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ID1109200200

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    Plenarprotokoll 11/92 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 92. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. September 1988 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989 (Haushaltsgesetz 1989) (Drucksache 11/2700) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1988 bis 1992 (Drucksache 11/2701) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt (Fortsetzung): Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1988 (Nachtragshaushaltsgesetz 1988) (Drucksache 11/2650) Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 6297 A Frau Verhülsdonk CDU/CSU 6301 A Frau Schoppe GRÜNE 6302 D Zywietz FDP 6304 A Dr. Hoffacker CDU/CSU 6305 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 6307 C Jaunich SPD 6312 C Möllemann, Bundesminister BMBW 6313 C Frau Odendahl SPD 6315 B Daweke CDU/CSU 6317D Wetzel GRÜNE 6318 C Dr. Struck SPD 6320 A Austermann CDU/CSU 6321D Ebermann GRÜNE 6323 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 6325 A Walther SPD 6326 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 6329 D Nächste Sitzung 6334 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 6335* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 6335* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 92. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. September 1988 6297 92. Sitzung Bonn, den 9. September 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 9. 9. Bahr 9. 9. Dr. Bangemann 9. 9. Frau Beck-Oberdorf 9. 9. Dr. Becker (Frankfurt) 9. 9. Böhm (Melsungen) * 9. 9. Büchner (Speyer)* 9. 9. Dörflinger 9. 9. Eylmann 9. 9. Gattermann 9. 9. Dr. Gautier 9. 9. Dr. Geißler 9. 9. Glos 9. 9. Dr. Glotz 9. 9. Dr. Götz 9. 9. Dr. Hauchler 9. 9. Dr. Hauff 9. 9. Dr. Haussmann 9. 9. Heimann 9. 9. Heyenn 9. 9. Hiller (Lübeck) 9. 9. Höpfinger 9. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 9. 9. Ibrügger** 9. 9. Jung (Düsseldorf) 9. 9. Dr.-Ing. Kansy** 9. 9. Frau Karwatzki 9. 9. Frau Kelly 9. 9. Kiechle 9. 9. Klein (Dieburg) 9. 9. Klose 9. 9. Dr. Kreile 9. 9. Kroll-Schlüter 9. 9. Kuhlwein 9. 9. Dr. Kunz (Weiden)** 9. 9. Leidinger 9. 9. Frau Luuk 9. 9. Niegel* 9. 9. Oostergetelo 9. 9. Dr. Probst 9. 9. Rappe (Hildesheim) 9. 9. Reddemann* 9. 9. Reschke 9. 9. Reuschenbach 9. 9. Frau Rust 9. 9. Schäfer (Mainz) 9. 9. Schmidt (München) 9. 9. Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 9. 9. Frau Dr. Sonntag-Wolgast 9. 9. Frau Steinhauer 9. 9. Tietjen 9. 9. Tillmann 9. 9. Voigt (Frankfurt) 9. 9. Dr. Vondran 9. 9. Vosen 9. 9. Frau Weiler 9. 9. Westphal 9. 9. Frau Wieczorek-Zeul 9. 9. Frau Wilms-Kegel 9. 9. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Wissmann 9. 9. Würtz 9. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 8. Juli 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Steuerreformgesetz 1990 Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Sozialgesetzbuches über die Übertragung, Verpfändung und Pfändung von Ansprüchen auf Sozialleistungen, zur Regelung der Verwendung der Versicherungsnummer und zur Änderung anderer Vorschriften (Erstes Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuches -1. SGBÄndG) Gesetz zur Bildung von Jugend- und Auszubildendenvertretungen in den Betrieben Gesetz zur Bildung von Jugend- und Auszubildendenvertretungen in den Verwaltungen Neuntes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und Siebtes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes Fünftes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder" Drittes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes Gesetz zu den Protokollen vom 25. Mai 1984 zur Änderung des Internationalen Übereinkommens von 1969 über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden und zur Änderung des Internationalen Übereinkommens von 1971 über die Errichtung eines Internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden Gesetz über die Haftung und Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden durch Seeschiffe (Ölschadengesetz - ÖlSG) Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 53 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Oktober 1936 über das Mindestmaß beruflicher Befähigung der Schiffsführer und Schiffsoffiziere auf Handelsschiffen Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 125 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 21. Juni 1966 über die Befähigungsnachweise der Fischer Gesetz zu dem Abkommen vom 11. April 1984 zur Änderung des Anhangs zur Satzung der Europäischen Schule Gesetz zur Umsetzung der Apotheker-Richtlinien der EG (85/ 432/EWG und 85/433/EWG) in deutsches Recht Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" Gesetz zur steuerlichen Begünstigung von Zuwendungen an unabhängige Wählervereinigungen Zu den drei letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat nachfolgende Entschließungen gefaßt bzw. angenommen. 1. Entschließung zum Gesetz zur Umsetzung der Apotheker-Richtlinien der EG (85/432/EWG und 85/433/EWG) in deutsches Recht: 6336* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 92. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. September 1988 Der Bundestag hat in einer zusammen mit dem Gesetzesbeschluß gefaßten Entschließung für eine Apothekerausbildung plädiert, die ein vollwertiges achtes Hochschulsemester umfaßt und erwartet alsbald die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung. Der Bundesrat, der sich bereits im ersten Durchgang für eine baldmögliche Klärung der Frage der Ausbildungsdauer eingesetzt hat, vertritt demgegenüber die Auffassung, daß die Bundesregierung vor der Vorlage ihres Gesetzentwurfs das Ergebnis der Beratungen der gemeinsamen Arbeitsgruppe von BMJFFG, KMK und GMK abwarten sollte, die derzeit auf der Grundlage des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 24./25. April 1988 Vorschläge für die Ausfüllung eines zusätzlichen Semesters und für eine stoffliche Entlastung des Studiums der Pharmazie erarbeitet; das Ergebnis der Beratungen wird zum Herbst 1988 vorliegen. Er bittet die Bundesregierung, im Anschluß hieran die Klärung der Frage der Ausbildungsdauer so rechtzeitig abzuschließen, daß ein entsprechender Gesetzentwurf noch in diesem Jahr eingebracht werden kann. Die Anpassung der deutschen Apothekerausbildung an das EG-Recht duldet keinen weiteren Aufschub. 2. Entschließung zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes": Der Bundesrat stellt zu dem zwischen den Regierungschefs von Bund und Ländern am 19. Mai 1988 vereinbarten Kompromiß, Maßnahmen nach dem Extensivierungsgesetz (Stillegung von Ackerflächen, Extensivierung und Umstellung der Erzeugung gemäß Verordnung [EWG] Nr. 1094/88 des Rates) in einem Sonderrahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe bei einem begrenzten Plafond im Verhältnis von 70 : 30 von Bund und Ländern zu finanzieren, folgendes fest: — Durch den Sonderrahmenplan wird die grundsätzliche Finanzierung der Gemeinschaftsaufgabe im Verhältnis 60 : 40 nicht berührt. — Die Formulierung in Artikel 1 Nr. 1 Buchstabe a in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b schafft nur die Rechtsgrundlage für Extensivierungsmaßnahmen gemäß dem Beschluß der Regierungschefs von Bund und Ländern vom 19. Mai 1988. — Die Mitfinanzierung stellt kein Präjudiz für eine Finanzbeteiligung der Länder bei vergleichbaren künftigen Fällen dar. Der Bundesrat stimmt dem Änderungsgesetz in der vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Fassung ausdrücklich nur unter der Maßgabe des Artikels 8 Abs. 2 zu, wonach die neu eingefügten Bestimmungen „Anpassung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe an die Marktentwicklung" (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b) und die Finanzierung im Verhältnis 70 : 30 (im § 10 Abs. 1 die Worte „Nr. 1 Buchstabe b und") mit Ablauf des 30. Juni 1993 außer Kraft treten. Der Bundesrat erklärt, daß die Länder keine über den Rahmen von 250 Millionen DM Bundesmittel hinausgehende Verpflichtung bei Überzeichnung oder Aufstockung der Maßnahmen anerkennen. Die Bundesregierung wird gebeten, die Finanzierungsgrundlagen für eine kontinuierliche Durchführung der Maßnahmen gemäß Verordnung (EWG) Nr. 1094/88 des Rates sicherzustellen. Der Bundesrat stellt fest, daß die von der Bundesregierung initiierte Änderung des § 11 Abs. 3 hinsichtlich der Abführung von anteiligen Zinsen (siehe die Gegenäußerung der Bundesregierung vom 6. August 1987) der Auffassung der Länder nicht entspricht. Dem Bundesrat ist es durch das von der Bundesregierung gewählte Verfahren nicht möglich, seine abweichende Auffassung noch im laufenden Gesetzgebungsverfahren zur Geltung zu bringen, da das Gesetz bereits am 1. Juli 1988 in Kraft treten soll. Er hält seinen abweichenden Rechtsstandpunkt weiterhin aufrecht und wird zu gegebener Zeit eine entsprechende Änderung anstreben. Der Bundesrat weist darauf hin, daß zur Finanzierung von EG-Maßnahmen seit 1973 unterschiedliche Auffassungen zwischen Bund und Ländern bestehen und die Frage der Finanzierung von EG-Maßnahmen einer grundsätzlichen rechtlichen Klärung bedarf. Der Bundesrat ist der Auffassung, daß Maßnahmen der Marktentlastung in die Zuständigkeit der EG und des Bundes fallen und von ihnen zu finanzieren sind. 3. Entschließung zum Gesetz zur steuerlichen Begünstigung von Zuwendungen an unabhängige Wählervereinigungen: Der Bundesrat hält es für erforderlich, daß entsprechend der Handhabung bei den Parteien den Finanzämtern jeweils rechtzeitig vor der Einkommen- und Körperschaftsteuerveranlagung ein Verzeichnis der für den Veranlagungszeitraum zum Abzug berechtigten unabhängigen Wählervereinigungen zur Verfügung gestellt wird. Die Finanzämter wären im einzelnen Besteuerungsfall häufig kaum oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand in der Lage festzustellen, ob ein Verein die Voraussetzungen des steuerwirksamen Spenden- und Beitragsabzugs erfüllt. Da die Zahl der einschlägigen Vereine zudem sehr groß sein dürfte, kann die ordnungsgemäße Besteuerung nur gewährleistet werden, wenn den Finanzämtern rechtzeitig ein Verzeichnis aller berechtigten Vereine zur Verfügung gestellt wird. Dies sollte im Verwaltungswege möglichst einheitlich für das Bundesgebiet geschehen. Die Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 10/5627 Drucksache 11/1027 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Innenausschuß Drucksache 11/2465 Nr. 2.1 Drucksachen 11/2580 Nr. 1 und 3 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/1895 Nr. 2.37 Haushaltsausschuß Drucksache 11/2266 Nr. 2.2 Drucksachen 11/2580 Nr. 7 und 8 Der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland hat mit Schreiben vom 3. August 1988 gemäß § 30 Absatz 4 des Bundesbahngesetzes den Wirtschaftsplan nebst Stellenplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1988 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Ein Abdruck des Genehmigungserlasses ist dem Wirtschaftsplan und dem Stellenplan vorgeheftet. Die Unterlagen liegen im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Renate Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, liebe Kollegen und liebe Kolleginnen!

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Guten Morgen, sehr geehrte Frau Ministerin! Eine der schönsten Aufgaben, die unser Gemeinwesen zu vergeben hat, haben Sie inne, Frau Professor Süssmuth: nicht nur Anwältin von Familien, Kindern, Jugendlichen, Frauen und auch unser aller Gesundheit sein zu dürfen, also nicht nur für Menschen reden zu können, sondern auch für Familien, Kinder und Frauen etwas zu tun. Sie und die Regierung haben uns am Anfang dieser Legislaturperiode gesagt, wie Sie diese Aufgabe erfüllen wollen. Mit diesem Haushalt, den Sie uns jetzt vorlegen, legen Sie fest, was bis weit über die Hälfte der Legislaturperiode geschehen bzw. nicht geschehen soll. Deshalb müssen Sie und muß sich die Regierung daran messen lassen, was Sie uns anläßlich der Regierungserklärung vor knapp zwei Jahren angekündigt haben, was Sie nicht etwa uns, sondern den Familien, den Frauen, den Kindern und der Jugend versprochen haben.
    Wie füllen Sie nun Ihre Rolle als Anwältin der Familien aus? Herr Bundeskanzler Kohl hat hier im Deutschen Bundestag im März 1987 erklärt:
    Den Familienlastenausgleich werden wir deshalb noch gerechter gestalten — durch eine Erhöhung des Kindergeldes . . .
    Er hat weiter gesagt: Wir werden sie
    — gemeint waren Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub —
    erweitern und dabei auch den besonderen Belangen der Alleinerziehenden Rechnung tragen.
    Da gab es keine Einschränkungen, genauso wenig wie bei Ihnen im November 1987, als Sie sagten:
    Ich halte die Zusage, daß das Erziehungsgeld noch in dieser Legislaturperiode über das erste Lebensjahr des Kindes ebenso wie der Erziehungsurlaub ausgedehnt wird.
    Im Haushalt 1988 findet sich nichts, und die Begehrlichkeiten vieler richten sich auf den Bundesbankgewinn, auf die schwarze Kasse Stoltenbergs, so daß einmal mehr zu befürchten ist: Die Macht von Süssmuth und Fink wird wieder nicht ausreichen, schönen Reden adäquates Handeln folgen zu lassen.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber, Frau Süssmuth, es geht ja nicht nur um versprochene, aber nicht realisierte Verbesserungen, sondern es müßte Ihnen als Anwältin der Familien



    Frau Schmidt (Nürnberg)

    darum gehen, wenigstens Verschlechterungen zu verhindern oder rückgängig zu machen. Deshalb frage ich Sie: Wo waren Sie eigentlich — und mit welchem Erfolg —, als es darum ging, für dieses Jahr die Kürzung der Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit zu verhindern,

    (Beifall bei der SPD)

    eine Kürzung, die für die Familien bedeutet, daß sie für ihre erwachsenen arbeitslosen Kinder, denen sie bereits die Ausbildung finanziert haben, weiter voll aufkommen müssen? Wo waren Sie — und mit weichem Erfolg — , als zumindest angekündigt wurde, den unsozialen Kahlschlag des Schüler-BAföG rückgängig zu machen? Passiert ist nichts! Es reicht eben nicht, wenn Ihr Haus Statistiken verteilt, die deutlich machen, daß einer Familie mit einem Monatseinkommen von 2 000 DM und mit zwei Kindern in weiterführender schulischer Ausbildung nicht einmal mehr das Existenzminimum bleibt. Sie müssen das auch ändern, wenn sich in dieser Gesellschaft etwas ändern soll!

    (Beifall bei der SPD)

    Ich will nicht noch einmal auf die ungerechte, unsoziale, die Familien benachteiligende Steuerreform eingehen, nicht noch einmal auf die kritischen und enttäuschten Stellungnahmen der Familienverbände dazu, nicht darauf, daß die Verbrauchsteuererhöhungen gerade Familien besonders belasten. Familien können rechnen; Familien müssen rechnen. Sie werden die Bilanz selber ziehen können und wissen, daß ihnen in die eine Tasche Münzen gesteckt und aus der anderen Scheine genommen werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Überall da haben Sie als Anwältin der Familien versagt; überall da hat die Regierung versagt; überall da sind Sie untätig geblieben.
    Aber nun wird ja alles anders. Denn es gibt ein im Haushalt ausgewiesenes Programm „Zukunft der Familie". Um dieses Programm zu begründen, werden die Schwierigkeiten von Familien richtig analysiert, die geringer werdende Bereitschaft, Familien zu gründen und Kinder zu bekommen, beklagt und die richtige Schlußfolgerung gezogen — ich zitiere —:
    Es ist daher unbedingt erforderlich, Gegenstrategien und Maßnahmen zu entwickeln, die die Familie wieder stärken.
    Richtig! Stutzig machen sollte uns allerdings, daß das für 15 Millionen DM durchführbar sein soll, also z. B. die Hilfe und Unterstützung der werdenden Mütter oder die kinderfreundlichere Gestaltung unserer Gesellschaft.
    Aber dann wird ja alles klar: Sie wollen kein Programm „Zukunft der Familie " ; Sie wollen eine Informationskampagne mit öffentlichen Geldern, geplant bis weit in das Wahljahr 1990 hinein. Sie wollen nicht handeln; Sie wollen auch nicht helfen; Sie wollen wieder nur darüber reden, wie andere helfen sollen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sehr geehrte Frau Ministerin, ich habe wahrhaftig nichts dagegen — denn ich bin ein Familientier —,
    wenn Bewußtsein zugunsten von Familien geschaffen werden soll.

    (Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Was ist denn ein Familientier?)

    — Das ist jemand, der seine Familie liebt und sich in ihr so wohl fühlt wie eine Katze in einer warmen Stube.

    (Beifall bei der SPD — Link [Diepholz] [CDU/ CSU]: Und das sprechen Sie uns ab?)

    Mir stinken auch Hausbesitzer, die billige größere Wohnungen nur an kinderlose ältere Ehepaare vermieten, die gerade noch einen Hund haben dürfen. Ich finde es entsetzlich, wenn der Fetisch Auto und die angebliche Freiheit zu rasen, wie es uns beliebt, die Anzahl der getöteten Kinder im Verkehr sprunghaft steigen läßt. Aber da reichen doch Informationskampagnen nicht. Die Stärkung von Familien ist für 15 Millionen DM nicht zu haben,

    (Beifall bei der SPD)

    sondern es bedarf preiswerten Wohnraums, indem der gemeinnützige Wohnungsbau erhalten bleibt.
    So richtig unsere Bemühungen sind, Aussiedler menschenwürdig unterzubringen, so notwendig ist es, die bereits vorhandenen schlangestehenden wohnungssuchenden Familien ebenfalls menschenwürdig unterzubringen.

    (Beifall bei der SPD)

    Es bedarf eines vernünftigen Familienlastenausgleichs; es bedarf guter Ausbildungschancen, und die Vereinbarkeit von Beruf und Kindern muß gewährleistet sein. Dazu brauchen wir Gesetzesänderungen, und dazu brauchen wir materielle Leistungen.
    Wir haben ein Sofortprogramm für Familien vorgeschlagen und im Bundestag eingebracht, ein Programm, das die Gegenwart und Zukunft von Familien tatsächlich verbessern würde. Ohne uns etwas vorzumachen, ohne uns und anderen eine heile Welt vorzugaukeln, ohne Gewalt und Enttäuschungen zu leugnen und ohne andere Lebensformen zu verteufeln und schädigen zu wollen, wissen wir Sozialdemokraten, daß sich die Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit, nach Vertrauen und Sicherheit nach wie vor für viele Menschen, für die meisten Menschen, in der Familie erfüllen.

    (Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Seit wann wissen Sie das denn?)

    — Ach, wissen Sie, es ist sehr albern, mir so etwas vorzuwerfen. Ich kann Ihnen mit meinen drei Kindern und mit meinen zwei Enkelkindern gar nicht sagen, wie albern das ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Deshalb wollen wir, und zwar durch konkretes Handeln und nicht durch wohlfeile Werbung, Familien in ihren Lebensbedingungen stärken.
    Wenn Sie Mütter schützen wollen, Frau Ministerin, dann hätten Sie dazu Gelegenheit gehabt, als ich Sie
    — wie alle Kolleginnen des Deutschen Bundestages — auf die Mütter aufmerksam machte, die derzeit in Memmingen verfolgt werden, Mütter von mehreren Kindern, in schwierigsten sozialen Umständen le-



    Frau Schmidt (Nürnberg)

    bend, die am Sonntag die Tür öffnen und sich von zwei sehr jungen, etwas schnöseligen Polizeibeamten vor ihren Kindern fragen lassen müssen: Wissen Sie eigentlich, daß Sie gemordet haben?, kranke Mütter von mehreren Kindern mit arbeitslosen Männern, die teilweise alkoholabhängig waren, die wegen eines Schwangerschaftsabbruchs zu Geldstrafen, die diese Familien vor erhebliche Existenznöte gestellt haben, verurteilt wurden;

    (Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Das ist die von Ihnen so bezeichnete Hexenjagd!)

    Richter, die stereotyp in mehr als 150 Fällen soziale Notlagen mehr als zwei Jahre hinterher aberkannten und diesen Müttern genauso stereotyp die Freigabe der Kinder zur Adoption empfohlen haben.
    Wissen Sie, daß Sie mit Ihrer von Ihnen angezettelten Diskussion über Ihr unnützes Schwangerenberatungsgesetz das Klima für solch unmenschliche, frauenverachtende und kinderfeindliche Rechtsprechung mitbereiten? Warum haben Sie nicht ein klares Wort zugunsten dieser Frauen gefunden?

    (Beifall bei der SPD — Dr. Hoffacker [CDU/ CSU]: Kinderfeindlich? Die werden doch abgetrieben!)

    Warum verzichten Sie nicht endlich auf diesen Gesetzentwurf? Warum schützen Sie nicht Leben wirksam? Warum lassen Sie sich nicht von den Beraterinnen und Beratern endlich eines Besseren belehren? Warum nehmen Sie nicht die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Max-Planck-Instituts endlich zur Kenntnis? Warum helfen Sie nicht Frauen in Schwangerschaftskonflikten wirklich, wie wir es in dem von mir zitierten Sofortprogramm vorschlagen, in dem wir die Anregungen der Schwangerschaftsberatungsstellen aufgenommen haben? Warum verstärken Sie nicht bundesweit die Aufklärung über Schwangerschaftsverhütung? Warum lassen Sie zu, daß in der Ihnen unterstellten Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung das einzige einschlägige Material seit Monaten vergriffen ist?
    Sieht es mit Ihrer Rolle, mit der Rolle der Regierung als Anwalt der Jugend besser aus? Was hat die Regierung Kohl 1987 versprochen? Wir wollen die Neuordnung des Jugendhilferechts in Angriff nehmen — ein Zitat. Und seine Ministerin wörtlich hier im Deutschen Bundestag:
    Wir haben das Jugendhilferecht in dieser Legislaturperiode noch nicht reformiert, aber ich gehe davon aus, daß wir zu Beginn der nächsten Legislaturperiode — ich betone: zu Beginn — gerade diesen Bereich zuerst in Angriff nehmen werden.
    Der Beginn der Legislaturperiode liegt ja nun schon ein bißchen zurück. Es reicht eben nicht, davon auszugehen, es reicht offensichtlich auch nicht, wenn in dieser Regierung ein Kanzler etwas ankündigt. Kämpfen muß die Frau und nicht nur ankündigen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wo ist eigentlich Ihr entschiedener Widerstand gegen ein soziales Pflichtjahr für Mädchen? Die einzige Jugend- und Kinderpolitik, die in dieser Legislaturperiode betrieben wurde, besteht in der Verlängerung des Zivildienstes auf zwei Jahre und dem Sperren von Mitteln im Bundesjugendplan.

    (Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Nun malen Sie doch keinen Popanz!)

    Sehr geehrte Damen und Herren, wo viel Schatten ist, gibt es, nicht gerade viel, aber doch auch Licht. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich und nach wie vor die beständige und konsequent durchgehaltene Haltung der Ministerin zum Thema AIDS. Leider scheinen aber die ungelösten Konflikte, hie Gauweiler und CSU, hie Süssmuth, Teile der CDU, FDP, SPD und der GRÜNEN, zu einer gewissen Unbeweglichkeit zu führen. So bedauern wir, daß die Haushaltsansätze für AIDS-Bekämpfung im Haushaltsentwurf gesunken sind. So beklagen wir ein gewisses Gießkannenprinzip bei der Förderung von Betreuungsstellen. Was soll z. B. eine Anzeige mit der Überschrift „An intravenös Drogenabhängige" in 195 Tageszeitungen geschaltet, z. B. in der „FAZ", in der „Welt" und ähnlichen Zeitungen? Hier dürfte die Zielgruppe wohl nicht unbedingt erreicht werden.
    Wir beklagen auch, daß der Haushalt einfach starr weitergeschrieben wurde, obwohl neue internationale Erfahrungen vorliegen und obwohl der Zwischenbericht der Enquete-Kommission vorliegt. Auch wenn er noch nicht diskutiert wurde, hätte es sich angeboten, die einstimmig verabschiedeten Empfehlungen an die Bundesregierung umzusetzen. Wir beklagen weiterhin, daß trotz Ihrer Erkenntnisse in den USA und Ihrer differenzierten Aussagen zu Methadon der Titel AIDS und Drogen genausowenig erhöht wurde wie erkennbar ist, ob Sie die Maßnahmen im Drogenbereich durch Streetworkertätigkeit und Spritzenaustauschprogramme erweitern wollen. Drogenpolitik darf nicht nur unter dem Stichwort AIDS stattfinden und bedeutet mehr als die Diskussion über Methadon. So fordern wir Sie auf, dafür zu sorgen, daß das Zeugnisverweigerungsrecht für in der Drogenberatung tätige Sozialarbeiter gesetzlich verankert wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Leider müssen wir im übrigen Gesundheitsbereich unsere Kritik der vergangenen Jahre wiederholen. Nach wie vor werden Sie Ihrer Verantwortung als federführendes Ministerium für Lebensmittelrecht und Fleischhygiene nicht gerecht. Sie überlassen das Tätigwerden oder das Abwiegeln — meistens das Abwiegeln — jeweils Ihren Kollegen Umwelt- oder Landwirtschaftsminister. Und wir müssen fragen: Wann endlich — nach dem Glykol- und Bierskandal, nach dem Bruteier- und Hormonskandal — werden Sie die Initiative zu einer Verschärfung des Lebensmittelrechts ergreifen?

    (Beifall bei der SPD)

    Auch auf einem anderen Feld der Gesundheits-, Familien- und Frauenpolitik erwarten wir außer unverbindlichen Äußerungen verbindliche Initiativen, und zwar im Bereich der Gentechnologie, der Reproduktionstechnologie und der Leihmutterschaft. Wir wissen, daß Sie vieles wie wir ablehnen, aber dann sind ebenfalls gesetzliche Maßnahmen hier bei uns und Durchsetzungsvermögen innerhalb der EG gefragt.



    Frau Schmidt (Nürnberg)

    Wir meinen auch, daß Sie Ihrer Aufsichtspflicht gegenüber dem Bundesgesundheitsamt verstärkt nachkommen müssen. Wir sehen mit Besorgnis die zunehmenden Verbindungen und Verflechtungen mit der Industrie, die leicht zu Verfilzungen weiden können. Vielleicht sollte sich das Bundesgesundheitsamt mehr um die Wahrung seiner Unabhängigkeit sorgen und weniger darum, Huflattichtee zu verbieten.

    (Beifall bei der SPD)

    Nun bleibt uns noch das zusätzliche „F" im Namen des Ministeriums. Was wurde im März 1987 versprochen, und was wird bis Ende 1989 gehalten? Versprochen wurde eine Teilzeitoffensive. Sie ist jedoch vor sandet. Zusätzliche Teilzeitarbeitsplätze gibt es kaum. Qualifizierungsmaßnahmen für Teilzeitbeschäftigte werden in allen Arbeitsämtern gestrichen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Sie sollten einmal unsere Beschlußlage nachlesen. Auch wir sagen, daß Teilzeitarbeit für viele Frauen, nachdem noch nicht genügend Vereinbarkeit von Beruf und Familie geschaffen worden ist, leider die einzige Möglichkeit ist, erwerbstätig zu sein. Deshalb muß man etwas tun. Deswegen darf man Qualifizierungsmaßnahmen für Teilzeitbeschäftigte nicht streichen, sondern man muß etwas tun.

    (Beifall bei der SPD)

    Durch die Verlagerung des Benachteiligtenprogramms ist die Bundesanstalt im Qualifizierungsbereich zahlungsunfähig. Leidtragende sind die Frauen. Deshalb bleibt auch Ihr Modellprogramm für Wiedereingliederung Augenwischerei. Wenn dies die notwendigen Förderungsprogramme sein sollen, die der Herr Bundeskanzler vollmundig angekündigt hat, dann können wir nur sagen: Das ist zu kurz gegriffen. Was soll es helfen, wenn wieder einmal ein Modellprogramm zur Qualifzierung aufgelegt wird und in zwei, drei Jahren daraus ein Broschürchen entsteht und vielleicht 100 oder 200 Frauen daran teilgenommen haben? Allein die Literaturliste Ihres Ministeriums zur Wiedereingliederung von Frauen nach der Familienphase umfaßt 22 Titel. Wir sind in der Lage und gerne bereit, diese Liste zu ergänzen. Die Qualifizierungsnotwendigkeiten für Frauen nach der Familienphase sind bekannt, ihre Bedürfnisse sind ebenfalls bekannt. Die Zeiten der Modellvorhaben auf diesem Sektor sind vorbei.

    (Beifall bei der SPD)

    Hier ist die Frau ein wirklich erforschtes Wesen. Jetzt geht es darum, Rechtsansprüche auf Qualifizierung für diese Mütter zu schaffen und nicht Qualifizierungsmaßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit zu streichen.

    (Erneuter Beifall bei der SPD)

    Jetzt geht es darum, Einstellungshindernisse für Frauen zu mildern und im öffentlichen Dienst des Bundes Vorreiter zu sein. Es ist doch eine Farce, wenn ausgerechnet in den Bundesministerien, bei Post und Bundesbahn für Frauen, die in Mutterschafts- und Erziehungsurlaub gehen, in vielen Fällen keine Ersatzeinstellungen vorgenommen werden. Daß diese Vorgesetzten nie wieder Frauen einstellen, wenn sie dann niemanden als Ersatz bekommen, ist
    Ihnen und mir und uns allen doch wohl klar. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Jetzt geht es darum, das Beschäftigungsförderungsgesetz, das Frauen im gebährfähigen Alter nur noch befristete Arbeitsplätze beschert und ihnen damit bei einer Schwangerschaft die Arbeitsplatzgarantie nimmt, abzuschaffen. Jetzt geht es darum, wie Sie es angekündigt haben, die explosionsartig ansteigende Zahl geringfügiger Arbeitsverhältnisse endlich versicherungspflichtig zu machen

    (Beifall bei der SPD)

    und von den unverbindlichen und weitgehend ergebnislosen Frauenförderungsplänen wegzukommen und endlich die von Ernst Benda und Heide Pfarr vorgeschlagene verbindliche Frauenförderung einzuführen. Auf gut deutsch: die Quote im öffentlichen Dienst.

    (Beifall bei der SPD)

    Deshalb, meine Herren und Damen, Frau Ministerin, gestatten Sie, daß ich mich hier zum Schluß von Herzen freue, und zwar darüber, daß ich die erste Quoten-Frau meiner Partei bin, die hier an diesem Pult steht, freuen darüber, daß in zwei Jahren auf unserer Seite des Bundestages mindestens 50 Frauen mehr sitzen werden;

    (Beifall bei der SPD)

    dabei bin ich von mindestens 240 Sitzen für die Sozialdemokratie ausgegangen.

    (Link [Diebholz] [CDU/CSU]: Jetzt träumen Sie aber, Frau Schmidt!)

    Und ich freue mich wirklich darüber — nun lassen Sie mich wieder ganz ernsthaft werden — , daß durch unseren Quotenbeschluß, mit dem wir unseren Reden endlich Taten folgen ließen, die Chancen für Frauen-, für Familien-, für Jugend- und Gesundheitspolitik steigen werden. Die Politik wird sich nämlich ändern, meine Herren. Frauen sind nicht die besseren Menschen, aber sie haben andere Lebenserfahrungen. Wir setzen andere Prioritäten, und wenn wir mehr werden, wachsen unsere Chancen, diese Prioritäten auch durchsetzen zu können.

    (Unruhe bei der CDU/CSU)

    — Ihnen geht es auch schon noch an den Kragen; darum brauchen Sie gar nicht so unruhig zu sein. Heben Sie sich das noch ein bißchen auf!

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Wir sagen nämlich, daß uns das Kindergeld, daß uns Vereinbarkeit von Beruf und Familie wichtiger sind als der Jäger 90.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Flinner [GRÜNE])

    Wir werden nicht mehr zulassen, daß so ein Vergleich als unzulässig bezeichnet wird. Wir werden reden, und wir werden handeln für die Familien, für die Frauen, für die Jugend und für die Gesundheit in diesem Land.



    Frau Schmidt (Nürnberg)

    Ich danke schön.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Verhülsdonk.

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    Rede von Roswitha Verhülsdonk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Schmidt, an Zungenfertigkeit und an Angriffslust haben Sie es wieder nicht fehlen lassen; das gestehe ich Ihnen zu. Es ist nur schade, daß Sie die Politik von Frau Ministerin Süssmuth ausschließlich durch Ihre Oppositionsbrille betrachtet haben. Da entgeht Ihnen leider vieles.

    (Jahn [Marburg] [SPD]: Die ist sehr scharf!)

    Wir finden, Frau Süssmuth, Sie haben Ihre schöne Aufgabe — so sehe ich das auch — vorzüglich ausgefüllt, und ich denke, die Bürger sehen das auch.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ihr gutes Recht ist es, daß Sie und die SPD eine andere Politik wollen. Ich will von unserer Politik und von der Politik dieser Bundesregierung sprechen, die wir allerdings in Verantwortung für das Ganze auch im Bereich der Familien- und Frauenpolitik sehen müssen; einen Dukatenesel haben wir leider nicht.
    Ausgewogenheit, Kontinuität und Lebensnähe kennzeichnen den Haushalt des Ministeriums für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit. Hier spiegelt sich eine Politik wider, die sich den Menschen in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen und Altersstationen verpflichtet fühlt, eine Politik, die sowohl die berechtigten Anliegen der Jugend ernst nimmt wie auch um Verständnis für die Belange der Älteren wirbt, eine Politik, die Solidarität mit den Benachteiligten und Kranken, aber auch die Eigenverantwortung des menschlichen Handelns fördert, kurz: eine Politik, für die die Begriffe Verständnis und Toleranz, Solidarität und Eigenverantwortung keine hohlen Floskeln sind.
    Es ist ein entscheidendes Verdienst dieser Bundesregierung, daß sie die tiefen ideologischen Gräben und scheinbar unüberwindlichen Gegensätze, die in den 70er Jahren die Jugendpolitik, Familienpolitik und Frauenpolitik geprägt haben, in Ihrer Regierungszeit, von Ihnen weithin mit zu verantworten, überwunden hat. Dies ist nicht zuletzt Ihnen, Frau Ministerin Süssmuth, zu verdanken. Wir, Ihre Mitstreiter, möchten Sie ermutigen, auf diesem Weg weiterzugehen. Sie können unserer Unterstützung dabei ganz gewiß sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist erfreulich, Frau Schmidt, daß auch die SPD inzwischen durch die Überzeugungskraft von Frau Süssmuth einiges gelernt hat.

    (Lachen bei der SPD)

    Sie haben dafür einige Beispiele gegeben. Wenn ich höre, wie Sie heute über Familie und Kinder reden, und daneben halte, wie das noch vor zehn Jahren geklungen hat, dann ist das eine andere Welt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Unsere Politik ist dem Leben verpflichtet, auch dem ungeborenen Leben. Menschliches Leben ist heute in vielfältiger Weise bedroht und schutzbedürftig; da bin ich mit Ihnen einig. Gentechnologie und neue Methoden der Fortpflanzungsmedizin verlangen, daß wir dem technischen Fortschritt dort Grenzen setzen, wo menschliches Leben in Gefahr gerät, manipuliert zu werden. In diesem Zusammenhang begrüße ich, daß die Bundesregierung vorhat, alle Formen von Leih- und Ersatzmutterschaft zu verbieten. Ich stimme ebenso mit allen überein, die sich gegen verbrauchende Embryonenforschung aussprechen. Was aber für den Embryo im Reagenzglas gilt, muß auch für das ungeborene Kind im Mutterleib gelten.

    (Beifall von der CDU/CSU)

    Hier kann ich nicht mit zweierlei Maß messen. Da müsen wir alles versuchen, um falsche gesellschaftliche und vor allem auch um falsche politische Maßstäbe zu korrigieren.
    Wir brauchen eine Offensive für das Leben. Sie muß die Kinder — die geborenen und die ungeborenen — in den Mittelpunkt stellen. Deshalb bin ich sehr froh, daß es gelungen ist, erstmals 15 Millionen DM für ein Informationsprogramm „Zukunft der Familie" in diesem Haushalt 1989 bereitzustellen.

    (Frau Dr. Götte [SPD]: Oh je, oh je!)

    Sympathiewerbung für Kinder, mit Phantasie und Herz gemacht, und neue Strategien für Familien in schwierigen Situationen, das brauchen wir tatsächlich. Ich wünsche diesem Vorhaben, Frau Süssmuth, vollen Erfolg.
    Wir sind nicht so naiv oder verbohrt, daß wir nicht die Konflikte sehen, von denen schwangere Frauen in Notlagensituationen betroffen sind. Nicht um sie zu gängeln, sondern um ihnen gezielter und besser helfen zu können, damit sie sich für ihr Kind entscheiden können, wollen wir das Beratungsgesetz machen, das wir uns in der Koalition vorgenommen haben. Es hat sich ja vielfach erwiesen: Abtreibungen lösen nicht die Partnerschaftskonflikte, die oft genug dahinterstehen. Sie erzeugen neue Konflikte. Da wollen wir nicht die Situation bestehen lassen, die heute anzutreffen ist.
    Seit Christdemokraten in Bonn Regierungsverantwortung tragen, ist die Familie vom Rand wieder in das Zentrum der Politik zurückgekehrt.

    (Zuruf von der SPD: Oh Gott, oh Gott!)

    Wir haben den Familienlastenausgleich im Rahmen der dreistufigen Steuerreform kräftig weiterentwikkelt. Das wollen Sie bloß nicht wahrhaben, aber die Bürger wissen es. Eine Anhebung des Kindergelds ab dem zweiten Kind steht mit höchster Priorität auf der Tagesordnung, sobald es solide finanziert werden kann.
    Familienpolitik und Frauenpolitik sind für uns keine Gegensätze. Wir setzen uns für die Frauen in den Familien ebenso ein wie für die Gleichberechtigung der Frauen in der Arbeitswelt. Auch ich beklage es: Die Frauenarbeitslosigkeit ist viel zu hoch, wie die Arbeitslosigkeit insgesamt. Aber warum sprechen Sie als Opposition eigentlich nicht auch davon, daß die Zahl der weiblichen Erwerbspersonen noch nie so



    Frau Verhülsdonk
    hoch war wie heute und ständig wächst? Lesen Sie einmal den „Bundesanzeiger" vom 13. August 1988; da finden Sie beachtliche Zahlen.
    Die SPD fordert immer wieder neue Analysen zur Frauenarbeitslosigkeit. Aber an Kenntnis der Ursachen und der Probleme fehlt es uns ja wirklich nicht. Wir wissen, daß die Probleme sehr vielseitig sind und daß sie im Grunde nur Schritt für Schritt gelöst werden können. Deswegen finde ich es sehr gut, daß wir jetzt weitere Schritte tun wollen.
    Daß Frauen seit einer Woche in der SPD vielleicht über die Quote Karriere machen können, liebe Frau Schmidt, löst die Frauenfrage leider noch lange nicht.

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Es hilft aber!)

    Was den Frauen hätte helfen können, das wäre eine rechtzeitige Öffnung der SPD zu neuen Wegen in der Arbeitsmarktpolitik gewesen, etwa die Bereitschaft, Teilzeitarbeit bereits in den 70er und 80er Jahren, als sich Arbeitslosigkeit abzeichnete, zu fördern und damals schon für flexible Arbeitszeiten einzutreten. Aber — das wurde ja auch in Münster wieder deutlich — Sie haben immer noch Probleme, sich der Lebensrealität der Menschen und den Bedingungen der Wirtschaft anzunähern.

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Wir haben Probleme mit jederzeit verfügbaren Frauen und Müttern! Damit haben wir Probleme, aber mit sonst nichts!)

    — Sie haben sehr viele Probleme, die ja die ganze Woche hier zur Sprache kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir werden weiter für mehr Teilzeitarbeitsplätze kämpfen und uns dafür einsetzen, daß sie auch im öffentlichen Dienst und in verantwortlichen Positionen möglich werden — und zwar für Männer und Frauen.
    Die Union will Gleichberechtigung und Partnerschaft nicht von Staats wegen verordnen, sondern in freier Entscheidung ermöglichen. Deswegen wollen wir, daß auch die Väter Zeit für die Familie gewinnen. Mit dem Erziehungsgeld und dem Erziehungsurlaub für Väter oder Mütter — jetzt für die Dauer eines Jahres — haben wir gesetzliche Zeichen gesetzt, die weit in die Zukunft reichen.
    Die seit zwei Jahren erstmals wieder ansteigenden Geburtenziffern zeigen, daß junge Paare ihren Kinderwunsch wieder leichter realisieren können.

    (Zuruf von der SPD: Was?)

    Noch nehmen überwiegend die Mütter diese Leistungen in Anspruch. Etwa die Hälfte der Mütter kehrt nach dem Erziehungsurlaub nicht sofort in den Beruf zurück. Die Frage, ob es ihnen gelingt, nach einigen Jahren wieder Anschluß an den Beruf zu finden, ist zur politischen Schlüsselfrage für die Frauen insgesamt und damit für die Chancengleichheit von Frauen und Männern geworden.
    In der letzten Wahlperiode haben wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die berufliche Wiedereingliederung im Arbeitsförderungsgesetz erheblich verbessert. Mit diesem Haushalt beginnen wir, ein Bündel konkreter Hilfen für diese Frauen auf den Weg zu bringen. Dafür werden in den nächsten fünf Jahren ca. 30 Millionen DM bereitgestellt. Damit soll z. B. vor Ort die Beratung der Frauen, die sich nach der Familienphase neu orientieren wollen, erleichtert werden. Das regionale Arbeitsplatzangebot und die Weiterbildungsangebote müssen besser aufeinander abgestimmt werden. Die in der Familienarbeit erworbenen Kompetenzen der Frauen müssen bei Wiedereingliederung und Weiterbildung stärker berücksichtigt werden.

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Das wissen wir!)

    — Das wissen Sie. Aber wir tun das jetzt. Das muß jetzt geschehen. Wissen allein nützt nichts. Worte helfen nicht. Taten müssen folgen. Da ist noch viel zu tun und viel möglich.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Beifall bei der SPD)

    Ich erwarte von diesem Programm, das Taten und Zeichen setzen wird, eine große Breitenwirkung mit sehr konkreten praktischen Hilfen. Wir werden in einiger Zeit darüber sprechen, was das gebracht hat.
    Der Herr Kollege Hoffacker wird weitere Themen, die Sie angeschnitten haben, aufgreifen. Deswegen will ich zum Schluß kommen und zusammenfassen: Glaubwürdig ist Politik dann, wenn die Menschen sich mit ihren Problemen ernst genommen fühlen. Das nehme ich für die Frauen- und Familienpolitik der CDU und die Frauen- und Familienpolitik unserer Ministerin ausdrücklich in Anspruch.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)