Rede von
Marieluise
Beck-Oberdorf
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich möchte noch einmal auf die Anhörung eingehen, die heute morgen begonnen hat und nach dieser Debatte fortgesetzt wird. Da muß ich zunächst einmal sagen: Ich finde es erschütternd, wie unterschiedlich in der Anhörung und hier diskutiert wird. Wenn man die Ernsthaftigkeit in der Anhörung mit der Oberflächlichkeit hier vergleicht, finde ich das erschütternd.
Es ist ja mitnichten so, daß in der Anhörung bestätigt worden wäre — auch nicht von den Vertretern der Evangelischen Kirche — , die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik hätten sich hervorragend bewährt. Im Gegenteil: Von fast allen Geladenen — sowohl von den Institutionen als auch von den einzelnen Sachverständigen — ist noch einmal sehr ausführlich und sehr eindringlich das ungeheure Elend und die Perspektivlosigkeit derjenigen geschildert worden, die schon lange erwerbslos sind und die im Grunde genommen überhaupt keine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben. Am eindringlichsten war die Aussage einer Vertreterin einer Arbeitsloseninitiative, die gesagt hat:
Uns ist immer gesagt worden, ihr müßt nur auf den Aufschwung warten, auf die wirtschaftliche Verbesserung. Jetzt ist dieser Aufschwung da, und wir sind immer noch arbeitslos. Worauf sollen wir denn noch warten?
Das ist der Kernpunkt der Debatte, um den es geht. Es geht nicht um die Finanzsituation der Bundesanstalt für Arbeit. Das ist nur eine vordergründige Debatte. Die eigentliche Debatte muß über die Massenarbeitslosigkeit geführt werden und über die Antworten, die Sie für all jene haben, die noch draußen stehen — obwohl Sie Ihren Aufschwung ja schon hatten — , die zum Teil registriert, zu einem großen Teil jedoch nicht registriert sind und eigentlich noch dazugezählt werden müßten, insbesondere die Frauen. Und für die tut sich nichts.
Wenn Sie nicht an die Umverteilung von Arbeit gehen, wenn Sie das nicht wirklich zu einem Moment auch Ihrer Politik machen, nämlich die vorhandene Arbeit auf alle umzuverteilen, die eine Arbeit suchen,
dann werden wir diese deprimierenden Debatten um Verschieben von Beträgen, um Stopfen von Löchern — hier ein bißchen aufbuddeln, da ein bißchen wegholen und dort wieder zuschieben — in den nächsten zehn Jahren so weiterführen. Es wird sich nichts ändern.
Erforderlich ist also, zum Thema zurückzukehren: Wollen Sie eine Umverteilung von Arbeit oder stellen Sie sich dem mit der alten Engstirnigkeit weiterhin entgegen?