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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/101 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 101. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. Oktober 1988 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde betr. Besorgnisse im In- und Ausland über die Wahrung der Presse- und Demonstrationsfreiheit bei unter Mitwirkung der Bundesregierung durchgeführten Tagungen und Großveranstaltungen in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) Frau Olms GRÜNE 6929B, 6940 C Gerster (Mainz) CDU/CSU 6930B, 6941D Frau Dr. Sonntag-Wolgast SPD 6931 B Dr. Hirsch FDP 6932A, 6941 A Wüppesahl fraktionslos 6932 D Zeitlmann CDU/CSU 6934 A Wartenberg (Berlin) SPD 6934 D Klein, Bundesminister BMZ 6935 D Lutz SPD 6936 C Dr. Kewenig, Senator des Landes Berlin 6937 B Kalisch CDU/CSU 6938 D Bernrath SPD 6939 D Tagesordnungspunkt 20: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Beer, Dr. Lippelt (Hannover) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Einstellung der Tiefflüge der Bundesluftwaffe in Ntesinan (Labrador) (Drucksache 11/ 2354) b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Einstellung von Tiefflügen (Drucksache 11/2866) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Beer, Dr. Lippelt (Hannover), Dr. Mechtersheimer, Frau Schilling, Schily und der Fraktion DIE GRÜNEN: Einstellung von Flugveranstaltungen Abschaffung von Tiefflügen (Drucksache 11/2904) Kolbow SPD 6942 C Francke (Hamburg) CDU/CSU 6944 B Frau Schilling GRÜNE 6945 C Dr. Hoyer FDP 6946 D Dr. Scholz, Bundesminister BMVg 6948 C Gerster (Worms) SPD 6949 D Lowack CDU/CSU 6951 C Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Auslegung des Wartime-Host-Nation-Support-Abkommens (Drucksache 11/2550) Dr. Ehmke (Bonn) SPD 6954 C Francke (Hamburg) CDU/CSU 6956 A Frau Beer GRÜNE 6957 C Ronneburger FDP 6958 D Dr. Scholz, Bundesminister BMVg 6960 D Kolbow SPD 6961 D Graf Huyn CDU/CSU 6963 B Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Forderungen zur Situation der Polizeien in Bund und Ländern (Drucksache 11/2243) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Oktober 1988 Graf SPD 6964 D Clemens CDU/CSU 6967 B Frau Dr. Vollmer GRÜNE 6968 D Dr. Hirsch FDP 6970 A Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 6971 D Tagesordnungspunkt 23: Beratung des Berichts des Ausschusses für Verkehr gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem von den Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum Abbau der Wettbewerbsverzerrungen und zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Bundesbahn (Bundesbahnsanierungsgesetz) (Drucksachen 11/1789, 11/3074) Weiss (München) GRÜNE 6973 C Dr. Jobst CDU/CSU 6975 A Daubertshäuser SPD 6976 B Kohn FDP 6977 D Nächste Sitzung 6979 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 6980* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 6980* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Oktober 1988 6929 101. Sitzung Bonn, den 14. Oktober 1988 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 14. 10. Dr. Ahrens 14. 10. Dr. Bangemann 14. 10. Brandt 14. 10. Cronenberg (Arnsberg) 14. 10. Frau Dr. Däubler-Gmelin 14. 10. Daweke 14. 10. Frau Dempwolf 14. 10. Erler 14. 10. Feilcke 14. 10. Dr. Feldmann 14. 10. Funk (Gutenzell) 14. 10. Gattermann 14. 10. Frau Garbe 14. 10. Frau Geiger 14. 10. Glos 14. 10. Dr. Götz 14. 10. Haack (Extertal) 14. 10. Haar 14. 10. Dr. Hauff 14. 10. Hauser (Krefeld) 14. 10. Hedrich 14. 10. Hiller (Lübeck) 14. 10. Dr. Hüsch 14. 10. Ibrügger 14. 10. Dr. Jahn (Münster) 14. 10. Frau Kelly 14. 10. Kiechle 14. 10. Kißlinger 14. 10. Klose 14. 10. Dr. Kreile 14. 10. Kuhlwein 14. 10. Dr.-Ing. Laermann 14. 10. Leonhart 14. 10. Lüder 14. 10. Dr. Mechtersheimer 14. 10. Dr. Mertens (Bottrop) 14. 10. Nelle 14. 10. Dr. Osswald 14. 10. Paintner 14. 10. Pauli 14. 10. Poß 14. 10. Reuschenbach 14. 10. Frau Rönsch (Wiesbaden) 14. 10. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Scheu 14. 10. Schluckebier 14. 10. Frau Schmidt (Nürnberg) 14. 10. Dr. Schneider (Nürnberg) 14. 10. Schröer (Mülheim) 14. 10. Schulze (Berlin) 14. 10. Frau Dr. Segall 14. 10. Dr. Sperling 14. 10. Dr. Stoltenberg 14. 10. Stratmann 14. 10. Frau Teubner 14. 10. Tietjen 14. 10. Dr. Vondran 14. 10. Vosen 14. 10. Dr. Waigel 14. 10. Dr. Wieczorek 14. 10. Wissmann 14. 10. Dr. Zimmermann 14. 10. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 26. September 1988 mitgeteilt, daß sie den Entschließungsantrag auf Drucksache 11/ 1268 zurückzieht. Die Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksachen 11/1300, 11/2630 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Auswärtiger Ausschuß Drucksachen 11/2724 Nr. 6, 11/2899 (Berichtigung) Innenausschuß Drucksache 11/1107 Nr. 2.1 Haushaltsausschuß Drucksache 11/2580 Nr. 9 Ausschuß für Wirtschaft Drucksachen 11/2724 Nr. 2-5, 7, 9, 10 Drucksachen 11/2841 Nr. 1, 2 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/2266 Nr. 2.21 Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen Drucksache 11/2841 Nr. 14
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Graf Hans Huyn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Nein, ich bin gleich am Schluß. Das Unterstützungsabkommen ist ein entscheidender Bestandteil unserer Politik der Sicherung des Friedens in Freiheit durch abgestufte Abschrekkung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell ist vereinbart worden, den Antrag zur federführenden Beratung an den Auswärtigen Ausschuß sowie zur Mitberatung an den Rechtsausschuß und den Verteidigungsausschuß zu überweisen. Sind Sie damit einverstanden? — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe nun Punkt 22 der Tagesordnung auf: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD
Forderungen zur Situation der Polizeien in Bund und Ländern
— Drucksache 11/2243 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Innenausschuß (federführend)

Haushaltsausschuß
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat sind für die Beratung 45 Minuten vorgesehen.

(Frau Traupe [SPD]: Es darf auch kürzer sein!)

— Dem möchte ich nicht widersprechen.

(Clemens [CDU/CSU]: Die SPD verzichtet auf ihren Redebeitrag? Okay!)

Auch hier erhebt sich kein Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Graf.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Günter Graf


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach den schrecklichen, brutalen und menschenverachtenden Ereignissen der letzten Monate ist die Polizei einmal mehr verstärkt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten. Dabei erinnere ich nur an die Ermordung von zwei Polizeibeamten in Hannover, die bei einem Festnahmeversuch kaltblütig erschossen wurden. Ich erinnere an die heimtückischen Morde an den beiden Polizeibeamten an der Startbahn West in Frankfurt und nicht zuletzt an das immer noch nicht begreifbare Gladbecker Geiseldrama.
    Eines haben alle drei genannten Geschehnisse sicherlich gemeinsam: Die Polizei hat sich ganz sicher stets bemüht — auch unter Einsatz des Lebens von Beamten — , im Kampf gegen das Verbrechen zu bestehen. In den genannten Fällen hat sie diesen Kampf verloren. Meine Aufgabe kann es hier nicht sein, zu untersuchen, ob Fehleinschätzungen — und, wenn ja, welche — zu den genannten Katastrophen geführt haben.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: In Gladbeck waren es die Minister!)

    Ich halte es aber für dringend geboten, festzustellen,
    daß man der Polizei keine Zeit zur Trauer gelassen
    hat, denn diese wurde durch massive öffentliche Kri-



    Graf
    tik verhindert. Besserwisser hat es damals gegeben, und es gibt sie noch heute.
    Kolleginnen und Kollegen, diese Geschehnisse sollten wir im Auge behalten, wenn wir uns heute mit dem von der SPD-Fraktion eingebrachten Antrag zur Situation der Polizeien in Bund und Ländern befassen. Nun könnte man ja glauben und sagen, es sei Sache der Länder, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Damit wäre das Thema „innere Sicherheit" für uns in diesem Hause erledigt. So ist es aber wohl nicht, und man braucht nicht auf die Zuständigkeiten des Bundeskriminalamtes und des Bundesgrenzschutzes zu verweisen, um den Nachweis zu führen, daß dies so nicht stimmt; denn die Spielräume der Länder werden durch die Rahmenkompetenz des Bundes in erheblichem Maße verengt. Aber unabhängig davon muß darauf hingewiesen werden, daß die Verbrechen und die Verbrechensbekämpfung, daß die Kriminalität schlechthin und alle sonstigen Angelegenheiten der inneren Sicherheit überhaupt allemal in den Blickpunkt bundespolitischer Interessen geraten, auch wenn die Verfassungen das anders sehen.
    Wenn man über Polizei spricht, muß man sich zunächst einmal die Frage stellen: Warum gibt es sie eigentlich? Warum gibt es die Polizei in unserer Gesellschaft? Die Antwort liegt eigentlich sehr nahe: Es gibt sie, weil Schluß sein muß mit dem Kampf aller gegen alle in einer Gesellschaft. Es sollte und soll immer noch Schluß damit gemacht werden, daß sich in einem solchen Kampf der Stärkere automatisch — nämlich weil er stärker ist — gegen den Schwächeren durchsetzt; der Stärkere, das gilt nicht nur in Richtung Muskeln, sondern das gilt insbesondere in Richtung Geld, in Richtung gekauften Einflusses, in Richtung Macht. Die Polizei in einem Rechtsstaat hat also die Funktion, Stärke und Kraft, die sich sonst gegenüber Schwächeren durchsetzen würde, zu begrenzen.
    Die Friedlichkeit der Entwicklung einer Gesellschaft wird — dies ist ein zivilisatorischer Fortschritt — durch die Gestaltung des staatlichen Gewaltmonopols sichergestellt. Dies ist übrigens der Grund, weshalb es in der Sozialdemokratischen Partei an diesem Punkt keine Diskussionen gibt. Wir sind und wir bleiben der Auffassung, daß in einer zivilisierten Gesellschaft nur der Staat mit seinen Institutionen in den dafür vorgesehenen Verfahren das Recht haben darf, Gewalt — damit spreche ich von kontrollierter Gewalt — auszuüben.

    (Clemens [CDU/CSU]: Das hört sich gut an!)

    — Das geht noch weiter; wir sind noch nicht am Ende. Wir können uns in den Ausschüssen nachher auch noch sehr intensiv mit diesen Dingen befassen.
    Es sind seltsame Hüter, die vom staatlichen Gewaltmonopol reden und meinen, sie dürften das ungestraft privatisieren, mit dem Ergebnis: Bürgerwehren, Schwarze Sheriffs oder wie sie alle heißen. Ich hoffe auf die Zustimmung in diesem Hohen Hause, wenn ich sage: Das ist keine gute Entwicklung. Das ist eine Entwicklung, die auf kaltem Wege die Geltung des staatlichen Gewaltmonopols aushöhlt. Dieses darf nicht sein.

    (Beifall bei der SPD)

    Kolleginnen und Kollegen, von dieser Feststellung ausgehend, stellt sich natürlich die Frage: Ist unsere Polizei — damit ist natürlich auch der Bundesgrenzschutz gemeint — eigentlich in der Lage, dieses staatliche Gewaltmonopol auszuüben? Ich sage: Im Grundsatz ja. Ich sage deshalb ja, weil ich davon überzeugt bin, daß das vorhandene gesetzliche Instrumentarium durchweg ausreicht, um den vielfältigen Aufgaben wirksam begegnen zu können. Notwendig ist allerdings, daß dieses Instrumentarium konsequent angewandt wird. Wenn ich von konsequenter Anwendung rede, dann beziehe ich hiermit ausdrücklich die Justiz ein.
    Aus 28jähriger Berufserfahrung möchte ich hierzu nur eine Anmerkung machen: Es ist schon ein beklemmendes Gefühl, wenn ein Polizeibeamter als Zeuge vor Gericht steht und plötzlich das Gefühl haben muß, er sei nicht Zeuge, sondern Angeklagter. Ich meine, auch dieses sollten wir einmal bedenken.

    (Beifall bei der SPD und des Abg. Clemens [CDU/CSU])

    Nun weiß ich, daß viele in diesem Haus nicht müde werden, unter dem Hinweis auf steigende Kriminalitätsziffern, auf ein ständiges Ansteigen von Drogen-und Verkehrstoten nach neuen und schärferen Gesetzen zu rufen. Dabei wird nur allzuoft ein Vergleich von Zahlen der früheren Jahre bewußt oder unbewußt gescheut.
    Dazu, daß der Innenminister vor zweieinhalb Wochen laut darüber nachgedacht hat, daß beispielsweise zur besseren Kriminalitätsbekämpfung der Einsatz verdeckter Ermittler, die unter einer Legende ins Milieu abtauchen, ein wirksames Instrument für die Polizei ist, muß hier festgestellt werden, daß er damit die Polizei in eine rechtsstaatliche Grauzone bringt und somit rechtsstaatliche Grundsätze in erheblichem Maße gefährdet.

    (Beifall bei der SPD)

    Es erscheint mir auch notwendig, an dieser Stelle einmal auf die Gewerkschaft der Polizei mit ihrem Vorsitzenden Hermann Lutz hinzuweisen, die nicht müde wird, den hohen Rang der Grundrechte gerade bei polizeilichen Einsätzen immer wieder zu betonen. Ich denke, es ist notwendig, dieses auch einmal vor diesem Hohen Hause auszusprechen.
    Nein, immer neuere, immer schärfer werdende Gesetze brauchen wir nicht. Damit lösen wir nicht die Probleme. Wichtig ist vielmehr, daß unausgereifte politische Entscheidungen, z. B. die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf, die ungelösten Probleme der Massenarbeitslosigkeit, nicht auf dem Rücken der Polizei ausgetragen werden.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Das ist ja unglaublich!)

    Es läßt Unfähigkeit und Ohnmacht erkennen, wenn
    sich die Politik unter Berufung auf das Mehrheitsprinzip hinter Polizeihelmen und Polizeischilden ver-



    Graf
    steckt, die dann gegenüber Minderheiten diese Mehrheitsentscheidungen durchzusetzen haben.

    (Clemens [CDU/CSU]: Ich würde es Demokratie nennen! — Lutz [SPD]: Nein, eben nicht nur!)

    — In dieser Frage haben wir ein anderes Verständnis, Herr Clemens. Das unterscheidet uns von Ihnen.
    Dies darf und kann nicht die Aufgabe der Polizei sein.
    Im übrigen sollten wir bei alledem nicht vergessen, was Polizeibeamte empfinden, wenn sie sich beispielsweise im Demonstrationseinsatz Menschen gegenübersehen, die ihre Kollegen und Freunde sein könnten und deren Absicht sie nicht als verwerflich empfinden. Ich will hier auch ganz deutlich sagen — das habe ich persönlich erlebt — , wie es ist, wenn man lieber auf der Seite derer stehen möchte, die für oder gegen etwas demonstrieren, dies aber nicht kann, weil man durch den dienstlichen Auftrag daran gehindert ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Jeder sollte sich einmal ernsthaft damit auseinandersetzen, wie einer jungen Beamtin oder einem jungen Beamten zumute ist, wenn sie sich in einer solchen Situation befinden.
    Aber das ist nur die eine Seite. Ich weiß, wie es ist, wenn sich Polizeibeamte einer Masse von Gewalttätern und Chaoten gegenübersehen. Ich weiß, was es im Einsatz bedeutet, Angst davor zu haben, von einem Molotowcocktail, einer Eisenkrampe oder einer Kugel getroffen zu werden. Ich weiß, daß es aus diesem Angstgefühl heraus gelegentlich auch zu Überreaktionen auf seiten der Polizei kommt, die dann noch mehr Gewalt erzeugen.
    Die Schuldigen sind in der Öffentlichkeit hinterher schnell gefunden: natürlich die Polizei. Ich sage: Nein, das ist zu einfach und wird den eigentlichen Problemen nicht gerecht.
    Diese oder ähnliche Situationen gibt es aber nicht nur bei Großeinsätzen, es gibt sie auch im täglichen Dienst. Stellen Sie sich einmal vor, wie einer Streifenwagenbesatzung zumute ist, die in den frühen Morgenstunden, um 4 Uhr, zu einem Familienstreit gerufen wird, wenn sich Vater und Mutter prügeln und sich die Kinder weinend in der Ecke verkriechen. Oder stellen Sie sich einmal vor, wie es ist, wenn eine Streifenwagenbesatzung zu einem Verkehrsunfall gerufen wird und plötzlich feststellt, daß es sich um einen Gefahrguttransport handelt, daß aus dem Ladebehälter Unbekanntes ausströmt. Nicht selten treten Gesundheitsstörungen auf, bevor die Polizei überhaupt weiß, um welchen gefährlichen Stoff es sich dabei handelt.
    Diese Aufzählung könnte ich beliebig fortsetzen; ich will dieses nicht tun. Natürlich gehört all dieses, was ich hier angesprochen habe, zu den Aufgaben der Polizei. Genauso natürlich ist es, daß der polizeiliche Dienst mit Gefahren verbunden ist. Es wird nie und von niemandem zu verhindern sein, daß Polizisten in Ausübung ihres Dienstes zu Schaden kommen können. Dieses weiß keiner besser als die Polizei selbst.
    Aber weil das so ist, ist es notwendig, daß sich die Politik ihrer Verantwortung bewußt ist, diesen Dienst in jeglicher Hinsicht gerecht zu beurteilen und zu bewerten. Nicht Reden ist das Gebot der Stunde, sondern Handeln.
    Dies ist der Grund, warum die SPD-Bundestagsfraktion den heute hier in erster Lesung zu behandelnden Antrag zur Situation der Polizeien in Bund und Ländern eingebracht hat. Wir alle — ich betone: alle — wollen innere Sicherheit, denn sie ist die Voraussetzung für den Frieden, die wichtigste Voraussetzung für den inneren Frieden.

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Freiheit ist die Voraussetzung für Frieden!)

    — Das gehört sicherlich dazu, Frau Kollegin Vollmer.
    Wenn die Bürgerinnen und Bürger in unserem Staat auf Selbsthilfe verzichten wollen und sollen, dann müssen sie sich darauf verlassen können, daß die staatliche Gemeinschaft ihre Sicherheit gewährleistet. Zu denen, die dieses tun, gehört in ganz erheblichem Maße die Polizei. Ohne sie, ohne den Einsatz eines jeden einzelnen Beamten oder jeder einzelnen Beamtin, kann innere Sicherheit nicht gewährleistet werden. Wer sie festigen will, muß sich zwangsläufig um die Beamtinnen und Beamten selbst kümmern, er muß sich kümmern um ihre Sorgen und Nöte, um ihre Aus- und Fortbildung, um ihre wirtschaftliche Lage und zuletzt um ihre Stellung und Anerkennung in unserer Gesellschaft.
    Deshalb fordert die SPD-Bundestagsfraktion u. a. die Verbesserung der beruflich bezogenen Aus- und Fortbildung. Wenn man weiß, daß es heute durchweg gängige Praxis ist, daß Beamte oder Beamtinnen im Laufe ihrer 40jährigen Dienstzeit möglicherweise alle zehn Jahre zu einem Fortbildungsseminar geschickt werden, dann kennzeichnet dies, glaube ich, deutlich, welch erhebliche Mängel in diesem Bereich bestehen.

    (Lutz [SPD]: Sehr richtig!)

    Es ist aber auch notwendig, Kommunikationstraining zu betreiben, damit die Polizei in die Lage versetzt wird, Gespräche geschickt zu führen und auch schwierige Situationen gewaltfrei zu lösen.
    Lassen Sie mich, Kolleginnen und Kollegen, an dieser Stelle eine ganz persönliche Anmerkung machen. Ich selbst glaube, festgestellt zu haben, daß das Einsatzinstrument Sprache bei der Polizei wie auch, wie mir scheint, in anderen Bereichen in zunehmendem Maße verkümmert. Die Ursachen hierfür sind sicher sehr vielschichtig.
    Ich glaube auch nicht, daß es gut ist, wenn die Polizei auf Weisung von oben immer mehr mit Verkehrskontrollaufgaben betraut wird und der Eindruck entstehen muß, daß derartige Einsätze einzig und allein dazu dienen, die Kassen der Bezirke, der Kreise und der Länder aufzufüllen.

    (Lutz [SPD]: Da haben Sie recht!)

    Dieses Gefühl muß man haben, und die Beamten haben es. Dies führt nicht zu Zufriedenheit, sondern zu Frust bei den Betroffenen.



    Graf
    Lassen Sie mich zum Schluß noch eine Bemerkung zum Komplex Wechselschichtdienst machen. Der Wechselschichtdienst ist notwendig. Es kann auch nicht anders sein. Dieses wird von der Polizei auch nicht bestritten. Neben den gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die sich aus diesem Dienst ergeben, kommt es aber auch zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen im sozialen Bereich, angefangen beim Ehepartner, über die Kinder, bis hin zu Freunden und Bekannten.
    Schichtdienst hat aber auch zur Folge, daß Wechselschichtdienstleistende in ganz erheblichem Maße in der Gestaltung ihrer Freizeit und in der Teilnahme am öffentlichen und politischen Leben beeinträchtigt werden. Auch in diesem Punkt, meine ich, besteht Handlungsbedarf.
    Es gibt noch eine Reihe von weiteren Problemen, die ich hier aufzeigen könnte. Aber ich sehe gerade, daß meine Redezeit zu Ende ist. Deswegen möchte ich mich mit einem Schlußsatz auf folgendes beschränken: Ich hoffe, daß in den bevorstehenden Ausschußberatungen zu der Thematik „Polizei " emotionsfrei, sachlich und fair miteinander umgegangen wird. Es muß unser gemeinsames Ziel sein, durch ein Bündel von Maßnahmen im Zusammenwirken mit den Ländern den vielschichtigen Problemen des Polizeidienstes gerecht zu werden. Hierfür erbitte ich Ihre Zustimmung. — Danke schön.

    (Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Hirsch [FDP])