Rede von
Dr.
Anton
Stark
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Danke schön. — Ein zweiter Punkt: Untersuchungshaft für sogenannte reisende Gewalttäter. Der Gewalttäter konnte, selbst wenn der Polizeibeamte wußte, er steht in dringendem Verdacht eines schweren Landfriedensbruches, selbst dann nicht in Untersuchungshaft genommen werden, wenn er sagte: Morgen sehen wir uns wieder. — So ist das bisher geregelt. Denn es lag keine Fluchtgefahr oder Verdunkelungsgefahr vor; er hat einen festen Wohnsitz, oder zumindest gibt er einen an.
In Zukunft wird es in diesem Fall unter den einengenden Bestimmungen möglich sein, einen solchen reisenden Gewalttäter auch ohne vorherige Verurteilung in Untersuchungshaft zu nehmen. Der bisherige Zustand war für die Polizeibeamten höchst frustrierend und hat im Rechtsgefühl unserer Mitbürger keinerlei Verständnis gefunden.
Nun komme ich noch zum dritten Schwerpunkt dieses Gesetzes, dem Versuch, mit einer Kronzeugenregelung die terroristische Szene aufzubrechen. Ich spreche ausdrücklich von einem Versuch; mehr kann es auch nicht sein, und es ist ein befristeter Versuch. Aber er liegt nicht so weit außerhalb der Verfassung, lieber Herr de With und andere, wie das hier behauptet wurde. Wir haben nämlich Ansätze zum Kronzeugen schon jetzt in § 129 a Abs. 5 und Abs. 6 des Strafgesetzbuches und in § 31 des Betäubungsmittelgesetzes; da ist es eine ganz klare Kronzeugenregelung.
Im übrigen, tun wir doch nicht so: Alte Demokratien wie die USA, Großbritannien, Italien, Spanien und Frankreich haben doch die Kronzeugenregelung und haben damit zum Teil recht gute Erfahrungen gemacht.
Meine Damen und Herren, wir unterscheiden uns von Ihnen, daß wir nicht sagen: Wir können aus rechtstheoretischen Gründen einfach nichts mehr tun; wir müssen das einfach hinnehmen. Die neuesten Ereignisse in diesen Tagen sollten Sie doch zum Überdenken Ihrer Position gebracht haben: der Anschlag auf Tietmeyer, der Vorfall in Hamburg und das, was in Berlin geschieht.
Wer meint, Terrorismus und Gewaltanwendung seien Dinge der Vergangenheit, die es jetzt nur noch aufzuarbeiten gelte, der lebt in einer Schein- und Traumwelt, in der wir nicht leben. Aus diesen Gründen begrüßen wir, daß sich die Bundesregierung dazu
durchgerungen hat, diesen Gesetzentwurf jetzt vorzulegen. Wir werden ganz sicher eine große Anhörung
dazu haben; wir werden ihn sehr gründlich beraten.
Ich habe nicht zu jeder Bestimmung Stellung nehmen können; das wollte ich vielleicht auch nicht. Es gibt auch etwas, Herr de With, was nicht so wichtig ist; darüber kann man vielleicht später reden. Aber ich bin insgesamt der Überzeugung, daß wir im Interesse der Erhaltung des Rechtsfriedens, des Rechtsgefühls und der Verfolgung der Terroristen sowie der Gewalttäter in unserem Lande auf diesem Gebiet dringend tätig werden müssen.
Man mag über Einzelheiten dieses Gesetzentwurfes denken, wie man will. Über eines sollten wir Demokraten in diesem Hohen Hause einig sein: Es darf in Zukunft in unserer Republik keine rechtsfreien Räume geben. Das ist der Anfang vom Ende des Rechts, wenn es so etwas gibt.
— Nein, nein. Das hat uns noch niemand unterstellt, daß wir dadurch rechtsfreie Räume schaffen.
Wir sollten uns darüber einig sein, daß Terroristen und politisch oder ideologisch motivierte Straftäter nicht anders behandelt werden dürfen als sonstige Straftäter. Ich glaube, über diese Gesichtspunkte sollten wir uns einig sein.
Wir werden uns an der Beratung dieses Gesetzes sehr sorgfältig beteiligen, und wir werden, wie ich hoffe, nicht zulassen, daß das Gesetz auf den SanktNimmerleins-Tag verschoben wird. Wir werden auch darum besorgt sein, daß es im Interesse unseres Rechtsfriedens, der Sicherung des Demonstrationsrechts und einer besseren Bekämpfung des Terrorismus bald verabschiedet wird.
Vielen Dank.