Rede von
Walter
Kolbow
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Im Moment nicht, danke.
Für die Handhabung der Begriffe „Krise" und „Krieg" in dem Vertrag ist dabei auch gravierend, daß — da komme ich auf einen Brief von Ihnen, Herr Bundesminister, an mich aus dem Juni zu sprechen — auch in allen maßgeblichen langfristigen Planungsdokumenten der Bundeswehr wie den verteidigungspolitischen Richtlinien von 1972, der militärstrategischen Zielsetzung von 1974 und der Konzeption der Bundeswehr von 1985 der Auftrag der Streitkräfte, anknüpfend an die sogenannte Bündnisterminologie, für die Phasen Frieden, Krise und Krieg formuliert ist.
Diese Aufteilung für konzeptionelle Überlegungen und Planung geht davon aus, daß der Spannungsfall Teil der Krise, jedoch nicht gleichbedeutend mit dieser in ihrer Gesamtheit ist und der Verteidigungsfall bereits vor dem Beginn bewaffneter Auseinandersetzungen festgestellt werden kann und deshalb nicht zwingend mit dem Krieg identisch ist.
Eine Verwendung der Rechtsbegriffe „Spannungs-
und Verteidigungsfall" in den Planungsdokumenten würde nach Auffassung der Bundesregierung erheblich umfangreichere — hören Sie bitte zu — und differenzierendere Ausführungen erfordern, als dies bei der Verwendung der bündnisüblichen Begriffe „Krise" und „Krieg" notwendig ist. Dieser Verzicht auf Klarheit und Bestimmtheit in diesen Regierungsdokumenten ist ein weiteres Indiz für das mögliche Unterlaufen der verfassungsmäßigen Rechte des Deutschen Bundestages.
Der Bundesminister der Verteidigung ist hierzu der Auffassung, daß die verfassungsrechtlichen Begriffe dann verwendet werden, wenn rechtliche oder tatsächliche Folgen von ihnen abhängig sind. Dadurch sei sichergestellt, daß die an die Rechtsbegriffe „Spannungs- und Verteidigungsfall" geknüpften Rechtsfolgen nur durch die grundgesetzkonforme Feststellung dieser Fälle ermöglicht werden.
Dies muß in Zweifel gezogen werden, solange sich die Bundesregierung wie im Falle des WHNS-Abkommens mit den USA nicht selber bindet und deutlich macht, daß das Parlament in jedem Falle des Krisenspektrums so beteiligt wird, daß seine Rechte wie beim Spannungs- und Verteidigungsfall gewahrt bleiben.