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    Plenarprotokoll 11/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Grunenberg 7415A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989 (Haushaltsgesetz 1989) (Drucksachen 11/2700, 11/2966, 11/3119) Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksachen 11/3204, 11/3231 — Dr. Vogel SPD 7415B, 7453 C Dr. Dregger CDU/CSU 7426 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 7432 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 7438 C Dr. Kohl, Bundeskanzler . . . . 7443A, 7454B Jungmann SPD 7454 C Dr. Geißler CDU/CSU 7457 A Frau Wieczorek-Zeul SPD 7461 C Austermann CDU/CSU 7465 B Wüppesahl fraktionslos 7467 A Namentliche Abstimmung 7469 D Ergebnis 7471D Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes — Drucksachen 11/3205, 11/3231 — Waltemathe SPD 7470 A Dr. Rose CDU/CSU 7473 C Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 7475 D Hoppe FDP 7477 D Wischnewski SPD 7479 C Dr. Stercken CDU/CSU 7481 C Verheugen SPD 7484 B Genscher, Bundesminister AA 7486 A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 11/3207, 11/3231 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 11/3217, 11/3231 — Dr. de With SPD 7490 D von Schmude CDU/CSU 7493 B Häfner GRÜNE 7494 D Kleinert (Hannover) FDP 7496 C Diller SPD 7498 A Engelhard, Bundesminister BMJ 7499 B Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 11/3219, 11/3231 — Esters SPD 7501 B Borchert CDU/CSU 7503 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 Frau Eid GRÜNE 7506 A Frau Folz-Steinacker FDP 7507 B Klein, Bundesminister BMZ 7508 D Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 11/3221, 11/3231 — Büchler (Hof) SPD 7511B Dr. Neuling CDU/CSU 7513 D Dr. Knabe GRÜNE 7516A Hoppe FDP 7517 B Hiller (Lübeck) SPD 7518 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . . 7519D Namentliche Abstimmung 7539 D Ergebnis 7540 A Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit — Drucksachen 11/3216, 11/3231 — Waltemathe SPD 7523 A Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 7525 C Frau Garbe GRÜNE 7529 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 7531A Schäfer (Offenburg) SPD 7532 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 7535C Namentliche Abstimmungen . . 7539B, 7539C Ergebnisse 7540B, C, D Nächste Sitzung 7540 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 7541* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 7415 108. Sitzung Bonn, den 22. November 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Endgültiges Ergebnis und Namensliste 109. Sitzung, Anlage 2 **) Endgültiges Ergebnis und Namensliste 109. Sitzung, Anlage 3 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bahr 22. 11. Dr. Bangemann 25. 11. von Bülow 23. 11. Dr. Dollinger 25. 11. Duve 24. 11. Dr. Ehrenberg 22. 11. Dr. Emmerlich 22. 11. Frau Fischer 24. 11. Francke (Hamburg) 24. 11. Dr. Haack 24. 11. Dr. Hauff 25. 11. Dr. Hornhues 22. 11. Graf Huyn 24. 11. Dr. Jenninger 25. 11. Frau Kelly 25. 11. Dr. Klejdzinski 24. 11. Dr. Köhler 24. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lenzer 24. 11. Lutz 22. 11. Meyer 25. 11. Dr. Müller 25. 11. Frau Pack 25. 11. Pfuhl 24. 11. Dr. Pick 22. 11. Rappe 22. 11. Regenspurger 24. 11. Rühe 22. 11. Dr. Scheer 24. 11. Schmidt (München) 25. 11. Schröer (Mülheim) 22. 11. Spranger 24. 11. Todenhöfer 22. 11. Vosen 23. 11. Dr. von Wartenberg 24. 11. Weirich 22. 11. Weiß (München) 22. 11. Würtz 24. 11. Dr. Zimmermann 23. 11.
Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, wir haben zuerst die Freude, Herrn Grunenberg zum 60. Geburtstag zu gratulieren.

(Beifall)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt I auf:
Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989 (Haushaltsgesetz 1989)

— Drucksachen 11/2700, 11/2966, 11/3119 —
Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß)

Wir beraten die Einzelpläne. Ich rufe zunächst auf:
Einzelplan 04
Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes
— Drucksachen 11/3204, 11/3231 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Jungmann Austermann
Dr. Weng (Gerlingen) Frau Rust
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat sind für die Beratung fünf Stunden vorgesehen. Eine Mittagspause ist von 13 bis 14 Uhr vorgesehen. — Das Haus ist damit einverstanden. Dann ist dies so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Vogel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Jochen Vogel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Guten Morgen!

    (Zurufe: Guten Morgen!)

    — Warum eigentlich nicht?

    (Heiterkeit und Beifall) Guten Morgen, Herr Bundeskanzler.

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten und erfreulich heiter gestimmten Kolleginnen und Kollegen!

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Wir haben auch Grund dazu! — Zustimmung bei der CDU/CSU)

    — Ja, Sie haben Grund dazu. — Seit der letzten Haushaltsdebatte ist an der Spitze zweier hier im Bundestag vertretenen Parteien eine Veränderung eingetreten. Sie, Herr Kollege Lambsdorff, sind zum Vorsitzenden der FDP gewählt worden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Herr Kollege Waigel, der sich sicher noch einfinden wird,

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Aber sicher!)

    ist Herrn Strauß als Vorsitzender der CSU nachgefolgt. Sie haben damit nicht nur für Ihre Parteien, sondern auch für unser Gemeinwesen insgesamt eine herausgehobene Verantwortung übernommen. Dazu gratuliere ich Ihnen im Namen meiner Partei und meiner Fraktion.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Ungeachtet aller Meinungsgegensätze wünsche ich Ihnen, daß Sie dieser Verantwortung gerecht werden können. An unserer Bereitschaft zum Dialog, zur streitigen Auseinandersetzung und, wo immer möglich, auch zum Konsens wird es dabei nicht fehlen, ganz gleich, wie in diesem Hause die Rollen jeweils verteilt sind.

    (Dr. Graf Lambsdorff [FDP]: Danke!)

    Wir behandeln heute den Einzelplan 04, also Ihren Haushalt, Herr Bundeskanzler, in zweiter Lesung. Dabei geht es weniger um die einzelnen Positionen dieses von Ihnen unmittelbar zu verantwortenden Haushaltsabschnitts, obwohl auch da einige kritische Fragen zu stellen sind. Etwa die Frage, warum die Aufwendungen für das Kanzleramt seit Ihrem Amtsantritt um mehr als 25 % — und damit deutlich stärker als die Bundeshaushalte insgesamt — und die Aufwendungen für das Ihnen unterstellte Bundespresseamt sogar um mehr als 30 % auf fast eine Viertelmilliarde DM gestiegen sind.

    (Hört! Hört! bei der SPD)




    Dr. Vogel
    Übrigens: Die Kosten-Nutzen-Analyse stimmt dabei ja selbst nach Ihrer Auffassung nicht, weil Sie trotz des Aufwandes ständig über die schlechte Darstellung Ihrer Politik jammern.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist auch zu fragen, warum das Bundespresseamt, für das Sie immerhin die politische Verantwortung tragen, in den alljährlichen Beanstandungen des Bundesrechnungshofs Jahr für Jahr einen besonders breiten Raum einnimmt. Zuletzt war da immerhin, Herr Bundeskanzler — Sie haben das sicher mit Aufmerksamkeit gelesen — von einer mangelhaften Organisation, von fehlenden Rechnungsbelegen und — man höre — von einer Verschwendung öffentlicher Mittel im Bundespresseamt die Rede.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Wir würden uns wünschen, daß der Regierungschef in seinem eigenen Zuständigkeitsbereich ein Muster an Sparsamkeit und ein Vorbild für korrekte Verwendung der Steuergelder darstellt.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Das tun Sie leider nicht. Im Gegenteil, Sie bieten ausweislich der Beanstandungen des Bundesrechnungshofs und ausweislich der Zahlen, die ich nannte, ein schlechtes Beispiel.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Dafür nimmt er es den Alten ab!)

    — Auch das.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Und den Jungen!)

    Aber er macht da keinen Unterschied zwischen den Generationen.

    (Heiterkeit bei der SPD und den GRÜNEN)

    Für einen sorglosen Umgang mit den öffentlichen Mitteln, Herr Bundeskanzler, spricht auch die Art und Weise, in der Sie selber den personellen Bestand der Bundesregierung aufgebläht haben. Am 1. Oktober 1982 gab es 61 Bundesminister und Staatssekretäre. Heute sind es 75, also 14 mehr. Das entspricht einer Steigerung um fast 25 %. Unter Einschluß der damit verbundenen Kosten für Dienstkraftwagen, Fahrer,

    (Zander [SPD]: Autotelefon!)

    Sekretärinnen und persönliche Mitarbeiter — einschließlich Autotelefon — entspricht das einem Mehraufwand von rund 5 Millionen DM.
    Herr Bundeskanzler, haben Sie eigentlich schon einmal darüber nachgedacht, daß mit der gleichen Summe von 5 Millionen DM statt 14 neuen Regierungsmitgliedern etwa 100 zusätzliche Arbeitsplätze etwa im Bereich der Arbeitsvermittlung, die diese Stellen dringend braucht, geschaffen werden könnten?

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Was sollen eigentlich andere Zweige und Institutionen der Bundesverwaltung davon halten, daß ihnen Personalabbau empfohlen wird, wenn Sie selber mit einem so miserablen Beispiel in Ihrem eigenen Bereich vorangehen?
    Auch für Bundesregierungen, besonders für die Ihre, gilt: Mehr ist nicht automatisch besser; und noch so viel Quantität kann die fehlende Qualität nicht ersetzen.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Es geht heute aber nicht so sehr um Ihre Detailverantwortung, obwohl auch Details sehr aufschlußreich und enthüllend sein können. Es geht um Ihre politische Gesamtverantwortung. Es geht um den Zustand unseres Landes, um die Sorgen und die Hoffnungen unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger und um die Auseinandersetzung mit Ihrer Politik, also mit Ihrem Handeln und Ihrem Unterlassen, aber auch mit unseren Alternativen.
    Für viele Menschen steht dabei die wirtschaftliche Lage im Vordergrund. Sie hat sich im Jahr 1988 insgesamt günstig entwickelt. Nicht nur die Sachverständigen, sondern auch Sie selber mußten die eigenen Voraussagen nach oben korrigieren und wir mit ihnen. Wir freuen uns über diese Entwicklung und die Notwendigkeit dieser Korrektur.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir verstehen auch, daß Sie diese Entwicklung für sich in Anspruch nehmen und den Eindruck erwecken wollen, daß sie unbegrenzt fortdauern werde, wenn man Sie nur machen ließe. Das haben auch frühere Bundesregierungen getan. Das gehört eben zum politischen Geschäft.
    Aber dabei werden wichtige Tatsachen und Gesichtspunkte verdrängt. Tatsachen, die bei einer redlichen Lagebeurteilung nicht beiseite geschoben werden dürfen. Ich nenne drei solcher Tatsachen.
    Erstens. Die Zahlen und Werte, besonders die Wachstumswerte, mit denen Sie argumentieren, sind — selbstverständlich, so füge ich hinzu — Durchschnittszahlen. Diese Durchschnittszahlen können nicht darüber hinwegtäuschen, daß es eben nicht allen besser geht, sondern daß es nicht wenigen Regionen und Branchen und darüber hinaus Millionen von Menschen in unserer Mitte, etwa den Arbeitslosen und den Sozialhilfeempfängern, sogar schlechter geht

    (Uldall [CDU/CSU]: Stimmt doch gar nicht!)

    als zu Beginn des Jahres oder zu Beginn Ihrer Amtszeit.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: So ist es!)

    Zweitens. Sie verschweigen, daß die wichtigsten Impulse für die positive wirtschaftliche Entwicklung vom Verfall der Ölpreise ausging, also von einem Geschehen, für das wohl noch nicht einmal Sie ein Verdienst in Anspruch nehmen wollen. Deshalb reden Sie auch nicht so gern darüber. Aber es ist die Wahrheit. Willy Brandt und Helmut Schmidt mußten mit zwei exorbitanten Ölpreissteigerungen fertigwerden.



    Dr. Vogel
    Ihnen sind zwei ebenso exorbitante Ölpreisrückgänge in den Schoß gefallen.

    (Zuruf von der SPD: War alles geplant! — Zuruf des Abg. Dr. Dregger [CDU/CSU])

    — Daß der Tüchtige immer Glück hat, Herr Kollege Dregger, erleben Sie gerade in den verschiedenen Bundesländern. Vorsicht!

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU)

    — Entschuldigung, Herr Zwischenrufer: Es ist an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten, daß Sie mir zurufen: Sie meinen wohl, weil Ihr Bruder abgewählt worden ist. Befolgen Sie die primitivsten Regeln des politischen Anstands, meine Herrschaften!

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Von 1973 bis 1981 stiegen die Aufwendungen für unsere Öleinfuhren von jährlich 9,1 auf jährlich 49,1 Milliarden DM. Bis 1987, während Ihrer Regierungszeit, sind sie dagegen von 49,1 auf 16 Milliarden DM gefallen. Das kam allein im letzten Jahr einem Konjunkturanstoß von über 33 Milliarden DM gleich und über die ganze Zeit einem Programm in der Gesamthöhe von mehr als 165 Milliarden DM. Diese Gelder sind durch die Senkung des Ölpreises für den privaten Verbrauch freigesetzt oder wurden als kostensenkende Faktoren in der Wirtschaft wirksam.
    Drittens. Die weltwirtschaftlichen Instabilitäten
    — darüber sollten wir uns alle nicht täuschen — sind keineswegs behoben. Die Schwankungen des Dollarkurses, die in den letzten Tagen aus ganz geringfügigen Anlässen, eigentlich nur wegen einer Äußerung eines Mannes, der möglicherweise als Berater des neuen Präsidenten fungieren wird, aufgetreten sind, haben das einmal mehr deutlich gemacht. Insbesondere dauert — das wissen wir alle — das gefährliche Ungleichgewicht zwischen den amerikanischen Leistungsbilanzdefiziten und den japanischen und den deutschen Leistungsbilanzüberschüssen ebenso an wie die Schuldenkrise der Dritten Welt und einiger europäischer Staaten. Der neue amerikanische Präsident — er hat das schon erklärt — wird die Dinge nicht einfach weiterlaufen lassen können. Kein Volk kann auf die Dauer so über seine Verhältnisse leben, wie unsere amerikanischen Freunde das seit langem tun.
    Wenn Amerika darangeht, das zu korrigieren, wird das wegen der engen weltwirtschaftlichen Verflechtung unserer Wirtschaft auch für uns spürbare Folgen haben. Dabei leugne ich gar nicht, meine Damen und Herren, daß die Defizitpolitik der Vereinigten Staaten für unsere wirtschaftliche Entwicklung in der Vergangenheit durchaus positive Auswirkungen gehabt hat.
    Dennoch bleibt — ich betone das — die erfreuliche Tatsache, daß unser Jahresbruttosozialprodukt seit Beginn dieses Jahrzehnts um 400 Milliarden DM gestiegen ist. Selbst wenn man die gesparten Ölpreismilliarden berücksichtigt, ist das eine eindrucksvolle Leistung, zu der unsere gesamte Volkswirtschaft fast ohne Ausnahme beigetragen hat und die Respekt verdient.
    Wenn ich dabei die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften an erster Stelle nenne, dann deshalb, weil Sie, Herr Bundeskanzler, häufig den Eindruck erwecken, die wirtschaftlichen Erfolge seien gegen die Begehrlichkeit der Arbeitnehmer und gegen die Unvernunft der Gewerkschaften erreicht worden. Das ist blanker Unsinn. In Wahrheit sind die verantwortungsvolle Haltung der Gewerkschaften und der Fleiß und das Können unserer Arbeitnehmerschaft eine entscheidende Voraussetzung dieses Erfolgs

    (Beifall bei der SPD)

    und einer unserer wichtigsten Standortvorteile.
    Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang immer wieder der Anteil der kleinen und mittleren Unternehmen. Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Die Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von weniger als 100 Millionen DM, also die kleinen und mittleren, beschäftigen zwei Drittel aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Volk, erwirtschaften rund 50 % unseres Sozialprodukts und erbringen über 80 % der beruflichen Ausbildung unseres Nachwuchses; das ist weit überproportional.
    Und wenn von neuen Arbeitsplätzen die Rede ist: Die sind ganz wesentlich in Betrieben mit unter 50 Beschäftigten, also nach der Terminologie bei den sehr kleinen Unternehmen, entstanden, während gleichzeitig die Zahl der Beschäftigten in den größeren und vor allem in den ganz großen Betrieben kontinuierlich abnahm, auch bis in die jüngste Gegenwart hinein.
    Das sind beachtliche Leistungen, für die ich allen Beteiligten, nicht zuletzt dem Handwerk, Dank und Anerkennung auch bei dieser Gelegenheit ausspreche.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Ich füge hinzu: Ich kann die Bitterkeit manches „kleinen" und „mittleren" Unternehmers verstehen, wenn er verfolgt, mit welcher Breite und Ausführlichkeit die Probleme einzelner Großunternehmen im Bundestag verhandelt werden, und wenn er verfolgt, wie rasch hier Milliardenbeträge fließen, während Sie, Herr Bundeskanzler, und ihre Koalition zugleich seit Jahr und Tag hartnäckig unseren Vorschlag ablehnen, dem Mittelstand durch die Einführung der steuerstundenden Investitionsrücklage tatsächlich zu helfen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Statt dessen — das ist mir auch von Ihrer Warte aus gesehen politisch völlig unverständlich — haben Sie in diesem Haushalt die Ansätze für die Mittelstandsförderung derart drastisch gesenkt, daß der Zentralverband des Deutschen Handwerks völlig zu Recht von einem noch nie dagewesenen Kahlschlag spricht.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Jetzt streiten Sie nach dem Motto „Haltet den Dieb" zwischen Union und FDP darüber, wer für dieses Debakel eigentlich verantwortlich ist. Wahrscheinlich hat dabei der Herr Wissmann, ihr wirtschaftspolitischer Sprecher, recht, wenn er sagt, was Sie da im



    Dr. Vogel
    Haushaltsausschuß beschlossen hätten, sei geradezu absurd und absolut unvertretbar. Aber wir werden alle hier erleben, wie derselbe Herr Wissmann, der das gesagt hat, wie alle Mittelständler in der Union und in der FDP und natürlich auch Sie, Herr Bundeskanzler, mit dem Haushalt des Wirtschaftsministeriums zusammen auch diese Absurditäten billigen und beschließen werden.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Ich wette einen hohen Betrag, daß sich nicht zehn in dieser Fraktion finden werden, die wenigstens in diesem Punkt unserem Änderungsantrag zur Wiederherstellung der Mittelstandsförderung zustimmen werden.

    (Walther [SPD]: Da bin ich mal gespannt!)

    Das ist Handeln und Reden in zwei verschiedenen Ausfertigungen.
    Mit diesen Streichungen sparen Sie übrigens weniger, als Ihre Regierung kürzlich einer einzigen Firma, nämlich MBB, anläßlich der Fusion mit Daimler-Benz bewilligt hat. Daß es sich bei dieser Fusion außerdem um einen schweren Schlag gegen alle Grundsätze unserer Wettbewerbsordnung handelt, daß hier gefährliche Abhängigkeiten entstehen, daß Sie eine geradezu klassische Monopolsituation herbeiführen, hat Graf Lambsdorff mit aller nur wünschenswerten Deutlichkeit vor seiner Zustimmung zu eben diesem Vorhaben erklärt.

    (Lachen bei der SPD)

    Das ist überhaupt ein Ablauf, der immer wieder Erstaunen hervorruft, wie äußerste Kritik an Vorhaben mit anschließender Billigung desselben oft innerhalb von Tages- und Wochenfristen einhergehen.
    Der Vorwurf, den ich hier erhebe, geht dabei weniger an den Vorstand von Daimler-Benz. Der wahrt seine Interessen oder das, was er für seine Unternehmensinteressen hält.