne geschrieben haben, ist nichts Neues". Das finde ich nicht besonders unfeindschaftlich, wie Sie zugeben werden.
    Auf der anderen Seite haben wir gestern bei der IGBE in Dortmund eine Diskussion erlebt, die eine vorbildliche demokratische Auseinandersetzung darstellte und in der man in einer Weise miteinander umgegangen ist, wie ich es mir für andere Gespräche, wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt — und die gab es in Dortmund natürlich auch — , wünsche.

    (Mischnick [FDP]: Sehr richtig!)

    Es gibt, meine Damen und Herren, auch Defizite in unserer Bilanz. Herr Kleinert hat das Thema Umweltschutz angesprochen. Daß er im übrigen gleich wieder verschwindet, wenn er seine Rede hier abgeschlossen hat — —

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Er hat einen Termin! — Dr. Waigel [CDU/CSU]: Er muß sich für seine Rede bei der Basis verantworten!)

    — Sie ersetzen ihn vorzüglich, Frau Kollegin Schoppe. Trotzdem möchte man ganz gerne eine Auseinandersetzung fortsetzen können.
    Das Thema Umweltschutz stellt uns nach wie vor vor große Probleme. Viele davon — und da liegt einer der Punkte, warum uns die Ergebnisse nicht so befriedigen, wie wir es gerne hätten — können überhaupt nur europäisch grenzüberschreitend, aber nicht nur nach Westen, sondern auch nach Osten, gelöst werden. Umweltschutz hat heute eine internationale Dimension angenommen, die in ihrer Bedeutung der Friedenspolitik und der Abrüstungspolitik gleichkommt; denn hier geht es um die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen für die Menschen.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Aber national alleine ist nur Mäßiges zu bewegen. Das ist keine Ausrede, daß Defizite entstehen, wo nichts bewegt worden ist und wo man etwas hätte tun können.
    Wir werden weiter daran arbeiten, und wir werden mit Ihnen, Herr Vogel, und mit Ihren Freunden Gespräche führen müssen, um den Umweltschutz als Staatsziel in das Grundgesetz aufnehmen zu können. Hier müssen wir uns aufeinander zubewegen, wenn wir eine Zweidrittelmehrheit bekommen wollen, die ja von allen hier in diesem Hause mitgetragen werden muß. Wir sehen es auch hier als wertvoller an, eine Regelung zu bekommen, auf die man sich verständigen kann, als eine ideale Regelung an den Himmel zu hängen, für die es eine Mehrheit nicht geben kann und nicht geben wird. Wir sind für praktische Politik und nicht für Theoriediskussionen.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Zu dem, was Herr Kleinert vorhin gesagt hat, ist anzumerken, ob Umweltschutz auf Dauer erfolgreich betrieben werden kann, wenn man eine Regel, eine Verordnung, eine Anweisung, eine Beschränkung auf die andere häuft. Keiner findet sich in dem Dickicht mehr zurecht. Die Verfahrensdauern für Genehmigungsverfahren und Anträge sind ganz unerträglich lang geworden; ich will es hier nicht weiter erörtern. Es gibt Anlaß, darüber zu sprechen.
    Diese Bundesregierung ist außergewöhnlich erfolgreich auf dem Gebiete der europäischen Politik. Es war der Durchbruch unter deutscher Präsidentschaft — Herr Bundeskanzler, Sie und der Außenminister haben sich in dieser Sitzung im Februar in Brüssel große Verdienste erworben — , der überhaupt den Weg zum einheitlichen Markt geöffnet hat. Aber nun haben wir auch eine Bitte an Sie, von der wir wissen, daß sie bei Ihnen und bei dieser Regierung auf offene Ohren trifft: Bitte sorgen Sie dafür, daß daraus wirklich der offene Markt Europa und nicht die Festung Europa wird.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Mehrzahl unserer Partnerländer vertritt diese Auffassung nicht; machen wir uns nichts vor. Es wird harter Arbeit bedürfen, das durchzusetzen.
    In der Deutschlandpolitik hat der Kollege Dregger aufgezählt, was wir im Zustand der deutschen Trennung, den wir alle eines Tages zu überwinden hoffen, an praktischer Erleichterung für die Menschen geschaffen haben: Reiseverkehr, Reiseerleichterungen auch für West-Berliner, Städtepartnerschaften, Universitätspartnerschaften, Umsiedler und Aussiedler.
    Zur Aussiedlerfrage: Die Freie Demokratische Partei hat es immer begrüßt, daß mehr Großzügigkeit auf der Seite der DDR eingetreten ist. Wir sagen ausdrücklich — die Bundesregierung und die Koalition



    Dr. Graf Lambsdorff
    haben es nicht getan; wir wollen es auch nicht — : Wir wollen keine Abwerbung in der DDR. Wir wollen nicht Menschen motivieren, sie bewegen, sie anreizen, ihre Heimat zu verlassen. Wir begrüßen es, daß die Evangelische Kirche in der DDR diese Position einnimmt. Wir sind gespannt, ob es der Vatikan wirklich fertigbringt und veranlassen wird, daß der in Ost-Berlin residierende Kardinal nach Köln ausreist.
    Ein paar Worte zur Außenpolitik: 1987 war das erfolgreichste Abrüstungsjahr seit dem Zweiten Weltkrieg. Es war eigentlich das erste Jahr, in dem wirklich abgerüstet worden ist, in dem eine ganze Waffengattung beseitigt worden ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

    Das INF-Abkommen ist ein großer Erfolg dieser Bundesregierung, dieser Koalition und ihrer Politik. Ich weiß, daß Sie von der Opposition dem nicht zustimmen, aber diese intellektuelle Einsicht muß eines Tages bei Ihnen aufgebracht werden: Das INF-Abkommen ist eine unmittelbare Folge des hier von der Mehrheit des Hauses unterstützten NATO-Doppelbeschlusses. Es ist nicht eine Folge der Politik der Friedensbewegung, der GRÜNEN und der Sozialdemokraten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Bundesregierung hat erfolgreich die Beziehungen zur UdSSR verbessert — wir haben über den Moskau-Besuch des Bundeskanzlers und des Außenministers gesprochen. Gleichzeitig ist die Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten erhalten und ausgebaut worden. Wir legen Wert darauf, daß wir mit diesem wichtigsten Partner im westlichen Bündnis in guten und freundschaftlichen Beziehungen leben. Wir legen Wert darauf, weil das für unsere Sicherheit von entscheidender Bedeutung ist.
    Wenn Herr Mechtersheimer von den GRÜNEN sagt — ich zitiere das wörtlich — : „Die NATO gehört auf den Misthaufen" : Das, meine Damen und Herren, wäre dann wohl der „Misthaufen", den grüne Politik bereiten würde, wenn sie es denn könnte. Zum Glück können sie das nicht.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie sind hier eingezogen, Frau Schoppe — ich habe das ja miterlebt —, unter den lauten Rufen: „Frieden stiften", „Versöhnung", „Harmonie". Verglichen mit der Art, wie Sie miteinander umgehen, sind alle anderen Bundestagsparteien Harmonievereine.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/CSU — Lachen bei den GRÜNEN)

    Die grüne Partei — ich unterstreiche dabei das Wort „Partei" — ist zu konstruktiven Politikbeiträgen unfähig. Für einzelne Abgeordnete der GRÜNEN gilt dieses Urteil so nicht.
    Herr Vogel, wir sind mit Ihnen einer Meinung — wir brauchen da auch nicht ermahnt zu werden; ich habe es auch nicht so verstanden — in der Frage der Menschenrechte. Liberale begrüßen selbstverständlich jede freiheitliche Regelung, die sich gegen staatlich verordnete Ruhegebote auflehnt, vor allem wenn diese Ruhegebote nicht demokratisch legitimiert sind.
    Das sehen wir in den baltischen Staaten der Sowjetunion mit der gleichen Sympathie wie in den Kirchengemeinden der DDR, in der Danziger Lenin-Werft wie auf dem Wenzelsplatz in Prag, in Chile wie in Südafrika. Da gibt es keine Unterschiede. Aber über eines wird man ja vielleicht noch streiten dürfen, ohne gleich geziehen zu werden, man wolle die Menschenrechte gar nicht durchsetzen: über die Art und Weise, wie man zur Einhaltung der Menschenrechte in solchen Ländern kommt. Derjenige, der gegen wirtschaftliche Sanktionen Bedenken äußert, ist deswegen kein Verächter der Menschenrechte, um es kurz-zufassen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wenn ich auch die Fehler und Ungeschicklichkeiten betrachte, die wir begangen haben — wer regiert, macht Fehler, und wer Entscheidungen trifft, macht Fehler, und Ungeschicklichkeiten werden auch begangen; es könnten manchmal ein paar weniger sein; es würde Ihnen leid tun, aber uns würde es freuen — , dann müßten wir ja eigentlich, vor allen Dingen wenn ich Ihre Interpretation dieser Ungeschicklichkeiten höre, ganz mächtig in der Tinte sitzen,

    (Dr. Vogel [SPD]: Tut ihr auch!)

    aber das ist nicht der Fall. — Nein, wir tun es nicht, verehrter Herr Kollege Vogel, weil die Ergebnisse dieser Politik stimmen. Am Ende zählen Ergebnisse.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ergebnisse zählen nicht nur in der Mitte der Legislaturperiode, sondern sie zählen auch am Ende der Legislaturperiode.

    (Dr. Vogel [SPD]: Das haben Sie in unserer Koalition auch immer gesagt! Das kenne ich schon!)

    — Verehrter Herr Kollege Vogel, ich habe das auch schon zu Adenauers Zeiten erlebt, Sie auch. In der Mitte der Legislaturperiode hieß der nächste Bundeskanzler immer Ollenhauer, am Schluß war es wieder Adenauer. Diesmal wird es auch so sein.

    (Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir wollen dazu beitragen, daß diese Ergebnisse noch besser werden. Die Freie Demokratische Partei, Herr Bundeskanzler, wird ihren Beitrag in dieser Koalition leisten.
    Wir würden auch gerne sehen, daß die Präsentation noch mehr überzeugt. Eines, was der Kollege Kleinert hier gesagt hat, geht nun weit an der Wirklichkeit vorbei: Er hat von einem Werbefeldzug der Regierung gesprochen. Hätten wir einen, dann wäre ich ganz vergnügt, dann wäre ich ganz froh, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der FDP)

    Zur Verzagtheit gibt es nicht den geringsten Anlaß. Diese Koalition arbeitet erfolgreich. Sie wird weiter Erfolg haben. Die Freie Demokratische Partei, ihre Bundestagsfraktion stimmt dem Haushalt des Bundeskanzlers zu.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)