Rede von
Doris
Pack
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Grundsätzlich begrüßen wir es, daß das Europäische Parlament Vorschläge zur Förderung des Buches und damit auch der Lesekultur gemacht hat.
Für die Bundesrepublik steht eine rege Nachfrage nach Büchern fest, und wir sind zudem gut mit öffentlichen Bibliotheken ausgestattet. Beides ist Ausdruck unserer kulturellen Wertschätzung des Buches.
Im Lesen von guten Büchern drückt sich Freude an den durch das geschriebene Wort gebildeten Lebenszusammenhängen, an den in kräftigen oder nuancierten Farben beschriebenen Personen oder an der Ausleuchtung von landestypischen Hintergründen aus. Wer liest, reflektiert und interpretiert das Gelesene, stellt es in eigene Zusammenhänge und kann sich mit anderen, die sich an der gleichen Lektüre erfreuen, austauschen. Lesen ist mithin Ausdruck unserer kulturellen Entwicklung, und es befähigt zur Aneigung sich ansonsten verschließender Ansichten und Einsichten. Es wäre schade, wenn dieser Schatz durch das Überhandnehmen elektronischer Medien nach und nach verlorenginge.
Das Buch bildet eine Einheit. Zunehmende Kopierwut vor allem bei wissenschaftlichen Werken ist ein sehr ernstzunehmender Mißstand.
Es soll Studenten geben, die ihr ganzes Studium lang nicht ein einziges Buch erworben, hingegen Aktenordner voller Kopien angesammelt haben. Hier müssen verstärkte Anstrengungen zur Eindämmung des Kopierunwesens unternommen werden.
Dabei spielt natürlich der Preis für Bücher eine große Rolle. Er ist für Studierende vielfach unerschwinglich hoch. Aber das Rezept, das Herr Weisskirchen vorgetragen hat, ist sicherlich nicht das richtige.
Nicht das Buch an sich ist besonders wertvoll, vielmehr die sich darin ausdrückenden Leistungen des Autors. Wir sind der Auffassung, daß die Achtung vor dem Verfasser von Schrifttum — sei es belletristischer oder wissenschaftlicher Natur — durch einen besonderen rechtlichen Schutz gewürdigt werden muß.
— Sehr richtig.
Hier setzen nun auch unsere Bedenken an, wenn in der Entschließung vorgeschlagen worden ist, die Geltungsdauer des Urheberrechts nach dem Tode des Autors dramatisch einzuschränken. Ich sage eindeutig: Es darf keine Einschränkung des Urheberrechts geben. Das Urheberrecht muß europaweit mit den führenden Urheberrechtskonventionen übereinstimmen.
Weltweit ist unbestritten anerkannt, daß die Rechte der Urheber erst 25 Jahre nach deren Tod erlöschen. Wir in der Bundesrepublik gewähren gar einen Urheberrechtsschutz von bis zu 70 Jahren nach dem Tod.
An diesem grundlegenden Autorenrecht darf nicht durch die nebulöse Forderung nach Schaffung eines privatrechtlichen europäischen Autorenstatuts, bei dem der rechtliche Autorenschutz unklar bleibt, herumgewerkelt werden.
Wenn sich jedoch einmal diese Forderung dergestalt konkretisiert, daß an eine gemeinschaftliche Übernahme fortschrittlichen Urheberrechtsschutzes gedacht ist, dann werden wir uns dem mit Sicherheit nicht verschließen.
Wir teilen und begrüßen Vorschläge für einen Abbau der Zollformalitäten wie für eine Anhebung der Freigrenzen bei grenzüberschreitenden Büchersendungen. Wir sind jedoch nicht der Auffassung einer Entschließung des Europäischen Parlaments, die Gott sei Dank von der Europäischen Kommission nicht übernommen wurde, die nationalen Buchpreisbindungen zugunsten einer Geschäftsregelung aufzugeben.
Als besonders begrüßenswert erachten wir die Einrichtungen eines gemeinschaftlichen Übersetzungsfonds. Das gegenseitige Kennenlernen in Europa, vor allem aber das tiefe kulturelle Verständnis für das andere Land scheitert oftmals an den unzureichenden Sprachkenntnissen. Hier kann nicht nur durch Sprachförderung Abhilfe geleistet werden; eine Förderung von Übersetzungen für bedeutende Werke ebenso wie für Bücher, die regionale Besonderheiten oder landescharakterisierende belletristische Beschreibungen beinhalten, halten wir für unterstützenswert. Diese differenzierte Bewertung drückt sich auch in unserer gemeinsamen Beschlußempfehlung aus. Wir bitten, sie anzunehmen.