Rede von
Ellen
Olms
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)
... über den sogenannten „Mißbrauch des Asylrechts" durch Flüchtlinge, steht fest, daß durch das Asylverfahrensgesetz, insbesondere seit der letzten Verschärfung vom Jahre 1987, sowie durch die entsprechenden Gerichtsentscheidungen — z. B. über die Asylrelevanz von Nachfluchtgründen — immer mehr Flüchtlinge ganz einfach aus dem Asylrecht hinausdefiniert werden. Die gesamten Verschärfungsmaßnahmen haben nur ein Ziel, nämlich die BRD generell vor außereuropäischen Flüchtlingen abzuschotten.
Der vorliegende Gesetzentwurf bezweckt nichts anderes, als die Flüchtlingsabwehrpolitik weiter zu perfektionieren. Die Bund-Länder-Kommission legte Ende letzten Jahres einen ganzen Maßnahmenkatalog vor, um die reibungslose Zurückschiebung von Flüchtlingen in ihre Heimatländer voranzutreiben. Herausgepickt wurden die uns vorliegenden drei Regelungen, da sie „schnell und schmerzlos" durchzusetzen sind.
Sieht man sich die Änderungen an, so stellt man fest, daß zunächst mit dem Ausschluß der Beschwerde gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts bei Prozeßkostenhilfe für Asylbewerber ein Sonderrecht geschaffen werden soll, und zwar ein Sonderrecht für die Ärmsten der Armen.
Die angeführten prozeßökonomischen Gründe sind einfach zynisch. Wer Verwaltungsverfahren beschleunigen will, soll Personalaufstockungen fordern. Es ist eine Binsenweisheit, daß ein Asylverfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht ohne anwaltliche Vertretung durchzustehen ist. Es ist also ein weiterer Schritt, Flüchtlingen das Grundrecht auf Asyl auf dem kalten Verfahrensweg abzuschneiden, nach der Formel: Wer kein Geld hat, hat schon lange kein Recht.
Des weiteren soll das beschleunigte Asylverfahren bei offensichtlich unbegründeten Asylanträgen zur Dauerregelung werden. Es bietet ja nach politischem Kalkül die Handhabe, z. B. Iranern, die dem Kriegsdienst im Golfkrieg entfliehen, Flüchtlingen aus dem Libanon oder aus Sri Lanka jederzeit Asyl zu verwehren, wenn es — ich zitiere jetzt aus dem Vorschlag — „nach den Umständen des Einzelfalls offensichtlich ist, daß sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation oder einer kriegerischen Auseinandersetzung zu entgehen, im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhält". Des weiteren ist die Regelung rechtlich bedenklich, da es Flüchtlingen, die oft in Sammellagern und ohnehin isoliert leben, praktisch unmöglich ist, einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung innerhalb der Einwochenfrist zu beantragen.
Bundesdeutsche Realität ist bereits heute, daß demjenigen, der sich eine Garage bauen will und dem dies verweigert wird, in der Regel ein fünfzügiger Rechtsweg zur Verfügung steht, einem Flüchtling aber, der in einem Asylverfahren Menschenrechte, konkret das Recht auf Leben, geltend machen will, der Rechtsweg praktisch zu einem Nichts zusammengestutzt wird.
Der vorliegende Entwurf gipfelt in eine Aufnahme einer Ermächtigung für die Bundesländer, sogenannte aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei einer zentralen Behörde zu konzentrieren. Im Klartext heißt das: zentrale Abschiebestellen, die einen schnellen und reibungslosen Abtransport von Flüchtlingen in ihre Heimat- und Verfolgerländer gewährleisten sollen.
Die vorliegende Verschärfung des Asylverfahrensgesetzes, die hier durchgezogen werden soll, ist noch nichts gegen die anstehenden Verschärfungen, die Flüchtlinge und Immigranten mit dem für Herbst geplanten Ausländergesetz erwarten.
Mit ihrer Flüchtlings- und Immigrantenpolitik setzt die Bundesregierung ihre nationalistische Tradition fort, die Rechtsaußen Zimmermann selbst wie folgt charakterisiert: „Die Bewahrung des eigenen nationalen Charakters ist das legitime Ziel eines jeden Volkes und Staates."
Wir werden zusammen mit allen demokratischen Kräften eine Barrikade gegen diese nationalistische Flüchtlings- und Immigrantenpolitik aufbauen.