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ID1109205000

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    Plenarprotokoll 11/92 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 92. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. September 1988 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989 (Haushaltsgesetz 1989) (Drucksache 11/2700) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1988 bis 1992 (Drucksache 11/2701) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt (Fortsetzung): Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1988 (Nachtragshaushaltsgesetz 1988) (Drucksache 11/2650) Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 6297 A Frau Verhülsdonk CDU/CSU 6301 A Frau Schoppe GRÜNE 6302 D Zywietz FDP 6304 A Dr. Hoffacker CDU/CSU 6305 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 6307 C Jaunich SPD 6312 C Möllemann, Bundesminister BMBW 6313 C Frau Odendahl SPD 6315 B Daweke CDU/CSU 6317D Wetzel GRÜNE 6318 C Dr. Struck SPD 6320 A Austermann CDU/CSU 6321D Ebermann GRÜNE 6323 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 6325 A Walther SPD 6326 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 6329 D Nächste Sitzung 6334 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 6335* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 6335* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 92. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. September 1988 6297 92. Sitzung Bonn, den 9. September 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 9. 9. Bahr 9. 9. Dr. Bangemann 9. 9. Frau Beck-Oberdorf 9. 9. Dr. Becker (Frankfurt) 9. 9. Böhm (Melsungen) * 9. 9. Büchner (Speyer)* 9. 9. Dörflinger 9. 9. Eylmann 9. 9. Gattermann 9. 9. Dr. Gautier 9. 9. Dr. Geißler 9. 9. Glos 9. 9. Dr. Glotz 9. 9. Dr. Götz 9. 9. Dr. Hauchler 9. 9. Dr. Hauff 9. 9. Dr. Haussmann 9. 9. Heimann 9. 9. Heyenn 9. 9. Hiller (Lübeck) 9. 9. Höpfinger 9. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 9. 9. Ibrügger** 9. 9. Jung (Düsseldorf) 9. 9. Dr.-Ing. Kansy** 9. 9. Frau Karwatzki 9. 9. Frau Kelly 9. 9. Kiechle 9. 9. Klein (Dieburg) 9. 9. Klose 9. 9. Dr. Kreile 9. 9. Kroll-Schlüter 9. 9. Kuhlwein 9. 9. Dr. Kunz (Weiden)** 9. 9. Leidinger 9. 9. Frau Luuk 9. 9. Niegel* 9. 9. Oostergetelo 9. 9. Dr. Probst 9. 9. Rappe (Hildesheim) 9. 9. Reddemann* 9. 9. Reschke 9. 9. Reuschenbach 9. 9. Frau Rust 9. 9. Schäfer (Mainz) 9. 9. Schmidt (München) 9. 9. Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 9. 9. Frau Dr. Sonntag-Wolgast 9. 9. Frau Steinhauer 9. 9. Tietjen 9. 9. Tillmann 9. 9. Voigt (Frankfurt) 9. 9. Dr. Vondran 9. 9. Vosen 9. 9. Frau Weiler 9. 9. Westphal 9. 9. Frau Wieczorek-Zeul 9. 9. Frau Wilms-Kegel 9. 9. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Wissmann 9. 9. Würtz 9. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 8. Juli 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Steuerreformgesetz 1990 Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Sozialgesetzbuches über die Übertragung, Verpfändung und Pfändung von Ansprüchen auf Sozialleistungen, zur Regelung der Verwendung der Versicherungsnummer und zur Änderung anderer Vorschriften (Erstes Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuches -1. SGBÄndG) Gesetz zur Bildung von Jugend- und Auszubildendenvertretungen in den Betrieben Gesetz zur Bildung von Jugend- und Auszubildendenvertretungen in den Verwaltungen Neuntes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und Siebtes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes Fünftes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder" Drittes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes Gesetz zu den Protokollen vom 25. Mai 1984 zur Änderung des Internationalen Übereinkommens von 1969 über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden und zur Änderung des Internationalen Übereinkommens von 1971 über die Errichtung eines Internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden Gesetz über die Haftung und Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden durch Seeschiffe (Ölschadengesetz - ÖlSG) Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 53 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Oktober 1936 über das Mindestmaß beruflicher Befähigung der Schiffsführer und Schiffsoffiziere auf Handelsschiffen Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 125 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 21. Juni 1966 über die Befähigungsnachweise der Fischer Gesetz zu dem Abkommen vom 11. April 1984 zur Änderung des Anhangs zur Satzung der Europäischen Schule Gesetz zur Umsetzung der Apotheker-Richtlinien der EG (85/ 432/EWG und 85/433/EWG) in deutsches Recht Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" Gesetz zur steuerlichen Begünstigung von Zuwendungen an unabhängige Wählervereinigungen Zu den drei letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat nachfolgende Entschließungen gefaßt bzw. angenommen. 1. Entschließung zum Gesetz zur Umsetzung der Apotheker-Richtlinien der EG (85/432/EWG und 85/433/EWG) in deutsches Recht: 6336* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 92. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. September 1988 Der Bundestag hat in einer zusammen mit dem Gesetzesbeschluß gefaßten Entschließung für eine Apothekerausbildung plädiert, die ein vollwertiges achtes Hochschulsemester umfaßt und erwartet alsbald die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung. Der Bundesrat, der sich bereits im ersten Durchgang für eine baldmögliche Klärung der Frage der Ausbildungsdauer eingesetzt hat, vertritt demgegenüber die Auffassung, daß die Bundesregierung vor der Vorlage ihres Gesetzentwurfs das Ergebnis der Beratungen der gemeinsamen Arbeitsgruppe von BMJFFG, KMK und GMK abwarten sollte, die derzeit auf der Grundlage des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 24./25. April 1988 Vorschläge für die Ausfüllung eines zusätzlichen Semesters und für eine stoffliche Entlastung des Studiums der Pharmazie erarbeitet; das Ergebnis der Beratungen wird zum Herbst 1988 vorliegen. Er bittet die Bundesregierung, im Anschluß hieran die Klärung der Frage der Ausbildungsdauer so rechtzeitig abzuschließen, daß ein entsprechender Gesetzentwurf noch in diesem Jahr eingebracht werden kann. Die Anpassung der deutschen Apothekerausbildung an das EG-Recht duldet keinen weiteren Aufschub. 2. Entschließung zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes": Der Bundesrat stellt zu dem zwischen den Regierungschefs von Bund und Ländern am 19. Mai 1988 vereinbarten Kompromiß, Maßnahmen nach dem Extensivierungsgesetz (Stillegung von Ackerflächen, Extensivierung und Umstellung der Erzeugung gemäß Verordnung [EWG] Nr. 1094/88 des Rates) in einem Sonderrahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe bei einem begrenzten Plafond im Verhältnis von 70 : 30 von Bund und Ländern zu finanzieren, folgendes fest: — Durch den Sonderrahmenplan wird die grundsätzliche Finanzierung der Gemeinschaftsaufgabe im Verhältnis 60 : 40 nicht berührt. — Die Formulierung in Artikel 1 Nr. 1 Buchstabe a in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b schafft nur die Rechtsgrundlage für Extensivierungsmaßnahmen gemäß dem Beschluß der Regierungschefs von Bund und Ländern vom 19. Mai 1988. — Die Mitfinanzierung stellt kein Präjudiz für eine Finanzbeteiligung der Länder bei vergleichbaren künftigen Fällen dar. Der Bundesrat stimmt dem Änderungsgesetz in der vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Fassung ausdrücklich nur unter der Maßgabe des Artikels 8 Abs. 2 zu, wonach die neu eingefügten Bestimmungen „Anpassung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe an die Marktentwicklung" (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b) und die Finanzierung im Verhältnis 70 : 30 (im § 10 Abs. 1 die Worte „Nr. 1 Buchstabe b und") mit Ablauf des 30. Juni 1993 außer Kraft treten. Der Bundesrat erklärt, daß die Länder keine über den Rahmen von 250 Millionen DM Bundesmittel hinausgehende Verpflichtung bei Überzeichnung oder Aufstockung der Maßnahmen anerkennen. Die Bundesregierung wird gebeten, die Finanzierungsgrundlagen für eine kontinuierliche Durchführung der Maßnahmen gemäß Verordnung (EWG) Nr. 1094/88 des Rates sicherzustellen. Der Bundesrat stellt fest, daß die von der Bundesregierung initiierte Änderung des § 11 Abs. 3 hinsichtlich der Abführung von anteiligen Zinsen (siehe die Gegenäußerung der Bundesregierung vom 6. August 1987) der Auffassung der Länder nicht entspricht. Dem Bundesrat ist es durch das von der Bundesregierung gewählte Verfahren nicht möglich, seine abweichende Auffassung noch im laufenden Gesetzgebungsverfahren zur Geltung zu bringen, da das Gesetz bereits am 1. Juli 1988 in Kraft treten soll. Er hält seinen abweichenden Rechtsstandpunkt weiterhin aufrecht und wird zu gegebener Zeit eine entsprechende Änderung anstreben. Der Bundesrat weist darauf hin, daß zur Finanzierung von EG-Maßnahmen seit 1973 unterschiedliche Auffassungen zwischen Bund und Ländern bestehen und die Frage der Finanzierung von EG-Maßnahmen einer grundsätzlichen rechtlichen Klärung bedarf. Der Bundesrat ist der Auffassung, daß Maßnahmen der Marktentlastung in die Zuständigkeit der EG und des Bundes fallen und von ihnen zu finanzieren sind. 3. Entschließung zum Gesetz zur steuerlichen Begünstigung von Zuwendungen an unabhängige Wählervereinigungen: Der Bundesrat hält es für erforderlich, daß entsprechend der Handhabung bei den Parteien den Finanzämtern jeweils rechtzeitig vor der Einkommen- und Körperschaftsteuerveranlagung ein Verzeichnis der für den Veranlagungszeitraum zum Abzug berechtigten unabhängigen Wählervereinigungen zur Verfügung gestellt wird. Die Finanzämter wären im einzelnen Besteuerungsfall häufig kaum oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand in der Lage festzustellen, ob ein Verein die Voraussetzungen des steuerwirksamen Spenden- und Beitragsabzugs erfüllt. Da die Zahl der einschlägigen Vereine zudem sehr groß sein dürfte, kann die ordnungsgemäße Besteuerung nur gewährleistet werden, wenn den Finanzämtern rechtzeitig ein Verzeichnis aller berechtigten Vereine zur Verfügung gestellt wird. Dies sollte im Verwaltungswege möglichst einheitlich für das Bundesgebiet geschehen. Die Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 10/5627 Drucksache 11/1027 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Innenausschuß Drucksache 11/2465 Nr. 2.1 Drucksachen 11/2580 Nr. 1 und 3 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/1895 Nr. 2.37 Haushaltsausschuß Drucksache 11/2266 Nr. 2.2 Drucksachen 11/2580 Nr. 7 und 8 Der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland hat mit Schreiben vom 3. August 1988 gemäß § 30 Absatz 4 des Bundesbahngesetzes den Wirtschaftsplan nebst Stellenplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1988 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Ein Abdruck des Genehmigungserlasses ist dem Wirtschaftsplan und dem Stellenplan vorgeheftet. Die Unterlagen liegen im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rudi Walther


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn der Kollege Dr. Weng die üblichen Polemiken gegen die Opposition unterlassen hätte, hätte ich ihn noch mehr loben können, als ich das jetzt mit Einschränkung tun muß. Der Kollege Weng hat manches gesagt, was — das hat ja auch der Beifall bewiesen —

    (Dr. Knabe [GRÜNE]: Der fehlende Beifall auch!)

    auch auf unserer Seite als bedenkenswert angesehen wird.
    Am Ende dieser langen Debattenwoche, meine Damen und Herren, läge es jetzt nahe, noch einmal auf alle Unzulänglichkeiten des vorliegenden Haushaltsentwurfs zurückzukommen. Ich will mich jedoch auf einige wesentliche Bemerkungen beschränken.



    Walther
    Herr Bundesfinanzminister, die letzten Jahre haben gezeigt — ich durfte Ihnen das schon am Dienstag sagen — , daß die Schuldenaufnahme des Bundes
    — das gilt auch für das aktuelle Jahr — immer höher gelegen hat, als in ihrer jeweiligen mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen. Ursache dafür ist nach meiner Überzeugung das strukturell wachsende Ungleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben. Das hängt nicht nur, aber auch mit der sogenannten Steuerreform zusammen, aber auch mit einer Ausgabendynamik, die aus den wachsenden EG-Leistungen und den vom Bundesfinanzminister in bisher unbelehrbarer Weise ständig unterschätzten Kosten der Arbeitslosigkeit und den damit verbundenen strukturellen Ungleichgewichten der Regionen herrührt. Kollege Struck hat dazu Passendes gesagt. Hohe Bundeszuschüsse an die Bundesanstalt für Arbeit werden, fürchte ich, auch in den kommenden Jahren zu einer festen Haushaltsgröße werden. Hinzu kommt die freigiebige Subventionsbereitschaft dieses Ministers in bestimmten Bereichen sowie der rasch ansteigende Finanzbedarf für Großprojekte wie den Jäger 90, wie Weltraumvorhaben, Columbus und Hermes, und wie mit allergrößter Voraussicht auch für den Airbus. Dafür wird schon der Kollege Erich Riedl sorgen. Nicht berücksichtigt, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind im jüngsten Finanzplan auch die Mehraufwendungen für die Rentenreform. Gestern abend ist in diesem Raum vieles gesagt worden, was auf Konsens zumindest in dieser Frage hinauslaufen könnte. Ich finde in der mittelfristigen Finanzplanung von Herrn Stoltenberg nicht eine müde Mark dafür, daß ein solcher Konsens auch bezahlt werden könnte.

    (Beifall bei der SPD)

    Es fehlt auch ein Einstieg in die Entschuldung der Deutschen Bundesbahn.
    All das, was ich hier vorgetragen habe, zeigt, daß sich das strukturelle Ungleichgewicht verschärfen wird. Die künftige Erhöhung weiterer Verbrauchsteuern ist damit praktisch vorprogrammiert, Herr Minister.
    Zum Schluß möchte ich mich auf einige wenige andere Feststellungen beschränken:
    Erstens. Herr Stoltenberg hört es nicht gern, aber er ist in der Zwischenzeit zum größten Schuldenmajor aller Finanzminister der Bundesrepublik geworden.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Friedmann [CDU/ CSU]: Bei höherem Sozialprodukt!)

    — Lieber Herr Kollege Friedmann, darüber habe ich am Dienstag abend mit dem Bundesfinanzminister gestritten. Sie waren leider nicht hier. Sonst hätten Sie mitbekommen, was ich zu dem Thema gesagt habe.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Unsere Schulden sind ganz andere als eure, aus Zinsen entstanden! — Zuruf von der SPD: Schwarze!)

    — Ist klar, das sind schwarze Schulden. Und die sind immer besser. Ich weiß das.
    Zweitens. Durch die von Herrn Bundesfinanzminister Stoltenberg für das kommende Jahr vorgesehenen Verbrauchsteuererhöhungen kassiert er im voraus bei den meisten Steuerzahlern schon das wieder ein, was sie ab 1990 als vergleichsweise minimale Steuerentlastung bekommen sollen, und treibt damit auch noch die Preise in die Höhe.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    — Herr Kollege Austermann, Sie haben vorhin sehr viel Bedeutendes zu dem Thema gesagt.
    Drittens. Durch die Ausbringung von globalen Minderausgaben in Höhe von 1,2 Milliarden DM, deren Konkretisierung der Haushaltsausschuß nun als Pflichtaufgabe vom Bundesfinanzminister aufgebürdet bekommt, kommt der Bundesfinanzminister seiner verfassungsmäßigen Pflicht, einen bis auf die letzten Ansätze sauber berechneten Haushalt vorzulegen, nur unzulänglich nach.

    (Beifall bei der SPD)

    Viertens. Eine Reihe von Risiken und Mehrbelastungen sind in den Haushalt 1989 noch gar nicht eingestellt, z. B. das, Herr Kollege Weng, was Sie zuletzt angesprochen haben, die nicht geringen Kosten aus dem Aussiedler- und Umsiedlerprogramm. Dafür finden wir keine müde Mark in diesem Haushalt. Da werden Sie Ihr fröhliches Tun haben, wenn Sie das alles in den Haushaltsberatungen noch hinkriegen wollen.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Wir werden das tun!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will auch noch auf das eingehen, worüber wir grundsätzlich im Streit liegen: Natürlich — es wäre ja ganz schrecklich, wenn es anders wäre — freuen auch wir uns über günstigere Wirtschaftsdaten im ersten Halbjahr 1988, obwohl niemand wissen kann, ob dieses Bild lange so hält.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Da gibt es einige, die für nächstes Jahr ganz anderes voraussagen.
    Natürlich freuen auch wir uns, daß die Zahl der Arbeitsplätze in den letzten Jahren gestiegen ist, obwohl jetzt erst wieder die Beschäftigtenzahlen des Jahres 1981 erreicht werden und zu einem erheblichen Teil jetzt erst die Arbeitsplatzverluste aus den ersten Kohl-Jahren ausgeglichen werden.

    (Dr. Vogel [SPD]: Das ist die Wahrheit!)

    Aber, meine Damen und Herren, wenn ich diese beiden Fakten hier positiv würdige, dann frage ich: Ist das ein Grund, allein nach der Methode „Weiter so" zu verfahren?

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Wer sagt das denn heute noch?)

    — Herr Geißler.
    Ist es denn nicht so, daß sich hinter den Zahlen des Bruttosozialprodukts auch die Schäden in der Umwelt verbergen? Tragen nicht z. B. die Dünnsäureverklappung zum nominalen Bruttosozialprodukt bei oder die Produktion von ozonlochvergrößernden Treibgasen



    Walther
    oder das Herstellen von Produkten, die das Waldsterben zur Folge haben?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Kohlekraftwerke! — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Schwarzarbeit auch!)

    Diese Liste ließe sich beliebig verlängern, bis hin zu den Kosten der Katastrophe von Ramstein.
    Die Schlußfolgerung, meine Damen und Herren, kann deshalb nur sein, daß Produzieren um jeden Preis nicht der Weisheit letzter Schluß ist.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Ich schließe an das an, was Peter Struck hier gesagt hat: Es darf doch nicht sein, daß wir, damit es uns heute gutgeht, unseren Nachkommen eine Welt überlassen, auf der zu leben es sich nicht lohnt. Angesichts dieser Bedrohung und der Größe der Aufgabe ist es schon mehr als lächerlich, wenn dem Haushalt von Bundesminister Töpfer nicht mehr als mickrige 237 Millionen DM zur Verfügung stehen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Aber geradezu empörend, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist jedoch, in welcher Art und Weise Sie die Mittel für Erforschung und Entwicklung regenerativer Energien stranguliert haben. Dabei wissen wir doch — ich habe es am Dienstagabend schon vorgetragen — : Umweltschäden sind zu einem großen Teil Folgen von Schäden aus Energieumwandlungsprozessen. Wer diese Schäden vermeiden will, muß nicht nur erheblich mehr in die Vermeidung solcher Schäden investieren, er muß auch verstärkt in regenerative Energien investieren.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Warum — ich sehe den Kollegen Riesenhuber hier sitzen; erfreulicherweise ist er einmal da — soll unser Land bei seinem hohen technischen Standard nicht auch eine Spitzenstellung auf den Gebieten solcher Produktionsverfahren und solcher neuen Energien einnehmen?

    (Beifall bei der SPD — Dr. Friedmann [CDU/ CSU]: Machen wir doch alles! — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Da haben wir schon die Spitze!)

    Warum, Herr Kollege Riesenhuber, sind Sie nicht bereit, genauso viele Milliarden in die Erforschung und Entwicklung regenerativer Energien zu stecken wie über die ganzen Jahre in die Kernenergie?

    (Beifall bei der SPD — Dr. Knabe [GRÜNE]: Es fehlt auch an der Anwendung!)

    Wirtschaft und Steuersystem, hat Peter Struck hier vorgetragen, müssen auch dem ökologischen Umbau unserer Volkswirtschaft dienen. Denn das ist ja die Ratio unseres Programms „Arbeit, Umwelt und Investitionen" . Umweltschutz mag da oder dort zum Verlust von Arbeitsplätzen führen. Per Saldo kommt aber ein erhebliches Plus an Arbeitsplätzen dabei heraus.
    Damit, meine Damen und Herren, bin ich bei dem Thema Beschäftigung oder Nichtbeschäftigung. Frei nach Oskar Lafontaine sage ich auch auf Grund der
    Erfahrung in dieser Woche: Unser Bundeskanzler freut sich sichtlich über seinen Arbeitsplatz. Aber was ist mit denen, die sich auch über einen Arbeitsplatz freuen würden, wenn sie denn einen hätten? Wir jedenfalls haben nicht vergessen, daß die Herren Blüm und Geißler nach der Wende versprochen hatten, daß nach spätestens einem Jahr Kohl-Regierung die Zahl der Arbeitslosen auf 1 Million im Jahresdurchschnitt gesunken sein werde. Was ist von diesen Versprechungen geblieben?

    (Austermann [CDU/CSU]: Ihr habt doch Vollbeschäftigung versprochen!)

    Jetzt, nach sechs Jahren Ihrer Tätigkeit, fordere ich Sie auf, sich endlich an solche Versprechungen zu erinnern und etwas zu tun, damit sie eingelöst werden.

    (Beifall bei der SPD — Austermann [CDU/ CSU] : Machen wir!)

    Vom Bund der Steuerzahler haben wir gehört, daß der Bundeskanzler durch die von ihm mit auf den Weg gebrachte Steuerreform jährlich 26 000 DM an Steuer spart. Wie muß eine solche Nachricht auf einen Arbeitslosen oder auf einen Sozialhilfeempfänger wirken, dessen gesamtes Jahreseinkommen geringer ist als die jährliche Steuerentlastung des Bundeskanzlers, meine Damen und Herren?

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Demagogie ist das! Reine Demagogie!)

    Angesichts dieser Relationen wirkt es schon empörend, daß Sie an weitere Leistungskürzungen bei den Arbeitslosen denken. Geht Ihnen nicht auf, daß solche Einfälle von vielen als zynisch empfunden werden müssen?
    Sie begründen die von Ihnen ins Auge gefaßten Maßnahmen bei der Bundesanstalt für Arbeit mit dem Defizit, welches dort entstanden ist. Deshalb weise ich erneut darauf hin, daß diese Defizite in erheblichem Maße darauf zurückzuführen sind, daß die Bundesregierung originäre Bundesaufgaben in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise auf die Bundesanstalt für Arbeit abgeschoben hat,

    (Beifall bei der SPD)

    z. B. auch die Sprachförderung für Aus- und Umsiedler. Dafür hat kein Arbeitnehmer Beiträge bezahlt.

    (Austermann [CDU/CSU]: Sollen wir das einstellen?)

    Arbeitslose, die jetzt nicht mehr in ABM- oder Qualifizierungsmaßnahmen vermittelt werden, müssen damit für diesen Willkürakt der Regierung büßen. Das ist angesichts struktrueller und qualifikationsbedingter Arbeitslosigkeit in vielen Regionen unserer Republik wahrlich ein Böser-Buben-Streich.
    Meine Damen und Herren, in diesen Tagen ist viel über das Jahr 1992 und den europäischen Binnenmarkt gesprochen worden. Sozialdemokraten begreifen dieses Ziel als eine große Chance, dies unter der Voraussetzung, daß die EG nicht nur als ein einheitlich handelnder Wirtschaftsraum, sondern auch als ein einheitlicher Sozialraum zu betrachten ist. Europa ist eben nicht nur dann vermittelbar, wenn die Wirtschaft zusammenwächst, sondern vor allem auch dann,



    Walther
    wenn sich die Arbeitnehmer in Europa angesprochen fühlen.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Europäische Gemeinschaft muß wieder eine Vision werden, und darf sich nicht in kleinlichen Agrarverhandlungen erschöpfen. Sie muß eine Zukunftschance für alle dort wohnenden Menschen bieten. Das gilt übrigens nicht nur für den sozialen Bereich sondern auch für den ökologischen. Hier muß in Europa viel, viel mehr als bisher geschehen.
    Aber der ganze Binnenmarkt ist für die Katz, wenn es den Ländern der EG nicht gelingt, sich möglichst zügig auf ein einheitliches europäisches Währungssystem zu einigen. Die zum Teil kleinkarierten Bedenken sowohl aus dem Bundesfinanzministerium als auch aus der Bundesbank sind überwindbar, wenn man es nur will.

    (Beifall bei der SPD)

    Mir scheint es jedoch am guten Willen zu mangeln. Ohne ein einheitliches europäisches Währungssystem wird es immer so weitergehen wie jetzt: daß wir täglich hypnotisiert auf die Sprünge der US-Währung starren, die uns in der letzten Zeit nicht nur in Europa manchen Ärger gebracht und eine Reihe von Wachstumschancen verspielt haben.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Ich fordere die Bundesregierung deshalb auf, auf dem Wege zu einer einheitlichen europäischen Währung nicht den Hilfsbremser zu spielen, sondern zusammen mit anderen den Vorreiter.

    (Beifall bei der SPD)

    Übrigend hätte der Bundesfinanzminister beim Thema Quellensteuer nicht so dilettantisch ausgesehen, wenn es auch auf diesem Gebiet ein einheitliches europäisches Handeln gäbe und Finanzanlagen in Luxemburg nicht attraktiver wären als in der Bundesrepublik.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Ohne die Beleidigung des Finanzministers hätten wir Ihnen jetzt zustimmen können!)

    — Da wir den Bundesfinanzminister, Kollege Weng, als Landesvorsitzenden der CDU in Schleswig-Holstein kennen, vermute ich einmal: Auf diesem Gebiet kennt er sich besser aus als ich.
    Wir Sozialdemokraten wissen, daß angesichts der Haushaltslage der öffentlichen Kassen in der Bundesrepublik manches Wünschbare, ja sogar manches Wichtige oder sogar sehr Wichtige auf absehbare Zeit nicht zu finanzieren ist. Hans-Jochen Vogel hat zu Recht auf unserem Parteitag in Münster gemahnt, daß auch wir uns nicht auf unerfüllbare Versprechungen einlassen. Arbeit, Umweltschutz auch durch öffentliche Investitionen und die Sicherung der Rentenfinanzierung durch höhere Bundeszuschüsse sind auch für meine Fraktion Schwerpunkte in den kommenden Jahren. Das sind die großen Herausforderungen, vor denen wir in den nächsten Jahren stehen werden.
    Die jetzt anlaufenden Beratungen im Haushaltsausschuß werden Möglichkeiten für einen fairen Wettbewerb um die besseren Ideen eröffnen. An den von mir
    genannten Schwerpunkten werden wir nach Abschluß der Beratungen im Haushaltsausschuß auch das Ergebnis zu messen haben. Hoffnungsvoll, wie ich ja immer noch bin, setzte ich auf die Einsichtsfähigkeit der Koalitionsfraktionen. Wer die großen Herausforderungen der Zukunft meistern will, muß auf allen Seiten aus manchen Schützengräben der Vergangenheit heraus.

    (Beifall bei der SPD — Schwarz [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Gelegentlich, Herr Kollege Schwarz, kann neues Denken auch bei uns und nicht nur im Rüstungsbereich zu neuen und besseren Ergebnissen führen.

    (Austermann [CDU/CSU]: Der Beweis fehlt!)

    In diesem Sinne wünsche ich allen Kolleginnen und Kollegen — auch Ihnen, Kollege Austermann, trotz Ihres Zwischenrufs — des Haushaltsausschusses für die kommenden Wochen ertragreiche Arbeit. Wenn am Ende der Beratungen ein Ergebnis herauskäme, mit dem auch wir Sozialdemokraten halbwegs zufrieden sein könnten, wäre das von großem Nutzen für unser Land.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Stoltenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Bilanz dieser Woche gehört nach meiner Überzeugung: Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen sind sich einig in der wirtschafts- und finanzpolitischen Konzeption. Sie haben hier gemeinsam die Grundzüge des Haushaltsentwurfs und der Begleitgesetzte vertreten und argumentativ begründet. Die sichtbaren Erfolge vor allem in der starken Dynamik unserer Wirtschaft, aber auch das anhaltend hohe Maß an Preisstabiliät haben im Vergleich zum Pessimismus des Winters zu einer Grundstimmung der Zuversicht geführt.
    Dabei gibt es keinen Grund — wir haben es in allen Debattenbeiträgen gesagt — zur Euphorie. Wir müssen Maß nehmen — das ist ja auch der Sinn dieser Diskussion — im Blick auf die großen und zum Teil schwierigen Aufgaben, die jetzt vor uns liegen. Es sind also Realitätssinn und Gestaltungskraft gefordert. Aber die Verbesserung der Grunddaten und -erwartungen hat uns zweifellos geholfen. Ich glaube, das ist nicht von ungefähr auch im Kommentarecho über die letzten Tage sichtbar geworden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich will einige Stichworte der Kritik der Opposition aufnehmen. Herr Vogel hat in seiner Rede am Mittwoch mir vorgeworfen, ich hätte in meiner Einbringungsrede die weltwirtschaftlichen Risiken übersehen. Das kann man nicht behaupten. Ich will mich nicht selbst zitieren, aber einen Satz aus meiner Rede noch einmal in Erinnerung rufen, der in der Tat, wie ich glaube, wichtig ist. Ich habe gesagt: Die großen Herausforderungen und Risiken für die Weltwirt-



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    schaft sind die erheblichen Ungleichgewichte in den Handels- und Leistungsbilanzen der Industrienationen und das zu große Gefälle zwischen ihrem Wohlstand und der Not der meisten Entwicklungsländer.
    Meine Damen und Herren; das klingt sehr abstrakt: Was sind das eigentlich, Ungleichgewichte in den Handels- und Leistungsbilanzen? Das ist im Grunde natürlich ein sehr dramatischer Vorgang. Wenn einige wichtige Staaten, darunter die wichtigste Wirtschaftsmacht der Welt, die Vereinigten Staaten, über längere Zeit jedes Jahr in der Größenordnung von 120, 140 Milliarden Dollar mehr importieren als exportieren, wenn sie also in eine strukturelle Verschuldung gegenüber dem Rest der Welt hineinkommen, ist das nicht nur ihr Problem, sondern es schafft ein Element des Risikos. Eine der wichtigsten Fragen ist, ob es gelingt, zunächst einmal durch die Anstrengungen der betroffenen Länder selbst, aber auch durch internationale Zusammenarbeit einen Prozeß beizubehalten, in dem die Situation in den Wirtschaftsbeziehungen wieder ausgeglichener wird. Wenn das in den kommenden Jahren nicht gelingen würde, müßte man erhebliche Erschütterungen und möglicherweise auch Krisenerscheinungen für die ganze Weltwirtschaft befürchten.
    Wir haben hier einen gewissen Anfangserfolg. Ich sage das auch noch einmal zu den in einigen Beiträgen wiederholten falschen Behauptungen der Opposition, daß die anhaltend positive Entwicklung unserer Konjunktur im wesentlichen nur auf Export beruhe. Nein, die außenwirtschaftliche Anpassung bei uns als einem Überschußland setzt sich fort. Im ersten Halbjahr 1988 stiegen bei uns die Ausfuhren real um 3 %, die Einfuhren dagegen um 4,5 %. Das ist in hohem Maße wünschenswert, nicht nur mit Blick auf Defizitländer wie Amerika, sondern auch auf die hart bedrängten Schwellen- und Entwicklungsländer. Wir müssen gerade mit Blick auf sie unsere Märkte weiter öffnen. Wir müssen ihnen die Chance geben, ihre Produkte zu vernünftigen, für sie zufriedenstellenden Preisen auch auf unseren Märkten absetzen zu können.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Es ist in dieser schwierigen und risikoreichen Lage auch gut, wenn etwa in den Vereinigten Staaten von Januar bis Mai die Exporte um real 33 % gestiegen sind, während ihre Einfuhren nur noch um 12,1 % zunahmen. Aber es wird eine Fortsetzung dieses Trends über Jahre benötigen, bis die größte Volkswirtschaft der Welt wieder in einer einigermaßen ausgeglichenen Situation ist. Dazu gehört auch die Notwendigkeit, daß nach der Präsidentenwahl die neue Administration und der Kongreß das weit überhöhte Haushaltsdefizit zurückführen.
    Wir sind also stärker als in den vergangenen Jahrzehnten eingebunden in das Auf und Ab weltwirtschaftlicher Entwicklungen. In einer Zeit, in der wir Rückenwind verspüren, wollen wir das nicht vergessen. Aber es ist in einer richtigen Einschätzung der Situation und Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland als der gegenwärtig größten Exportnation auch nicht so, daß wir weltwirtschaftliche Entwicklungen nur hinzunehmen haben. Wir müssen sie
    aktiv gestalten, partnerschaftlich mit anderen. — Ich habe das am Dienstag mit Blick auf die bevorstehenden Jahrestagungen von Weltbank und Währungsfonds in Berlin näher ausgeführt. — Für uns muß gelten, gerade wenn wir diese Risiken sehen: Stabilität beginnt zu Hause — stability begins at home, wie die Angelsachsen sagen. Wir müssen das eigene Haus noch besser gestalten, nicht nur ökonomisch, auch unter ökologischen Vorzeichen, auch in der sozialen Dimension, auch in der Bewältigung dessen, was wir noch an ungelösten Problemen auf dem Arbeitsmarkt haben. Wir müssen das eigene Haus auch wetterfester machen.
    Das heißt nun — da gibt es den Dissens etwa mit der Fraktion DIE GRÜNEN — , daß wir bei aller wachsenden Bedeutung der ökologischen Dimension nie vergessen dürfen: Wetterfest gegen Erschütterungen und Stürme, konkurrenzfähig angesichts des Aufstiegs junger Industrienationen sind wir nur, wenn wir unsere Wirtschaft ständig modernisieren, wenn wir Technologie verantwortungsbewußt bejahen, wenn wir nicht in eine geistige Aussteigermentalität gegenüber dem verfallen, was an weltwirtschaftlichen Herausforderungen in jedem Fall für uns gegeben ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, für mich gehört auch unter Berufung auf viele Kommentatoren zur Bilanz dieser Tage: Eine in sich schlüssige Alternative hat die sozialdemokratische Opposition zu unserer Finanzpolitik nicht vorgelegt.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Der Parteitag von Münster ist ja nicht nur aus Termingründen und nicht nur wegen der Entscheidung des Kollegen Hans Apel in das Scheinwerferlicht dieser Diskussion gerückt. Wir haben es in kritischen Analysen, die ich im einzelnen nicht wiederholen will, auch mit sehr vielen Zitaten führender Sozialdemokraten ausführlich begründet, daß der Parteitag in Münster und — ich füge das hinzu — auch die Diskussion dieser Woche das schlüssige Alternativkonzept der Sozialdemokraten in den zentralen Fragen in der Finanz- und Wirtschaftspolitik nicht gebracht hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Das wissen die auch!)

    Ich will nur eine Stimme verlesen, und zwar das, was ein Weggefährte der Sozialdemokraten — ich trete ihm nicht zu nahe, wenn ich es so beschreibe —, der bekannte Bonner Korrespondent der „Frankfurter Rundschau", Rolf-Dietrich Schwartz, am 7. September, geschrieben hat.

    (Walther [SPD]: Der einzige Bonner Sozialist!)

    — Nicht der einzige, (Walther [SPD]: Aber ein besonderer!)

    aber man kann ihn doch als einen Weggefährten der Sozialdemokraten über lange Zeit beschreiben.

    (Walther [SPD]: Das wird nur mit Abstrichen akzeptiert!)

    — Sie sagen „mit Abstrichen", aber Sie akzeptieren es damit immerhin. Dafür bin ich dankbar.



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Er sagt folgendes:
    Viele Blößen, die sich der SPD-Experte bei seiner unfreiwilligen Premiere gegeben hatte, sind in ihren Ursachen nicht auf die Person zurückzuführen, sondern auf seine Partei in ihrem jetzigen Zustand. Die Fehlanzeige in der Steuerpolitik, das Hin und Her bei der Neuverschuldung, die Unentschlossenheit bei den Prioritäten des Haushalts hätte vielleicht ein begnadeter Starredner oder eine -rednerin verkleistern, nicht aber vergessen lassen können. Die richtigen Personen für ein Programm zu finden, ist für jede Partei schwer genug. Erst recht, wenn das Programm fehlt.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich bin in der etwas ungewöhnlichen Situation, hier einen Kommentar der „Frankfurter Rundschau" zustimmend vortragen zu können.
    Meine Damen und Herren, diese Widersprüche sind auch in den Beiträgen von Herrn Wieczorek und heute morgen von Herrn Walther für mich und viele sichtbar geworden. Einmal bekommen wir hier die härtesten Vorwürfe wegen der Neuverschuldung. Auch das Wort vom größten Schuldenmacher klang heute wieder an. Wir werden mal sehen. Warten wir ab, wie sich das in den nächsten Jahren entwickelt, beginnend 1988.

    (Walter [SPD]: Schuldenmajor!)

    Ich habe Herrn Vogel schon am Dienstag zur Vorsicht bei Prognosen geraten. Aber dann kommt eine Serie massiver ausgabenwirksamer, zum Teil in die Milliarden gehender Forderungen bei fast jedem Einzelplan. Das ist schon erstaunlich, meine Damen und Herren. Damit mag man gewisse Zielgruppen im Auge haben, aber überzeugend ist das nicht.
    Herr Kollege Vogel, wir haben einmal im Finanzministerium berechnet, was die konkret berechenbaren Beschlüsse des Münsteraner Parteitages kosten würden.

    (Dr. Vogel [SPD]: 37 Milliarden mindestens? Katastrophenszenario?)

    — Nein, nicht ganz. Ganz so hoch ist die Schätzung nicht. Das beruht allerdings auch darauf, Herr Vogel
    — es sind gut 7 Milliarden — , daß es einen zweiten Teil gibt, bei denen man die Forderungen wegen der Verschwommenheit der Aussage nicht berechnen kann.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Fangen wir einmal an: Entlastung der Gemeinden von Kosten für Sozialhilfeleistungen. Sie haben letzte Woche in Münster beschlossen, der Bund solle die Hälfte übernehmen: Kosten 4,7 Milliarden DM jährlich für den Bundeshaushalt.

    (Dr. Vogel [SPD]: Wie Albrecht!)

    — Nein, mit Herrn Albrecht haben wir uns mittlerweile auf ein viel vernüftigeres Konzept geeinigt. Das wissen Sie.

    (Dr. Vogel [SPD]: Haben Sie inzwischen ein Konzept? Haben Sie eine Gesetzesvorlage?)

    Wir haben uns mit Herrn Kollegen Albrecht geeinigt, und ich habe am Dienstag angekündigt,

    (Dr. Vogel [SPD]: In welchem Zirkel denn?) daß wir in Kürze das Gesetz einbringen werden,


    (Dr. Vogel [SPD]: Was steht drin?)

    nach den ordnungsgemäßen Vorgesprächen mit allen elf Ländern, die, wie Sie wissen, bereits begonnen haben.

    (Dr. Vogel [SPD]: 4,7 Milliarden!)

    Also: Lenken wir nicht ab! Sie verlangen über die jetzt getroffene Einigung hinaus 4,7 Milliarden DM jährliche Belastung.
    Nun kommen wir zum Sondervermögen „Arbeit und Umwelt". Da gibt es zwei Versionen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Vogel [SPD])

    — Lassen Sie mich doch einmal in Ruhe ausreden!
    Der Beschluß des Parteitags in Münster ging auf jährliche Zinssubventionen von rund 300 Millionen DM im Jahr. Aber noch am 1. Mai dieses Jahres hat Herr Kollege Vogel in München viel weitergehende Forderungen erhoben. Er hat dort gesagt: Unser Programm erfordert einen Aufwand von etwa 23 Milliarden DM an öffentlichen Mitteln in vier Jahren, um ein Wirkungsvolumen von 40 bis 50 Milliarden DM zu erreichen.
    23 Milliarden DM in vier Jahren; das bedeutet über 5 Milliarden DM pro Jahr, jedenfalls nach Ihrer damaligen Version. Da sich ja nach Ihrer Aussage die Länder und Gemeinden in einer so katastrophalen Situation befinden, daß sie gar nichts mehr leisten können, haben Sie dabei wahrscheinlich allein an den Bund gedacht.
    Nun komme ich zum Thema Zukunftsinitiative Montanregion und zum Zukunftsprogramm Küste. Kostenbelastung für den Bund: jährlich rund 600 Millionen DM.
    Dann gehen wir über zur Initiative zur Wiedereingliederung von Frauen, Schaffung qualifizierter Frauenarbeitsplätze: Das bedeutet — je nach Ausgestaltung — für den Bundeshaushalt jährlich eine Summe von bis zu 1 Milliarde DM.
    Die Vorstellungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz sind demgegenüber behutsam, machen aber immerhin einen dreistelligen Millionenbetrag aus.
    Ferner haben Sie die Ausdehnung der Geltungsdauer und die erhebliche Erweiterung des Vorruhestands verlangt. Das kostet jährlich 400 Millionen DM.
    Das sind zusammen über 7 Milliarden DM. Dann kommen die weitreichenden Gesetzesanträge und Vorschläge, die man nicht so exakt quantifizieren kann, die aber natürlich noch auf diese Waagschale zu legen sind.
    Ich stelle fest, daß Sie mit Ausnahme allgemeiner Hinweise auf die Kürzung des Verteidigungshaushalts in dieser Debatte keine konkreten Einsparvorschläge gemacht haben. Sie haben kein steuerpolitisches Konzept, das in sich schlüssig ist, und Sie haben



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    kein Haushaltskonzept, das tragfähig ist, meine Damen und Herren von der SPD.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Abg. Jaunich [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Bitte sehr.