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    Plenarprotokoll 11/87 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 87. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1988 Inhalt: Verzicht der Abg. Frau Simonis und des Abg. Jansen auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 5829 A Eintritt der Abg. Frau Dr. Sonntag-Wolgast und des Abg. Opel in den Deutschen Bundestag 5829 A Erweiterung der Tagesordnung 5829 B Absetzung des Punktes 3 — Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes — von der Tagesordnung 5829 D Zur Geschäftsordnung Kleinert (Marburg) GRÜNE 5829 D Seiters CDU/CSU 5830 B Tagesordnungspunkt 2: a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1990 (Drucksachen 11/2157, 11/2226, 11/2299, 11/2529, 11/2536, 11/2551) b) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau steuerlicher Härten für die Landwirtschaft (Drucksachen 11/676, 11/2529, 11/2536, 11/2531) c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu dem Antrag des Abgeordneten Sellin und der Fraktion DIE GRÜNEN: Kürzung der Berlin-Förderung und Bildung eines Finanzfonds zur Verbesserung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Situation der Stadt zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Apel, Roth, Dr. Spöri, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Beseitigung steuerlicher Benachteiligungen von kleinen und mittleren Unternehmen (Drucksachen 11/1187 [neu], 11/1335, 11/2529, 11/2536) d) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur steuerlichen Begünstigung von Zuwendungen an unabhängige Wählervereinigungen (Drucksachen 11/1316, 11/2554, 11/2555) e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu dem Antrag der Abgeordneten Müntefering, Conradi, Amling, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Die Wohnungsgemeinnützigkeit erhalten und stärken (Drucksachen 11/1389, 11/2516) Dr. Dregger CDU/CSU 5831 D Dr. Apel SPD 5837 B Gattermann FDP 5842D, 5922 D Hüser GRÜNE 5847C, 5924 A Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 5849 D Poß SPD 5856 B Glos CDU/CSU 5859 C Frau Vennegerts GRÜNE 5863 A Dr. Solms FDP 5865 C Huonker SPD 5868 A Dr. Faltlhauser CDU/CSU 5871 C Sellin GRÜNE 5873 B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1988 Rind FDP 5874 B Dr. Mitzscherling SPD 5877 B Dr. Neuling CDU/CSU 5879 C Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 5881 D Dr. Daniels (Bonn) CDU/CSU 5883 A Dr. Wieczorek SPD 5884 B Dr. Grünewald CDU/CSU 5887 A Reschke SPD 5889 A Doss CDU/CSU 5890 D Kleinert (Marburg) GRÜNE 5892 A Frau Will-Feld CDU/CSU 5892 D Wüppesahl fraktionslos (zur GO) . . . 5894 B Wüppesahl fraktionslos 5895A, 5925 B Kastning SPD 5897 A Jung (Lörrach) CDU/CSU 5898 C Namentliche Abstimmungen in der zweiten Beratung . . . 5900A, B, C, D, 5901A, B, 5902B Ergebnisse . . . 5903B, 5905A, 5907A, 5908D, 5910D, 5912D, 5914C, 5916C Dr. Fell CDU/CSU 5918 C Dr. Struck SPD 5919 C Lowack CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 5926 B Dr. Vondran CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 5926 C Niegel CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 5927 A Rind FDP (Erklärung nach § 31 GO) . . 5927 B Namentliche Abstimmungen in der dritten Beratung 5928B, 5930 D Ergebnisse 5931A, 5941 D Zur Geschäftsordnung Kleinert (Marburg) GRÜNE 5928 C Bohl CDU/CSU 5929 A Jahn (Marburg) SPD 5929 B Seiters CDU/CSU 5930 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Zweite und Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder" (Drucksachen 11/2274, 11/2519, 11/2522) 5932 D Tagesordnungspunkt 4: Beratung der Sammelübersichten 67, 68 und 69 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksachen 11/2435, 11/2509, 11/2510) 5933 B Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung der Sammelübersicht 72 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 11/2544) . . . . 5933 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung der Sammelübersicht 73 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 11/2545) . . . . 5933 B Tagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP: Unterstützung der Reformbemühungen der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (Drucksache 11/2543) 5933 C Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundeskleingartengesetzes (Drucksache 11/200) 5933 D Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung (Drucksache 11/1867) 5933 D Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 26. März 1986 zur Änderung des Übereinkommens vom 4. Juni 1974 zur Verhütung der Meeresverschmutzung vom Lande aus (Drucksache 11/2272) 5933 D Tagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Erklärung vom 11. Dezember 1986 zu dem Übereinkommen vom 3. Dezember 1976 zum Schutze des Rheins gegen Verunreinigung durch Chloride (Drucksache 11/2273) . . . . 5933 D Tagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. Hamm-Brücher, Dr. Biedenkopf, Frau Dr. Hartenstein, Dr. Mechtersheimer und weiterer Abgeordneter: Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hier: §§ 20, 42, 56, 57, 61, 62, 68, 69, 75, 80, 100, 104, 106 a (neu), 122 a, Anlage 4 (Drucksache 11/2206) 5934 A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1988 III Tagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. Hamm-Brücher, Dr. Biedenkopf, Frau Dr. Hartenstein, Dr. Mechtersheimer und weiterer Abgeordneter: Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hier: §§ 28, 35, 106 (Drucksache 11/2207) 5934 B Tagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. Hamm-Brücher, Dr. Biedenkopf, Frau Dr. Hartenstein, Dr. Mechtersheimer und weiterer Abgeordneter: Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hier: §§ 6, 13, 30, 32, 69, 78, 127 (Drucksache 11/2208) 5934 C Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. Hamm-Brücher, Dr. Biedenkopf, Frau Dr. Hartenstein, Dr. Mechtersheimer und weiterer Abgeordneter: Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hier: Umstellung der Kapitel I bis V und Änderung der Kapitel VI und VIII (Drucksache 11/2209) 5934 D Tagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrags der Abgeordneten Adler, Jansen, Kißlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rechtsverordnung für den Transport von Tieren (Drucksache 11/2441) 5935 A Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dreßler, Frau Fuchs (Köln), Egert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Reform des Gesundheitswesens (Drucksache 11/2500) 5935A Tagesordnungspunkt 15: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Verteidigungsausschusses zu der Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten: Jahresbericht 1987 (Drucksachen 11/2034, 11/2528) Weiskirch, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages 5935 B Dr. Jenninger, Präsident des Deutschen Bundestages 5937 A Dr. Scholz, Bundesminister BMVg 5937D, 5950B Heistermann SPD 5938 C Breuer CDU/CSU 5943 C Dr. Mechtersheimer GRÜNE 5946 B Nolting FDP 5948 B Kolbow SPD 5951 A Tagesordnungspunkt 16: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes (Drucksachen 11/2420, 11/2517, 11/2518) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu dem Antrag des Abgeordneten Stratmann und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verzicht auf Diätenerhöhung — statt dessen Förderung von Arbeitsloseninitiativen (Drucksachen 11/2439, 11/2517) Becker (Nienberge) SPD 5954 C Dr. Lammert CDU/CSU 5955 A Stratmann GRÜNE 5955 D Beckmann FDP 5956 D Zusatztagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (Drucksachen 11/2357, 11/2556) Dr. Hoffacker CDU/CSU 5958B Jaunich SPD 5959 A Frau Würfel FDP 5960 B Frau Wilms-Kegel GRÜNE 5961 B Pfeifer, Parl. Staatssekretär BMJFFG . . 5962 A Tagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Blunck, Dr. Hauff, Schäfer (Offenburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Eckpunkte für die Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes (Drucksache 11/1447) in, Verbindung mit IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1988 Zusatztagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrags der Abgeordneten Brauer, Dr. Daniels (Regensburg), Frau Flinner und der Fraktion DIE GRÜNEN: Klare ökologische Schwerpunktsetzung im Bundesnaturschutzgesetz (Drucksache 11/2523) Frau Blunck SPD 5963 B Eylmann CDU/CSU 5964 A Brauer GRÜNE 5965 B Baum FDP 5966 A Gröbl, Parl. Staatssekretär BMU 5967 A Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Daniels (Regensburg), Stratmann, Frau Teubner und der Fraktion DIE GRÜNEN: Einführung eines einheitlichen linearen zeitvariablen Tarifs für alle Verbrauchergruppen und Stromanwendungsgebiete (Drucksache 11/2079) Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . . 5968 A Magin CDU/CSU 5968 D Jung (Düsseldorf) SPD 5970 A Beckmann FDP 5970 D Dr. Riedl, Parl. Staatssekretär BMWi . . 5971D Tagesordnungspunkt 19: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten und zur Sicherung der MontanMitbestimmung (Drucksache 11/2503) Scharrenbroich CDU/CSU 5972 D Dreßler SPD 5975 D Cronenberg (Arnsberg) FDP 5977 D Stratmann GRÜNE 5980 D Dr. Warrikoff CDU/CSU 5982 D Peter (Kassel) SPD 5985 A Dr. Blüm, Bundesminister BMA 5987 A Urbaniak SPD 5990 A Nächste Sitzung 5991 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5993* A Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Steuerreformgesetzes (Drucksache 11/2157) (Abg. Bauer, Dr. Blank, Bohlsen, Bühler [Bruchsal], Carstensen [Nordstrand], Ehrbar, Fuchtel, Funk [Gutenzell], Ganz [St. Wendel], Hauser [Krefeld], Hinsken, Jung [Limburg], Dr.-Ing. Kansy, Dr. Kappes, Kossendey, Kroll-Schlüter, Frau Limbach, Dr. Daniels [Bonn], Link [Diepholz], Louven, Sauer [Stuttgart], Haungs, Börnsen [Bönstrup], Marschewski, Müller [Wadern], Pfeffermann, Scharrenbroich, Schemken, von Schmude, Schreiber, Dr. Schroeder [Freiburg], Schulhoff, Dr. Todenhöfer, Dr. Uelhoff, Dr. Voigt [Northeim], Würzbach [alle CDU/CSU] und Abg. Frau Dr. Hamm-Brücher, Baum, Irmer, Dr. Hirsch, Frau Würfel und Lüder [alle FDP]) 5993* B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1988 5829 87. Sitzung Bonn, den 23. Juni 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Biedenkopf 24. 6. Bohlsen 24. 6. Dr. Böhme (Unna) 24. 6. Frau Brahmst-Rock 24. 6. Büchner (Speyer)* 24. 6. Catenhusen 24. 6. Eimer (Fürth) 24. 6. Engelhard 24. 6. Feilcke 24. 6. Frau Dr. Hartenstein 24. 6. Dr. Hauff 24. 6. Hedrich 23. 6. Frau Kelly 24. 6. Dr. Klejdzinski 24. 6. Menzel 24. 6. Meyer 23. 6. Dr. Müller ' 24. 6. Sauer (Salzgitter) 24. 6. Frau Schilling 24. 6. Stahl (Kempen) 24. 6. Verheugen 24. 6. Wilz 23. 6. Frau Wollny 24. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Steuerreformgesetzes (Drucksache 11/2157) Abgeordneter Bauer (CDU/CSU): In der heutigen namentlichen Abstimmung werde ich für die Befreiung von der Flugbenzinsteuer stimmen, obwohl ich diese Entscheidung für falsch halte. Diese Entscheidung zerstört in den Augen der Öffentlichkeit die Glaubwürdigkeit der Steuerreform und ist sachlich nicht geboten. Lediglich wegen der Gefährdung der Steuerreform und der dann vorliegenden Handlungsunfähigkeit der Koalition und des drohenden Verlustes der Regierungsfähigkeit werde ich meine Zustimmung erteilen. Abgeordneter Dr. Blanck (CDU/CSU): Ich stimme der Steuerbefreiung von Flugbenzin in der namentlichen Abstimmung nur deshalb zu, damit Anlagen zum Stenographischen Bericht das gesamte Steuerreformgesetz nicht scheitert, sondern in Kraft treten kann. Eine einzelne Frage, in der Öffentlichkeit zu Recht kritisch diskutiert, darf die in ihrer Gesamtheit notwendige und richtige Steuerreform nicht gefährden. Die Koalition aus CDU/CSU und FDP, zu der es keine Alternative gibt, darf nicht durch diese wenn auch noch so kritisch zu beurteilende Einzelentscheidung in Frage gestellt werden. Abgeordneter Bohlsen (CDU/CSU): In der am 23. 6. 1988 stattfindenden namentlichen Abstimmung werde ich trotz erheblicher Bedenken für die Steuerbefreiung von Flugbenzin stimmen, obwohl ich diese Entscheidung für falsch halte. Wenn eine steuerliche Vergünstigung für die Sportflieger geschieht, hätten auch die Sportbootfahrer einbezogen werden müssen. Mit Rücksicht auf die erhebliche Zunahme im Luftverkehr halte ich eine vollständige Besteuerung des innerdeutschen Flugverkehrs, der gegenwärtig zu 96 % freigestellt ist, für verkehrspolitisch sinnvoller. Leider sind die bisherigen Versuche auf europäischer Ebene gescheitert. Meine Zustimmung erteilte ich nur, um die Steuerreform nicht als Ganzes zu gefährden. Ein Scheitern der Steuerreform, die ich unter vielen Gesichtspunkten für erforderlich halte, könnte die Handlungsunfähigkeit der Koalition bedeuten. Abgeordneter Bühler (Bruchsal) (CDU/CSU): Ich habe in der heutigen namentlichen Abstimmung für die Befreiung von der Flugbenzinsteuer gestimmt, obwohl ich die Entscheidung für falsch halte. Hierdurch wird die Glaubwürdigkeit des gesamten Steuerreformpakets in den Augen der Öffentlichkeit in Frage gestellt. Es hätte andere, gerechtere und für den Bürger einsichtige Möglichkeiten gegeben, dieses steuerrechtliche Randproblem zu lösen. Meine Zustimmung in der namentlichen Abstimmung zur Abschaffung der Besteuerung von Flugbenzin für Privatflieger ist einzig und allein darin begründet, daß ich die endgültige Verabschiedung der gesamten Steuerreform mit ihren ansonsten positiven Auswirkungen und damit die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung bzw. die dieser zugrunde liegenden Mehrheitsverhältnisse im Bundestag nicht gefährden möchte. Abgeordneter Carstensen (Nordstrand) (CDU/CSU): Die Steuerbefreiung für Flugbenzin bei privater Nutzung stößt bei mir auf erhebliche Vorbehalte. Ich halte sie für einen politischen Mißgriff bei dem insgesamt positiven Vorhaben der Steuerreform. Dennoch werde ich trotz meiner Bedenken heute zustimmen, um dem Gesamtwerk der Steuerreform mit seiner von mir unterstützten steuer- und finanzpo- 5994' Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1988 litischen Weichenstellung keine weiteren Hindernisse in den Weg zu legen. Abgeordneter Ehrbahr (CDU/CSU): Die Steuerbefreiung für Flugbenzin bei privater Nutzung halte ich für einen gravierenden politischen Fehler. Da ich jedoch die Steuerreform mit ihrer entlastenden Wirkung insbesondere im unteren Einkommensbereich und bei Familien mit Kindern in ihrer Realisierung nicht gefährden will, habe ich mit „Enthaltung" gestimmt. Abgeordneter Fuchtel (CDU/CSU): Ich stimme für die Steuerreform inklusive der Restbefreiung von der Flugbenzinsteuer. Das Gesamtwerk der bisher größten Steuerreform darf nicht wegen eines Teilaspekts gefährdet und die gefundene Kompromißlinie nicht mit unsicherer inhaltlicher und zeitlicher Perspektive wieder in Frage gestellt werden. In der Sache hätte ich mir eine differenzierte Behandlung von geschäftlichem Reise-Flugverkehr und Hobby-Flugverkehr gewünscht und halte deswegen das Gesetz in diesem Punkt für sachlich unrichtig, was aber nicht dazu führen kann, daß durch entsprechende Abstimmungen die Handlungsfähigkeit der Koalition aufs Spiel gesetzt wird. Abgeordneter Funk (Gutenzell) (CDU/CSU): Die Steuerbefreiung für Flugbenzin bei privater Nutzung stößt bei mir auf erhebliche Vorbehalte. Ich halte sie für einen politischen Mißgriff bei dem insgesamt positiven Vorhaben der Steuerreform. Dennoch werde ich trotz meiner Bedenken heute zustimmen, um dem Gesamtwerk der Steuerreform mit seiner von mir unterstützten steuer- und finanzpolitischen Weichenstellung keine weiteren Hindernisse in den Weg zu legen. Abgeordneter Ganz (St. Wendel) (CDU/CSU): Ich halte die in Artikel 24 des Steuerreformgesetzes 1990 vorgesehene Änderung des Mineralölsteuergesetzes für nicht vertretbar. Ich habe bei der namentlichen Abstimmung nur deshalb für die Beibehaltung des Artikel 24 votiert, weil ich das Gesamtvorhaben Steuerreform nicht in Gefahr bringen wollte. Abgeordneter Hauser (Krefeld) (CDU/CSU): Um das Gesamtvorhaben der Steuerreform mit seiner Wirkung der Entlastung kinderreicher Familien und niedriger und mittlerer Einkommen nicht zu gefährden, habe ich meine ursprüngliche Absicht, bei der Steuerbefreiung für Flugbenzin mit Nein zu stimmen, aufgegeben und stimme zu. Abgeordneter Hinsken (CDU/CSU): Obwohl ich mit der Streichung der Investitionszulage nicht einverstanden bin, werde ich, um das Steuergesamtpaket, das ich insgesamt gesehen für gut finde, nicht zu gefährden, für die Regierungsvorlage stimmen. Abgeordneter Jung (Limburg) (CDU/CSU): Ich werde in der heutigen namentlichen Abstimmung für die Befreiung von der Flugbenzinsteuer stimmen, obwohl ich diese Entscheidung für falsch halte. Sie zerstört in den Augen der Öffentlichkeit die Glaubwürdigkeit der Steuerreform und ist sachlich nicht geboten. Die in der Tat vorliegende steuerliche Ungleichbehandlung hätte anders beseitigt werden müssen. Nämlich mit der vollständigen Besteuerung des innerdeutschen Flugverkehrs, der momentan zu 96 % freigestellt ist. Lediglich wegen der Gefährdung der Steuerreform und der dann vorliegenden Handlungsunfähigkeit der Koalition und des drohenden Verlustes der Regierungsfähigkeit werde ich meine Zustimmung erteilen. Abgeordneter Dr.-Ing. Kansy (CDU/CSU): Zum Änderungsantrag der SPD-Fraktion bei der zweiten Lesung des Steuerreformgesetzes 1990, Flugbenzin für Geschäfts- und Sportflieger entgegen dem Beschluß des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages der Besteuerung zu unterziehen, erkläre ich: Ich halte die Entscheidung des Finanzausschusses für sachlich und politisch falsch. Da bei der Geschäftslage des Deutschen Bundestages die Annahme des SPD-Antrages — von der SPD auch so gewollt — nicht nur die Besteuerung des Flugbenzins, sondern auch das Scheitern der Verabschiedung der Steuerreform vor der Sommerpause und vielleicht sogar eine Krise der Koalition bedeuten würde, habe ich den SPD-Antrag abgelehnt. Die Verabschiedung dieser Reform und die Handlungsfähigkeit der Koalition hat nach ernsthafter Abwägung Vorrang vor der Durchsetzung der Besteuerung des Flugbenzins durch wechselnde Mehrheiten im Plenum. Abgeordneter Dr. Kappes (CDU/CSU): Zu meinem Abstimmungsverhalten in der Frage der Mineralölsteuerbefreiung zugunsten der Privat- und Sportflieger — Artikel 24 des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1990 — erkläre ich: Grundsätzlich bin ich der Auffassung, daß es in unserem Staat keine unterschiedliche Besteuerung desselben Verbrauchsgutes je nach Verwendungsabsicht des Käufers geben sollte. Dies muß auch für den Kauf von Flugbenzin gelten. Entweder sollen alle Flieger oder aber keiner Mineralölsteuer bezahlen. Ich selbst trete aus sozial-, steuer-, verkehrs-, energie- und umweltpolitischen Gründen dafür ein, daß in Zukunft alle, d. h. sowohl die großen Fluggesellschaften als auch die kleinen Lufttaxiunternehmen, der Werkflugverkehr und die Sportflieger in gleicher Weise zur Mineralölsteuer herangezogen werden. Meiner Meinung nach lassen sich die hier bestehenden Schwierigkeiten — insbesondere im Zusammenhang mit internationalen Abkommen — bei gutem Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1988 5995 Willen ausräumen. Hierfür werde ich mich energisch einsetzen. Im Hinblick auf die unerwartet — vor allem wegen des Dollarverfalls und der Finanzsituation der Europäischen Gemeinschaft — bereits jetzt erforderlich gewordene Mineralölsteuererhöhung für Kraftfahrzeugbenzin hätte ich es für richtig gehalten, zunächst auf die grundsätzlich gebotene Änderung der bisher ungleichen Besteuerung des Flugbenzins bis zu einer möglichst baldigen Vereinheitlichung zu verzichten. Leider war dies nicht möglich. Insoweit habe ich volles Verständnis für die Verärgerung vieler Bürgerinnen und Bürger in meinem Wahlkreis. Dennoch kann ich heute einer Streichung von Artikel 24 des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1990 — Flugbenzinregelung — nicht zustimmen, weil dies in der jetzigen Beratungsphase offenkundig das Scheitern des gesamten, außerordentlich wichtigen und im wesentlichen gelungenen Reformvorhabens bedeuten und damit die Weiterarbeit der Regierungskoalition gefährden würde. So weitreichende Folgen sind aus meiner Sicht nicht zu verantworten. Abgeordneter Kossendey (CDU/CSU): In der heutigen namentlichen Abstimmung zum Thema Befreiung von der Flugbenzinsteuer habe ich für diese Befreiung gestimmt, obwohl ich diese Entscheidung für sachlich ungerechtfertigt und politisch unklug halte. Diese Regelung bringt die Glaubwürdigkeit des gesamten Steuerreformpaketes in den Augen der Öffentlichkeit in Mißkredit. Meines Erachtens hätte es gerechtere und für den Bürger einsichtigere Möglichkeiten gegeben, dieses steuerrechtliche Randproblem zu lösen. Dabei wäre meiner Meinung nach einer generellen Besteuerung des Flugbenzins aus ökologischen wie auch aus Gründen der Gerechtigkeit der Vorzug zu geben gewesen, zumindest soweit es den innerdeutschen Flugbetrieb betrifft. Meine Zustimmung in einer namentlichen Abstimmung kann ich nur damit begründen, daß ich die ansonsten positive Wirkung der Steuerreform nicht gefährden und gleichzeitig die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung aufrechterhalten wollte. Abgeordneter Kroll-Schlüter (CDU/CSU): Die Steuerbefreiung für Flugbenzin bei privater Nutzung stößt bei mir auf erhebliche Vorbehalte. Ich halte sie für einen politischen Mißgriff bei dem insgesamt positiven Vorhaben der Steuerreform. Dennoch werde ich trotz meiner Bedenken heute zustimmen, um dem Gesamtwerk der Steuerreform mit seiner von mir unterstützten steuer- und finanzpolitischen Weichenstellung keine weiteren Hindernisse in den Weg zu legen. Abgeordnete Frau Limbach und Abgeordneter Dr. Daniels (Bonn) (beide CDU/CSU): Mein Verhalten in der heutigen Abstimmung richtet sich nach meiner Überzeugung, daß die Steuerreform richtig und notwendig ist. Ich kann es nicht verantworten, mit einer Einzelentscheidung die Steuerreform insgesamt zu gefährden mit der sich daraus möglicherweise ergebenden Einschränkung der Handlungsfähigkeit der Koalition und der Regierungsfähigkeit. Deshalb werde ich in der namentlichen Abstimmung für die Befreiung von der Flugbenzinsteuer stimmen, obwohl ich diese weder für sachlich geboten noch für politisch sinnvoll halte. Abgeordneter Link (Diepholz) (CDU/CSU): In der heutigen namentlichen Abstimmung zum Thema Befreiung von der Flugbenzinsteuer habe ich für diese Befreiung gestimmt, obwohl ich diese Entscheidung für sachlich ungerechtfertigt und politisch unklug halte. Diese Regelung bringt die Glaubwürdigkeit des gesamten Steuerreformpaketes in den Augen der Öffentlichkeit in Mißkredit. Meines Erachtens hätte es gerechtere und für den Bürger einsichtigere Möglichkeiten gegeben, dieses steuerrechtliche Randproblem zu lösen. Dabei wäre meiner Meinung nach einer generellen Besteuerung des Flugbenzins aus ökologischen wie auch aus Gründen der Gerechtigkeit der Vorzug zu geben gewesen, zumindest soweit es den innerdeutschen Flugbetrieb betrifft. Meine Zustimmung in einer namentlichen Abstimmung kann ich nur damit begründen, daß ich die ansonsten positive Wirkung der Steuerreform nicht gefährden und gleichzeitig die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung aufrechterhalten wollte. Abgeordnete Louven, Sauer (Stuttgart), Haungs und Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Um das Gesamtvorhaben der Steuerreform nicht zu gefährden, habe ich meine ursprüngliche Absicht, bei der Steuerbefreiung für Flugbenzin mit Nein zu stimmen, aufgegeben und mich der Stimme enthalten. Abgeordneter Marschewski (CDU/CSU): Ich habe bei der namentlichen Abstimmung nur deshalb für die Beibehaltung des Art. 24 votiert, weil ich das Gesamtvorhaben Steuerreform nicht in Gefahr bringen wollte. Ich halte die in Art. 24 des Steuerreformgesetzes 1990 vorgesehene Änderung des Mineralölsteuergesetzes in keiner Hinsicht für vertretbar. Abgeordneter Müller (Wadern) (CDU/CSU): Nach reiflicher Überlegung habe ich entschieden, bei der Abstimmung über die Frage Befreiung der Besteuerung von Flugbenzin der Bundesregierung nicht zuzustimmen. Die sachlichen Argumente zur Aufhebung dieser Steuer überzeugen mich nicht. Meine Fraktionsführung hat gebeten, aus übergeordneten Gründen dieser Vorlage zuzustimmen, und im Falle der Nichtannahme Konsequenzen für die Steuerreform insgesamt vorausgesagt. Auch diese Argumente vermag ich nicht zu teilen. 5996* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1988 Da ich als Abgeordneter einer strukturschwachen Region ständig der Unterstützung der Bundesregierung und meiner Fraktion für diese Region bedarf und ich den Erfolg der Opposition nicht will, habe ich mich bei dieser Vorlage der Stimme enthalten. Abgeordneter Pfeffermann (CDU/CSU): Nach § 31 (2) der Geschäftsordnung erkläre ich hiermit, daß ich an der namentlichen Abstimmung über Artikel 24 nicht teilnehme. Abgeordneter Scharrenbroich (CDU/CSU): Die heute zu verabschiedende Steuerreform ist Ergebnis einer Koalitionsvereinbarung. Die Diskussion der letzten Tage hat deutlich gemacht, daß die Steuerreform nur rechtzeitig verabschiedet werden kann, wenn gleichzeitig auch die Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten erfüllt wird, die Steuer auf Flugbenzin abzuschaffen. Um die Koalitionsvereinbarung nicht zu gefährden, sehe ich mich verpflichtet, der Abschaffung der Flugbenzinsteuer zuzustimmen. Zu dieser Haltung sehe ich mich veranlaßt, um die Steuerreform mit ihren großen Entlastungen für kinderreiche Familien und Arbeitnehmer sowie mit ihrer bedeutsamen beschäftigungspolitischen Wirkung nicht zu gefährden. Abgeordneter Schemken (CDU/CSU): Um die Steuerreform nicht zu gefährden, stimme ich in der namentlichen Abstimmung gegen den SPDAntrag (Drucksache 11/2560), obwohl ich die Mineralölsteuerbefreiung für Flugbenzin für nicht gerechtfertigt halte. Mir ist dabei klar, daß in der öffentlichen Wirkung der Eindruck einer sozialen Unausgewogenheit nicht zu vermeiden ist. Das größere Ziel des Steuerreformwerkes mit seinen entscheidenden Entlastungen, aber insbesondere die notwendige Unterstützung bei der zukünftigen Aufgabenbewältigung dieser Koalition haben für mich Vorrang. Abgeordneter von Schmude (CDU/CSU): Mit der Abschaffung der Flugbenzinsteuer kann ich mich nicht einverstanden erklären. Die sachlichen Argumente zur Aufhebung dieser Steuer überzeugen mich nicht. Nur auf Grund der zweimal getroffenen Mehrheitsentscheidungen meiner Fraktion stimme ich aus Gründen der Fraktionssolidarität und um die Steuerreform nicht zu gefährden, den geplanten Maßnahmen zu. Abgeordneter Schreiber (CDU/CSU): Die heute zu verabschiedende Steuerreform ist Ergebnis einer Koalitionsvereinbarung. Ich habe bis in die letzte Stunde der Verabschiedung dieser Steuerreform beabsichtigt, wegen der Abschaffung der Flugbenzinsteuer, diesem Punkt der Steuerreform nicht zuzustimmen. Ich halte nach wie vor die Abschaffung der Flugbenzinsteuer für eine Provokation der Bürger unseres Landes. Auf der anderen Seite ist mir klar geworden, daß die Steuerreform nur rechtzeitig verabschiedet werden kann, wenn die Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten erfüllt wird, die Steuer auf Flugbenzin abzuschaffen. Nachdem die Steuerreform große Entlastungen für kinderreiche Familien und Arbeitnehmer mit sich bringen wird, möchte ich diese wichtige Entscheidung nicht gefährden. Deshalb sehe ich mich gezwungen, um das Gesamtpaket nicht zu gefährden, mich der Stimme zu enthalten. Zu einer Zustimmung zu diesem Punkt der Steuerreform (Abschaffung der Flugbenzinsteuer) kann ich mich nicht durchringen. Abgeordneter Dr. Schröder (Freiburg) (CDU/CSU): Mit der ersatzlosen Aufhebung der Mineralölsteuer auf Flugbenzin kann ich mich nicht einverstanden erklären. Die Argumente zur Abschaffung dieser Flugbenzinsteuer können mich — zumindest soweit hier auch die Befreiung der Hobbyflieger eingeschlossen ist — nicht überzeugen. Meine Fraktion hat zweimal mit Mehrheit für eine generelle Flugbenzinbefreiung gestimmt. Für den Fall eines Scheiterns der Flugbenzinbefreiung in der Schlußabstimmung im Plenum des Deutschen Bundestages wurden von der Fraktionsführung ein allgemeines Scheitern der gesamten Steuerreform und schwerwiegende Konsequenzen für die Koalition vorgetragen. Da ich solche weitergehenden Konsequenzen nicht verantworten kann, stimme ich den geplanten Maßnahmen zu. Abgeordneter Schulhoff (CDU/CSU): Obwohl ich der Steuerbefreiung von Flugbenzin für Privatflieger aus verkehrspolitischen, ökologischen und gesellschaftspolitischen Gründen ablehnend gegenüberstehe, werde ich dem zustimmen, um nicht die Steuerreform insgesamt zu gefährden. Diese Steuerreform ist auf Grund der unerträglichen Steuerbelastung breitester Bevölkerungsschichten nicht nur geboten, sondern sogar überfällig. Der gesenkte, linear progressive Tarif ist so wichtig, daß ich einer unverzüglichen Verabschiedung des Steuerreformgesetzes nicht im Wege stehen kann. Abgeordneter Dr. Todenhöfer (CDU/CSU): Ich kann dem Steuerreformgesetz aus zahlreichen Gründen nur als Gesamtpaket zustimmen und dies auch nur mit erheblichen Vorbehalten. Mein stärkster Vorbehalt betrifft die Besteuerung der Zuschläge für Schichtarbeit. Der jetzt zur Abstimmung anstehende Kompromiß über die Besteuerung der Schichtzuschläge ist für Schichtarbeiter und Schichtarbeiterinnen nicht akzeptabel. Durch ihn wird den besonderen Belastungen der Nachtarbeit und der Arbeit an Sonn- und Feiertagen in den unterschiedlichsten Berufen nicht ausreichend Rechnung getragen. Auch vor dem Hintergrund der Probleme des Industriestandorts Bundesrepublik Deutschland und der Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1988 5997' Notwendigkeit, die teuren Produktionsanlagen unseres Landes verstärkt auszulasten, hätte der Gesetzgeber dafür sorgen müssen, daß die Arbeit während der besonders belastenden Nacht- und Wochenendzeiten besonders attraktiv gestaltet wird. Der jetzige Kompromiß wird diesen Forderungen nicht gerecht und kann nicht als sozial bezeichnet werden. Ich lehne ihn daher ab. Abgeordneter Dr. Uelhoff (CDU/CSU): Die Steuerreform ist zur Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen ebenso wichtig wie für die Verbesserung des Eigenkapitals der Unternehmungen. Deshalb ist diese Reform notwendig, und sie darf nicht — wie von der Opposition beabsichtigt — durch eine Einzelentscheidung zur Steuerbefreiung von Flugbenzin gefährdet werden. Ich kann bei einem Entlastungsvolumen von ca. 50 Milliarden DM eine Subvention von ca. 25 Millionen DM nicht zur Grundlage meiner Entscheidung machen. Um die gesamte Steuerreform nicht zu gefährden, werde ich deshalb in der namentlichen Abstimmung der Steuerbefreiung beim Flugbenzin als Teilstück eines Kompromisses zustimmen, obwohl ich diese Einzelentscheidung weder für sachlich geboten noch für politisch sinnvoll halte. Abgeordneter Dr. Voigt (Northeim) (CDU/CSU): Ich stimme der Steuerbefreiung von Flugbenzin in der namentlichen Abstimmung nur deshalb zu, damit das gesamte Steuerreformgesetz nicht scheitert, sondern in Kraft treten kann. Eine einzelne Frage, in der Öffentlichkeit zu Recht kritisch diskutiert, darf die in ihrer Gesamtheit notwendige und richtige Steuerreform nicht gefährden. Die Koalition aus CDU/CSU und FDP, zu der es keine Alternative gibt, darf nicht durch diese wenn auch noch so kritisch zu beurteilende Einzelentscheidung in Frage gestellt werden. Abgeordneter Würzbach (CDU/CSU): Die jetzt geplante Steuerbefreiung für Flugbenzin bei privater Nutzung stößt wegen der gleichzeitig notwendig werdenden Steuererhöhung für Benzin, von der die Kraftfahrer betroffen sein werden, bei mir auf erhebliche Vorbehalte. Ich halte sie in der jetzigen Zeit — bei allem Verständnis für den sachlich gebotenen und überfälligen Regelungsbedarf in der Sache selbst — vor dem Hintergrund auch anderer vielfältiger anspruchsvoller gesetzlicher Reformvorhaben für eine politische Maßnahme, die das positive Vorhaben der Steuerreform in der politischen Umsetzung gleichermaßen unnötig wie schädlich belastet. Ich bedaure, daß die politisch parlamentarische Beratungsform so beschlossen wurde, daß keine Möglichkeit besteht, diesen Einzelpunkt abzulehnen und gleichzeitig das Gesetzesvorhaben insgesamt zu fördern. So werde ich trotz meiner Bedenken heute zustimmen, um das Gesamtwerk der Steuerreform mit seinen insgesamt positiven Auswirkungen zu unterstützen. Abgeordnete Frau Dr. Hamm-Brücher, Baum, Irmer, Dr. Hirsch, Frau Würfel und Lüder (alle FDP): Die Unterzeichner dieser persönlichen Erklärung sehen sich nach reiflicher Überlegung und gewissenhafter Güterabwägung aus folgenden Gründen außerstande, einer Steuerbefreiung für Benzin der Privatflieger zuzustimmen: — In einer Zeit wachsender Verschuldung der öffentlichen Haushalte, — in einer Zeit, in der Verbrauchsteuern, insbesondere für Benzin, drastisch erhöht und von den meisten Bürgern zusätzliche finanzielle Leistungen abverlangt werden müssen, sollte eine kleine Gruppe in unserer Bevölkerung nicht ungerechtfertigt privilegiert werden. Diese grundsätzlichen Einwände wiegen für uns stärker als alle vermeintlichen Sach- und Terminzwänge, die ein neuerliches Überdenken der Entscheidung und ihrer voraussehbaren Folgewirkungen angeblich nicht mehr möglich machen. Dem Gesamtpaket der Steuerreform werden wir aus übergeordneten Gründen zustimmen. Plenarprotokoll 11/87 (Berichtigung) Berichtigungen zum Stenographischen Bericht 87. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1988 Seite 5974 D achte Zeile von unten: Statt „1985" ist „1975" zu lesen. Seite 5994 B, vorletzte Erklärung: Statt „Abgeordneter Hauser (Krefeld) (CDU/CSU)" ist „Abgeordneter Hauser (Esslingen) (CDU/CSU) " zu lesen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Peter Sellin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Finanzierung der Steuerreform vergreift sich die Bundesregierung an Subventionen zugunsten der Regionalförderung. Massenarbeitslosigkeit, Zusammenbruch der Beschäftigungsstruktur in ganzen Städten und Regionen veranlassen nicht etwa den ökologisch und sozial orientierten Ausbau der regionalen Wirtschaftsförderung, sondern die Kürzung aller Bundesmittel um ca. 500 Millionen DM.
    Die fiskalpolitische Kürzung zur Finanzierung der Steuerreform lehnen wir ab. Dies bedeutet jedoch nicht, daß wir das Instrument der allgemeinen Investitionszulage nach dem Anspruchsprinzip verteidigen wollen. Unsere Kritik teilen wir mit der Industrie- und Handelskammer Bielefeld, die wir am 20. Mai im Finanzausschuß gehört haben.
    Erstens. Die fortdauernde Förderung mit Hilfe der Investitionszulage hat einen konservierenden Effekt und erhält tradierte Strukturen.
    Zweitens. Die geförderten Investitionen wären in den meisten Fällen auch ohne die Regionalhilfen erfolgt; also: Mitnahmeeffekte!
    Drittens. Von einer Investitionszulage haben überwiegend größere Unternehmen profitiert. Die Statistik zeigt für das Jahr 1986, daß von 1 849 geförderten Vorhaben, die mit der Investitionszulage subventioniert wurden, zwar nur fünf Unternehmen mit einem
    Umsatz von mehr als 100 Millionen DM waren; aber diese fünf Unternehmen beanspruchten mit rund 7 Milliarden DM 55 % des gesamten Investitionsvolumens, wobei ein Fall allein 6,4 Milliarden DM ausmachte. Mit anderen Worten, die allgemeine Investitionszulage ist nicht auf kleine und mittlere Unternehmen zugeschnitten. Daher wundert es auch nicht, daß die Bundesregierung für das Mammutprojekt der Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf Vorsorge getroffen hat, indem sie die Streichung des Investitionszulagengesetzes mit Fristen versehen hat und bereits begonnene Investitionen mit Subventionsmitteln weiter bedient.

    (Dr. Knabe [GRÜNE]: Genau das!)

    Die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf und das BMW-Werk Regensburg kommen als Großinvestitionen von Konzernen in riesigem Ausmaß in den Genuß der Investitionszulage. Dies ist die Bankrotterklärung der regionalen Wirtschaftspolitik gegenüber der Atomindustrie und der Automobilindustrie.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Strauß kassiert nicht nur beim Flugbenzin, sondern auch für in Bayern gesponserte Industriekonzerne, die an sich aus alleiniger Kraft investieren müßten. Steuerpolitik ist harte Industriepolitik, nichts anderes.
    Die GRÜNEN sind der Auffassung, daß der Strukturwandel in Regionen mit Subventionen der regionalen Wirtschaftsförderung auf kleinere und mittlere Unternehmen zugeschnitten werden muß, die einen aktiven Beitrag zur Verbesserung der ökologischen und sozialen Lage der jeweiligen Region leisten können. Die dezentrale Vergabe der Mittel durch die Länder und Regionen kann gewährleisten, daß umwelt- und arbeitsmarktpolitische Effekte am ehesten günstig miteinander kombiniert werden können. Die GRÜNEN sind der Auffassung, daß Investitionen gefördert werden sollten, die primärenergiesparend, emissionsmindernd, rohstoffsparend, abfallvermeidend, lärmmindernd, flächensparend, körperlich schwere Arbeit ersetzend, gesundheitsgefährdende Arbeitsstoffe und Arbeitsmittel ersetzend, ausbildungsplatzfördernd, insbesondere für Mädchen und ausländische Jugendliche, behindertengerechte Arbeitsplätze und Verkehrsmittel schaffend sind.

    (Dr. Knabe [GRÜNE]: Das ist es!)

    Das ist selektives Wachstum, und das bewirkt Strukturveränderungen, die einen Beitrag zum Erhalt der Lebensgrundlage leisten können. Die Förderung einer Wiederaufbereitungsanlage für Kernkraftwerke oder eine Automobilfabrik wie BMW tun dies garantiert nicht.
    Auch die Berlin-Förderung, ebenfalls eine Regionalförderung, muß mit ca. 800 Millionen DM, einem Batzen Geld, einen Beitrag zur Finanzierung der Steuerreform leisten. Überproportional muß dazu die Kürzung der Berliner Investitionszulage beisteuern. Unsere Kritik an der Berliner Variante einer Anspruchsförderung entspricht der Kritik am Investitionszulagengesetz.
    Wir fordern mit unserem Antrag zur Änderung des Berlin-Förderungsgesetzes, der auch heute zur Abstimmung steht, daß die gekürzten Mittel in einen



    Sellin
    Finanzfonds zur Verbesserung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Situation der Stadt Berlin fließen. Die Vergabe der Subventionsgelder soll unter Beteiligung gesellschaftlich relevanter Gruppen, Gewerkschaften, Arbeitgeber, Verbraucherorganisationen und Stadtteilinitiativen, erfolgen. Regionale Strukturpolitik im ökologischen und sozialen Interesse kann nur vor Ort passieren und nicht nach dem Gießkannenprinzip mit einer Anspruchsförderung, die umweltzerstörende Großprojekte einschließt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir verstehen auch nicht die von der CDU und der SPD gewollte Förderung von Spediteuren, Lkw-Unternehmern und Omnibus-Unternehmern, die keinen Beitrag dazu leisten, daß der regionale und auch der Fernverkehr von der Straße auf die Schiene umverlagert werden — im Gegenteil.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Von daher ist es schlimm, daß der Höchstbetrag der Berliner 7,5prozentigen Investitionszulage in den Ausschußberatungen durch die CDU/FDP-Koalition von 100 000 DM auf 300 000 DM erhöht wurde. Jeder zusätzliche Lkw auf der Transitstrecke unterläuft den wirtschaftlichen Ausbau der Eisenbahnstrecken, und zwar aller fünf von und nach Berlin.
    Zum Abschluß sei festgestellt: Die unter rein fiskalpolitischen Bedingungen erfolgte Veränderung der Berlin-Förderung wird industriepolitischen Erfordernissen nicht gerecht, da weiterhin kapitalintensive Unternehmen nach Berlin gelockt werden. Ein industrieller Strukturwandel in Richtung anspruchsvoller und umweltverträglicher Produktionszweige wird verhindert.
    Es ist schon fatal, daß festgestellt werden muß, daß das verarbeitende Gewerbe in Berlin im Durchschnitt 20 000 DM pro Arbeitsplatz an Subventionen kassiert, ohne daß ein Abbau der Massenarbeitslosigkeit von ca. 100 000 Menschen in Berlin gelingt.
    Die Mitnahmeeffekte insbesondere im Bereich der Massenfertigung sind immens, so daß zu erwarten ist, daß die 4,2prozentige Abnehmerpräferenz dem Subventionskodex der EG nicht standhält. Berlin kann sich auf eine baldige Änderung der Umsatzsteuerpräferenz, insbesondere der Abnehmerpräferenz, einstellen, da die EG Wettbewerbsverzerrungen verhindern will.
    Die Kürzung der Regionalförderung im Rahmen der Steuerreform geschieht finanzpolitisch und nicht nach einem überlegten Konzept einer regional, ökologisch und sozial orientierten Wirtschaftspolitik. Die Kürzung ist ein Armutszeugnis der Regierung.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Rind.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hermann Rind


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Reform" wird im Duden mit drei Begriffen definiert: Umgestaltung, Verbesserung des Bestehenden und Neuordnung. Ich weiß, daß die Opposition dies bestreitet; aber ich habe mir einmal unter diesem Aspekt unser Reformvorhaben angesehen und bin zu dem Ergebnis gekommen, daß wir all diese Voraussetzungen erfüllen.
    Meine Damen und Herren, umgestaltet haben wir insbesondere den Tarif. Nachdem er heute schon öfter als Herzstück beschrieben wurde, möchte ich ihn jetzt einmal als Filetstück bezeichnen.

    (Poß [SPD]: Ein Filetstück, das inzwischen verfault ist!)

    Er beinhaltet nämlich nicht nur die notwendige Anpassung an gewandelte Verhältnisse, sondern die Einführung des linear-progressiven Tarifs macht ihn zum Zukunftstarif für die nächsten Jahrzehnte.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir erwarten kein Lob von der Opposition, aber es ist interessant, dann, wenn man kein Lob erwartet, darauf zu achten, was nicht kritisiert wird. Und eben nicht kritisiert wurde von der Opposition, daß wir den linear-progressiven Tarif einführen. Damit erkennen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, das Filetstück unserer Reform an. Sie haben recht mit dieser wenn auch leider nur schweigenden Anerkennung.
    Die nächste Definition im „Duden" ist der Begriff „Neuordnung". In der Tat, dieser Gesetzentwurf hat auch an Neuordnungen eine ganze Menge vorzuweisen. Da ist zum einen der Bereich der Wohnungsgemeinnützigkeit. Ihre Abschaffung für alle Bereiche mit Ausnahme der Vermietungsgenossenschaften ist die jetzt und heute zu treffende Antwort auf die geänderten Verhältnisse in der Versorgung unserer Bevölkerung mit Wohnungen. Wir haben mit diesem mutigen Schritt den Weg für eine dynamische Entwicklung zu einem bedarfsgerechteren Wohnungsbau freigemacht.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir Freien Demokraten sind stolz darauf, daß wir es erreicht haben, diesen wichtigen regulierten Marktbereich nun endlich zu deregulieren.
    Der nächste Bereich, den ich als Politiker aus dem Zonenrandgebiet unter dem Begriff „Neuordnung" ansprechen will, ist die Zonenrandförderung. Als Zonenrandpolitiker habe ich in den letzten Monaten viele Gespräche geführt, und ich habe dabei die Abschaffung der Investitionszulage begründet und vertreten. Bei aller Kritik, die ich dabei erfahren habe, habe ich auch viel Verständnis dafür gefunden, daß die Revolutionierung des Einkommensteuertarifs nur dann finanzierbar ist, wenn alle Bereiche, sei es die Wirtschaft, seien es die einzelnen Bürger, auf einen Teil der vielen Subventionen und begünstigenden Einzelregelungen verzichten. Dies ist auch im Zonenrandgebiet vermittelbar. Großzügige Übergangsfristen, die Aufstockung der Mittel der Gemeinschaftsaufgabe mit dem Schwerpunkt Zonenrandgebiet, die Erhaltung der Sonderabschreibungen, die Verbesserung bei der Bildung von Rücklagen, dies alles ermöglicht die Abschaffung des Investitionszulagegesetzes und damit eines der kompliziertesten Steuergesetze. Wir wollen bei dieser ganze Debatte doch wohl nicht vergessen, daß die Tarifreform auch allen Betrieben



    Rind
    im Zonenrandgebiet die Bildung von Eigenkapital wesentlicht erleichtern wird.
    Dasselbe gilt für die Berliner Unternehmen. Wir haben sorgfältig darauf geachtet, daß der zugunsten Berlins bestehende Förderabstand zwischen Berlin und den anderen Fördergebieten erhalten bleibt. An der Durchsetzung dieses berechtigten Anliegens einer ausgewogenen Förderung haben natürlich auch unsere Berlin-Politiker sehr großen Anteil gehabt.
    Unter dem Begriff „Reform als Neuordnung" wollten wir auch einige Sachverhalte regeln, von denen wir uns eine Vereinfachung oder eine größere Gleichmäßigkeit in der Besteuerung erwartet hätten. Dabei sind wir — das müssen wir zugeben — an die Grenzen der Möglichkeiten der Gestaltung durch die Politik und in der Politik gekommen. Ich spreche hier insbesondere zwei Vorhaben an, die wir nach gründlichen Beratungen aus dem Reformgesetz herausgenommen haben:
    Der erste Punkt ist die Pauschalierung der Aufwendungen für Arbeitszimmer. Wir hätten gerne eine pauschale Regelung gehabt, weil hier einer der großen Streitpunkte zwischen Steuerzahlern, Finanzverwaltung und Finanzgerichten liegt. Wir wollten das im Interesse der Vereinfachung tun.
    Der zweite Fall war die 1/13-Regelung beim Lohnsteuerabzug.
    Ich erwähne diese Punkte, weil sie deutlich machen, wie gründlich Überlegungen der Steuervereinfachung und einer gleichmäßigeren Besteuerung gegen rechtliche, insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken abgewogen wurden.

    (Huonker [SPD]: In diesem Punkt trifft das zu, aber nicht in anderen!)

    Wir haben auf diese Maßnahmen verzichtet, weil sie das Steuerreformgesetz verfassungsrechtlich angreifbar gemacht hätten. Diesem Vorwurf wollten wir uns nicht aussetzen.
    Der nächste Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die kleine Kapitalertragsteuer auf Zinseinkünfte, wohl die am meisten diskutierte Neuordnung im Rahmen dieses Reformgesetzes. Selbstverständlich wäre diese Maßnahme entbehrlich gewesen, wenn alle Bürger ihre Zinseinnahmen ehrlich erklären würden. Daraus ergibt sich zwingend, daß die kleine Kapitalertragsteuer von uns als eine Maßnahme zur Erziehung und Hinführung zur Steuerehrlichkeit verstanden wird.

    (Beifall bei der FPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Es sind also zum einen Gründe der Steuergerechtigkeit, die Maßnahmen des Gesetzgebers in diesem Bereich nötig gemacht haben; diese Kapitalertragsteuer ist aber auch eine Entscheidung, die das Steueraufkommen der nächsten Jahrzehnte sichern soll und sichern wird. Zukunftsprognosen über die Entwicklung des Volkseinkommens weisen darauf hin, daß um das Jahr 2000 jeder durchschnittliche Haushalt etwa 15 bis 20 % seines Haushaltseinkommens aus Nebeneinkünften, hier insbesondere aus Kapitalvermögen, beziehen wird. Die Deutschen sind nicht nur ein Volk von Sparern. Sie werden zunehmend ein
    Volk von Erben. Wir werden in wenigen Jahren durchschnittliche Steuerzahler haben, die erhebliches Vermögen geerbt oder selbst erspart haben. Sie erben damit auch die Früchte einer Politik des Friedens und des Wohlstands über Jahrzehnte hinweg.
    Im Klartext heißt das: Bei rückläufiger Geburtenentwicklung und gleichzeitig steigendem Vermögen unserer Bürger ist der Einstieg in eine vollständige Erfassung der Kapitaleinkünfte unumgänglich, wenn die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden in den nächsten zehn oder zwanzig Jahren oder in noch größeren Zeiträumen gesichert werden sollen, weil die Entwicklung im Volkseinkommen eben in diese Richtung läuft.
    Wir sind dabei bewußt behutsam vorgegangen. Wir haben die große Gruppe der Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen und die Mehrheit unserer Rentner von der Kapitalertragsteuer ausgenommen. Wir haben das Bankgeheimnis durch die Aufnahme des Bankenerlasses in die Abgabenordnung verstärkt. In diesem Zusammenhang ist interessant, daß die Osterreicher im Zusammenhang mit der Einführung einer kleinen Kapitalertragsteuer beabsichtigen, dem Bankgeheimnis Verfassungsrang zu geben. Das ist ganz interessant, auch wenn man es im Zusammenhang mit den politischen Verhältnissen betrachtet, die in Österreich herrschen, und mit der Kritik vergleicht, die hier die Vertreter der Opposition an der Aufnahme des Bankenerlasses in die Abgabenordnung geübt haben. Auch hier kann man sagen: Schauen Sie ab und zu einmal über die Grenzen hinaus.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Huonker [SPD]: Bis auf den letzten Satz kann man da nicht widersprechen!)

    Wir haben die Girokonten, die Sparbücher mit gesetzlicher Kündigung und die Sparbücher mit geringfügigem Guthaben ausgenommen. Wir haben also eine ganze Menge an Verwaltungsvereinfachung insbesondere für unsere Banken und Sparkassen geleistet.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

    Die große Zahl der Bausparkonten bleibt von der Kapitalertragsteuer unberührt, soweit die Bausparer prämienberechtigt sind. Das ist bei einer sehr großen Zahl von Bausparern der Fall.
    Sie sehen auch hier, daß wir mit Vernunft und Augenmaß an diesen wichtigen Reformschritt herangegangen sind, um den Verwaltungsaufwand so niedrig wie möglich zu halten und um den Sparwillen unserer Bürger nicht zu beschädigen.
    Als flankierend zu diesen Maßnahmen im Bereich der kleinen Kapitalertragsteuer ist das Gesetz über die strafbefreiende Erklärung von Einkünften aus Kapitalvermögen zu sehen. Die Möglichkeit der Nachmeldung von Zinsen ab 1986 mit gleichzeitiger strafbefreiender Wirkung für die Jahre vor 1986 soll den Übergang in die Steuerehrlichkeit erleichtern. Dieser Teil des Reformgesetzes wird aus Gründen des Vertrauensschutzes bereits mit Wirkung vom 14. Oktober 1987 in Kraft treten. Wir Freien Demokraten und die Kollegen von der CDU/CSU halten diese Maß-



    Rind
    nahme insbesondere deswegen für berechtigt, weil viele Bürger bei der unvollständigen Angabe ihrer Einnahmen kein oder zumindest kein ausgeprägtes Unrechtsbewußtsein hatten. Die Debatte über die Einführung der Kapitalertragsteuer in den letzten Monaten hat vielen erst bewußt gemacht, daß sie Zinseinnahmen erklären müssen und daß der häufig gehörte Spruch: Mein Sparguthaben habe ich doch aus versteuertem Geld gebildet, das geht den Staat nichts mehr an! nicht richtig ist. Hier setzt allein schon durch die Diskussion über dieses Reformgesetz ein Umdenkungs-, ein Lernprozeß ein, der sehr wichtig ist. Deswegen ist diese flankierende strafbefreiende Maßnahme notwendig, sinnvoll und, so glaube ich, auch im Interesse unserer Bürger gerechtfertigt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)