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ID1108902500

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    Plenarprotokoll 11/89 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 89. Sitzung Bonn, Dienstag, den 6. September 1988 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des Unglücks bei der Flugschau in Ramstein 6059 A Nachruf auf das ehemalige Mitglied des Deutschen Bundestages, Bundesminister a. D. Dr. Johann Baptist Gradl 6059 B Nachruf auf das ehemalige Mitglied des Deutschen Bundestages Professor Dr. Friedrich Schäfer 6059 D Verzicht der Abg. Dr. Wörner, Sauter (Ichenhausen) und Lemmrich auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 6060 A Eintritt der Abg. Jäger (Wangen), Graf Huyn und Frau Dr. Wegner in den Deutschen Bundestag 6060 B Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Buschfort, Sauter (Epfendorf), Koltzsch, Dr. Stercken und des Vizepräsidenten Stücklen 6060 B Erweiterung der Tagesordnung 6060 C Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989: (Haushaltsgesetz 1989) (Drucksache 11/2700) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1988 bis 1992 (Drucksache 11/2701) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1988: (Nachtragshaushaltsgesetz 1988) (Drucksache 11/2650) Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 6060D, 6106B Wieczorek (Duisburg) SPD 6072 B Carstens (Emstek) CDU/CSU 6080 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 6085 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 6088 C Esters SPD 6093 B Dr. Rose CDU/CSU 6096 C Frau Rust GRÜNE 6100A Dr. Solms FDP 6101 D Frau Will-Feld CDU/CSU 6104 A Walther SPD 6108B Nächste Sitzung 6110 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 6111 *A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 89. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. September 1988 6059 89. Sitzung Bonn, den 6. September 1988 Beginn: 11.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 9. 9. Dr. Becker (Frankfurt) 9. 9. Böhm (Melsungen)* 9. 9. Dr. von Bülow 8. 9. Dr. Hauff 9. 9. Hiller (Lübeck) 9. 9. Höpfinger 9. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 9. 9. Ibrügger** 9. 9. Dr.-Ing. Kansy** 9. 9. Frau Karwatzki 9. 9. Frau Kelly 8. 9. Kuhlwein 9. 9. Dr. Kunz (Weiden)** 9. 9. Lutz 7. 9. Dr. Mitzscherling 6. 9. Niegel* 9. 9. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Oostergetelo 9. 9. Pfuhl 6. 9. Dr. Probst 9. 9. Rappe (Hildesheim) 9. 9. Dr. Riedl (München) 7. 9. Frau Saibold 6. 9. Seidenthal 7. 9. Frau Terborg 7. 9. Tietjen 9. 9. Toetemeyer 8. 9. Vosen 6. 9. Frau Weiler 9. 9. Westphal 9. 9. Frau Wilms-Kegel 9. 9. Würtz 6. 9. Zierer * 6. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
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    Rede von Dr. Klaus Rose


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrte Damen! Meine Herren! Ich knüpfe an jene Passagen der Rede des Herrn Bundesfinanzministers an, die die düsteren Prophezeiungen der Sozialdemokraten für die Wirtschafts- und Finanzpolitik widerlegten. Es ist in der Tat entlarvend, mit welchen Horrorzahlen die deutsche Opposition immer wieder Politik zu machen versucht.
    Nichts von alledem, was jahrlang angekündigt wurde und auch zu Beginn dieses Jahres Inhalt Ihrer Attacken war, ist eingetreten. Aber das hinderte die Kollegen mit der anderen Feldpostnummer auch heute nicht, den Untergang zu predigen. Kollege Wieczorek hat extra davon gesprochen, daß er, obwohl er Ersatzredner sei, keinen Kurswechsel garantieren könne.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Ersatzreserve I!)

    Ich weiß nicht, ob das eine Drohung war, aber auf jeden Fall, lieber Kollege Helmut Wieczorek, hoffe ich, daß, nachdem Sie einer der drei Namensträger in Ihrer Fraktion sind, bei Ihnen der Vorname Helmut für bessere Qualität bürgt.

    (Walther [SPD]: Soll das ein Witz gewesen sein?)

    In Wahrheit ist eine zwar verhaltene, aber durchaus optimistische Zukunftsperspektive in der Wirtschafts- und Finanzpolitik gegeben. Ich möchte Beispiele nennen.
    Die wirtschaftliche Entwicklung verläuft günstiger als erwartet.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Wir haben nun schon sechs Jahre lang Wachstum. Selbst schlimmste Ereignisse wie der Schwarze Montag des vergangenen Jahres konnten uns wirtschaftspolitisch nicht aus der Bahn werfen. Das war aber nur durch eine konsequente und nicht durch eine wankelmütige Gegenstrategie möglich.

    (Uldall [CDU/CSU]: Sehr gut!)




    Dr. Rose
    Zweitens. Den entscheidenden Impuls für die gute Konjunktur gab und gibt unsere traditionelle Stärke beim Export von Investitionsgütern. Ich möchte an dieser Stelle deshalb ein Lob unseren Unternehmern und den in den Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmern sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Aber auch die von der Bundesregierung getätigte Wirtschaftspolitik trägt dazu bei, daß sich auf diesem Feld positive Zahlen eingestellt haben.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Auch auf dem Inlandsmarkt stieg die Nachfrage und hier wiederum besonders der private Verbrauch. Das hängt natürlich auch mit der Steuerreform zusammen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Eben zusätzliche Kaufkraft!)

    Doch es ist nicht so, wie Spötter sagen, daß man aus Angst vor der Quellensteuer noch schnell die Sparbücher geplündert hätte. Es sind insgesamt einfach mehr Mittel zum Verbrauch in der Öffentlichkeit vorhanden; deshalb konnte der Verbrauch angekurbelt werden.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: 14 Milliarden DM mehr Kaufkraft!)

    Drittes Beispiel: Die Bausparkassen melden überraschend viel Schwung im Bauspargeschäft. Dieser Schwung ermöglicht zusätzliche Impulse beim Bau. Ich las heute in der „Süddeutschen Zeitung", daß besonders in Bayern und vor allem beim Eigenheimbau große Zuwachsraten, zum Teil bis zu 20 %, zu verzeichnen sind. Hier greift also nicht nur die Wirtschaftspolitik, sondern auch die soziale Komponente. Ich möchte hier auch sagen: Wir wollen die Eigentumsquote beim Wohnraumbau noch deutlich steigern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Viertes Beispiel: In manchen Wirtschaftsbranchen boomt es geradezu.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Was?)

    — Es boomt geradezu. Das kann sich ein Norddeutscher vielleicht nicht so vorstellen.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Das ist doch Englisch, Herr Rose!)

    Aber in südlichen Bundesländern merkt man das sehr deutlich. Nur haben wir große regionale Unterschiede. Ich kann in diesem Zusammenhang dem Norden, besonders dort, wo er von den Sozialdemokraten regiert wird, deshalb nur wünschen, daß er mit seiner Industriefeindlichkeit aufhört und damit für Industrieansiedlungen attraktiv wird, so daß Arbeitsplätze geschaffen werden können.

    (Büchler [Hof] [SPD]: Sie reden doch nur vom Münchener Raum, aber nicht von Oberfranken oder sonstwo in Bayern!)

    Meine Damen und Herren, die noch gar nicht — um ein weiteres Beispiel zu bringen — so lange zurückliegende Misere auf dem Ausbildungsstellensektor durch das Vorhandensein zu weniger Plätze droht nun zu einer Misere wegen zu wenig Jugendlicher umzukippen. Beispiel: Das Bäcker-, das Bau- oder auch das Friseurgewerbe zahlen schon Prämien, damit sie überhaupt Jugendliche für ihre Lehrstellen bekommen.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Das ging also alles ohne die von der SPD gewünschte Ausbildungsplatzabgabe. Man merkt hier, daß man zwar im Erfinden von zusätzlichen Steuern und Abgaben stark sein kann, damit aber keinen Erfolg hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, gerade die 44 Beispiele von Steuern und Abgaben, die die SPD im Laufe ihrer Regierungszeit und auch noch in der Opposition erfunden hat, sollten uns abschrecken, sowohl 1989 als auch in den 90er Jahren zur SPD zurückzukehren.
    Meine Damen und Herren, so gingen also die Angstphantasien der Opposition deutlich an der Wirklichkeit vorbei. Kompetenz haben Sozialdemokraten und GRÜNE auf dem Felde der Wirtschafts- und Finanzpolitik immer noch nicht bewiesen.

    (Frau Traupe [SPD]: Und ihr?)

    Daran änderte auch der SPD-Parteitag nichts. Was hatte denn Peter von Oertzen schon vor dem Parteitag über den wirtschaftspolitischen Leitantrag gesagt? Er nannte ihn Kunstfleisch mit Ketchupsoße. Ich habe das zwar nicht ganz verstanden, aber vielleicht meinte er, daß man jetzt sagen muß, daß Hackfleisch mit Appelmus das traurige Endergebnis ist; denn zerhackt muß sich die SPD vorkommen, wenn sie ihre eigene, widersprüchliche Haltung betrachtet.

    (Zuruf von der SPD: Schwach heute!)

    Da befeindet sie einerseits die maßvollen und wegen konkreter Aufgaben notwendigen Verbrauchsteuererhöhungen und will andererseits Riesenbelastungen beim Energieverbrauch.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Doppelter Bezinpreis!)

    Da verkündet der Ministerpräsident von der Saar dieses und der Gewerkschaftspräsident vom Neckar jenes, da will man bei den Reichen abkassieren und den Armen mehr geben — oder zumindest so tun — und übersieht, daß Robin Hoods Methoden — oder weil in diesem Jahr ein Jubiläum stattfindet, gar Jack-theRipper-Methoden — heute ebenso fehl am Platze sind wie der Schrei nach mehr Staat.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Jack the Ripper? Das ist nun aber wirklich dümmlich!)

    Die SPD mag zwar auf eine gerechte Verteilung des Sozialprodukts stolz sein, aber, verehrte Frau Matthäus-Maier, Sie sollten sich auch klarmachen, daß es zunächst jemanden braucht, der dieses Sozialprodukt erwirtschaftet. Sie dürfen nicht vergessen, daß unser Industriestandort Bundesrepublik gepflegt werden muß, so stark es irgend geht, und dazu brauchen wir eine marktwirtschaftliche Erneuerung, nicht eine gewerkschaftliche Erstarrung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Manches auf dem SPD-Parteitag war — das gestehe ich durchaus zu — in dieser Hinsicht erfreulich, doch zu einem Regierungsprogramm, lieber Kollege Küh-



    Dr. Rose
    hacher, reicht es noch lange nicht, und das haben nicht bloß Sie erkannt, sondern auch Ihr Kollege Erhard Eppler, der von einem deutlichen Manko beim Kompetenzzuwachs auf dem wirtschaftspolitischen Felde sprach.
    Meine Damen und Herren, ich komme zurück zur Haushaltspolitik. Auch beim eigentlichen Zahlenspiel der 288 Milliarden sieht die Wirklichkeit besser aus, als von der SPD orakelt und als auch von Ihnen, lieber Kollege Esters, dessen Sachverstand ich ja durchaus sehr schätze, eben in anderem Zusammenhang nochmals vorgetragen worden ist. Denn wir haben eine strenge Ausgabendisziplin. Sie können ja der Bundesregierung dann, wenn Sie Ausgaben tätigen muß, die zugunsten anderer Haushalte erfolgen, z. B. beim EG-Haushalt, z. B. bei den strukturschwachen Ländern, nicht vorwerfen, daß sie als Bundesregierung unredlich wirtschaftet. Das kann man auf keinen Fall miteinander in Zusammenhang bringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Esters [SPD]: Das habe ich auch nicht gesagt!)

    In diesem Zusammenhang sollte man auch die Höhe der Neuverschuldung sehen. Man muß sehen, für was Neuverschuldung erforderlich ist, wo die neuen Aufgaben liegen und warum man also vorübergehend höhere Zahlen in Kauf nehmen muß.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Für den Airbus z. B.!)

    Eine strenge Ausgabendisziplin im laufenden Jahr macht es möglich, daß die geplante Ausgabensteigerung trotz Nachtragshaushalt nicht überschritten wird. Da verstehe ich überhaupt nicht, daß der Kollege Helmut Wieczorek vorhin von einem Heruntermanipulieren sprach. Wir sollten doch froh darüber sein, daß sich die realen Zahlen besser darstellen als die zuvor geplanten. Das ist doch besser als umgekehrt. Wir sollten deshalb dafür dankbar sein, daß die Bundesregierung eine sehr strenge Ausgabendisziplin gefahren hat, um damit auch manches wieder einzusammeln, was man vorher vielleicht meinte ausgeben zu müssen. Mit 2,4 % ist die Ausgabensteigerung im Jahre 1988 also trotz Nachtragshaushalt äußerst maßvoll.
    Blicken wir auf die ersten fünf Jahre unserer Regierungszeit zurück: Wir gingen im Jahresdurchschnitt nicht über 2 % Zuwachs hinaus. Das muß uns erst einmal einer nachmachen. Das war auch ein deutliches Signal dafür, daß der Staat nicht mehr der Moloch sein wollte, der er unter der SPD-geführten Regierung noch war. Niemals in der Finanzgeschichte der Bundesrepublik ist auch nur annäherend so lange so sparsam gewirtschaftet worden, und dagegen spricht auch nicht der Anstieg der Schulden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, wenn jetzt für 1989 eine Steigerungsrate von 4,6 % vorgesehen ist, dann weiß jeder warum und vor allen Dingen auch, daß dies einmalig ist. Denn in der Finanzplanung der kommenden Jahre sind wiederum nur zwischen jeweils 2 und 2,5 % Mehrausgaben vorgesehen. Die Staatsquote, die von rund 40 % anfangs der siebziger Jahre auf tast 50 %
    am Ende der SPD-Zeit im Jahre 1982 hochgeschnellt war, kam 1987 schon wieder auf unter 47 % zurück.
    Unser Ziel ist es, diesen Entstaatlichungskurs fortzusetzen, und unser fester Wille ist es auch, die Steuer- und Abgabenquote deutlich zu senken. Uns ist es lieber, stabile Preise, niedrige Zinsen und marktwirtschaftliche Freiräume zu haben, als mit Umverteilungshänden den deutschen Steuerzahler auszuplündern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Bundeshaushalt soll die großen Linien aufzeigen. Er soll einen Beitrag zur Finanzsolidität und zum Wirtschaftswachstum leisten; er soll einen Beitrag zur Investitionsanregung und zur Arbeitsmarktbelebung, zur Zukunftsteuerung und zur Steuergerechtigkeit leisten. Er soll aber auch der regionalen Ausgewogenheit dienen und weltwirtschaftliche Aspekte ausstrahlen.
    Dr. Stoltenberg hat in nüchternen Zahlen diese Grundlinien gezogen. Er hat vor allem deutlich gemacht, daß es am Willen zur Sparsamkeit nicht mangelt. Auf diesem Weg kann ich ihn nur bestärken. Es ist auch vorhin von unseren Rednern, von Herrn Carstens und von Herrn Dr. Weng, so gesagt worden.
    Risiken gibt es genug. Wir werden bei den jetzt beginnenden Einzelberatungen im Haushaltsausschuß diese Risiken gründlich erörtern, egal ob es sich um Mindereinnahmen oder Umschuldungsverluste zugunsten von Ländern der Dritten Welt handelt, ob es um das Aussiedlerprogramm oder um die Bundesbahn geht, ob es sich um die Schwierigkeiten beim Airbus, bei der Kohle oder bei der Bundesanstalt für Arbeit dreht. Alle Punkte müssen sorgfältig beraten und auf ihre Haushaltsvereinbarkeit abgeklopft werden. Wer diese Risiken bedenkt, spürt, daß keine neuen Verteilungsspielräume in Sicht sind.
    Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch von der Koalition, ich kann in diesem Zusammenhang nur jetzt schon, also rechtzeitig, davor warnen, aus momentanen Silberstreifen gleich goldene Kälber zu formen. Ich muß deshalb auch unsere grundsätzliche Zustimmung zu den maßvollen Steuererhöhungsplänen der Bundesregierung geben. Denn dabei handelt es sich um Einnahmen, damit man längerfristige Aufgaben und Ausgaben tätigen kann, die auch bei größter Sparsamkeit nicht anders gedeckt werden können, die aber notwendig und sinnvoll sind.
    Niemand wird behaupten, daß z. B. ein etwas höherer Benzinpreis die Konjunktur abwürgt. Wenn man bei 1,50 DM noch fahren konnte und wollte, dann wird man bei 1,10 DM — wie der Benzinpreis nach der Mineralölsteuererhöhung vielleicht sein wird — ebenfalls fahren. Ganz im Gegenteil: Wenn man die zusätzlichen Einkommen sieht, dürfte 1,10 DM weit weniger belasten als früher 1,50 DM.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Die SPD will den Preis verdoppeln!)

    — Danke, Kollege Friedmann; das habe ich ja vorhin schon erwähnt. — Sie machen ja mit ihrer Energieverbrauchsteuer etwa viel Schlimmeres.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist bei denen eine soziale Wohltat!)




    Dr. Rose
    Auf jeden Fall tragen diese notwendigen, aber sehr maßvollen indirekten Steuern auch zu einer Gleichgewichtung von direkten und indirekten Steuern bei, so daß man auch hier sagen muß: Finanzpolitisch gesehen ist diese Maßnahme ausgewogen.
    Betrachtet man, meine Damen und Herren, nicht bloß den Bundeshaushalt 1989, sondern auch den neuen Finanzplan, so wird der Zwang zum Sparen noch deutlicher. Insofern kann ich der Opposition nur dankbar sein, daß sie heute auch diese Risiken, vielleicht sogar auch so versteckte Sparkassen und manchen vielleicht so zu bezeichnenden Schattenhaushalt angeführt hat. Denn man muß wirklich Begehrlichkeiten schon am Anfang bremsen, und der Zwang zum Sparen wird immer deutlicher.

    (Frau Traupe [SPD]: Das ist richtig, Herr Kollege! Wir messen Sie 1990 an Ihren Worten!)

    Verschiedene neue Schwerpunkte sollten trotzdem neue Akzente setzen. Um diese aber zu finanzieren, muß andernorts abgespeckt werden.
    Ich möchte einige vernünftige Zweckbestimmungen aus meiner Sicht, auch aus der Sicht des dritten Koalitionspartners nennen. Wir glauben, daß der Ausbau beim Hochschulwesen durchaus noch zusätzliche Ausgaben verträgt. Der Hochschulbau ist für uns eine wichtige Aufgabe.

    (Beifall des Abg. Gattermann [FDP])

    Meine Damen und Herren, wir glauben auch, daß für überbetriebliche berufliche Ausbildung sowie für die Grundlagenforschung oder für die Umweltvorsorge Schwerpunkte gesetzt werden sollten. Genauso wichtig erscheinen mir die modernen Schlüsseltechnologien, die Weltraumprojekte, aber auch die äußere Sicherheit zu sein.
    Man kann zwar viel vom ewigen Frieden reden — darüber gab es schon im 18. Jahrhundert philosophische Abhandlungen — , man kann auch heute viel von Abrüstung reden, aber zum Nulltarif bekommt man diesen ewigen Frieden garantiert nicht. Das beliebte Spiel, das auch wir im Haushaltsausschuß gerne gemacht haben, bei den Streichorgien zunächst einmal den Verteidigungshaushalt zu betrachten, scheint mir in diesem Jahr zumindest überprüfungsnötig zu sein, auch unter dem Aspekt, nicht im investiven Teil zu kürzen, sondern höchstens, wenn überhaupt, im konsumtiven. Das gilt im übrigen auch beim Fernstraßenbau und bei verschieden anderen Maßnahmen, die ich gerade aus bayerischer Sicht betone.
    Wenn ich, meine Damen und Herren, schon jetzt eine Bewertung des Haushalts 1989 vornehmen darf: Mich versöhnt der strikte Sparkurs, der trotz der einmaligen Steigerung um 4,6 % festzustellen ist. Der Aufwuchs ist — ich sage es nochmals — bekanntlich wegen der Unterstützung strukturschwacher Bundesländer entstanden, hat also nichts mit staatlicher Verschwendungssucht und schon gar nichts mit Verschwendungslust bei der Bundesregierung oder beim Bundeshaushalt zu tun. Etwaige Mehreinnahmen, wie sie in der letzten Zeit durch die Öffentlichkeit gegeistert sind — durch Bundesbankgewinn oder höhere Steuern oder was sonst immer — , müssen zur
    Rückführung der Neuverschuldung und vor allen Dingen zur Tilgung der Altschulden verwendet werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dann geht auch die Zinsbelastung zurück, die sonst ab 1991 zu einem größeren Betrag führen würde, als sie nach dem Investitionsvolumen sein dürfte. Meine Damen und Herren, das darf nicht eintreten. Der Haushaltsausschuß hat deshalb erneut ein gewaltiges Stück Arbeit vor sich.
    Vielleicht darf ich zum Schluß noch einige Sätze zur Stimmung im Lande sagen. Die „Frankfurter Rundschau" , die ja nicht unbedingt sehr regierungsfreundlich oder gar CSU-freundlich ist, schreibt heute, daß bei den Koalitionären, also bei der CDU, CSU und FDP, die Stimmung sehr viel schlechter sei als die Lage und umgekehrt bei der SPD und den GRÜNEN die Stimmung sehr viel besser als gerechtfertigt.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

    Das Blatt meint weiter, das Stimmungshoch kam wohl zwei Jahre zu früh. Es kam sogar nur ein paar Tage zu früh, denn der Parteitag selber hat nach den Umfrageergebnissen dieses Stimmungshoch deutlich umgekehrt. Aber darauf kann man sich sowieso nie verlassen. Ich möchte Ihnen deshalb durchaus Mut machen: Wenn Sie so weitermachen, wird sich dieses Stimmungshoch bei Ihnen noch halten.

    (Esters [SPD]: Das ist reizend von Ihnen!)

    Die Stimmungsergebnisse, d. h. die Stimmergebnisse des Jahres 1990 werden dann mit Sicherheit anders sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Genau so ist aber die Lage. Für die Koalition besteht die Aufforderung, wirtschaftspolitischen Optimismus zu zeigen. Für die Opposition aber ist der Rat angebracht, die Zeichen der modernen Zeit zu erkennen.

    (Esters [SPD]: Ja!)

    — Will die Bundesrepublik, lieber Kollege Esters, auch im Europa der 90er Jahre bestehen, dann braucht sie mehr wirtschaftlichen Spielraum und weniger Gängelung, dann braucht sie mehr steuerliche Unternehmensentlastung und weniger Umverteilung,

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Intelligenz statt Quoten!)

    dann braucht sie mehr Arbeitsflexibilität und weniger Erstarrung. Lafontaine als Grenzland-Ministerpräsident spürt offenbar eher — allerdings glaube ich, daß Herr Apel, das auch schon wußte; aber deshalb ist er in die Wüste geschickt worden — , was die Stunde geschlagen hat. Auch andere Sozialisten spüren es. Ich selber wohne an der Grenze zu Österreich. Das berühmte Beispiel, daß die Spitzensteuer von den Sozialisten Österreichs rechtzeitig abgesenkt wurde, ließe sich fortsetzen: Die sozialistische Bundesregierung in Österreich führt inzwischen Arbeitszeitflexibilität ein, möchte Dienstleistungsstunden am Abend einführen, die Wochenendarbeitszeit überprüfen und vieles andere mehr. Das sind genau jene Forderun-



    Dr. Rose
    gen, die Lafontaine gestellt hat und die an eine moderne Wirtschaft zu stellen sind.
    Ich kann deshalb nur hoffen, daß die Opposition ihre historische, aber auch ihre europäische Verantwortung erkennt und deshalb nicht bloß den Bundeshaushalt kritisch begleitet, sondern auch wirtschaftspolitisch auf einen vernünftigen Kurs einschwenkt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Esters [SPD]: Worauf du dich verlassen kannst!)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Rust.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Bärbel Rust


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! 52 % der Bevölkerung sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten mehr und mehr dazu übergegangen, offensiv eine drastische Verbesserung ihres Lebens einzufordern. Diese 52 % unterscheiden sich vom Rest durch ihr Geschlecht: sie sind Frauen. Es ist also an der Zeit, die Finanz- und Haushaltspolitik dieser Regierung endlich auch am Anspruch der weiblichen Bevölkerungsmehrheit zu messen. Denn: Immer noch ist die übergroße Mehrheit aller Sozialhilfeempfänger Frauen, immer noch liegen Frauenrenten viel zu oft unter Sozialhilfeniveau, immer noch sind Frauen in Ausbildung und Beruf benachteiligt. Also ein lohnendes Betätigungsfeld für eine tatkräftige Regierung: Einschneidende Maßnahmen sind angesagt, viel Geld ist für eine wirklich schwungvolle Frauenpolitik erforderlich.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Nehmen wir uns als Beispiel das Problem der beruflichen Wiedereingliederung vor. Derzeit kehren rund 320 000 Frauen nach Kindererziehungs- oder Pflegephasen auf den Arbeitsmarkt zurück. Ca. 2 Millionen planen ihre Rückkehr in den kommenden fünf Jahren. Die meisten dieser Frauen haben während ihrer Berufspause einen spürbaren Qualifikationsverlust erlitten; nach längerer Unterbrechung ist ihre Berufsausbildung sogar keinen Pfifferling mehr wert. Ergebnis: Sie sind nur weit unter Qualifikation oder überhaupt nicht vermittelbar. Hier wären also massive Qualifikationsmaßnahmen angesagt. Doch einer solchen Forderung ergeht es wie vielen anderen. Es erschallt von allen Seiten sofort der Ruf: „Nicht finanzierbar. " Warum eigentlich?

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Weil sie nicht hinhören! Die kennen das Problem nicht!)

    Gibt es nicht eine männliche Vergleichsgruppe, bei der dergleichen sehr wohl finanzierbar ist? Es gibt sie, nämlich Soldaten, und zwar die, die sich als Zeitsoldaten bei der Bundeswehr verpflichten. Nach Unterbrechung ihres Berufslebens zwischen 2 und 12 Jahren wird ihnen selbstverständlich nicht zugemutet, mit leeren Händen und Qualifikationsverlust auf den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Sie werden mit Abfindungen verabschiedet, machen Vorbereitungskurse, werden umgeschult und machen Ausbildungen bis hin zur Finanzierung eines Hochschulstudiums; auf Kosten der Steuerzahler, versteht sich. An Klagelieder angesichts der Kosten dieser Wiedereingliederungshilfe kann ich mich nicht erinnern.
    Also will ich einmal mutig sein und fordern: Das will ich für Frauen auch.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Frau Matthäus-Maier [SPD])

    Personen, die wegen Kinderbetreuung oder Krankenpflege befristet aus dem Berufsleben ausscheiden, sollen das Recht haben, den Arbeitsmarkt mit mindestens der gleichen Qualifikation wieder zu betreten, mit der sie ihn verlassen haben. Wohlgemerkt: Personen, nicht Frauen; denn ich will ja die Männer nicht daran hindern, in Zukunft unverdrossen in Kindererziehung und Krankenpflege einzusteigen. Nichts liegt mir ferner.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Realisiert werden könnte ein solches Recht etwa folgendermaßen: Drei Jahre lang Wiedereinstellungsgarantien, bei mehreren zu betreuenden Personen sechs Jahre, bei längerer Unterbrechung der Berufstätigkeit Recht auf Finanzierung einer Berufsausbildung oder eines Studiums z. B. über BAföG-Höchstsatz. Kostenpunkt: ca. 1 Milliarde DM. Traumtänzerei? Bei Zeitsoldaten doch offenbar nicht, warum also bei Frauen?
    Doch nun zum ernüchternden Blick auf die Politik dieser Bundesregierung. Frau Süssmuth kündigt ein Modellprojekt für Berufsrückkehrerinnen an, Volumen 30 Millionen DM. Die Beratung der rückkehrwilligen Frauen ist mit 6 Millionen DM in ihrem Haushaltsplan abgesichert. Darüber hinaus kündigt sie Lohnkostenzuschüsse bei Wiedereintritt ins Berufsleben über eine Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes an. Bezahlt werden diese Zuschüsse dann von der Bundesanstalt für Arbeit. Gleichzeitig überrascht uns aber Herr Blüm mit der Ankündigung, die Leistungen genau derselben Bundesanstalt für Arbeit um ca. 1,8 Milliarden DM einzuschränken. Damit fallen also auch diese Mittel zur beruflichen Wiedereingliederung einer drastischen Kürzung anheim. Unter dem Strich bleibt für Frau Süssmuths Reform also weniger als vorher. Eine wahrhaft überzeugende Regierungspolitik!
    Wem sollen wir nun glauben, Frau Süssmuth, die ihren guten Willen bekundet, oder Herrn Blüm, der guten Willen und Optimismus herauskehrt, bei gleichzeitiger Radikalamputation der erforderlichen Mittel? Oder scheitert die Frauenpolitik am Finanzminister, und was sagt eigentlich der Kanzler dazu?

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Der ist gar nicht da!)

    Es wird klar, für Sonntagsreden beliebiger Couleur bleibt den einzelnen Regierungsmitgliedern beachtlicher Spielraum, für Frauenpolitik allerdings bleibt Finanzvolumen eine Marginalie.
    Nun sollte „frau" annehmen, daß zumindest für Reformen, die überhaupt kein Geld kosten, ein gewisser Spielraum vorhanden ist. Doch weit gefehlt! Unser kostenneutrales Quotierungsgesetz und die mehr als 30 frauenpolitischen Anträge, die wir zum letzten Haushaltsjahr einbrachten, wurden mit großer Mehrheit abgelehnt. Ein einziger Antrag kam durch.
    Es wurde im Haushaltsausschuß beschlossen, in die Stellenpläne des Bundes auch die weibliche Amtsbe-



    Frau Rust
    zeichnung aufzunehmen: Statt „Bezüge des Bundesministers" sollte es ab 1989 heißen: „Bezüge des Bundesministers/der Bundesministerin". Doch selbst diese absolut kostenneutrale Änderung droht am Einspruch der Regierung zu scheitern.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Hauptsache, sie kriegen das gleiche Geld!)

    Mit Schreiben vom 30. Juni 1988 läßt der Finanzminister dem Ausschuß mitteilen, der Beschluß werde wegen mannigfaltiger Schwierigkeiten nicht umgesetzt. Die Benennung eines weiblichen Ministers mit der schlichten Formulierung „Ministerin" sei nämlich gar nicht so einfach, wie unbedarfte Parlamentarierinnen in ihrem naiven Gemüt annehmen. Zum Beispiel lasse sich noch nicht absehen — Zitat — , „wie sich die mit Schrägstrichen versehenen männlichen und weiblichen Amtsbezeichnungen auf die Fassung anderer Vorschriften auswirken und deren äußere Gestaltung präjudizieren würden".

    (Heiterkeit bei den GRÜNEN)

    Eine wirklich heimtückische Gefahr, auf die uns die Regierung hier hinweist!

    (Beifall der Abgeordneten Frau MatthäusMaier [SPD])

    Man stelle sich vor, es könnte einfach so Usus werden, überall per männliche/weibliche Amtsbezeichnung zu dokumentieren, daß auch die Besetzung von hochdotierten Posten mit Frauen in den Bereich des Denkbaren gerückt ist, oder aber weibliche Minister würden nicht mehr täglich durch ihren Briefkopf mit der Amtsbezeichnung „Der Bundesminister für ... " daran erinnert, daß sie auf diesem Posten ursprünglich nicht vorgesehen waren und nur die Ausnahme sind, die ja bekanntlich die Regel bestätigt!

    (Beifall bei den GRÜNEN und der Abgeordneten Frau Matthäus-Maier [SPD])

    Es wäre gar nicht auszudenken, die betreffenden Damen würden nachgerade übermütig. Frau Wilms würde über die Stränge schlagen, von Frau Süssmuth wollen wir gar nicht reden.
    Ganz abgesehen von diesen Problemen gilt es laut Regierung auch noch Formalien zu beachten, denn der Rechtsausschuß meldet „Beteiligungsrechte" an und ist darüber hinaus auch noch „federführend", zwei weitere Ausschüsse sind in die höchst komplizierten Beratungen einzubeziehen, und auch „aus den Reihen der Länder" wird auf die nötige Absprache vor „grundlegenden Änderungen" hingewiesen. Frage an die Bundesregierung: Können wir noch vor der Jahrtausendwende mit ersten Zwischenergebnissen rechnen,

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    oder sollen wir jetzt schon unseren Töchtern den Rat geben, sich mit ganz viel Geduld zu wappnen?

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Aber die könnten doch auch so ihr Briefpapier ändern!)

    Weitere Frage: Wie lange soll der weibliche Teil der Bevölkerung diese Erbsenzählerei eigentlich noch ernst nehmen? Es geht um die Durchsetzung von Selbstverständlichkeiten, die hier durch bürokratische Schikanen auf die lange Bank geschoben werden. Ich fordere die Regierung auf: Unterlassen Sie ab sofort Ihre Bremsversuche! Weibliche Amtsbezeichnungen gehören in die Stellenpläne aufgenommen, und zwar sofort und ohne weiteres Lamento.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Frau Matthäus-Maier [SPD])

    Ich fordere einen Haushalt für Frauen, der die Lebensrealität für Frauen verbessert, der Taten statt leerer Versprechungen bietet. Ich fordere Erhöhung der Sozialhilfe um 30 %, Einführung einer Mindestrente von 1 200 DM monatlich, Gewährleistung der Rückkehr von Frauen ins Berufsleben, spürbare Verbesserungen für Alleinerziehende, Gleichberechtigung der Frauen in Ausbildung und Beruf, Quotierung der Erwerbsarbeitsplätze.
    All das bietet dieser Haushalt nicht, all das will diese Regierung auch gar nicht. Wohin der Weg mit dieser Regierung geht, zeigt das Wachstum des Frauenanteils an den Beschäftigten der obersten Bundesbehörden, auf das so gern und stolz verwiesen wird. Ich habe mal nachgerechnet, wie lange es dauern wird, bis auch in den höheren Besoldungsgruppen ein Frauenanteil von 50% erreicht sein wird. Ergebnis: Behält die Regierung ihr atemberaubendes Tempo bei, dann dauert es noch 473 Jahre. 500 Jahre! Dazu kann ich nur sagen: Nein, danke. Ich fordere die Quotierung der Erwerbsarbeitsplätze, und zwar jetzt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)