Rede:
ID1108802300

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Volmer.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/88 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 88. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. Juni 1988 Inhalt: Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde und den Richtlinien für Aktuelle Stunden in der Sitzungswoche ab 5. September 1988 5999 A Erweiterung der Tagesordnung 5999 A Glückwünsche für den ausscheidenden Abg Dr. Wörner 6041 B Tagesordnungspunkt 20: a) Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung: Rückblick auf den Weltwirtschaftsgipfel in Toronto und Ausblick auf den Europäischen Rat in Hannover b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 11. April 1984 zur Änderung des Anhangs zur Satzung der Europäischen Schule (Drucksache 11/3555, 11/1988) c) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Europäischer Rat am 27./28. Juni 1988 in Hannover (Drucksache 11/2327) d) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Schaffung eines europäischen Finanzraums (Drucksachen 11/1656 Nr. 3.3, 11/1707, 11/2575) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Bilanz der deutschen EG-Präsidentschaft und Europäischer Rat am 27./28. Juni 1988 in Hannover Dr. Kohl, Bundeskanzler . . . . 5999D, 6023 A Roth SPD 6004 C Spilker CDU/CSU 6006 B Sellin GRÜNE 6007 C Dr. Haussmann FDP 6009 A Brück SPD 6011 A Kittelmann CDU/CSU 6013 A Volmer GRÜNE 6014 C Irmer FDP 6016 B Dr. Wulff CDU/CSU 6017 D Dr. Vogel SPD 6018C, 6024 C Dr. Schwörer CDU/CSU 6025 B Dr. Wieczorek SPD 6026 C Tagesordnungspunkt 21: a) Beratung der Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Erklärung der Bundesregierung über die Ergebnisse des Europäischen Rates und der Gespräche in Washington zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Erklärung der Bundesregierung über die Ergebnisse des Europäischen Rates und der Gespräche in Washington zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Erklärung der Bundesregierung über die Ergebnisse des Europäischen Rates und der Gespräche in Washington (Drucksachen 11/1869, 11/1870, 11/1886, 11/2332) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Juni 1988 b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Fortsetzung des atomaren Abrüstungsprozesses (Drucksache 11/2438) Dr. Ehmke (Bonn) SPD 6027 A Lamers CDU/CSU 6030 A Frau Beer GRÜNE 6032 B Genscher, Bundesminister AA 6034 B Dr. Scheer SPD 6036 B Lowack CDU/CSU 6038 B Ronneburger FDP 6039 D Zusatztagesordnungspunkt 10: Aktuelle Stunde betr. das neue Ausländergesetz — Zielsetzung und Zeitvorstellung der Bundesregierung Frau Trenz GRÜNE 6041 D Gerster (Mainz) CDU/CSU 6042 D Schröer (Mülheim) SPD 6043 C Dr. Hirsch FDP 6044 D Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 6045 C Wartenberg (Berlin) SPD 6047 A Dr. Olderog CDU/CSU 6048 B Frau Olms GRÜNE 6049 B Dr. Blens CDU/CSU 6049 D Frau Dr. Sonntag-Wolgast SPD 6050 D Lüder FDP 6051 D Duve SPD 6052 C Dr. Kappes CDU/CSU 6053 C Fellner CDU/CSU 6054 C Nächste Sitzung 6055 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 6053* A Anlage 2 Erklärung des Abg. Müller (Wesseling) (CDU/CSU) nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Steuerreformgesetzes (Drucksache 11/2157) 6057* B Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 6053* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Juni 1988 5999 88. Sitzung Bonn, den 24. Juni 1988 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 24. 6. Dr. Ahrens* 24. 6. Dr. Bangemann 24. 6. Frau Beck-Oberdorf 24. 6. Dr. Biedenkopf 24. 6. Bohlsen 24. 6. Dr. Böhme (Unna) 24. 6. Börnsen (Ritterhude) 24. 6. Frau Brahmst-Rock 24. 6. Büchner (Speyer) * 24. 6. Catenhusen 24. 6. Eimer (Fürth) 24. 6. Engelhard 24. 6. Feilcke 24. 6. Dr. Häfele 24. 6. Frau Dr. Hartenstein 24. 6. Dr. Hauff 24. 6. Frau Hoffmann 24. 6. Hoppe 24. 6. Ibrügger 22. 6. Frau Kelly 24. 6. Dr. Klejdzinski 24. 6. Kolb 24. 6. Menzel 24. 6. Dr. Müller * 24. 6. Frau Rust 24. 6. Sauer (Salzgitter) 24. 6. Schartz (Trier) 24. 6. Frau Schilling 24. 6. Schmidt (München) 24. 6. Dr. Schmude 24. 6. Dr. Schneider (Nürnberg) 24. 6. Stahl (Kempen) 24. 6. Verheugen 24. 6. Westphal 24. 6. Frau Wieczorek-Zeul 24. 6. Frau Wollny 24. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Müller (Wesseling) (CDU/CSU) nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Steuerreformgesetzes (Drucksache 11/2157) Bei der heutigen namentlichen Abstimmung zur Flugbenzinsteuer werde ich für die Befreiung von der Anlagen zum Stenographischen Bericht Flugbenzinsteuer stimmen, obwohl ich diese Entscheidung für falsch halte. Diese Entscheidung zerstört in den Augen der Öffentlichkeit die Glaubwürdigkeit der Steuerreform und verletzt das Gerechtigkeitsgefühl vieler Bürger und ist auch sachlich nicht geboten. Lediglich wegen der Gefährdung der Steuerreform und der dann vorliegenden Handlungsunfähigkeit der Koalition und des drohenden Verlustes der Regierungsfähigkeit werde ich meine Zustimmung erteilen. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 10/6192 Drucksache 10/6380 Drucksache 11/201 Drucksache 11/484 Drucksache 11/883 Nr. 5 Drucksache 11/1213 Drucksache 11/1484 Drucksache 11/1546 Innenausschuß Drucksache 11/2350 Nr. 1.1 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 10/6562 Drucksache 10/6796 Drucksache 11/1317 Drucksache 11/1728 Drucksache 11/1733 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/883 Nr. 22 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/1656 Nr. 3.20-3.32 Drucksache 11/2089 Nr. 9-14, 16-26 Drucksache 11/2198 Nr. 2.6-2.8 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/1526 Nr. 3.4 Drucksache 11/2089 Nr. 32 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/1998 Nr. 2.9 Drucksache 11/2089 Nr. 35
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Peter Kittelmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da uns die Sozialdemokraten sehr häufig und sehr gerne mit Zitaten amerikanischer Zeitungen und anderer versehen, darf ich heute in Kontinuität etwas dazu beitragen.
    Die „International Herald Tribune" von gestern sagte zu dem Weltwirtschaftsgipfel, daß das Gipfeltreffen von Toronto allgemein als eines der politisch bedeutendsten der letzten Jahre betrachtet werde.

    (Roth [SPD]: Weil Reagen weg ist!)

    Im Hinblick auf Europa und auf das Auftreten der europäischen Partner bei der Gipfelkonferenz schreibt sie, daß an die Stelle von Pessimismus, der Anfang und Mitte der achtziger Jahre unter den europäischen Geschäftsleuten und Politikern so verbreitet gewesen sei, sowohl Entschlossenheit als auch Optimismus getreten seien; das sei eine der bedeutsamen Veränderungen für die Europäer und ihre Konkurrenten.
    Man muß sich diese Zitate, zumal sie von der „International Herald Tribune" stammen, einmal im Hinblick auf die Einschätzung, wie sie von den Sozialdemokraten immer wieder gegeben wird, vergegenwärtigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion feststellen: Der Wirtschaftsgipfel von Toronto ist ein Stück erfolgreich praktizierter Kooperationspolitik. Im Zeichen des gemeinsamen Engagements für eine funktionsfähige Weltwirtschaft haben die Gipfelteilnehmer die Chance für eine intensive Sachdiskussion genutzt. Herr Bundeskanzler, Ihnen und Ihrer Bundesregierung ist für diesen Erfolg herzlich Dank zu sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Roth [SPD]: Hipp, hipp, hurra!)

    Ermöglicht wurde dieses durch die seit Ende des letzten Jahres verstärkt praktizierte internationale Kooperations- und Koordinationspolitik. Noch Anfang des Jahres wurde als hoffnungsloser Optimist betrachtet, wer die Eigenkräfte der Weltwirtschaft beschwor. Der mittlerweile voll zur Entfaltung gekommene weltwirtschaftliche Aufschwung verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig es ist, Wirtschaftsprognosen kritisch zu beleuchten. Es mag zwar modern sein, Schwarzmalerei bis hin zur Perfektion zu betreiben; im politischen Tagesgeschäft sind jedoch eindeutige Fakten ausschlaggebend. Die letzten Monate und auch Teilbereiche der Rede von Herrn Roth beweisen: Meine Herren von der SPD, Sie sind in dieser Frage einfach nicht mehr lernfähig.
    Festzuhalten ist: Die Rahmenbedingungen für eine weitere weltwirtschaftliche Aufwärtsentwicklung sind und bleiben positiv. Erfolgreiche Inflationsbekämpfung, niedrige Zinsen, Stabilisierung der Devisen- und Finanzmärkte sprechen für sich und für die gute Politik dieser Bundesregierung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Selbstverständlich verschließen wir darüber nicht die Augen und lenken nicht ab von den außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten, von dem zum Teil zunehmenden protektionistischen Druck und der anhaltenden Verschuldungsproblematik. Gerade am Beispiel der Verschuldung zeigt sich, wie ernst die Teilnehmer des Wirtschaftsgipfels ihrer internationalen Verantwortung gerecht geworden sind. Sie haben darauf verzichtet, allgemeine Absichtserklärungen in die Welt zu setzen. Sie haben sich vielmehr entschlossen, dem vielschichtigen Problem mit jeweils abgestuften Maßnahmen zu Leibe zu rücken.
    Wenn der Pariser Club jetzt ein umfangreiches Instrumentarium zur Verfügung gestellt bekommt, verzeichnen wir so einen beachtlichen Fortschritt im Kampf gegen die internationale Verschuldung.
    Meine Damen und Herren, wir wissen: Dies allein kann jedoch nicht genügen, das Problem an der Wurzel zu packen, um die Schuldenspirale zu stoppen. Hier ist die tatkräftige Mitwirkung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank gefordert. Die Chance, daß der IWF und die Weltbank noch stärker in den Kampf gegen die Verschuldung eingebunden werden können, wird sich auch auf der in diesem Jahr in Berlin stattfindenden Jahrestagung bieten.
    Diese Chance müssen wir nutzen und dürfen sie auf keinen Fall durch destruktive Parolen und Bemühungen linker Gruppierungen zunichte machen lassen. Ich bitte, daß die gemeinsame Politik mit den Sozialdemokraten, in dieser Frage im Interesse der Entwicklungsländer für einen erfolgreichen und störungsfreien Ablauf dieser Jahrestagung einzutreten, Erfolg haben wird. Gerade weil die linkslastige Profilierung auf Kosten der ohnehin schon gebeutelten Entwicklungsländer wahrscheinlich verstärkt werden wird, ist meine Aufforderung an die GRÜNEN, sich nicht daran zu beteiligen.

    (Lachen bei den GRÜNEN — Frau Olms [GRÜNE]: Ja, ja!)

    Auf der anderen Seite können wir von den Entwicklungsländern nicht verlangen, daß sie unserem Ruf nach mehr Marktwirtschaft folgen, wenn wir nicht selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Die westlichen Industriestaaten sind deshalb gefordert, ihre alltäglichen Handelsprobleme im Sinne freihändlerischen Engagements zu lösen und anzugehen.
    Wenn sich die Gipfelteilnehmer nun wiederum für einen freien Welthandel ausgesprochen haben, so muß dieser neue politische Impuls in die laufende GATT-Runde einfließen und dort konkret umgesetzt



    Kittelmann
    werden. Besonders die USA sind hier gefordert. Die GATT-Halbzeit-Konferenz im Dezember des Jahres steht vor der Tür. Der politische Wille zum Freihandel muß deshalb jetzt im handelspolitischen Alltag praktiziert werden.
    Es ist Bundeskanzler Kohl zuzustimmen: Dem konzentrierten Bemühen um eine weltweite Liberalisierung steht weder der für 1992 ins Auge gefaßte EG-Binnenmarkt noch die Freihandelszone USA—Kanada entgegen. Diese vergrößern im Gegenteil die jeweilige wirtschaftliche Basis, schaffen dadurch mehr Spielraum für wirtschaftliche Dynamik und tragen so den Aufschwung weiter in die Weltwirtschaft hinein.
    Die Tagung des Europäischen Rats in Hannover unter deutscher Präsidentschaft wird hier weitere Impulse geben.
    Der EG-Binnenmarkt wird — dazu wird mein Kollege Schwörer weiteres ausführen — eine erhebliche Dynamisierung der Wirtschaftskraft mit sich bringen. Die Wirtschaft sieht das erfreulicherweise ebenso, wie jüngste Umfragen bei den europäischen und deutschen Unternehmern bestätigt haben.
    Wenn wir von Europa sprechen, so dürfen wir auch die Ost-West-Wirtschaftsbeziehungen nicht außer acht lassen. Die Reformpolitik des Ostens gibt uns Anlaß zur Hoffnung, die Handelsbeziehungen zwischen Ost und West weiter vertiefen zu können. Das wird jedoch nur dann gelingen, wenn die östliche Seite das Kooperationsinstrumentarium attraktiver ausgestaltet und sich selbst mehr zum Westen hin öffnet. Anders und klarer ausgedrückt: Die östlichen Staaten müssen endlich mehr konkurrenzfähige Produkte anbieten. Dann ist das Ost-West-Handelsgeschäft auch einfacher und erfolgreicher zu führen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wie das kürzlich paraphierte Abkommen zwischen der EG und dem Comecon beweist, werden wir uns diesem positiven Trend nicht verschließen. Allerdings können wir die notwendigen Entscheidungen, die im Osten zu treffen sind, nicht selber übernehmen. Es bleibt deshalb zu hoffen, daß die ständig propagierte Reformpolitik des Ostens auch tatsächlich durchgreift und meßbare Erfolge mit sich bringt.
    Insgesamt gesehen befindet sich die Weltwirtschaft also wieder im Lot. Die heftigen Turbulenzen des Vorjahres scheinen überwunden zu sein. Die deutsche Wirtschaft sah sich und sieht sich vor enormen Herausforderungen und hat diese tatkräftig angenommen.
    Die drei großen Blöcke der Weltwirtschaft EG, USA und Japan beginnen, sich zu echten Säulen einer funktionsfähigen Weltwirtschaft zu entwickeln.
    Diese Erfolge sind ohne die jährlichen Weltwirtschaftsgipfel schwerlich denkbar. Wer allerdings wie die Sozialdemokraten ständig an den Ergebnissen dieser Konferenz zweifelt, der sollte zumindest versuchen — Sie haben ja noch einige Redner — , eine echte Alternative anzubieten. Da die SPD dazu nicht in der Lage ist, kann ihr nur geraten werden, zumindest davon abzusehen, eindeutige Erfolge mit einem selbst gestrickten Trauerrand zu versehen.

    (Beifall hei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Bundeskanzler, Herr Außenminister, nochmals herzlichen Dank für Ihre erfolgreiche Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Volmer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ludger Volmer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der bundesdeutsche Kanzler hat sich einen großartigen Auftritt in Toronto und einen starken Abgang in die Sommerpause verschaffen wollen durch die großspurige Ankündigung, Auslandsschulden der Dritten Welt sollten gestrichen und gleichzeitig die Regenwälder in diesen Ländern geschützt werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Jawohl!)

    Das wären bestimmt bemerkenswerte Worte, wenn sie nicht vom Kanzler kämen;

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Aber von Ihnen, was?!)

    denn was wir von seinen Sprüchen zu halten haben, wissen wir. Klopft man seine Äußerungen genauer ab, dann stellt sich heraus: Nichts als heiße Luft.
    Das sich der Kanzler zu einer solchen Erklärung gezwungen sah, zeigt aber, daß er an den Forderungen der internationalen Opposition nicht mehr vorbeikommt. Er muß sie zumindest in den Mund nehmen.

    (Sellin [GRÜNE]: Aber dabei bleibt es!)

    Es ist ein Erfolg unserer Oppositionsarbeit, daß der Kanzler die internationalen Ökologieprobleme nicht mehr leugnen kann. Es ist unser Erfolg, daß der Kanzler von der Regierungslinie abrücken mußte, Entschuldung nur case by case, im Einzelfall zu gewähren; denn immerhin spricht er jetzt schon von ganzen Ländergruppen. Ein Fortschritt ist das, auch wenn er noch weit entfernt ist von unserer Forderung nach globaler, umfassender Schuldenstreichung.
    Weit entfernt sind seine Worte auch von jeder Realisierung. Dafür gibt es einige Belege. Im Abschlußkommuniqué des Gipfels taucht sein Spruch überhaupt nicht mehr auf. Er war so substanzlos, daß er nicht einmal in diesem dürftigen und unverbindlichen Papier einen Platz fand.
    Die weiterführenden Vorschläge Großbritanniens und Frankreichs hat der Kanzler nicht unterstützt. Großbritannien hat vorgeschlagen, daß den afrikanischen Ländern südlich der Sahara bei Umschuldungen im Pariser Club drei Prozentpunkte Nachlaß auf Zinsen gewährt werden. Wir halten diesen Vorschlag für zu kurz gegriffen. Aber nicht einmal diesen Vorschlag hat der Kanzler unterstützt. Er hat ein klares Nein dazu gesagt.
    Auch als Präsident Mitterrand im Vorfeld von Toronto gefordert hat, ein Drittel aller staatlichen und



    Volmer
    staatlich garantierten Kredite zu erlassen, kam vom Kanzler ein klares Nein.

    (Wissmann [CDU/CSU]: Es ist genau umgekehrt!)

    Der von der Bundesregierung nun groß angekündigte Schuldenerlaß für die Ärmsten ist völlig unzureichend; denn er bezieht sich nur auf die Mittel der Finanziellen Zusammenarbeit, also der offiziellen Entwicklungshilfe. Insgesamt stehen die Drittweltländer mit 30 Milliarden DM bei der Bundesrepublik in der Kreide, was FZ-Mittel angeht. Die knapp 3 Milliarden DM, die nun erlassen werden, machen gerade ein Zehntel dieses Betrages aus. Dieser Erlaß trifft nur für die Länder zu, bei denen überhaupt nichts mehr herauszuquetschen ist. Wo noch Hoffnung auf Rückflüsse besteht, damit der marode Bundeshaushalt nicht noch weiter aus dem Lot gerät, wird weiterhin gepreßt und gequetscht.
    So können wir als Ergebnis dieser mickrigen Schuldenstreichung festhalten, daß sich die Mindereinnahmen für den Bundeshaushalt, wie nun die Kreditanstalt für Wiederaufbau ausrechnete, für 1989 gerade auf 10 Millionen DM belaufen. Dies ist ein geradezu lächerlicher Betrag. Dieser Auffassung ist im übrigen auch der Präsident von Misereor, Herr Prälat Herkenrath, der deutlich gesagt hat: Diese mickrige Schuldenstreichung reicht bei weitem nicht aus.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Wissmann [CDU/CSU]: Und der das als einen Schritt begrüßt hat! — Kittelmann [CDU/CSU]: Halbzitate bringen Sie!)

    Aufgenommen wurde auch nicht die Diskussion um die Streichung der Forderungen aus Hermes-Zahlungen. Die Drittweltländer haben Verbindlichkeiten von 7 Milliarden DM gegenüber der Bundesregierung aus Hermes-Exportgarantien. Diese Problematik wurde von der Bundesregierung überhaupt noch nicht angepackt. Wir fordern, daß auch dieser Teil der Schulden erlassen wird.
    Statt zu wirklich substantiellen Zugeständnissen in der Schuldenfrage zu kommen, begann der Bundeskanzler, über Ökologie und Regenwälder zu philosophieren. Ich sage „philosophieren" , denn präzise Vorschläge kamen von ihm nicht. Dies ist kein Wunder, denn auf dem Hintergrund seiner Wirtschaftsstrategie ist ein wirksamer Umweltschutz überhaupt nicht möglich. Die Bundesregierung deutet einige Schuldenerleichterungen auf monetärer Ebene an. Diese verbindet sie aber immer mit einer Verpflichtung der Drittweltländer, mit einer verstärkten politischen Auflage, ihre Wirtschaft auf den Export zu orientieren. Dies bedeutet Zwangsintegration in den Weltmarkt, dies bedeutet Ausverkauf des Landes, dies bedeutet verstärkte Ausbeutung von Mensch und Natur. Auf einer solchen Grundlage ist eine Ökologiepolitik überhaupt nicht möglich.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ich möchte das am Beispiel der Regenwälder klarmachen. Das Problem eignet sich für den Kanzler zu Propagandazwecken,

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Sie wiederholen sich, Herr Kollege, bei der knappen Redezeit!)

    weil kein Tag vergeht, an dem nicht der bedrohliche Zusammenhang von Abholzung und Klimaveränderung thematisiert wird. Um so mehr muß er sich aber fragen lassen, was er wirklich tut. Zur Zeit läuft eine internationale Kampagne gegen die Vergabe eines zweiten Energiesektorkredits der Weltbank an Brasilien in Höhe von 500 Millionen US-Dollar. Wir fordern, daß die Bundesregierung diesem Kredit nicht zustimmt; denn mit diesem Kredit werden weitere Großstaudämme gebaut, die dazu führen werden, daß weitere Areale des Regenwaldes zerstört werden und daß die einheimische Bevölkerung vertrieben wird. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat auf Protestbriefe sehr leger reagiert und hat nur müde abgewunken. Meines Erachtens läßt sich die Glaubwürdigkeit dieser Regierung, was Ökologiepolitik angeht, schon im August festmachen, wenn über diesen Energiesektorkredit abgestimmt wird.
    Auch die bundesdeutsche Entwicklungshilfe leistet ihren Beitrag zur Zerstörung der Wälder. Mit BMZ-Geldern werden Sägewerke finanziert, damit Wälder abgeholzt und die Bäume exportiert werden können. Hier sehen wir den deutlichen Zusammenhang zwischen Exportzwang und Umweltzerstörung. Dies ist ein nicht zu leugnender Zusammenhang der systematischen Politik dieser Bundesregierung.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Bundesdeutsche Holzfirmen, an der Spitze der BDIChef Stihl, sind an der kommerziellen Abholzung des Tropenwaldes stark beteiligt.

    (Wissmann [CDU/CSU]: Seit wann ist der beim BDI?)

    Malaysia ist das Hauptlieferland. Riesige Flächen in Sabah und Sarawak werden zerstört, die ortsansässige Bevölkerung wehrt sich seit Jahren mit Giftpfeilen gegen Bulldozer. Dies sind die deutschen Wirtschaftsinteressen, und die müssen zurückgedrängt werden.
    Was versteht denn der Kanzler nun konkret unter Umweltschutz? Will er diesem Treiben, das zum Teil nur noch als verbrecherisch bezeichnet werden kann, den Boden entziehen? Wenn er das wollte, müßte er von seiner Politik der Zwangsintegration der Drittweltländer in den Weltmarkt abrücken, wo diesen Ländern der totale Ausverkauf der Umwelt droht.
    Der Kanzler wird sich nicht abhalten lassen, mit seinem angeblichen Umweltengagement hausieren zu gehen. Wir haben jetzt gut zwei Monate Zeit, zu rätseln, mit welcher ökologischen Sprechblase der Kanzler aus dem Sommerloch auftauchen wird. Wir jedenfalls stellen uns auf die Seite der einheimischen Volksgruppen in den Drittweltländern, in den Regenwäldern, die eines ganz gewiß nicht wollen, und das ist die Verzooung ihrer Heimat, die Verzooung durch den Ausbau von Nationalparks, die als Inseln stehen-



    Volmer
    bleiben, während der gesamte Regenwald abgeholzt und durch schnellwachsende marktgängige Produkte wie Eukalyptusbäume usw. ersetzt wird.

    (Sellin [GRÜNE]: Monokulturen!)

    Was die Schuldenfrage angeht, finden wir eine weitere Bestätigung unserer Position. Die bundesdeutsche Sektion des Internationalen Versöhnungsbundes hat in einem Brief an den Bundeskanzler gefordert:
    Wir bitten Sie daher, sich für folgende Vorschläge einzusetzen:
    1. die bedingungslose Streichung aller Forderungen der Bundesrepublik Deutschland an Länder der Dritten Welt aus Entwicklungshilfekrediten und Schadenszahlungen für Hermes-Bürgschaften,
    2. Maßnahmen, die erreichen, daß die bundesdeutschen Großbanken den Ländern der Dritten Welt ihre Schulden bedingungslos erlassen; die dafür nötigen Rückstellungen sind bereits zu einem großen Teil erfolgt.
    Wir teilen diese Position des Internationalen Versöhnungsbundes, und wir werden diese und ähnliche Positionen bei der Kampagne, bezogen auf die Jahrestagung von IWF und Weltbank in Berlin, in den nächsten Wochen sehr, sehr deutlich machen.
    Danke.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Kittelmann [CDU/CSU]: Stören! Krawall machen!)