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ID1109200400

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    Plenarprotokoll 11/92 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 92. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. September 1988 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989 (Haushaltsgesetz 1989) (Drucksache 11/2700) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1988 bis 1992 (Drucksache 11/2701) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt (Fortsetzung): Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1988 (Nachtragshaushaltsgesetz 1988) (Drucksache 11/2650) Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 6297 A Frau Verhülsdonk CDU/CSU 6301 A Frau Schoppe GRÜNE 6302 D Zywietz FDP 6304 A Dr. Hoffacker CDU/CSU 6305 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 6307 C Jaunich SPD 6312 C Möllemann, Bundesminister BMBW 6313 C Frau Odendahl SPD 6315 B Daweke CDU/CSU 6317D Wetzel GRÜNE 6318 C Dr. Struck SPD 6320 A Austermann CDU/CSU 6321D Ebermann GRÜNE 6323 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 6325 A Walther SPD 6326 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 6329 D Nächste Sitzung 6334 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 6335* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 6335* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 92. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. September 1988 6297 92. Sitzung Bonn, den 9. September 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 9. 9. Bahr 9. 9. Dr. Bangemann 9. 9. Frau Beck-Oberdorf 9. 9. Dr. Becker (Frankfurt) 9. 9. Böhm (Melsungen) * 9. 9. Büchner (Speyer)* 9. 9. Dörflinger 9. 9. Eylmann 9. 9. Gattermann 9. 9. Dr. Gautier 9. 9. Dr. Geißler 9. 9. Glos 9. 9. Dr. Glotz 9. 9. Dr. Götz 9. 9. Dr. Hauchler 9. 9. Dr. Hauff 9. 9. Dr. Haussmann 9. 9. Heimann 9. 9. Heyenn 9. 9. Hiller (Lübeck) 9. 9. Höpfinger 9. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 9. 9. Ibrügger** 9. 9. Jung (Düsseldorf) 9. 9. Dr.-Ing. Kansy** 9. 9. Frau Karwatzki 9. 9. Frau Kelly 9. 9. Kiechle 9. 9. Klein (Dieburg) 9. 9. Klose 9. 9. Dr. Kreile 9. 9. Kroll-Schlüter 9. 9. Kuhlwein 9. 9. Dr. Kunz (Weiden)** 9. 9. Leidinger 9. 9. Frau Luuk 9. 9. Niegel* 9. 9. Oostergetelo 9. 9. Dr. Probst 9. 9. Rappe (Hildesheim) 9. 9. Reddemann* 9. 9. Reschke 9. 9. Reuschenbach 9. 9. Frau Rust 9. 9. Schäfer (Mainz) 9. 9. Schmidt (München) 9. 9. Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 9. 9. Frau Dr. Sonntag-Wolgast 9. 9. Frau Steinhauer 9. 9. Tietjen 9. 9. Tillmann 9. 9. Voigt (Frankfurt) 9. 9. Dr. Vondran 9. 9. Vosen 9. 9. Frau Weiler 9. 9. Westphal 9. 9. Frau Wieczorek-Zeul 9. 9. Frau Wilms-Kegel 9. 9. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Wissmann 9. 9. Würtz 9. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 8. Juli 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Steuerreformgesetz 1990 Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Sozialgesetzbuches über die Übertragung, Verpfändung und Pfändung von Ansprüchen auf Sozialleistungen, zur Regelung der Verwendung der Versicherungsnummer und zur Änderung anderer Vorschriften (Erstes Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuches -1. SGBÄndG) Gesetz zur Bildung von Jugend- und Auszubildendenvertretungen in den Betrieben Gesetz zur Bildung von Jugend- und Auszubildendenvertretungen in den Verwaltungen Neuntes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und Siebtes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes Fünftes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder" Drittes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes Gesetz zu den Protokollen vom 25. Mai 1984 zur Änderung des Internationalen Übereinkommens von 1969 über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden und zur Änderung des Internationalen Übereinkommens von 1971 über die Errichtung eines Internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden Gesetz über die Haftung und Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden durch Seeschiffe (Ölschadengesetz - ÖlSG) Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 53 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Oktober 1936 über das Mindestmaß beruflicher Befähigung der Schiffsführer und Schiffsoffiziere auf Handelsschiffen Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 125 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 21. Juni 1966 über die Befähigungsnachweise der Fischer Gesetz zu dem Abkommen vom 11. April 1984 zur Änderung des Anhangs zur Satzung der Europäischen Schule Gesetz zur Umsetzung der Apotheker-Richtlinien der EG (85/ 432/EWG und 85/433/EWG) in deutsches Recht Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" Gesetz zur steuerlichen Begünstigung von Zuwendungen an unabhängige Wählervereinigungen Zu den drei letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat nachfolgende Entschließungen gefaßt bzw. angenommen. 1. Entschließung zum Gesetz zur Umsetzung der Apotheker-Richtlinien der EG (85/432/EWG und 85/433/EWG) in deutsches Recht: 6336* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 92. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. September 1988 Der Bundestag hat in einer zusammen mit dem Gesetzesbeschluß gefaßten Entschließung für eine Apothekerausbildung plädiert, die ein vollwertiges achtes Hochschulsemester umfaßt und erwartet alsbald die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung. Der Bundesrat, der sich bereits im ersten Durchgang für eine baldmögliche Klärung der Frage der Ausbildungsdauer eingesetzt hat, vertritt demgegenüber die Auffassung, daß die Bundesregierung vor der Vorlage ihres Gesetzentwurfs das Ergebnis der Beratungen der gemeinsamen Arbeitsgruppe von BMJFFG, KMK und GMK abwarten sollte, die derzeit auf der Grundlage des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 24./25. April 1988 Vorschläge für die Ausfüllung eines zusätzlichen Semesters und für eine stoffliche Entlastung des Studiums der Pharmazie erarbeitet; das Ergebnis der Beratungen wird zum Herbst 1988 vorliegen. Er bittet die Bundesregierung, im Anschluß hieran die Klärung der Frage der Ausbildungsdauer so rechtzeitig abzuschließen, daß ein entsprechender Gesetzentwurf noch in diesem Jahr eingebracht werden kann. Die Anpassung der deutschen Apothekerausbildung an das EG-Recht duldet keinen weiteren Aufschub. 2. Entschließung zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes": Der Bundesrat stellt zu dem zwischen den Regierungschefs von Bund und Ländern am 19. Mai 1988 vereinbarten Kompromiß, Maßnahmen nach dem Extensivierungsgesetz (Stillegung von Ackerflächen, Extensivierung und Umstellung der Erzeugung gemäß Verordnung [EWG] Nr. 1094/88 des Rates) in einem Sonderrahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe bei einem begrenzten Plafond im Verhältnis von 70 : 30 von Bund und Ländern zu finanzieren, folgendes fest: — Durch den Sonderrahmenplan wird die grundsätzliche Finanzierung der Gemeinschaftsaufgabe im Verhältnis 60 : 40 nicht berührt. — Die Formulierung in Artikel 1 Nr. 1 Buchstabe a in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b schafft nur die Rechtsgrundlage für Extensivierungsmaßnahmen gemäß dem Beschluß der Regierungschefs von Bund und Ländern vom 19. Mai 1988. — Die Mitfinanzierung stellt kein Präjudiz für eine Finanzbeteiligung der Länder bei vergleichbaren künftigen Fällen dar. Der Bundesrat stimmt dem Änderungsgesetz in der vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Fassung ausdrücklich nur unter der Maßgabe des Artikels 8 Abs. 2 zu, wonach die neu eingefügten Bestimmungen „Anpassung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe an die Marktentwicklung" (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b) und die Finanzierung im Verhältnis 70 : 30 (im § 10 Abs. 1 die Worte „Nr. 1 Buchstabe b und") mit Ablauf des 30. Juni 1993 außer Kraft treten. Der Bundesrat erklärt, daß die Länder keine über den Rahmen von 250 Millionen DM Bundesmittel hinausgehende Verpflichtung bei Überzeichnung oder Aufstockung der Maßnahmen anerkennen. Die Bundesregierung wird gebeten, die Finanzierungsgrundlagen für eine kontinuierliche Durchführung der Maßnahmen gemäß Verordnung (EWG) Nr. 1094/88 des Rates sicherzustellen. Der Bundesrat stellt fest, daß die von der Bundesregierung initiierte Änderung des § 11 Abs. 3 hinsichtlich der Abführung von anteiligen Zinsen (siehe die Gegenäußerung der Bundesregierung vom 6. August 1987) der Auffassung der Länder nicht entspricht. Dem Bundesrat ist es durch das von der Bundesregierung gewählte Verfahren nicht möglich, seine abweichende Auffassung noch im laufenden Gesetzgebungsverfahren zur Geltung zu bringen, da das Gesetz bereits am 1. Juli 1988 in Kraft treten soll. Er hält seinen abweichenden Rechtsstandpunkt weiterhin aufrecht und wird zu gegebener Zeit eine entsprechende Änderung anstreben. Der Bundesrat weist darauf hin, daß zur Finanzierung von EG-Maßnahmen seit 1973 unterschiedliche Auffassungen zwischen Bund und Ländern bestehen und die Frage der Finanzierung von EG-Maßnahmen einer grundsätzlichen rechtlichen Klärung bedarf. Der Bundesrat ist der Auffassung, daß Maßnahmen der Marktentlastung in die Zuständigkeit der EG und des Bundes fallen und von ihnen zu finanzieren sind. 3. Entschließung zum Gesetz zur steuerlichen Begünstigung von Zuwendungen an unabhängige Wählervereinigungen: Der Bundesrat hält es für erforderlich, daß entsprechend der Handhabung bei den Parteien den Finanzämtern jeweils rechtzeitig vor der Einkommen- und Körperschaftsteuerveranlagung ein Verzeichnis der für den Veranlagungszeitraum zum Abzug berechtigten unabhängigen Wählervereinigungen zur Verfügung gestellt wird. Die Finanzämter wären im einzelnen Besteuerungsfall häufig kaum oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand in der Lage festzustellen, ob ein Verein die Voraussetzungen des steuerwirksamen Spenden- und Beitragsabzugs erfüllt. Da die Zahl der einschlägigen Vereine zudem sehr groß sein dürfte, kann die ordnungsgemäße Besteuerung nur gewährleistet werden, wenn den Finanzämtern rechtzeitig ein Verzeichnis aller berechtigten Vereine zur Verfügung gestellt wird. Dies sollte im Verwaltungswege möglichst einheitlich für das Bundesgebiet geschehen. Die Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 10/5627 Drucksache 11/1027 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Innenausschuß Drucksache 11/2465 Nr. 2.1 Drucksachen 11/2580 Nr. 1 und 3 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/1895 Nr. 2.37 Haushaltsausschuß Drucksache 11/2266 Nr. 2.2 Drucksachen 11/2580 Nr. 7 und 8 Der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland hat mit Schreiben vom 3. August 1988 gemäß § 30 Absatz 4 des Bundesbahngesetzes den Wirtschaftsplan nebst Stellenplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1988 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Ein Abdruck des Genehmigungserlasses ist dem Wirtschaftsplan und dem Stellenplan vorgeheftet. Die Unterlagen liegen im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Roswitha Verhülsdonk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Schmidt, an Zungenfertigkeit und an Angriffslust haben Sie es wieder nicht fehlen lassen; das gestehe ich Ihnen zu. Es ist nur schade, daß Sie die Politik von Frau Ministerin Süssmuth ausschließlich durch Ihre Oppositionsbrille betrachtet haben. Da entgeht Ihnen leider vieles.

    (Jahn [Marburg] [SPD]: Die ist sehr scharf!)

    Wir finden, Frau Süssmuth, Sie haben Ihre schöne Aufgabe — so sehe ich das auch — vorzüglich ausgefüllt, und ich denke, die Bürger sehen das auch.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ihr gutes Recht ist es, daß Sie und die SPD eine andere Politik wollen. Ich will von unserer Politik und von der Politik dieser Bundesregierung sprechen, die wir allerdings in Verantwortung für das Ganze auch im Bereich der Familien- und Frauenpolitik sehen müssen; einen Dukatenesel haben wir leider nicht.
    Ausgewogenheit, Kontinuität und Lebensnähe kennzeichnen den Haushalt des Ministeriums für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit. Hier spiegelt sich eine Politik wider, die sich den Menschen in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen und Altersstationen verpflichtet fühlt, eine Politik, die sowohl die berechtigten Anliegen der Jugend ernst nimmt wie auch um Verständnis für die Belange der Älteren wirbt, eine Politik, die Solidarität mit den Benachteiligten und Kranken, aber auch die Eigenverantwortung des menschlichen Handelns fördert, kurz: eine Politik, für die die Begriffe Verständnis und Toleranz, Solidarität und Eigenverantwortung keine hohlen Floskeln sind.
    Es ist ein entscheidendes Verdienst dieser Bundesregierung, daß sie die tiefen ideologischen Gräben und scheinbar unüberwindlichen Gegensätze, die in den 70er Jahren die Jugendpolitik, Familienpolitik und Frauenpolitik geprägt haben, in Ihrer Regierungszeit, von Ihnen weithin mit zu verantworten, überwunden hat. Dies ist nicht zuletzt Ihnen, Frau Ministerin Süssmuth, zu verdanken. Wir, Ihre Mitstreiter, möchten Sie ermutigen, auf diesem Weg weiterzugehen. Sie können unserer Unterstützung dabei ganz gewiß sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist erfreulich, Frau Schmidt, daß auch die SPD inzwischen durch die Überzeugungskraft von Frau Süssmuth einiges gelernt hat.

    (Lachen bei der SPD)

    Sie haben dafür einige Beispiele gegeben. Wenn ich höre, wie Sie heute über Familie und Kinder reden, und daneben halte, wie das noch vor zehn Jahren geklungen hat, dann ist das eine andere Welt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Unsere Politik ist dem Leben verpflichtet, auch dem ungeborenen Leben. Menschliches Leben ist heute in vielfältiger Weise bedroht und schutzbedürftig; da bin ich mit Ihnen einig. Gentechnologie und neue Methoden der Fortpflanzungsmedizin verlangen, daß wir dem technischen Fortschritt dort Grenzen setzen, wo menschliches Leben in Gefahr gerät, manipuliert zu werden. In diesem Zusammenhang begrüße ich, daß die Bundesregierung vorhat, alle Formen von Leih- und Ersatzmutterschaft zu verbieten. Ich stimme ebenso mit allen überein, die sich gegen verbrauchende Embryonenforschung aussprechen. Was aber für den Embryo im Reagenzglas gilt, muß auch für das ungeborene Kind im Mutterleib gelten.

    (Beifall von der CDU/CSU)

    Hier kann ich nicht mit zweierlei Maß messen. Da müsen wir alles versuchen, um falsche gesellschaftliche und vor allem auch um falsche politische Maßstäbe zu korrigieren.
    Wir brauchen eine Offensive für das Leben. Sie muß die Kinder — die geborenen und die ungeborenen — in den Mittelpunkt stellen. Deshalb bin ich sehr froh, daß es gelungen ist, erstmals 15 Millionen DM für ein Informationsprogramm „Zukunft der Familie" in diesem Haushalt 1989 bereitzustellen.

    (Frau Dr. Götte [SPD]: Oh je, oh je!)

    Sympathiewerbung für Kinder, mit Phantasie und Herz gemacht, und neue Strategien für Familien in schwierigen Situationen, das brauchen wir tatsächlich. Ich wünsche diesem Vorhaben, Frau Süssmuth, vollen Erfolg.
    Wir sind nicht so naiv oder verbohrt, daß wir nicht die Konflikte sehen, von denen schwangere Frauen in Notlagensituationen betroffen sind. Nicht um sie zu gängeln, sondern um ihnen gezielter und besser helfen zu können, damit sie sich für ihr Kind entscheiden können, wollen wir das Beratungsgesetz machen, das wir uns in der Koalition vorgenommen haben. Es hat sich ja vielfach erwiesen: Abtreibungen lösen nicht die Partnerschaftskonflikte, die oft genug dahinterstehen. Sie erzeugen neue Konflikte. Da wollen wir nicht die Situation bestehen lassen, die heute anzutreffen ist.
    Seit Christdemokraten in Bonn Regierungsverantwortung tragen, ist die Familie vom Rand wieder in das Zentrum der Politik zurückgekehrt.

    (Zuruf von der SPD: Oh Gott, oh Gott!)

    Wir haben den Familienlastenausgleich im Rahmen der dreistufigen Steuerreform kräftig weiterentwikkelt. Das wollen Sie bloß nicht wahrhaben, aber die Bürger wissen es. Eine Anhebung des Kindergelds ab dem zweiten Kind steht mit höchster Priorität auf der Tagesordnung, sobald es solide finanziert werden kann.
    Familienpolitik und Frauenpolitik sind für uns keine Gegensätze. Wir setzen uns für die Frauen in den Familien ebenso ein wie für die Gleichberechtigung der Frauen in der Arbeitswelt. Auch ich beklage es: Die Frauenarbeitslosigkeit ist viel zu hoch, wie die Arbeitslosigkeit insgesamt. Aber warum sprechen Sie als Opposition eigentlich nicht auch davon, daß die Zahl der weiblichen Erwerbspersonen noch nie so



    Frau Verhülsdonk
    hoch war wie heute und ständig wächst? Lesen Sie einmal den „Bundesanzeiger" vom 13. August 1988; da finden Sie beachtliche Zahlen.
    Die SPD fordert immer wieder neue Analysen zur Frauenarbeitslosigkeit. Aber an Kenntnis der Ursachen und der Probleme fehlt es uns ja wirklich nicht. Wir wissen, daß die Probleme sehr vielseitig sind und daß sie im Grunde nur Schritt für Schritt gelöst werden können. Deswegen finde ich es sehr gut, daß wir jetzt weitere Schritte tun wollen.
    Daß Frauen seit einer Woche in der SPD vielleicht über die Quote Karriere machen können, liebe Frau Schmidt, löst die Frauenfrage leider noch lange nicht.

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Es hilft aber!)

    Was den Frauen hätte helfen können, das wäre eine rechtzeitige Öffnung der SPD zu neuen Wegen in der Arbeitsmarktpolitik gewesen, etwa die Bereitschaft, Teilzeitarbeit bereits in den 70er und 80er Jahren, als sich Arbeitslosigkeit abzeichnete, zu fördern und damals schon für flexible Arbeitszeiten einzutreten. Aber — das wurde ja auch in Münster wieder deutlich — Sie haben immer noch Probleme, sich der Lebensrealität der Menschen und den Bedingungen der Wirtschaft anzunähern.

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Wir haben Probleme mit jederzeit verfügbaren Frauen und Müttern! Damit haben wir Probleme, aber mit sonst nichts!)

    — Sie haben sehr viele Probleme, die ja die ganze Woche hier zur Sprache kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir werden weiter für mehr Teilzeitarbeitsplätze kämpfen und uns dafür einsetzen, daß sie auch im öffentlichen Dienst und in verantwortlichen Positionen möglich werden — und zwar für Männer und Frauen.
    Die Union will Gleichberechtigung und Partnerschaft nicht von Staats wegen verordnen, sondern in freier Entscheidung ermöglichen. Deswegen wollen wir, daß auch die Väter Zeit für die Familie gewinnen. Mit dem Erziehungsgeld und dem Erziehungsurlaub für Väter oder Mütter — jetzt für die Dauer eines Jahres — haben wir gesetzliche Zeichen gesetzt, die weit in die Zukunft reichen.
    Die seit zwei Jahren erstmals wieder ansteigenden Geburtenziffern zeigen, daß junge Paare ihren Kinderwunsch wieder leichter realisieren können.

    (Zuruf von der SPD: Was?)

    Noch nehmen überwiegend die Mütter diese Leistungen in Anspruch. Etwa die Hälfte der Mütter kehrt nach dem Erziehungsurlaub nicht sofort in den Beruf zurück. Die Frage, ob es ihnen gelingt, nach einigen Jahren wieder Anschluß an den Beruf zu finden, ist zur politischen Schlüsselfrage für die Frauen insgesamt und damit für die Chancengleichheit von Frauen und Männern geworden.
    In der letzten Wahlperiode haben wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die berufliche Wiedereingliederung im Arbeitsförderungsgesetz erheblich verbessert. Mit diesem Haushalt beginnen wir, ein Bündel konkreter Hilfen für diese Frauen auf den Weg zu bringen. Dafür werden in den nächsten fünf Jahren ca. 30 Millionen DM bereitgestellt. Damit soll z. B. vor Ort die Beratung der Frauen, die sich nach der Familienphase neu orientieren wollen, erleichtert werden. Das regionale Arbeitsplatzangebot und die Weiterbildungsangebote müssen besser aufeinander abgestimmt werden. Die in der Familienarbeit erworbenen Kompetenzen der Frauen müssen bei Wiedereingliederung und Weiterbildung stärker berücksichtigt werden.

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Das wissen wir!)

    — Das wissen Sie. Aber wir tun das jetzt. Das muß jetzt geschehen. Wissen allein nützt nichts. Worte helfen nicht. Taten müssen folgen. Da ist noch viel zu tun und viel möglich.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Beifall bei der SPD)

    Ich erwarte von diesem Programm, das Taten und Zeichen setzen wird, eine große Breitenwirkung mit sehr konkreten praktischen Hilfen. Wir werden in einiger Zeit darüber sprechen, was das gebracht hat.
    Der Herr Kollege Hoffacker wird weitere Themen, die Sie angeschnitten haben, aufgreifen. Deswegen will ich zum Schluß kommen und zusammenfassen: Glaubwürdig ist Politik dann, wenn die Menschen sich mit ihren Problemen ernst genommen fühlen. Das nehme ich für die Frauen- und Familienpolitik der CDU und die Frauen- und Familienpolitik unserer Ministerin ausdrücklich in Anspruch.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Schoppe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Waltraud Schoppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt ein Dokument, das sich gegen Personen beiderlei Geschlechts richtet, die mit ihren Bezauberungen die Geburten der Weiber umkommen machen; das ist verboten, und wer sich erkühnt, dagegen zu verstoßen, der zieht den Zorn Gottes auf sich. Ich spreche nicht vom § 218, sondern von der Hexenbulle von 1484. Aber wenn es um die Verhetzung von Frauen geht, die abtreiben, dann fragt man sich, ob in den Jahrhunderten, die vergangen sind, eigentlich viel passiert ist.
    Ich will die Gelegenheit benutzen und heute von den Frauen in Memmingen sprechen. Es sind 135 Frauen, die bisher verurteilt worden sind. Gucken wir uns einmal an, was diese Frauen gemacht haben. Sie haben die Regelung des § 218 nicht eingehalten und haben abgetrieben. Sie haben nichts anderes gemacht als beispielsweise die Frauen, die nach Holland fahren — es werden von Jahr zu Jahr mehr —; sie haben nichts anderes gemacht, als die Frauen, die genug Geld haben, um sich unter Umgehung des § 218 eine Abtreibung zu erkaufen — auch das sind sehr viele Frauen — . Darauf weise ich hin.
    Frau Süssmuth, ich verstehe Sie nicht, daß Sie an diesem Punkt nicht eingegriffen haben. Ich habe das



    Frau Schoppe
    Gefühl, daß Sie schon eine sehr lange Zeit hier unter der Knute der fundamentalistischen Lebensschützer in Ihrer Partei stehen. Sie haben auf Ihrem Parteitag, nachdem Herr Stoiber sich durchgesetzt hat und jetzt nicht mehr von Abtreibung, sondern von Tötung menschlichen Lebens geredet wird,

    (Strube [CDU/CSU]: Das ist ja auch richtig! — Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Wissenschaftlich bewiesen!)

    nicht eingegriffen und sich nicht dagegen gewehrt. — Herr Hoffacker, es gibt einen Unterschied. Ich sage: Es ist Tötung werdenden Lebens. Daran ist überhaupt nicht zu rütteln. Aber es gibt eine Differenz zwischen werdendem Leben und menschlichem Leben, und auf dieser Differenz bestehe ich.

    (Strube [CDU/CSU]: Das meinen Sie!)

    Wenn man diese Differenz verschwinden läßt, dann kommt man zu dem, was Renate gesagt hat. Dann kommt man nämlich dazu, daß diese Frauen Mörderinnen sind.

    (Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Frau Schoppe, Sie sind wissenschaftsfeindlich und wissen nicht, wovon Sie sprechen!)

    Ein parteiliches Wort für diese Frauen, Frau Süssmuth, die da vor Gericht stehen, weil sie Pech gehabt haben, und die anderen Frauen, die viel Geld haben und das anonym tun und kein Pech haben, wäre notwendig gewesen. Reden Sie sich nicht damit heraus, Sie wollten nicht in laufende Prozesse eingreifen. Darum geht es überhaupt nicht. Aber von der Frauenministerin dieser Republik haben wir diese Parteilichkeit zu erwarten. Daß sie nicht gekommen ist, finde ich sehr beschämend.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Ich gehe ein bißchen näher auf das ein, was sich da unten in Bayern eigentlich abspielt. Dort werden den Frauen jetzt die sogenannten Freistellungsangebote gemacht. Was heißt denn das: Freistellungsangebote? Heute ist eine Adoption möglich, wenn die Frau das Kind sechs Wochen nach der Geburt zur Adoption freigibt. Jetzt will man den Frauen schon während der Schwangerschaft das Angebot machen, sich freistellen zu lassen, d. h. freistellen von finanzieller Belastung, die ein Kind mit sich bringt, freistellen von Versorgung. Das heißt: Die Frauen sollen nicht mehr die Möglichkeit haben, sich bei einer ungewollten Schwangerschaft dafür zu entscheiden, dieses Kind, das zwar ungewollt ist, zu kriegen und als ihres zu behalten oder sich für eine Abtreibung zu entscheiden. Nein, diese Möglichkeit wäre damit weg. Denn man sagt: In eine finanzielle Notlage kannst du ja gar nicht kommen; das Kind wird dir von Staats wegen abgenommen.
    Man hat — gründlich, wie man ist — auch daran gedacht, daß unter den Kindern, die unter solchen Umständen geboren werden, auch behinderte Kinder sind.
    Und man ist — weitsichtig, wie man in Bayern ist — dazu gekommen, zu sagen: 2 % dieser Kinder sind behindert. Selbstverständlich ist man dann — ich kann es Ihnen aus dem Schreiben aus Bayern zitieren — davon ausgegangen, daß behinderte Kinder
    nicht adoptiert werden. Man hat gesagt: Diese Kinder, die nicht adoptiert werden, kommen in Heime, und zehn Leute, die Steuern zahlen — so ein Heimplatz kostet 1 800 bis 2 300 DM — , können das finanzieren. Meine Herren, da ist doch noch allerhand drin. Denn wenn man es für die Behinderten in den Heimen ein bißchen schlichter macht, für Behinderte, die sich ja sowieso nicht wehren können, und deren Eltern auch nicht für sie kämpfen, weil sie im ganz zarten Alter, nämlich nach der Geburt, schon ihre Eltern verloren haben, weil ihre eigenen Mütter ihre Leihmütter sind, dann reichen z. B. schon acht Steuerzahler aus. Wer sich so etwas ausdenkt, so etwas Menschenverachtendes und Menschenfeindliches, der braucht Widerstand, Frau Süssmuth.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD sowie der Abg. Frau Folz-Steinacker [FDP])

    Wenn wir dann noch hören, daß in Bayern formuliert wird, daß diese Freistellung in das Beratungsgesetz in Bayern aufgenommen werden soll, und wenn die Bayern dann noch sagen, der bayerische Standard, von dem wir hier gehört haben, soll Bundesstandard für ein Beratungsgesetz werden — wir haben hier also die „Verbayerisierung" der Bundesrepublik — , dann muß da Widerstand kommen, Frau Süssmuth. Wie kommt es, daß wir das hier von Ihnen nicht gehört haben?
    Weiter wissen wir, daß man in Bayern jetzt festgestellt hat, daß die Frauen bei der Inanspruchnahme von Mitteln aus der „Stiftung Mutter und Kind" wieder „liederlich" handeln, weil es beispielsweise einen Mitnahmeeffekt gibt, weil die Frauen einfach kommen und das Geld fordern. Da handeln die Bayern dann mal eben — das haben sie schon getan — und setzen den Betrag, ab dem man in den Genuß der Gelder der „Stiftung Mutter und Kind" kommt, mit Wirkung vom 1. Oktober 1988 einfach herab. Man nimmt den Frauen also auch noch das Geld weg.
    Das sind Ihre bayerischen Verhältnisse, die Sie auf die Bundesrepublik übertragen wollen. Da möchte ich auch den Widerstand von Frau Süssmuth und von Ihnen in der Koalition. Sie wissen, ich bin immer Befürworterin von Koalitionen und stelle mir die Arbeit in solchen Koalitionen schon ganz schwierig vor. Aber unter diesen Bedingungen in einer solchen Koalition zu arbeiten stelle ich mir geradezu grauslich vor. Ich stelle es mir besonders für die Frauen ganz, ganz schrecklich vor; denn es richtet sich gegen die Frauen, und es richtet sich gegen die Kinder. Da möchte ich hier auch einmal Ihren Widerstand aus der FDP ein bißchen vehementer hören. Das können wir so ohne weiteres nicht durchgehen lassen.
    Meine Damen und Herren, ich bin gespannt darauf, Frau Süssmuth, was Sie dazu sagen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)