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ID1108902100

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    Plenarprotokoll 11/89 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 89. Sitzung Bonn, Dienstag, den 6. September 1988 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des Unglücks bei der Flugschau in Ramstein 6059 A Nachruf auf das ehemalige Mitglied des Deutschen Bundestages, Bundesminister a. D. Dr. Johann Baptist Gradl 6059 B Nachruf auf das ehemalige Mitglied des Deutschen Bundestages Professor Dr. Friedrich Schäfer 6059 D Verzicht der Abg. Dr. Wörner, Sauter (Ichenhausen) und Lemmrich auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 6060 A Eintritt der Abg. Jäger (Wangen), Graf Huyn und Frau Dr. Wegner in den Deutschen Bundestag 6060 B Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Buschfort, Sauter (Epfendorf), Koltzsch, Dr. Stercken und des Vizepräsidenten Stücklen 6060 B Erweiterung der Tagesordnung 6060 C Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989: (Haushaltsgesetz 1989) (Drucksache 11/2700) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1988 bis 1992 (Drucksache 11/2701) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1988: (Nachtragshaushaltsgesetz 1988) (Drucksache 11/2650) Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 6060D, 6106B Wieczorek (Duisburg) SPD 6072 B Carstens (Emstek) CDU/CSU 6080 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 6085 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 6088 C Esters SPD 6093 B Dr. Rose CDU/CSU 6096 C Frau Rust GRÜNE 6100A Dr. Solms FDP 6101 D Frau Will-Feld CDU/CSU 6104 A Walther SPD 6108B Nächste Sitzung 6110 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 6111 *A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 89. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. September 1988 6059 89. Sitzung Bonn, den 6. September 1988 Beginn: 11.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 9. 9. Dr. Becker (Frankfurt) 9. 9. Böhm (Melsungen)* 9. 9. Dr. von Bülow 8. 9. Dr. Hauff 9. 9. Hiller (Lübeck) 9. 9. Höpfinger 9. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 9. 9. Ibrügger** 9. 9. Dr.-Ing. Kansy** 9. 9. Frau Karwatzki 9. 9. Frau Kelly 8. 9. Kuhlwein 9. 9. Dr. Kunz (Weiden)** 9. 9. Lutz 7. 9. Dr. Mitzscherling 6. 9. Niegel* 9. 9. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Oostergetelo 9. 9. Pfuhl 6. 9. Dr. Probst 9. 9. Rappe (Hildesheim) 9. 9. Dr. Riedl (München) 7. 9. Frau Saibold 6. 9. Seidenthal 7. 9. Frau Terborg 7. 9. Tietjen 9. 9. Toetemeyer 8. 9. Vosen 6. 9. Frau Weiler 9. 9. Westphal 9. 9. Frau Wilms-Kegel 9. 9. Würtz 6. 9. Zierer * 6. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Weng


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Kollege Esters, der guten Ordnung halber: ein australischer Wombat.
    Die Kollegin Seiler-Albring konnte das deswegen wissen, weil ich ihr von diesem Tier begeistert berichtet habe. Insbesondere habe ich davon berichtet, mit
    welcher Freude Harald und Daniel, meine zwei kleinen Jungen, das mitgebrachte Plüschtier aufgenommen haben.
    Ich komme auf meinen Gedanken zurück: Der schnelle Personenverkehr auf andere Gleise. Eine Arbeitsgruppe der Koalition hat ja dem Bau einer Referenzstrecke der Magnetschnellbahn im Grundsatz zugestimmt und damit auch — so hoffe ich doch — eine gewisse Bewegung in dieses Projekt gebracht. Bei einer solchen Referenzstrecke brauchen wir natürlich etwas mehr: Wir brauchen eine Vision bezüglich künftiger Verkehrsführung und natürlich eine Konzeption für das, was diese Magnetschnellbahn tun könnte.
    Unter der Voraussetzung — ich glaube, wir können davon ausgehen — , daß die technischen Probleme vollends gelöst werden, wäre es sicher wünschenswert, wenn dieses System flächendeckend betrieben werden könnte, vielleicht in Form einer ungefähren Acht mit dem Knotenpunkt im Bereich des Frankfurter Flughafens, wenn es darüber hinaus die bundesdeutschen Flughäfen miteinander verbinden würde und hierdurch eben der vorhin genannte Kurzstrekkenflugverkehr reduziert werden könnte. Das könnte in der Zukunft eine echte Ergänzung der Verkehrsträger sein. Wie gesagt, die technischen Probleme müssen gelöst werden.
    Wir sollten solche Visionen durchaus haben; denn wenn wir uns vor Augen halten, welche Anstrengungen vergangene Generationen beim Bau des Schienennetzes der Eisenbahn geleistet, was sie dafür investiert haben, dann sollte es, meine ich, in einem wirtschaftsstarken Land auch möglich sein — wenn nicht ganz problemlos, so doch im Grundsatz —, ein solches ausdrücklich umweltschonendes, aber den Erfordernissen künftigen Transports gerecht werdendes System voranzubringen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Struktur sollte so sein, daß es als Teilersatz bei künftig noch wachsendem Luftverkehr — das ist ja konzipiert — den vernünftigen Ausbau und die Auslastung der Bundesbahnstrecken möglichst wenig beeinträchtigt.
    Meine Damen und Herren, Verschuldung in Grenzen zu halten ist ein schwieriges Geschäft.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Ich habe vorhin schon einmal auf Art. 115 des Grundgesetzes hingewiesen und will auch mit dem Hinweis auf § 96 unserer Geschäftsordnung auf die besondere Verantwortung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages aufmerksam machen.

    (Walther [SPD]: Endlich!)

    Nur wenn bei ausgabenwirksamen Entscheidungen Notwendiges vom Wünschenswerten getrennt wird, können wir die Dinge im Griff behalten. Ich sage das auch im Blick auf die künftige Gestaltung des Bundeszuschusses für die Rentenversicherung. Dieser Bundeszuschuß wird steigen müssen; das weiß jeder. Aber die Frage, in welchem Umfang, kann nach meiner Überzeugung nicht nur zu Lasten des Bundeshaushalts entschieden werden.



    Dr. Weng (Gerlingen)

    Dies sage ich auch mit Blick auf die geforderte Gemeinsamkeit mit der SPD. Meine Damen und Herren, Gemeinsamkeit kann bei Sachthemen kein Wert an sich sein. Sie ist nur dann sinnvoll, wenn sie auch bessere Lösungen beinhaltet. Denn in einer Demokratie entscheiden nachher wiederum die Bürger über Mehrheiten, und die Mehrheiten entscheiden, wenn sie der Meinung sind, daß die von ihnen konzipierte Lösung die bestmögliche ist.
    Erfahrungsgemäß haben die Bürger ein gutes Gespür dafür, wer die Gesamtverantwortung für eine bessere Politik sinnvollerweise garantiert, wer diese Verantwortung haben sollte. Dies ist im Normalfall, jedenfalls bei dem Bürger, der sich wirklich eine Meinung bildet, nicht derjenige, der jedem alles verspricht. Ich erinnere hier an das vielzitierte Wort von Theodor Heuss: In der Politik gilt nicht das Versprochene, sondern das Gehaltene.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD — V o r s i t z : Vizepräsident Cronenberg)

    Für meine Fraktion ist klar, daß das Gesamtpaket Haushalt nur so lange getragen werden kann, wie alle drei Regierungsparteien hierzu stehen. Das heißt auch — dies ist erfreulicherweise Vorgabe des Kabinetts — , daß durch die positive Wirtschaftsentwicklung möglicherweise entstehende Steuermehreinnahmen zur Minderung der sowieso zu hohen Schulden herangezogen werden und nicht als verfügbare Masse für Ausgaben angesehen werden können. Dies gilt auch für einen möglicherweise etwas höheren Bundesbankgewinn als angesetzt.
    Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht die Ausgangsbasis, von der wir diskutieren, aus dem Auge verlieren. Man muß sich vor Augen halten, daß wir den Haushalt des laufenden Jahres mit einer Verschuldung von 29,2 Milliarden DM konzipiert und verabschiedet haben und daß wir, wenn es gut läuft, tatsächlich eine Größenordnung von 37 bis 38 Milliarden DM in diesem Jahr erreichen werden. Man kann doch dann nicht so tun, als ob man 1 Millarde DM Mehreingang ausgeben könnte. Das heißt dann immer noch 8 Milliarden DM mehr Nettoneuverschuldung, als wir ursprünglich konzipiert haben. Hier, meine ich, muß man wirklich konsequent sein, um so mehr — ich sage das mit Blick auf den möglichen Bundesbankgewinn — , wenn gegebenenfalls durch eine kurzfristige oder einmalige Einnahme auf der anderen Seite langfristig wirkende Ausgaben beschlossen werden sollen. Diese Verantwortung, der das Kabinett Rechnung getragen hat, tragen wir mit. Wer glaubt, hier gäbe es Spielräume, wenn, wie gesagt, Steuereinnahmen plötzlich etwas ansteigen, der muß sich diese Überlegung vor Augen halten.
    Die Finanzplanung ist leider — auch in der Projektion auf künftige Jahre — in den letzten Jahren ständig schlechter geworden. Wenn wir das Ergebnis der Steuerreform im kommenden Jahr in den Haushalt von 1990 einbauen und beraten wollen, müssen wir wissen, daß auf Grund unabweisbarer Entwicklungen schon heute abzusehen ist, daß wir sehr hart an der Verschuldensgrenze, die uns die Verfassung vorgibt, vorbeischrammen werden. Wie gesagt, 1988 ist das begründet durch den einmaligen Ausreißer auf Grund
    von Entwicklungen, die wir als Bundesrepublik und als Regierungskoalition nicht zu vertreten hatten; aber dies kann darüber hinaus natürlich nicht der Normalfall werden.
    Daß die Gesamtverschuldung aller öffentlichen Haushalte und der Sondervermögen im laufenden Jahr die ominöse Grenze von 1 000 Milliarden DM Gesamtverschuldung überschreiten wird, ist ein warnendes Symbol, das die Ausgabenfreude von Ministern und Fachpolitikern stärker dämpfen sollte, als es üblicherweise der Fall ist.
    Wir, die Koalition aus CDU/CSU und FDP, aber insbesondere die FDP, haben der Öffentlichkeit Sparsamkeit und Haushaltskonsolidierung versprochen. Dies müssen und werden wir fortführen.
    Zum Stichwort „versprochen" und „müssen wir fortführen" : Meine Damen und Herren, bei Privatisierung ist im Bundeshaushalt vom Geldvolumen her jetzt natürlich nicht mehr das eingestellt, was in vergangenen Jahren eingestellt war. Aber wir sollten nicht vergessen, daß für uns Privatisierung bei dem, was tatsächlich durchgeführt wurde, immer ein ordnungspolitisches Anliegen mit erfreulichen haushaltspolitischen Nebeneffekten war. Die ordnungspolitische Frage und Forderung besteht fort, auch wenn jetzt die großen und in der Veräußerung vielleicht ertragversprechenden Bereiche im großen und ganzen privatisiert sind.
    Jetzt, nachdem nicht mehr so viel Geld durch Privatisierung einzunehmen ist, dürfen das ordnungspolitische Anliegen und die Zusage der Koalition in diesem Punkt nicht plötzlich einschlafen. Auch hier geht mein Appell insbesondere an die Kolleginnen und Kollegen des Koalitionspartners: Den öffentlichen Erklärungen, die, wenn ich an einen Brief, den mir Franz Josef Strauß vor Jahren geschrieben hat, denke, in der ganzen Koalition offensichtlich unbestritten sind, sollen eben auch wieder Taten folgen.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Was ist z. B. mit den Bahnbeteiligungen, die schon in der vorigen Wahlperiode Beschlußlage des Kabinetts waren? Schenker, die Spedition der Deutschen Bundesbahn, die aus ordnungspolitischen Gründen unbedingt privatisiert werden sollte, ist immer noch zu 100 % in öffentlicher Hand. Hier ist der Verkehrsminister in der Pflicht. Ich sage es ausdrücklich und erneut von dieser Stelle, obwohl es langsam schon fast peinlich wird, daran zu erinnern: Was ist mit der lange gegebenen Zusage, an der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen verstärkt freiberufliche Ingenieure zu beteiligen? Dies sind einige wenige Beispiele. Ich meine, Herr Finanzminister, Sie oder der von Ihnen damit befaßte Staatssekretär sollten sich wieder einmal das dicke Buch der Bundesbeteiligungen als Lektüre vornehmen.

    (Dr. Struck [SPD]: Das alles hat aber seine Grenzen, Herr Kollege Weng!)

    Wir, unsere Fraktion, bleiben bei diesem Thema am
    Ball. — Herr Kollege Struck, den Zwischenruf, hier
    habe alles seine Grenzen, nehme ich gerne auf. Die



    Dr. Weng (Gerlingen)

    Privatisierung hat dort ihre Grenzen, wo eben alles privatisiert ist.

    (Heiterkeit — Beifall bei der FDP)

    Die Zusagen aus der Regierungserklärung sowohl der vergangenen als auch der laufenden Wahlperiode sind uns hier Verpflichtung.
    Meine Damen und Herren, wir werden den Bundeshaushalt jetzt nach vorbereitenden Berichterstattergesprächen in gewohnter Sorgfalt im Haushaltsausschuß beraten, Position um Position, in enger Kooperation mit den Freunden des Koalitionspartners. Kollege Carstens, Sie haben dankenswerterweise auf die gute Kooperation, auf die auch menschlich gute Atmosphäre hingewiesen. Wir sind bereit, hier in gleicher Weise wie in den vergangen Jahren fortzufahren. Denn wir wollen unser Beratungsergebnis in zweiter und dritter Lesung hier im Plenum im Rahmen der dann gegebenen Gesamtdaten, die wir heute noch nicht alle absehen können, neu diskutieren und den Haushalt dann — genauso wie in früheren Jahren — ordnungsgemäß verabschieden. Meine Damen und Herren, ich bin mir sicher, wir werden — wie in all den Jahren der Koalition aus CDU/CSU und FDP — ein Beratungsergebnis vorlegen, das unserer Verantwortung gerecht wird und auch die berechtigte öffentliche Anerkennung findet.

    (Lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU/ CSU)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Esters.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Helmut Esters


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Wolfgang Weng sehr dankbar, daß er uns von dem weittragenden Beschluß seiner Fraktion hier unterrichtet hat, den Bundeshaushalt auf der Basis der Regierungsvorlage beraten zu wollen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Ich kann Ihnen für meine Fraktion mitteilen: Auch wir haben diese Absicht

    (Erneute Heiterkeit bei der SPD — Beifall bei der FDP)

    und werden dies, so hoffe ich, genauso kritisch wie in den vergangenen Jahren tun.
    Herr Bundesfinanzminister, die etwas freundlichere Gestaltung des Wirtschaftswachstums, die bescheidenen Einnahmeverbesserungen aus Steuern, die Sie daraus erwarten, und die einstweilen unbekannte Größe des Bundesbankgewinns sind die schwankenden Pfeiler, auf die Sie Ihre positivere Bewertung der Haushaltslage stützen. Ich kann nicht erkennen, daß diese Erwartungen, die allenfalls die reale Tristesse der Situation flüchtig aufhellen und die deutlich spekulativen Charakter tragen, den von Ihnen beanspruchten, aber nicht eingelösten Maßstäben der Solidarität entsprechen.
    Das Grundübel der Haushaltswirtschaft, die Sie betreiben, liegt darin, daß sich die Einnahmenseite in permanentem Ungleichgewicht zur Ausgabenseite befindet. Sie haben über Jahre hin die Wachstumskurve der Wirtschaft überschätzt und tun dies auch in
    diesem Augenblick, obwohl alle Wirtschaftsinstitute auf die erneut ungünstiger werdenden Bedingungen für 1989 hinweisen. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen doch, wie schwankend und jederzeit bedroht der weltwirtschaftliche Konjunkturverlauf ist, von dem wir natürlich maßgeblich mit abhängen.
    Sie haben wegen Ihrer Illusionen über Jahre hin die Steuereinnahmen nach unten korrigieren müssen und gleichwohl starr an einer Steuerreform festgehalten, die letztlich ruinöse Folgen für das Haushaltsgleichgewicht hat und die Sie nun durch unausgereifte und politisch willkürlich gewählte Verbrauchsteuererhöhungen notdürftig korrigieren müssen.

    (Beifall bei der SPD — Glos [CDU/CSU]: Das ist falsch! Das nehmen Sie sofort zurück!)

    Sie sind — wie in vielen Bereichen — hier längst nicht mehr Herr des Verfahrens, sondern reagieren als ein Getriebener, der mehr schlecht als recht die allerschwersten Defizite stopfen muß.
    Sie haben gleichzeitig die Ausgabendynamik unterschätzt und sich gerühmt, den Ausgabenanstieg unter 3 % zu halten, während 1989 die Erhöhung 4,6 % betragen soll. In Wirklichkeit ist es Ihnen eine Zeitlang gelungen, klar absehbare Ausgaben hinauszuzögern oder zu verdrängen, ohne Vorsorge zu treffen. Das gilt für die Finanzierung der Europäischen Gemeinschaft, die Sie jetzt mit voller Wucht trifft und die langfristig das Ausgabenniveau des Haushalts erheblich steigert.
    Andere Ausgaben haben Sie entweder in leichtsinnigem Vertrauen auf Besserung oder aus der Mißachtung des zentralen Problems unserer Gesellschaft, der Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit, aus dem Bundeshaushalt schlechthin ausgelagert. Nachdem Sie durch Abwälzung von sachfremden Ausgaben die Zahlungsunfähigkeit der Bundesanstalt für Arbeit mit herbeigeführt haben,

    (Walther [SPD]: Richtig!)

    können Sie es nun nicht mehr vermeiden, Bundeszuschüsse in den Nachtragshaushalt, in den Bundeshaushalt 1989 und auch in die mittelfristige Finanzplanung einzustellen. Sie haben sich schließlich permanent dagegen gesträubt, daß der Bund seiner Aufgabe gerecht werden muß, strukturelle Ungleichgewichte innerhalb des Bundesgebiets auszugleichen.
    Auch von dieser langjährigen Verkennung der Situation werden Sie im Nachtragshaushalt 1988 und im Haushaltsentwurf 1989 eingeholt. Weil Sie selbst kein Konzept entwickelt haben, Strukturpolitik finanziell zu gestalten, sind Sie nun das Opfer eines Zwangsmanövers des niedersächsischen Ministerpräsidenten geworden, der sich dabei freilich auf eine Notwehrsituation berufen kann, die es auch in anderen Bundesländern gibt.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Nachtragshaushalt 1988, der Haushaltsentwurf 1989 und der neue Finanzplan 1988 bis 1992 dokumentieren haushaltspolitische Führungslosigkeit und Fehlentwicklungen, wie sie spätestens seit der zweiten Jahreshälfte 1987 für alle offenkundig geworden sind.



    Esters
    1987 sind Sie mit einem Haushalt in den Wahlkampf gezogen, der auf dem Papier eine Neuverschuldung von 22,3 Milliarden DM aufwies, ein Irrtum, der angesichts der Warnungen von unserer Seite alle Elemente eines grob fahrlässigen Verhaltens aufwies. Der von Ihnen damals gepriesene — so wörtlich in einer BMF-Pressemitteilung — „Meilenstein" auf dem Weg zur Gesundung der Staatsfinanzen erwies sich im Haushaltsvollzug in Wirklichkeit als ein Mühlstein, der den Absturz der Staatsfinanzen auslöste. Im Ergebnis fehlten 5 Milliarden DM.

    (Beifall bei der SPD)

    Da Sie dieses Menetekel nicht als Warnung verstanden haben, verdoppelte sich das Defizit im Haushalt des laufenden Jahres auf etwa den doppelten Betrag. Die Druckerschwärze des Haushaltsgesetzes war noch nicht getrocknet, da erwies es sich bereits als Makulatur. Es fehlten rund 10 Milliarden DM, so daß sich die Neuverschuldung, wie nun endgültig klar ist, statt auf 30 Milliarden DM auf rund 40 Milliarden DM — Sie haben heute morgen etwas herunterkorrigiert — belaufen wird. Nur mit Hilfe vorzeitiger Verbrauchsteuererhöhungen im Umfang von rund 8 Milliarden DM sowie einer noch nicht nachgewiesenen globalen Minderausgabe von 1,2 Milliarden DM soll es Ihnen 1989 gelingen, die Nettokreditaufnahme, die sonst erneut bei mindestens 40 Milliarden DM läge, auf 32 Milliarden DM zurückzuführen. Auch dies ist nur unter der Voraussetzung möglich, daß der Bundesbankgewinn, den Sie für 1989 auf 5 Milliarden DM veranschlagen, der vermutlich erheblich höher ausfallen wird, in der Finanzplanung mit jährlich rund 7 Milliarden DM eingesetzt wird, wenn er denn tatsächlich erzielt wird. Ich sage Ihnen, daß eine Haushaltskonsolidierung, die auf dem Bundesbankgewinn aufbaut, in Wirklichkeit ein bloßes Roulettspiel ist. Es muß die allerschwerste Besorgnis erregen, daß sich die Neuverschuldung im Haushaltsvollzug 1988, im Haushalt 1989 und im jüngsten Finanzplan kontinuierlich auf einem beträchtlich höheren Sockel bewegt, als es die bisher gültige Finanzplanung im Finanzbericht 1988, die kaum ein Jahr alt ist, prognostizierte.

    (Dr. Struck [SPD]: Leider wahr! — Beifall bei der SPD)

    Da Haushaltspolitik ein Geschäft mit Zahlen ist, will ich dies an Hand der eben genannten und uns zugegangenen Unterlagen mit Zahlen belegen. Während der Finanzbericht 1988 vor einem Jahr die Nettokreditaufnahme im Bundeshaushalt 1988 noch auf 29,8 Milliarden DM schätzte, beträgt sie nun nach Vorlage des Nachtragshaushalts etwas über 39 Milliarden DM: eine Differenz von rund 10 Milliarden DM. Während der Finanzbericht 1988 vor einem Jahr die Kreditaufnahme für 1989 noch mit 27,2 Milliarden DM schätzte, beträgt sie bereits nach dem Haushaltsentwurf 1989, der uns vorliegt, fast 32 Milliarden DM: eine Differenz von schon jetzt rund 5 Milliarden DM. Für 1990 schätzte der Finanzbericht noch 30,9 Milliarden DM, während der neue Finanzplan nur ein Jahr später bereits von 36 Milliarden DM Nettokreditaufnahme ausgeht: eine Differenz von wiederum rund 5 Milliarden DM. Für 1991 sind dann die Differenzen noch dramatischer. Der Finanzbericht 1988 schätzte 26 Milliarden DM, der jüngste Finanzplan nennt
    34 Milliarden DM: eine Differenz von 8 Milliarden DM.
    Der Finanzminister trägt die Verantwortung dafür, daß trotz einer dank der Weltwirtschaft nicht ungünstigen Normallage der Weltkonjunktur die Neuverschuldung strukturell und dynamisch gegenüber den bisherigen Planungen ansteigt. Da kann ich es — mit Verlaub — nur als Possenspiel bezeichnen, wenn der Parlamentarische Staatssekretär Häfele einen Abbau der Altverschuldung des Bundes ankündigt.

    (Walther [SPD]: Gibt es Häfele noch?)

    — Offensichtlich ja. Hin und wieder gibt es Erklärungen von ihm.

    (Uldall [CDU/CSU]: Bringen Sie Ihren Redner nicht durcheinander! Das ist unfair! — Gegenruf Frau Traupe [SPD]: Der ist nicht durcheinanderzubringen!)

    — So leicht bringen Sie den nicht durcheinander.

    (Walther [SPD]: Daß es den Häfele gibt, habe ich schon lange nicht mehr gehört!)

    — Es wird allerhöchste Zeit, daß Sie ein Gespräch mit Herrn Staatssekretär Häfele bekommen, Herr Vorsitzender.
    Bei dem Zahlenvergleich, den ich angeführt habe, stehen natürlich noch nicht die Aufgaben wie die Rentenreform oder die Entschuldung der Bundesbahn auf der Tagesordnung. Sie sind unberücksichtigt; denn im Finanzplan fehlt dazu jegliche Aussage.
    Ich möchte hier voraussagen, daß Sie, um der klaffenden Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben Herr zu werden, künftig weiter indirekte Steuern werden erhöhen müssen. Sie verbrämen dies im jüngsten Finanzplan unter dem Stichwort einer — wörtlich —„Harmonisierung der indirekten Steuern in der Europäischen Gemeinschaft". Ich wäre dankbar, wenn diese sibyllinische Andeutung hier präzisiert werden könnte. Gibt es Schubladenpläne für solche erneuten Steuererhöhungen im Verbrauchsteuerbereich, namentlich auch im Bereich der Mehrwertsteuer nach 1990?
    Ich komme auf den Haushalt 1989 zurück. Der Globalansatz für vorgesehene Steuererhöhungen im Einzelplan 60 über 8 Milliarden DM ist zur Zeit im Umfang ungesichert, da das Gesetzgebungsverfahren erst beginnt und sich die Koalition in gewohnten Mißklängen weder über den Zeitpunkt noch über den Umfang einig ist.

    (Dr. Struck [SPD]: Sehr wahr!)

    Die Klage des Vorstandsvorsitzenden der Esso AG, daß — ich zitiere — die deutsche Wirtschaft sich auf diese Bundesregierung nicht verlassen könne,

    (Walther [SPD]: Sehr gut!)

    weil es weder eine zielgerichtete Wirtschaftspolitik noch eindeutige, auf Dauer geltende Rahmenbedingungen gebe, bestätigt sich auch hier exemplarisch.

    (Strube [CDU/CSU]: War das der Esso-Chef? Wie heißt der eigentlich?)




    Esters
    — Wie der heißt, Herr Kollege? Auch dies kann ich Ihnen sagen: Er heißt Herr Kohlmorgen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Das ist keine Empfehlung für Esso!)

    Es ist dem Herrn Bundesfinanzminister unbekannt. Ihnen ist er jetzt bekannt.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Spricht nicht für seine Marke!)

    Ein weiteres Haushaltsrisiko ist die globale Minderausgabe von rund 1,2 Milliarden DM, deren Erwirtschaftung ungesichert ist. Wenn der Haushaltsausschuß seine früheren Beschlüsse zum Instrument der globalen Minderausgabe ernst nimmt, so muß er
    — daß heißt namentlich die Koalitionsmehrheit — versuchen, die Einsparungen an konkreten Positionen vorzunehmen oder darauf zu verzichten. Es geht nicht an, daß über die globale Minderausgabe Teile des parlamentarischen Budgetrechts an den Bundesfinanzminister abgetreten werden.

    (Walther [SPD]: Unerhört!)

    Es ist bedauerlich, daß auch der Nachtragshaushalt 1988 eine solche globale Minderausgabe von 300 Millionen DM vorsieht — ich weiß, daß dies in der Relation ein kleiner Betrag ist —, offenbar um aus kosmetischen Gründen unter einer bestimmten Zahlengröße
    — ich nenne einmal 10 Milliarden DM — bleiben zu können.
    Jede globale Minderausgabe desavouiert aber die mühsame Arbeit der Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuß. Es ist jedoch bezeichnend, daß der Bundesfinanzminister seit Jahren auf die Keule der globalen Minderausgabe entweder bei Einzelplänen oder insgesamt nicht verzichten kann, um die Dynamik der Neuverschuldung abzubremsen.
    Unverändert ein Haushaltsrisiko ist der Bundeszuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit, der mit 3,3 Milliarden DM knapp veranschlagt wird. Obwohl durch die Entwicklung in den Vorjahren wiederholt widerlegt, unterstellt der Bundesfinanzminister, daß die Defizite der Bundesanstalt durch gesetzliche Anpassung des Leistungsrechts vermindert werden und daß es erhebliche Einschränkungen bei den Ermessensleistungen, ABM-Maßnahmen und Qualifizierungsoffensive, geben wird. Dabei gehen die wirtschaftswissenschaftlichen Institute, so der jüngste Ifo-Bericht, davon aus, daß es Ende 1988 rund 50 000 Arbeitslose mehr als 1987 und 1989 weitere rund 30 000 mehr geben wird.

    (Walther [SPD]: Das sind ja traurige Zahlen!)

    Man muß schon ein hartgesottener Fiskalist sein,

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Wie dieser Weng!)

    um auf die Zunahme der Arbeitslosigkeit mit Leistungskürzungen und knappen Haushaltsansätzen zu antworten. Während in der Koalition über neue sozialpolitische Leistungen Scheingefechte geführt werden, findet hier der soziale Abbau zu Lasten der am schwersten benachteiligten Mitbürger statt.

    (Beifall bei der SPD)

    Einzustellen sind in den Haushaltsentwurf aus verständlichen Gründen die bislang noch nicht berücksichtigten Kosten des Sonderprogramms zur Eingliederung der aus Osteuropa kommenden Aussiedler. Ungewiß ist ferner das ganze Ausmaß der Verpflichtungen, die der Bund für die Airbus-Förderung aufwenden will. Am 28. Oktober 1984 hat der Bundesfinanzminister in der „Welt am Sonntag" erklärt: Von einer wirklichen Konsolidierung kann man erst sprechen, wenn die jährliche Neuverschuldung des Bundes ohne Bundesbankgewinn spürbar unter 20 Milliarden liegt. — Ich glaube, da hat er recht. Sie sind seither, Herr Minister, etappenweise kleinlauter geworden. Und wir hören seit Jahren, daß hier konsolidiert wird. Nur, der Schuldenberg wird nicht kleiner, sondern größer.

    (Kühbacher [SPD]: Das ist wohl wahr! Und die Zinsen werden immer höher!)

    In Ihrer gesamten bisherigen Amtszeit sind Sie nicht einmal annähernd an diese Zielmarke, die Sie selbst gesetzt haben, herangekommen. Ihr bestes Ergebnis waren 34,8 Milliarden DM im letzten Jahr. 1988 sind es dann wieder knapp 40 Milliarden DM, und nach Ihrem eigenen Finanzplan sind es — trotz massiver Verbrauchsteuererhöhungen — 1989 37 Milliarden DM, 1990 43 Milliarden DM, 1991 41 Milliarden DM und 1992 37 Milliarden DM.

    (Kühbacher [SPD]: Schulden sind das!)

    Verstärkt verstecken Sie darüber hinaus Ausgaben und Schulden in Schattenhaushalten,

    (Dr. Struck [SPD]: Unerhört ist so etwas! — Weitere Zurufe von der SPD)

    die zu einer Zeitbombe geworden sind und früher oder später neben der im Haushalt offen ausgewiesenen steigenden Neuverschuldung unsere Finanzkraft sprengen können.
    Ich nenne Beispiele: 1983 hatte die Bundesbahn einen Schuldenstand von knapp 36 Milliarden DM und konnte in dem Jahr sogar noch einen Teil ihrer Schulden netto tilgen. Im nächsten Jahr werden es mehr als 46 Milliarden DM sein, 1991 bereits 54 Milliarden DM. Diese steigende Verschuldung wird sich früher oder später im Bundeshaushalt in irgendeiner Form niederschlagen müssen.
    Auch die Deutsche Bundespost wird Jahr für Jahr stärker zur Ader gelassen, um Haushaltsdefizite zu schließen.

    (Walther [SPD]: Telefonsteuer!)

    — Ihre Anregung, Herr Kollege Walther, werden wir der zuständigen Enquete-Kommission weitergeben. —

    (Walther [SPD]: Nein, das ist eine Telefonsteuer, die der Stoltenberg da erhebt!)

    Von 1983 bis 1988 mußte die Post 28 Milliarden DM an Ablieferungen an den Bund überweisen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Die ihr beschlossen habt! Die 10 % sind zu eurer Zeit beschlossen worden!)

    — Ihr wart doch sonst immer so schnell dabei, lieber Kollege Friedmann, Dinge, die wir beschlossen hatten
    6096 Deutscher Bundestag — l 1. Wahlperiode — 89. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. September 1988
    Esters
    und die ihr für dusselig hieltet, abzuschaffen. Weshalb denn hier nicht? Weshalb hat's denn hier so lang gedauert? Ihr hattet doch Zeit genug dazu.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Friedmann [CDU/ CSU]: Ihr habt soviel hinterlassen! Es geht nicht auf einmal!)

    — Ach!

    (Walther [SPD]: Ihr hattet schon sechs Jahre Zeit! Wie lang wollt ihr jetzt noch Zeit haben? — Dr. Struck [SPD]: Sehr gut! Jetzt sagt er nichts mehr, der Herr Friedmann; jetzt hat er kein Argument mehr!)

    Entsprechend konnte der Bund natürlich seine Neuverschuldung verkürzen.
    Bei der Post mußten jedoch genau 28,2 Milliarden neue Schulden aufgenommen werden. Auch diese 28 Milliarden fehlen in jeder Bilanz des Bundesfinanzministers.
    Die Liste läßt sich verlängern. 1987 wurde beim Verstromungsfonds ein neuer Schuldentopf von 2 Milliarden DM zur Entlastung des Bundeshaushalts aufgemacht. Auch dieser Topf läuft schon über.

    (Walther [SPD]: Ja!)

    Bis Ende 1988 werden über die 2 Milliarden DM hinaus weitere 2 Milliarden für unbezahlte Rechnungen aufgelaufen sein,

    (Walther [SPD]: 4 Milliarden DM Schulden!)

    für die der Bund haftet. So die jüngsten Prüfungen des Bundesrechnungshofs.

    (Walther [SPD]: Richtig! Und was sagt jetzt der kluge Kopf?)

    Das sind Risiken im Bundeshaushalt, für die nirgendwo Vorsorge getroffen worden ist.
    Weitere 1,6 Milliarden Schulden wurden ebenfalls 1987 bei der Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung untergebracht. Mit dieser Aktion konnte der Finanzminister vermeiden, bereits 1987 einen Nachtragshaushalt vorlegen zu müssen.
    Auch diese Beispiele sind fortsetzungsfähig. Nicht nur der Bund, sondern auch andere öffentliche Gebietskörperschaften sind in einer tiefen Schuldensituation. In diesem Sommer hat die Staatsverschuldung insgesamt, also im öffentlichen Gesamthaushalt einschließlich Bahn und Post, die Grenze von 1 Billion DM überschritten — eine Zahl, die jede Vorstellungskraft übersteigt. Im Bundeshaushalt müssen bereits jetzt rund 11,8 % — das ist jede zehnte Mark — für Zinsen ausgegeben werden. Dieses Geld fehlt zwangsläufig bei den sozialen Leistungen, bei der Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit, im Umweltschutz oder bei den Investitionen. Allein 1988 steigen die Schulden von Bund, Ländern und Gemeinden um 65 Milliarden DM — so der Finanzplanungsrat im Mai. Bahn und Post kommen mit zusammen weiteren 10 Milliarden DM Schulden hinzu.
    Sie versuchen, die Bedrohlichkeit der Lage zu kaschieren, indem Sie etliches, was eigentlich aus dem
    Bundeshaushalt kommen müßte, Herr Minister, anderswohin verlagern.

    (Walther [SPD]: Der Minister ist gar nicht mehr da!)

    Ermessen Sie bitte doch einmal selber, inwieweit Sie ihre eigenen Ziele verfehlt haben. Die Öffentlichkeit hat davon offenbar einen stärkeren Begriff als Sie selbst.
    Der Nachtragshaushalt 1988, der Haushalt 1989 und der Finanzplan machen nicht sichtbar, wie Sie die haushaltspolitische Zeitbombe des permanenten und wachsenden Haushaltsungleichgewichts entschärfen wollen. Wir wären dankbar, wenn wir im Lauf dieser Beratungen oder der Beratungen im Haushaltsausschuß auf all diese Fragen konkrete Antworten bekommen könnten.

    (Beifall bei der SPD — Walther [SPD]: Da hoffen wir leider vergebens!)