Rede:
ID1108902900

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    Plenarprotokoll 11/89 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 89. Sitzung Bonn, Dienstag, den 6. September 1988 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des Unglücks bei der Flugschau in Ramstein 6059 A Nachruf auf das ehemalige Mitglied des Deutschen Bundestages, Bundesminister a. D. Dr. Johann Baptist Gradl 6059 B Nachruf auf das ehemalige Mitglied des Deutschen Bundestages Professor Dr. Friedrich Schäfer 6059 D Verzicht der Abg. Dr. Wörner, Sauter (Ichenhausen) und Lemmrich auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 6060 A Eintritt der Abg. Jäger (Wangen), Graf Huyn und Frau Dr. Wegner in den Deutschen Bundestag 6060 B Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Buschfort, Sauter (Epfendorf), Koltzsch, Dr. Stercken und des Vizepräsidenten Stücklen 6060 B Erweiterung der Tagesordnung 6060 C Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989: (Haushaltsgesetz 1989) (Drucksache 11/2700) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1988 bis 1992 (Drucksache 11/2701) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1988: (Nachtragshaushaltsgesetz 1988) (Drucksache 11/2650) Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 6060D, 6106B Wieczorek (Duisburg) SPD 6072 B Carstens (Emstek) CDU/CSU 6080 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 6085 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 6088 C Esters SPD 6093 B Dr. Rose CDU/CSU 6096 C Frau Rust GRÜNE 6100A Dr. Solms FDP 6101 D Frau Will-Feld CDU/CSU 6104 A Walther SPD 6108B Nächste Sitzung 6110 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 6111 *A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 89. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. September 1988 6059 89. Sitzung Bonn, den 6. September 1988 Beginn: 11.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 9. 9. Dr. Becker (Frankfurt) 9. 9. Böhm (Melsungen)* 9. 9. Dr. von Bülow 8. 9. Dr. Hauff 9. 9. Hiller (Lübeck) 9. 9. Höpfinger 9. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 9. 9. Ibrügger** 9. 9. Dr.-Ing. Kansy** 9. 9. Frau Karwatzki 9. 9. Frau Kelly 8. 9. Kuhlwein 9. 9. Dr. Kunz (Weiden)** 9. 9. Lutz 7. 9. Dr. Mitzscherling 6. 9. Niegel* 9. 9. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Oostergetelo 9. 9. Pfuhl 6. 9. Dr. Probst 9. 9. Rappe (Hildesheim) 9. 9. Dr. Riedl (München) 7. 9. Frau Saibold 6. 9. Seidenthal 7. 9. Frau Terborg 7. 9. Tietjen 9. 9. Toetemeyer 8. 9. Vosen 6. 9. Frau Weiler 9. 9. Westphal 9. 9. Frau Wilms-Kegel 9. 9. Würtz 6. 9. Zierer * 6. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
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    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist interessant, über welche Themen man im Rahmen der Haushaltsdebatte alles sprechen kann. Wenn man die Quotierung der Arbeitsplätze vornimmt, so gibt es einen Bereich, wo es überhaupt keine Vorbestimmung gibt, nämlich den Bereich der Selbständigen. Wenn sich also die Frauen besonders betätigen wollen, gibt es keinerlei Hinderungsgrund, sich als Selbständige zu betätigen.

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Keine Ahnung hat der Junge!)

    Aber ich kann Ihnen sagen: Die SPD ist in Ihrem Sinne auf gutem Wege; denn die SPD-Bundestagsfraktion wird jetzt nur noch, nämlich zu 100 %, von Frauen vertreten. Insgesamt zwei sind anwesend.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das zeigt, daß die Quotenregelung anscheinend noch ernster genommen wird, als sie seinerzeit eigentlich gedacht war.

    (Erneute Heiterkeit — Frau Traupe [SPD]: Hinter Ihnen steht ein männliches Mitglied unserer Fraktion!)

    Meine Damen und Herren, der Pep ist aus dieser Haushaltsdebatte ja etwas heraus. Das zeigt ja auch diese schwache Beteiligung. Im Grunde genommen müssen die Koalitionsfraktionen auch noch die Aufgabe der Opposition übernehmen. Die Opposition versagt ihren Dienst. Sie hat uns im Stich gelassen.



    Dr. Solms
    Die entscheidenden Oppositionsvertreter in der Finanzpolitik haben sich ja abgemeldet oder sind dazu gezwungen worden, sich abzumelden.

    (Frau Traupe [SPD]: O Gott!)

    Nun müssen wir die Sache von beiden Seiten übernehmen. Das ist natürlich hinderlich, weil wir auch eine Herausforderung brauchen. Wenn wir von der Opposition nicht herausgefordert werden, könnte es ja sein, daß wir in unseren eigenen Anstrengungen nachlassen. Das würde natürlich zu einer schlechten Politik führen.
    Ich will diese Oppositionsaufgabe aber auch deshalb nicht übernehmen, weil ich meine, daß der Haushalt, der vorgelegt worden ist, vernünftig ist und daß wir ihm zustimmen können. Wir sollten, und zwar alle Seiten dieses Hauses, die Anstrengungen insbesondere zur Sanierung des Haushalts, zur gesünderen Gestaltung des Haushalts in der Zukunft voll unterstützen.
    Wir können ja bei der Sanierung der Staatsfinanzen, dem Abbau der öffentlichen Neuverschuldung, der Rückführung des Staatsanteils und der Senkung der Abgabenlast bis 1987 auf eindrucksvolle Erfolge verweisen. Die Staatsquote, der Anteil der Staatsausgaben an der gesamtwirtschaftlichen Leistung, ist von 1982 bis 1987 von 50% auf 46,8 % gesunken. Gemessen am Bruttosozialprodukt konnte der Umfang der öffentlichen Defizite von 4,9 % im Jahr 1981 auf 2,5 % im Jahr 1987 abgebaut werden.
    Der Ausgabenzuwachs betrug in den Jahren 1983 bis 1987 im Jahresdurchschnitt weniger als 2 %. Insbesondere durch die Steuersenkungen 1986 bis 1988 ist es gelungen, die Steuer- und Abgabenquote deutlich zu senken. Das hat ja den entscheidenden Beitrag dazu geleistet, daß wir so gesunde Wirtschaftszahlen erkennen und vorweisen können, wie sie der Bundesfinanzminister heute morgen ganz aktuell vorgetragen hat.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das ist ein Ergebnis dieser Politik. Deshalb müssen wir diese Politik fortsetzen; denn das ist eine Politik für den Bürger und eine Politik gegen Bürokratie und gegen Umverteilung.
    Wir dürfen natürlich nicht dem Glauben verfallen, daß wir, wenn sich bessere Einnahmen abzeichnen — wo auch immer — , sofort neue Ansprüche wecken könnten. Wir, die Politiker auf allen Seiten dieses Hauses, haben viele Jahre lang immer wieder Ansprüche in der Bevölkerung geweckt, die wir langfristig nicht erfüllen können.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Leider!)

    Deswegen ist diese Art der Verführung des Bürgers, um Wahlstimmen zu bekommen, ein falscher politischer Ansatz.

    (Schulhoff [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Wir müssen darauf hinweisen, daß wir uns nur das leisten können, was vorher die Bürger verdient haben; denn von deren Steuergeldern müssen wir ja die staatlichen Ausgaben finanzieren.
    Die FDP ist deshalb auch dafür — das will ich ganz offen erklären — , daß die Verbrauchsteuern wie geplant angehoben bzw. eingeführt werden, wenn uns auch die Einführung einer neuen Steuer, nämlich der Erdgassteuer, schwergefallen ist. Aber wir stehen in der Gesamtverantwortung. Wir haben bereits bei den Koalitionsverhandlungen im Frühjahr letzten Jahres darauf hingewiesen, daß wir zur Finanzierung der europäischen Kosten, die neu auf uns zukommen, die Verbrauchsteuern heranziehen müssen. Wie Sie wissen, steigen die Kosten aus Europa bis zum Jahre 1992 stufenweise auf ein Volumen von über 9 Milliarden DM im Jahr an. Das ist aus dem Haushalt zusätzlich zur Steuerreform nicht finanzierbar. Dazu müssen diese Verbrauchsteuern angehoben werden. Das müssen wir dem Bürger ganz offen sagen, und das tun wir hiermit. Ich glaube, es ist dem Bürger lieber, es wird ihm klar und deutlich gesagt, was er zu leisten hat, was wir leisten und war wir ihm durch den Abbau der Steuern wieder zur Verfügung stellen, als wenn wir versuchen würden, alles zu verbergen, zu verschleiern, und im Endeffekt der Bürger sehen müßte, daß er es über die schlecht finanzierten Haushalte wieder neu finanzieren müßte.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir haben darüber hinaus unausweichliche Ausgaben zu finanzieren, beispielsweise das Programm für die strukturschwachen Räume in der Bundesrepublik, beispielsweise zusätzliche Lasten zur Eingliederung der Aussiedler — eine Aufgabe, der wir uns nicht verschließen können —, beispielsweise den höheren Bundeszuschuß zur gesetzlichen Rentenversicherung oder auch die Programme zur Flächenstillegung bzw. zur Produktionsaufgaberente für die Landwirtschaft, die sich in einem äußerst schwierigen Strukturanpassungsprozeß befindet.
    Aber darüber hinaus gibt es keinen Anlaß, jetzt über neue Leistungsgesetze nachzudenken.

    (Beifall bei bei der FDP)

    Nach Meinung der FDP muß eines ganz klar sein: Wenn es zusätzliche Einnahmen gibt, wenn die Steuerquellen noch besser fließen, als man es im Moment sieht, oder wenn es einmalig einen höheren Bundesbankgewinn geben sollte — das weiß heute kein Mensch —, dann müssen diese zusätzlichen finanziellen Mittel genutzt werden, um die Neuverschuldung des Staates zu reduzieren bzw. um die Staatsschulden abzubauen. Davon sind wir allerdings noch weit entfernt,

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das ist ganz klar; darauf muß sich alles richten. Denn zur Zeit der Koalitionsverhandlungen war die Grundlage der Verhandlungen die Finanzplanung 1986. Noch 1986 sind wir von einer Neuverschuldung für 1989 und 1990 von jeweils etwa 25 Milliarden DM ausgegangen. Wenn wir also heute für das nächste Jahr eine Neuverschuldung von 32 Milliarden DM planen, so sind wir noch weit von dem Betrag entfernt, der damals Verhandlungsgrundlage für den Koalitionsvertrag war. Im Koalitionsvertrag steht, daß wir abgesprochen hätten, nach zwei Jahren dieser Legislaturperiode sollte über neue Leistungsgesetze disku-



    Dr. Solms
    tiert werden und man sollte sehen, ob da ein Bewegungsspielraum vorhanden sei. Dazu muß man wissen, daß ein Bewegungsspielraum theoretisch nur dann vorhanden ist, wenn die Neuverschuldung im nächsten Jahr unter 25 Milliarden DM sinken würde — nicht unter 32 Milliarden DM, sondern unter 25 Milliarden DM!

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Nur das wäre die Basis für solche zusätzlichen Leistungsgesetze.
    Dies alles ist wichtig vor dem Hintergrund der eindrucksvollen Zahl einer Gesamtverschuldung aller öffentlichen Kassen, auch der Sondervermögen, von 1 000 Milliarden DM; denn das führt dazu, daß die öffentlichen Haushalte im Jahr nahezu 70 Milliarden DM an Zinsen zahlen müssen. Das ist eine sehr eindrucksvolle Zahl. Das zeigt, daß der Weg in dieser Weise nicht weiter beschritten werden darf, sondern daß dieses Ausreißerjahr 1988 ein einmaliger Sonderfall im Rahmen der Politik dieser Koalition sein muß und daß wir wieder an die langfristige Entwicklung von 1983 bis 1987 anknüpfen müssen, die nämlich dazu beigetragen hat, daß die wirtschaftliche Erholung und die Erholung der verfügbaren Einnahmen der Bürger so deutlich spürbar wurden.
    Meine Damen und Herren, wenn es um die Zukunftsaufgaben geht und wenn es um die Frage geht: Was müssen wir für die letzten zehn Jahre dieses Jahrtausends wirklich finanzieren?, dann müssen wir uns überlegen, wie wir den Strukturwandel in der Bundesrepublik deutlich unterstützen und begleiten können, damit unsere Kinder auch noch in der Zeit, wo sie im Arbeitsleben sind, dauerhafte, sichere und qualitativ hochwertige Arbeitsplätze erwarten können.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir können das Geld nicht heute ausgeben ohne Rücksicht darauf, was dann in zehn Jahren sein wird. Sie sehen ja die Entwicklung in den anderen industriellen Ländern: Der Wettbewerb zwischen den Nationen um die Investitionsbedingungen in den Ländern wird immer stärker. In vielen anderen Ländern werden die Steuern gesenkt, sind die Arbeitsbedingungen flexibler und ist man anpassungsfähiger geworden. Diesem Wettbewerb müssen wir uns stellen. Das ist die eigentliche Aufgabe für die nächste Legislaturperiode. Sie liegt nämlich darin, die Bundesrepublik als Investitionsstandort genauso wie als Finanzplatz zu stärken; denn nur ein gesunder Finanzplatz, der leistungsfähig ist und eine billige Finanzierung für die mittelständische Wirtschaft ermöglicht, kann auch von dieser Seite her die Voraussetzung bieten, daß wir auf Dauer wettbewerbsfähig sind.
    Dazu gehört natürlich ein weiterer Abbau der Subventionen, und zwar nicht nur im Bereich der steuerlichen Subventionen, wo wir ja einen einmaligen Fortschritt erzielt haben, sondern auch im Bereich der direkten Finanzhilfen. Ich möchte den Bundesfinanzminister daran erinnern, daß ursprünglich einmal ausgemacht worden ist, daß dazu auch ein Vorschlag gemacht wird. Ich meine, wenn man sich schon nicht auf den Vorschlag einigen kann, mit der Rasenmähermethode einen bestimmten Prozentsatz bei allen abzubauen,

    (Zuruf von der FDP: Das kommt noch!)

    dann muß man sich darauf konzentrieren, in den Feldern, auf denen Abbaumöglichkeiten, Einsparmöglichkeiten bestehen, auch die — wenn auch unpopulären — Maßnahmen zu treffen. Ich glaube, damit müssen wir uns noch in dieser Legislaturperiode befassen.
    Zu den Forderungen der FDP zur Gesundung des Investitionsstandorts Bundesrepublik Deutschland oder, sagen wir besser: zur Wettbewerbsfähigkeit, gehört beispielsweise eine Begrenzung der Lohnnebenkosten. Wir haben ja bereits bei den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung den einfachen Weg vermieden, die Beiträge anzuheben. Das ist eine wichtige Entscheidung gewesen. Dazu gehört die Absenkung der Steuer- und Abgabenlast der Unternehmen. Eine Reform der Unternehmensbesteuerung in der nächsten Legislaturperiode ist aus der Sicht der FDP ein zentrales Anliegen für die Finanz- und Wirtschaftspolitik. Ich nenne weiter die Flexibilisierung der Arbeitszeiten, die Einschränkung der Bürokratie, Fortschritte bei der Privatisierung. Dazu gehören kapitalmarktpolitische Anliegen wie beispielsweise die Beseitigung der Börsenumsatzsteuer und der Gesellschaftsteuer. Dazu gehört eine Reform des Aktienrechts. Noch in dieser Legislaturperiode werden die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, um einen Termin- und Optionsmarkt auch in der Bundesrepublik zu erlauben. Wir wollen aber auch eine Gesamtreform des Börsenrechts durchführen. Dazu gehört auch die Reform des Kapitalanlagegesellschaftengesetzes, also eine Reform der Investmentfonds.
    Oskar Lafontaine hat — das ist mein Eindruck — wohl erkannt, daß die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Zukunft so aussehen muß, wie ich es mit wenigen einzelnen Stichworten angesprochen habe. Die SPD als Ganzes kämpft noch mit der Vergangenheit. Das ist mein Eindruck vom Parteitag in Münster. Sie kann sich bis jetzt nicht aus der Umklammerung der Gewerkschaften lösen, die aber nicht das Interesse der Bevölkerung, sondern allein eigene Organisationsinteressen im Sinne haben. Es kann nicht Aufgabe einer Volkspartei sein, sich hinter die Ziele einer Interessenorganisation zu stellen, die nicht die Interessen der Gesamtbevölkerung vertritt. Ich bedauere, daß diese Entwicklung so ist. Mir wäre es lieber, die SPD würde sich diesen Zukunftsgedanken öffnen, aber wir müssen mit der SPD leben, wie sie sich uns bietet.
    Wir müssen unsere finanziellen Reserven für die Lösung der Zukunftsaufgaben aufbauen und einsetzen. Es gibt keine Alternative zu einer äußerst sparsamen Haushaltspolitik. Wir dürfen nicht jedesmal, wenn wir einen finanzpolitischen Silberstreif sehen, in den alten Fehler der Umverteilungspolitik zurückverfallen.

    (Glos [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Sparen um des Sparens willen ist kein Konzept. Wir wissen jedoch, wofür wir sparen wollen. Es lohnt sich, die Mittel zur Finanzierung der von mir genannten I Maßnahmen einzusetzen und anzusparen. Ich würde das nicht sagen, wenn ich mir davon nicht die ent-



    Dr. Solms
    scheidende und deutliche Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten in der Bundesrepublik versprechen würde.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Will-Feld.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Waltrud Will-Feld


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! ich freue mich, daß nun etwas mehr Mitglieder der SPD-Fraktion an der Debatte teilnehmen; denn ich hatte mir doch eine so schöne Rede gegen Sie vorbereitet.
    Aber zuerst zu Herrn Dr. Solms. Ich bin mit Ihnen völlig einig, wenn Sie sagen: Der Steuerkuchen kann nur einmal verteilt werden. Ich bin mit Ihnen auch einig, daß wir eine umfassende Steuerreform, die die Reform der Unternehmensbesteuerung einschließt, benötigen, allerdings immer in kleineren Schritten, weil wir nämlich, Herr Wieczorek, nicht bereits im Jahre 1975 anläßlich der großen Steuerreform damit begonnen haben. Hätten wir damals damit begonnen, Herr Kollege, wären wir heute mit einer umfassenden Steuerreform längst viel weiter. Jetzt aber, bei den wirtschaftlichen Herausforderungen der 80er Jahre und der angespannten Haushaltslage von Bund, Ländern und Kommunen, sind wir gezwungen, eine solche Steuerreform in kleineren Schritten vorzunehmen.
    Die Reform der Unternehmensbesteuerung ist nach den Zusagen der Regierung und der Koalitionsfraktionen vorrangiges steuerpolitisches Ziel der nächsten Legislaturperiode.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Und Sie glauben denen? — Zander [SPD]: Die sagen doch alles zu!)

    — Ich will immer wieder sagen: Für jede Regierung, Herr Kollege, gilt, daß der Steuerkuchen immer nur einmal verteilt werden kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Nun sage ich Ihnen im übrigen zu unserer Tarifreform als dem ersten großen Schritt beim Einstieg in ein umfassendes Steuerkonzept: Ich bin persönlich zutiefst davon überzeugt, daß Sie, die SPD, außer vielleicht einigen kosmetischen Änderungen trotz aller gegenteiligen Bekundungen nichts, aber auch gar nichts ändern würden, wenn Sie dazu in die Lage versetzt würden, denn Sie werden froh und dankbar sein, daß wir diesen ersten umfassenden Schritt der Tarifreform gemacht haben. Davon bin ich zutiefst überzeugt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Flugbenzin hätten wir nicht gemacht!)

    Ich will Ihnen auch sagen, weshalb. Es sind vor allen Dingen drei Steuerarten, die den Bürger belasten: die Einkommen-, die Lohn- und die Körperschaftsteuer, die Vermögensteuer sowie die Gewerbesteuer.
    Es gibt natürlich mehrere Möglichkeiten, die Belastungen durch die Einkommensteuer und die Lohnsteuer zu vermindern. Wir haben eine Möglichkeit herausgesucht, wir haben eine Möglichkeit angepeilt und sie auch durchgeführt: die Tarifsenkung bei gleichzeitiger Verbreiterung der Bemessungsgrundlage. Auch Sie streben ja eine solche Tarifreform an, obwohl Sie sich mit der Absenkung der Spitzensteuersätze ein wenig schwertun.
    Ich bin zutiefst davon überzeugt, daß Ihre Bruderparteien in anderen Ländern

    (Schulhoff [CDU/CSU]: Schwesterparteien!)

    anders handeln würden, und wenn Sie regieren würden, dann müßten Sie eine ganz andere Einstellung dazu haben. Das jüngste Beispiel — der Kollege Rose hat es erwähnt — ist Österreich. Ich sage Ihnen: Internationale Unterschiede bei den Spitzensteuersätzen spielen nun einmal eine bedeutende Rolle bei den Veränderungen der internationalen Kapitalströme und bei den Wettbewerbschancen. Man mag dies bedauern, aber es ist nicht zu ändern. Der Wettbewerb um niedrige Steuern ist weltweit in Gang gekommen. Auch Sie als Opposition halten dies nicht auf. Deswegen werden Sie auch eine Änderung des Spitzensteuersatzes überhaupt nicht vornehmen. Sie werden froh sein, daß wir dies getan haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Aber ganz gleichgültig, welchem Konzept man nun folgt: In allen Fällen führt — das ist eine simple Schlußfolgerung — eine Steuerreform zu Ausfällen des Steueraufkommens. Die Haushaltslage von Bund, Ländern und Gemeinden setzt natürlich jedem Reformwillen auch gewisse Grenzen. Das bestätigen im übrigen auch die Konzepte, die Sie vorlegen. Der Haushalt kann nicht alle Ausfälle verkraften. Eine ausschließliche Kreditfinanzierung kann für niemanden in Frage kommen. Die Erfahrungen aus den Zeiten der SPD-Regierung — steigende Kreditnachfragen — haben dies gezeigt.
    Auch die Kürzung von Subventionen ist außerordentlich schwierig. Sie werfen uns dies immer wieder vor. Uns wird gesagt: Hätten Sie die Subventionen gekürzt, dann wäre eine neuerliche Ausweitung des öffentlichen Defizits verhindert worden.

    (Zander [SPD]: Das haben Sie doch vorher versprochen!)

    Aber ich will Ihnen doch sagen: Was heißt denn hier politischer Mut? Wo ist denn Ihr Aufschrei, wenn es um Subventionen für Werften, Kohle und Stahl geht? Ich wage die These, daß Sie selbst bei der Landwirtschaft überhaupt nichts machen würden, wenn es denn soweit wäre.
    Wenn jetzt jemand — Herr Kleinert hat das, glaube ich, heute nachmittag hier gefordert — eine ökologische Umgestaltung des Steuerrechts will, dann geht dies, Herr Kleinert, überhaupt nicht — die Belastung der Bürger hat nämlich die Schallgrenze erreicht — ohne massive Herabsetzung der direkten Steuern. Anders kann ich mir es überhaupt nicht vorstellen. Genau dazu haben wir mit der Tarifreform, die jetzt von Ihnen so angefeindet wird, beigetragen.