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ID1107312600

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    Plenarprotokoll 11/73 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 73. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 20. April 1988 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde betr. Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung durch die Bundesregierung vor dem Hintergrund neuester konjunktureller Daten Wissmann CDU/CSU 4911 C Dr. Jens SPD 4912B Dr. Haussmann FDP 4913 A Sellin GRÜNE 4913D, 4919B Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . . 4913 C Hinsken CDU/CSU 4916 B Dr. Ehrenberg SPD 4917 B Grünbeck FDP 4918B Dr. Schwörer CDU/CSU 4919 C Dr. Mitzscherling SPD 4920 C Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 4921 C Roth SPD 4922 B Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU . . . 4923 B Tagesordnungspunkt 1: Fragestunde — Drucksache 2146 vom 15. April 1988 — Entschädigungsregelungen für Waldschäden MdlAnfr 3 15.04.88 Drs 11/2146 Dr. Knabe GRÜNE Antw PStSekr Dr. Jahn BMJ 4899 B ZusFr Dr. Knabe GRÜNE 4899 D Verfahrenshindernisse für die Betriebserlaubnis von Faulbehältern zur Herstellung methanhaltigen Klärgases aus Abwasserbeseitigungsanlagen zur mineralölsteuerfreien Verwendung in nichtstationären Motoren MdlAnfr 5, 6 15.04.88 Drs 11/2146 Stahl (Kempen) SPD Antw PStSekr Dr. Häfele BMF . 4900B, 4901A ZusFr Stahl (Kempen) SPD . . . 4900C, 4901B Generhaltungsprogramm für Baum- und Pflanzenarten MdlAnfr 7 15.04.88 Drs 11/2146 Dr. Knabe GRÜNE Antw PStSekr Dr. von Geldern BML . . . 4901 C ZusFr Dr. Knabe GRÜNE 4901 D Entrichtung freiwilliger Rentenversicherungsbeiträge und Anrechnung der Pflegezeiten bei den Rentenkassen für Pflegende MdlAnfr 30, 31 15.04.88 Drs 11/2146 Frau Würfel FDP Antw PStSekr Vogt BMA . . . . 4902C, 4902 D ZusFr Frau Würfel FDP 4902 C Einbeziehung des von Bundesminister Schäuble angekündigten Familiensplittings in das Rentensystem MdlAnfr 32, 33 15.04.88 Drs 11/2146 Dr. Sperling SPD Antw PStSekr Vogt BMA 4903 B ZusFr Dr. Sperling SPD 4903 B ZusFr Stahl (Kempen) SPD 4903 D Zweckentfremdung öffentlicher Zuwendungen durch Wohlfahrtsverbände, Kirchen und andere Einrichtungen MdlAnfr 34, 35 15.04.88 Drs 11/2146 Frau Unruh GRÜNE II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. April 1988 Antw PStSekr Pfeifer BMJFFG . 4904 A, 4904 D ZusFr Frau Unruh GRÜNE . . . 4904B, 4904 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 4904 C ZusFr Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 4905 A ZusFr Dr. Sperling SPD 4905 A Geschäftsmäßige Vermittlung von Kindern durch ein Frankfurter Unternehmen MdlAnfr 36 15.04.88 Drs 11/2146 Werner (Ulm) CDU/CSU Antw PStSekr Pfeifer BMJFFG 4905 B ZusFr Werner (Ulm) CDU/CSU 4905 C ZusFr Frau Dr. Götte SPD 4905 D Nutzung verfügbarer privater und freiberuflicher Kapazitäten für spezielle Einzelvorhaben bei Behörden, Institutionen und Empfängern öffentlicher Fördermittel MdlAnfr 21 15.04.88 Drs 11/2146 Grünbeck FDP Antw PStSekr Dr. Riedl BMWi 4906 B ZusFr Grünbeck FDP 4906 D Weiterentwicklung des Airbus-Programms nach der Organisationsreform des AirbusKonsortiums MdlAnfr 24 15.04.88 Drs 11/2146 Grünbeck FDP Antw PStSekr Dr. Riedl BMWi 4907 B ZusFr Grünbeck FDP 4907 C Gesetzesvorhaben zur Einschränkung von Spielautomaten MdlAnfr 25 15.04.88 Drs 11/2146 Wüppesahl fraktionslos Antw PStSekr Dr. Riedl BMWi 4908 C ZusFr Wüppesahl fraktionslos 4908 D ZusFr Dr. Bötsch CDU/CSU 4909 C Fortschritte in der deutsch- amerikanischen Zusammenarbeit im Bereich der SDI-Forschung MdlAnfr 22, 23 15.04.88 Drs 11/2146 Frau Dr. Hamm-Brücher FDP Antw PStSekr Dr. Riedl BMWi . . 4910A, 4911A ZusFr Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 4910C, 4911A Nächste Sitzung 4924 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 4925* A Anlage 2 Vereinbarkeit der Äußerungen aus dem BMFT über die friedliche Nutzung der US-Weltraumstation Columbus mit den Gründen des Schweizer Bundesrates für die Nichtbeteiligung am Weltraumlabor APM MdlAnfr 1 15.04.88 Drs 11/2146 Catenhusen SPD SchrAntw PStSekr Dr. Probst BMFT . . . 4925* B Anlage 3 Nichtbeteiligung Österreichs und Schwedens an Bau und Betrieb der US-Weltraumstation Columbus MdlAnfr 2 15.04.88 Drs 11/2146 Fischer (Homburg) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Probst BMFT . . . 4925* C Anlage 4 Abweichung der neuen Richtlinien von der bisherigen Arbeits- und Zuständigkeitsverteilung zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten bei Demonstrationen MdlAnfr 4 15.04.88 Drs 11/2146 Stiegler SPD SchrAntw PStSekr Dr. Jahn BMJ . . . . 4925* D Anlage 5 Forderung eines Vorschusses auf Telefongebühren auf Grund von beim Postgiroamt erhaltenen Auskünften MdlAnfr 8, 9 15.04.88 Drs 11/2146 Peter (Kassel) SPD SchrAntw PStSekr Rawe BMP 4926* B Anlage 6 Preiserhöhung für die Anfertigung von Personalausweisen und Pässen durch die Bundesdruckerei; Mehrkosten für die Gemeinden MdlAnfr 16 15.04.88 Drs 11/2146 Linsmeier CDU/CSU SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . . 4926* C Anlage 7 Herkunft des für die Erstellung von Ausweisen und Pässen notwendigen Sicherheitspapiers MdlAnfr 17, 18 15.04.88 Drs 11/2146 Hinsken CDU/CSU SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . . 4927* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. April 1988 III Anlage 8 Verlagerung von Bundesaufgaben in den ländlichen Raum und das Zonenrandgebiet; Einrichtung einer interministeriellen Arbeitsgruppe MdlAnfr 19 15.04.88 Drs 11/2146 Stiegler SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . . 4927* B Anlage 9 Ergebnisse der Prüfung des Ausbaus und des Standes des INPOL-Systems durch den Arbeitskreis II der Innenministerkonferenz MdlAnfr 20 15.04.88 Drs 11/2146 Wüppesahl fraktionslos SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . . 4927* C Anlage 10 Privatisierung von Regiearbeiten aus den Bauhöfen der Bundeswasserstraßen MdlAnfr 37 15.04.88 Drs 11/2146 Frau Simonis SPD SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . . . 4927* D Anlage 11 Auswirkungen von Streckenstillegungen und Fahrplanausdünnungen der Bundesbahn auf das Fahrgastverhalten MdlAnfr 38, 39 15.04.88 Drs 11/2146 Weiss (München) GRÜNE SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . . . 4927* D Anlage 12 Erhaltung und Ausbau des Zugbetriebs auf der Kursbuchstrecke Neuss—Kaarst MdlAnfr 40, 41 15.04.88 Drs 11/2146 Frau Brahmst-Rock GRÜNE SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . . . 4928* B Anlage 13 Genehmigungspflicht für Anlagen zur Dekontaminierung von Molkepulver nach § 3 der Strahlenschutzverordnung; Umgehung dieser Verordnung bei der Anlage in Lingen sowie deren zukünftige Nutzung MdlAnfr 44, 45 15.04.88 Drs 11/2146 Graf SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMU 4928* C Anlage 14 Entseuchung der Dekontaminierungsanlage in Lingen; Ergebnisse der Forschung betr. die Gesundheitsgefährdung im Umfeld des Kernkraftwerks Würgassen MdlAnfr 46, 47 15.04.88 Drs 11/2146 Oostergetelo SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMU 4929* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. April 1988 4899 73. Sitzung Bonn, den 20. April 1988 Beginn: 13.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens ' 22. 4. Brandt 22. 4. Dr. Biedenkopf 22. 4. Dr. Dollinger 22. 4. Ebermann 22. 4. Frau Fischer 22. 4. Dr. Glotz 22. 4. Dr. Götz 22. 4. Dr. Haack 22. 4. Dr. Hauff 22. 4. Höffkes 20. 4. Irmer 22. 4. Frau Karwatzki 21. 4. Kittelmann * 21. 4. Dr. Klejdzinski 22. 4. Dr. Müller * 21. 4. Reddemann 21. 4. Reuschenbach 20. 4. Rühe 20. 4. Dr. Scheer 21. 4. Frau Schilling 22. 4. Spilker 22. 4. Steiner * 20. 4. Frau Dr. Vollmer 21. 4. Dr. Vondran 20. 4. Vosen 20. 4. Waltemathe 20. 4. Dr. Wieczorek 21. 4. Wischnewski 22. 4. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Probst auf die Frage des Abgeordneten Catenhusen (SPD) (Drucksache 11/2146 Frage 1): Kann die Bundesregierung bestätigen, daß der Schweizer Bundesrat eine Schweizer Beteiligung an dem von ESA zu liefernden bemannten Weltraumlabor APM, das Element der bemannten Weltraumstation Columbus werden soll, ausgeschlossen hat, weil es „das Gesamtpotential der US-Raumstation erhöht, deren militärische Nutzung in ihren eigenen Teilen sich die USA ausdrücklich vorbehalten hat" (Antwort des Schweizer Bundesrates auf die Interpellation im Schweizer Nationalrat vom 17. Februar 1988), und wie ist diese Entscheidung des Schweizer Bundesrates mit der wiederholten Erklärung von Vertretern des Bundesministeriums für Forschung und Technologie zu vereinbaren, daß eine nur friedliche Nutzung der bemannten Raumstation insgesamt gesichert sei? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat es der Schweizer Bundesrat auch aus neutralitätspolitischen Gesichtspunkten abgelehnt, sich am angedockten Labormodul des COLUMBUS-Programms, dem APM, zu beteiligen. Eine Beteiligung an den übrigen Elementen des COLUMBUS-Programms, nämlich dem freifliegenden Modul MTFF und der polaren Plattform, ist noch offen. Anlagen zum Stenographischen Bericht Die friedliche Nutzung der Raumstation insgesamt ist dadurch gesichert, daß sich alle Partner zur friedlichen Nutzung der zivilen Station und aller ihrer Elemente bekennen. Mangels allgemeingültiger Definitionen der Begriffe „friedlich" und „zivil" soll der Partner, der das zu nutzende Element beistellt, entscheiden, ob eine geplante Nutzung (auch durch andere Partner) mit seiner Auslegung von „friedlich" im Einklang steht; andernfalls kann er die Nutzung untersagen. Die teilnehmenden europäischen Staaten entscheiden also allein hinsichtlich der von ihnen beigestellten Elemente des COLUMBUS-Programms, nämlich des angedockten Labormoduls APM, des freifliegenden Moduls MTFF und der polaren Plattform, welche Nutzung als friedliche Nutzung zulässig ist. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Probst auf die Frage des Abgeordneten Fischer (Homburg) (SPD) (Drucksache 11/2146 Frage 2): Spielte für die Regierungen von Österreich und Schweden die mögliche militärische Nutzung der Raumstation eine Rolle bei ihrer Entscheidung gegen eine Beteiligung an Bau und Betrieb der bemannten Raumstation „Columbus"? Die Bundesregierung kann zwar nicht ausschließen, daß bei der bisherigen Zurückhaltung Osterreichs und Schwedens gegenüber einer Beteiligung am Bau und Betrieb der bemannten Raumstation Neutralitätsgesichtspunkte eine Rolle gespielt haben. Nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung waren jedoch dafür, daß sich diese Staaten bisher nicht zur Beteiligung am Programm COLUMBUS entschlossen haben, budgetäre Gründe bzw. der fehlende Zusammenhang mit den nationalen Weltraumschwerpunkten ausschlaggebend. Eine Änderung der schwedischen und österreichischen Haltung im Hinblick auf eine Beteiligung an COLUMBUS ist aber nicht auszuschließen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Jahn auf die Frage des Abgeordneten Stiegler (SPD) (Drucksache 11/2146 Frage 4): Warum beabsichtigt die Bundesregierung, durch „Richtlinien über den Grundsatz der Güter- und Pflichtenabwägung bei der Verfolgung von Straftaten bei Demonstrationen" von der bisherigen Arbeits- und Zuständigkeitsverteilung zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft abzuweichen, und was will sie dem Bayerischen Richterverein entgegensetzen, der in diesem Richtlinienentwurf einen Angriff auf „die das Strafverfahren beherrschenden Grundsätze der Legalität und damit die Rechtsstaatlichkeit insgesamt" sieht? Durch die von der Bundesregierung vorgeschlagene Ergänzung der Richtlinien für das Strafverfahren wird von der bisherigen Arbeits- und Zuständigkeits- 4926* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. April 1988 verteilung zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft nicht abgewichen. Nach dem Beschluß der Bundesregierung vom 16. Dezember 1987 werden der Bundesminister der Justiz und der Bundesminister des Innern auf den Erlaß solcher an die Strafverfolgungsbehörden gerichteter Richtlinien hinwirken. Darüber, ob und mit welchem Inhalt sie solche Richtlinien erlassen, haben die Länder zu entscheiden. Die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Richtlinien sind keine Abweichungen vom Legalitätsprinzip. Sie weisen lediglich auf den in unserem Rechtssystem allgemein gültigen Grundsatz der Güter- und Pflichtenabwägung hin und bringen in Erinnerung, daß dieser Grundsatz in bestimmten Situationen besonderer Beachtung bedarf. Eine Beeinträchtigung der Leitungsbefugnis der Staatsanwaltschaft ist mit der vorgeschlagenen Ergänzung der Richtlinien über das Strafverfahren nicht verbunden. Nach Auffassung der Bundesregierung ist die Ergänzung erforderlich, weil die um die beabsichtigte Strafbewehrung der Vermummung bei Demonstrationen geführte Diskussion — insbesondere die immer wieder ins Feld geführten Befürchtungen von erst durch „Strafverfolgungszwängen" verursachten Eskalationen — gezeigt hat, daß ein Bedürfnis besteht, den allgemein gültigen Grundsatz der Güter- und Pflichtenabwägung in Erinnerung zu bringen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretär Rawe auf die Fragen des Abgeordneten Peter (Kassel) (SPD) (Drucksache 11/2146 Fragen 8 und 9): Wie beurteilt die Bundesregierung Pressemeldungen (HNA vom 23. März 1988), nach denen die Deutsche Bundespost einen Vorschuß in Höhe von 775 DM auf zu zahlende Telefongebühren verlangt hat, nachdem sie beim Postgirodienst Auskünfte über eine Telefonkundin erfragt und erhalten hat? Auf welche Weise wird die Bundesregierung sicherstellen, daß künftig solche Übertretungen des Datenschutzrechtes (§ 6 des Postgesetzes, wonach personenbezogene Daten nur mit Zustimmung des Betroffenen weitergeleitet werden dürfen) ausgeschlossen werden können? Herr Präsident, gestatten Sie bitte, daß ich die beiden Fragen des Herrn Kollegen wegen des Sachinhalts zusammenfassend beantworte, wenn der Herr Kollege damit einverstanden ist. Im vorliegenden Fall handelt es sich um Kontoüberziehungen im Postgirodienst. Das betroffene Postgirokonto wurde bereits im Jahre 1986 gelöscht. Nach Erinnerung, Zustellung des Leistungsbescheides und Mahnung beauftragte das Postgiroamt das zuständige Fernmeldeamt durch eine Vollstreckungsanordnung mit der Zwangsvollstreckung der Postgiroschulden. Die Schuldnerin schloß ein Tilgungsabkommen mit dem Fernmeldeamt ab. Nach Ausbleiben mehrerer vereinbarter Ratenzahlungen aus diesem Tilgungsabkommen veranlaßte das Fernmeldeamt wegen der Gefahr von Gebührenausfällen für den Telefonanschluß der Schuldnerin die Anforderung eines Vorschusses, der aber nach erneuter Ratenzahlungsvereinbarung zurückgestellt wurde. Dienststellen des Fernmeldeamtes haben in diesem Zusammenhang keine Auskünfte über die Schuldnerin beim Postgirodienst eingeholt. Es liegt hier also ein ganz normaler, in den betrieblichen Vorschriften vorgesehener Ablauf vor. Deshalb wurde nicht gegen § 6 des Postgesetzes verstoßen, da Dienststellen des Postgirodienstes zu dem vorstehend beschriebenen funktionellen Zweck Informationen an die Beitreibungsstelle weitergeben müssen. Einer gesetzlichen Auskunftspflicht bedarf es nach dieser Vorschrift nur für Auskünfte, die von nicht postalischen Dienststellen oder außenstehenden Personen zu anderen Zwecken gefordert werden. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretär Spranger auf die Frage des Abgeordneten Linsmeier (CDU/CSU) (Drucksache 11/2146 Frage 16): Trifft es zu, daß die Bundesdruckerei in Berlin eine Preiserhöhung von 9,70 DM auf 11,90 DM für die Anfertigung von Personalausweisen und Pässen plant, und wenn ja, wie werden die Gemeinden vor einer dadurch entstehenden finanziellen Einbuße bewahrt, wenn die Gebühr von 10 DM für die Ausstellung der Personalausweise und Pässe entgegen eines zudem gestiegenen Verwaltungsaufwandes beibehalten wird? Die Bundesdruckerei hat mit Wirkung vom 1. Januar 1988 den Preis für die Herstellung des Personalausweises von 9,70 DM auf 11,90 DM erhöht. Eine Preisprüfung durch den Bundesminister für das Post-und Fernmeldewesen hat ergeben, daß die Selbstkosten der Bundesdruckerei eher noch etwas höher sind und die Preiserhöhung daher unumgänglich war. Der Preis für den neuen Reisepaß beträgt 24,75 DM. Diese Preise sind von den Gemeinden an die Bundesdruckerei zu entrichten. Sie erhalten vom Antragsteller grundsätzlich für den Ausweis 10 DM, für den Reisepaß 30 DM. Früher entstanden den Gemeinden für den gebührenfreien Personalausweis Materialkosten von rund 2,50 DM, die an die Bundesdruckerei zu zahlen waren, während heute grundsätzlich 1,90 DM auf den Gemeinden pro Ausweis lasten. Bei den Pässen betrugen früher die Materialkosten für die Gemeinden rund 5, —DM bei einer vom Antragsteller zu zahlenden Gebühr von grundsätzlich 10, — DM, während heute die Kosten beim Paß 24,75 DM betragen und die Gebühr grundsätzlich 30, — DM. Der Verwaltungsaufwand (Identitätsprüfung, Dateneintrag, Bildbefestigung) entspricht weitgehend dem des bisherigen Verfahrens. Eine unwesentliche Erhöhung mag sich aus dem Bestellverkehr mit der Bundesdruckerei ergeben. Dem steht aber der Wegfall des Aufwandes für die bisherige gebührenfreie Verlängerung von Personalausweisen gegenüber, die nicht mehr zulässig ist. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. April 1988 4927* Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Hinsken (CDU/CSU) (Drucksache 11/2146 Fragen 17 und 18): Trifft es zu, daß das sogenannte Sicherheitspapier, das bei Erstellung von Ausweisen und Pässen benötigt wird, aus Staaten des Ostblocks importiert wird, und wenn ja, warum? Hat die Bundesregierung diesbezüglich Vorkehrungen getroffen, auch vor dem Hintergrund der jüngsten Spionageaffäre, damit verhindert wird, daß verstärkt Agenten aus dem Ostblock mit hervorragend gefälschten Papieren in die Bundesrepublik Deutschland eingeschleust werden? Zu Frage 17: Es trifft nicht zu, daß das Sicherheitspapier, das bei der Herstellung der neuen Personalausweise und Reisepässe verwendet wird, aus Staaten des Ostblocks importiert wird. Das Papier wird unter Aufsicht der Bundesdruckerei in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt. Zu Frage 18: Da die erste Frage zu verneinen ist, sind diesbezügliche Sicherheitsvorkehrungen nicht erforderlich. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage des Abgeordneten Stiegler (SPD) (Drucksache 11/2146 Frage 19) : Wird die Bundesregierung unter Federführung des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ergänzend zu der unter Federführung des Bundesministers des Innern arbeitenden interministeriellen Arbeitsgruppe „Perspektiven der Nachwuchsgewinnung im öffentlichen Dienst" eine interministerielle Arbeitsgruppe „Perspektiven der dezentralisierten Erledigung der unmittelbaren und mittelbaren Bundesaufgaben" einrichten und durch Sachverständige untersuchen lassen, welche Bundesaufgaben im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit moderner Kommunikationsmittel einerseits und die Personalprobleme, die die Bevölkerungsentwicklung andererseits mit sich bringt, künftig zur Erledigung im ländlichen Raum und im Zonenrandgebiet vorgesehen werden sollen? Die Bundesregierung beobachtet die Situation im ländlichen Raum und im Zonenrandgebiet, insbesondere im Hinblick auf die Bevölkerungsentwicklung und die Bereitstellung der öffentlichen Infrastruktur, sehr genau. Sie sieht in dem Einsatz der modernen Kommunikationstechnologien ein geeignetes Instrument, um die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung auch in strukturschwachen Gebieten zu erhöhen. Aus diesem Grund mißt die Bundesregierung — wie im Raumordnungsbericht 1986 dargelegt — der Anwendung der Informations- und Kommunikationstechniken hohe Bedeutung bei, damit hierdurch positive Impulse auch für strukturschwache und ländliche Räume ausgelöst werden. Soweit diese Gesichtspunkte für die Nachwuchsgewinnung im öffentlichen Dienst eine Rolle spielen, fließen sie auch in die Arbeit der entsprechenden interministeriellen Arbeitsgruppe ein. Den Bedarf für eine weitere Arbeitsgruppe sehe ich darüber hinaus gegenwärtig nicht. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage des Abgeordneten Wüppesahl (fraktionslos) (Drucksache 11/2146 Frage 20): Wann ist mit den Ergebnissen des Prüfungsauftrages des Arbeitskreises II der Innenministerkonferenz vom 1./2. Dezember 1986 zu rechnen, wonach nicht nur umfassend über den Ausbau und Realisierungsstand des INPOL-Systems berichtet werden soll, sondern auch offene Fragen und Probleme beantwortet und gelöst werden sollen und im besonderen das INPOL-Fortentwicklungskonzept von 1981 einer klarstellenden Interpretation oder etwaigen Fortschreibung bedarf, und ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, ein Zwischengutachten zu erstellen? Die vom AK II der Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder mit der Prüfung beauftragte ad hoc-Arbeitsgruppe beabsichtigt, bis zum Herbst 1988 Ergebnisse vorzulegen. Die Entscheidung, ob und inwieweit zum jetzigen Zeitpunkt ein Zwischenbericht der Arbeitsgruppe angezeigt ist, fällt in die Zuständigkeit der genannten Gremien. Für die Vorlage eines Zwischenberichts durch die Bundesregierung wird keine Notwendigkeit gesehen. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretär Dr. Schulte auf die Frage der Abgeordneten Frau Simonis (SPD) (Drucksache 11/2146 Frage 37): Trifft es zu, daß es bei den Bundesbehörden für die Bundeswasserstraßen eine Untersuchung gibt mit dem Ziel, bisherige Regiearbeiten aus den Bauhöfen der Bundeswasserstraßen zu einem gewichtigen Teil der Aufgaben zu privatisieren? Nein. Ziel der von Ihnen angesprochenen Untersuchungen ist nicht eine Privatisierung von Aufgaben, sondern die Festlegung der künftig notwendigen Personalausstattung für eine wirtschaftliche Aufgabenerfüllung. Das Untersuchungsergebnis ist Voraussetzung für die Aufhebung der seit 1983 bestehenden Einstellungssperre im Werkstattbereich der Wasser-und Schiffahrtsverwaltung. Die Untersuchung wurde Ende 1987 begonnen und wird voraussichtlich Ende dieses Jahres/Anfang 1989 abgeschlossen sein. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Weiss (München) (GRÜNE) (Drucksache 11/2146 Fragen 38 und 39): Wie steht die Bundesregierung zum Verfassungsgebot, nach dem die Deutsche Bundesbahn (DB) dem Gemeinwohl zu dienen habe, indem sie der Bevölkerung flächendeckenden Verkehr anbietet, und wie verhalten sich die Stillegungsabsichten der DB im Sommerfahrplan 1988 zu diesem Verfassungsgebot? Auf welche Verkehrsmittel sollten nach Ansicht der Bundesregierung Fahrgäste umsteigen, die in ihrer Region von Strekkenstillegungen oder Fahrplanausdünnungen der Deutschen Bundesbahn betroffen sind, und wie beurteilt die Bundesregierung die häufig zu registrierende Tatsache, daß Fahrgäste, einmal der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel mangels Ange- 4928* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. April 1988 bot entwöhnt, neue Verkehrsmittel, z. B. S-Bahnen regionaler Verkehrsverbünde, auch aus Kostengründen nur schwer akzeptieren? Zu Frage 38: Das Grundgesetz enthält kein Verfassungsgebot, nach dem die Deutsche Bundesbahn ihre gemeinwirtschaftlichen Aufgaben in der Weise zu erfüllen hat, daß sie eine flächendeckende Verkehrsbedienung anbietet. Die Verpflichtungen der Bundesbahn sind im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) und im Bundesbahngesetz konkretisiert. Nach § 4 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes gehört es zu den Aufgaben der öffentlichen Eisenbahnen, unter Wahrung wirtschaftlicher Grundsätze und in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Wohl und dem öffentlichen Verkehrsbedürfnis ihren Reise- und Güterverkehr zu bedienen und auszugestalten. Die Stillegung von Bundesbahnstrecken ist nach dem Bundesbahngesetz einem förmlichen Verfahren unterworfen (§§ 12, 14 und 44), in dem alle abzuwägenden Belange geprüft werden. Dabei wirken die Länder und staatlichen Aufsichtsgremien — wie der Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn — mit, so daß gewährleistet ist, daß die Belange des allgemeinen Wohls berücksichtigt werden. Zu Frage 39: Im Rahmen von Stillegungsverfahren wird stets unter anderem auch untersucht, wie das vorhandene Verkehrsaufkommen durch andere Angebotsformen bedient werden kann. Sofern das Verfahren zu einer Umstellung auf andere Verkehrsmittel führt, wird deren Angebot nachfragegerecht gestaltet. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretär Dr. Schulte auf die Fragen der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock (GRÜNE) (Drucksache 11/2146 Fragen 40 und 41): Ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, daß die Deutsche Bundesbahn ihre Absicht, den Zugbetrieb auf der Kursbuchstrecke 472 im Streckenabschnitt Neuss—Kaarst stillzulegen, aufgibt und statt dessen hinsichtlich des Zugmaterials, des Streckenzustands und der Fahrplangestaltung die geeigneten Maßnahmen ergreift, um dem großen Fahrgastpotential in dieser Region — Schüler/innen, Pendler/innen und Naherholungssuchende — ein attraktives Zugangebot zu machen? Liegen der Bundesregierung Pläne vor, die heutige Bundesbahn-Kursbuchstrecke 472 bis nach Krefeld auszubauen und mit S-Bahn-Verkehr im Taktfahrplan zu bedienen, und wenn ja, wie sehen diese Pläne hinsichtlich der Kosten und der Terminierung aus? Zu Frage 40: Die Deutsche Bundesbahn wird auf Weisung des Bundesministers für Verkehr bis zur endgültigen Entscheidung über die Strecke Neuss—Kaarst im Rahmen des gesetzlichen Verfahrens das bestehende Angebot unverändert erhalten. Das Land Nordrhein-Westfalen und die Deutsche Bundesbahn stehen zur Zeit in intensiven Verhandlungen über den Abschluß einer Vereinbarung zur Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs, in die auch die Strecke Neuss—Kaarst einbezogen ist. Kriterien für die künftige Angebotsform sind dabei u. a. der derzeitige Bestand wie auch das erreichbare Reisendenpotential. Deshalb werden die Ergebnisse des Gutachtens, das die Stadt Kaarst in Auftrag gegeben hat und das Aussagen zu einer besseren Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs im Raum Kaarst liefern soll, in diesem Zusammenhang von Bedeutung sein. Zu Frage 41: Nein; dem Bundesminister für Verkehr liegen keine Pläne für den Ausbau einer S-Bahn von Düsseldorf nach Krefeld vor. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Graf (SPD) (Drucksache 11/2146 Fragen 44 und 45): Ist es zutreffend, daß eine Anlage zu Dekontaminierung von Molkepulver nach § 3 der Strahlenschutzverordnung genehmigungspflichtig ist und im Falle der Entseuchung der Molke in Lingen (Antragsteller Firma Noell/Würzburg) das Genehmigungsverfahren bislang unter Umgehung der Strahlenschutzverordnung betrieben wird? Was geschieht mit der Dekontaminierungsanlage in Lingen nach der Entseuchung des gesamten Molkepulvers, und ist es zutreffend, daß die Anlage in Lingen technisch auch in der Lage sein könnte, andere radioaktiv verseuchte Stoffe zu reinigen? Zu Frage 44: Es ist zutreffend, daß für die vorgesehene Dekontaminierung des Molkepulvers in Lingen eine Genehmigung nach § 3 der Strahlenschutzverordnung erforderlich ist. Die Firma Noell hat hierzu Anfang März 1988 einen entsprechenden Antrag gestellt. Vor Beginn der Dekontaminierung muß hierüber die Entscheidung des zuständigen Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Osnabrück vorliegen. Es kann somit keine Rede davon sein, daß der Antragsteller das Genehmigungsverfahren bislang unter Umgehung der Strahlenschutzverordnung betreibt. Zu Frage 45: Pilotanlage und großtechnische Anlage werden im Rahmen einer noch abzuschließenden vertraglichen Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. April 1988 4929* Vereinbarung unverzüglich nach Abschluß der Dekontaminierungsarbeiten abgebaut und aus Lingen abtransportiert. Die Anlagen erscheinen grundsätzlich geeignet, auch andere flüssige Stoffe zu dekontaminieren. Genauere Kenntnisse dazu liegen der Bundesregierung infolge fehlender Untersuchungen nicht vor. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Oostergetelo (SPD) (Drucksache 11/2146 Fragen 46 und 47): Welche Position bezieht die Bundesregierung zur Entseuchung der Dekontaminierungsanlage in Lingen, die nach vorliegenden Einschätzungen 13,4 Millionen DM kosten soll, und ist die Bundesregierung der Meinung, daß angesichts des geringen Nutzenwertes der Molke ein solcher Kostenaufwand gerechtfertigt ist? Hat die Bundesregierung Kenntnis von den Forschungsergebnissen von Dr. Demuth, die Umgebung des Kernkraftwerkes „Würgassen" betreffend, und die von Bernhard Stein, das Lingener Atomkraftwerk betreffend, und welche Position bezieht die Bundesregierung zu diesen Erkenntnissen? Zu Frage 46: Die Bundesregierung hat Anfang 1987 das radioaktiv kontaminierte Molkepulver in ihre Obhut übernommen, um innen- und außenpolitischen Schaden von der Bundesrepublik Deutschland abzuwenden. Die Entwicklung eines geeigneten Verfahrens, das das Molkepulver durch Dekontaminierung für eine wirtschaftliche Verwertung erhält, und die hierbei gewonnenen praktischen Erfahrungen rechtfertigen aus Sicht der Bundesregierung unabhängig vom tatsächlichen Nutzwert des Molkepulvers einen erheblichen Kostenaufwand. Zu Frage 47: Bezüglich des ersten Teils der Anfrage verweise ich auf meine Antworten zu den Anfragen der Abgeordneten Horst Peter, Arb.-Nr. 3/269, 3/270 und Rudolf Müller (Schweinfurt), Arb.-Nr. 3/279 und 3/280. Die Studie von Bernhard Stein ist der Bundesregierung zwar bekannt, liegt ihr aber derzeit nicht vor, so daß heute keine Stellungnahme hierzu bezogen werden kann.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Peter Mitzscherling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Es ist schon bemerkenswert, was wir heute erleben. Da klammert sich eine Regierungskoalition an den Strohhalm einer seit zwei Wochen bekannten Statistik, um in einer Aktuellen Stunde eine Wachstumsbeschleunigung zu dokumentieren.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Aber auch die deutsche Presse!)

    Herr Stoltenberg hatte das auch getan, als er zur IMF-Tagung nach Washington fuhr, und hatte von einem nunmehr erreichten Wachstumstrend von mehr als zwei Prozent gesprochen. Doch er ist prompt dementiert worden. Der Deutsche Industrie- und Handelstag blieb wegen der Unsicherheit über die künftige Währungs- und Wechselkurssituation bei seiner niedrigeren Wachstumsannahme.

    (Dr. Stoltenberg [CDU/CSU]: Er hat vom Jahresdurchschnitt gesprochen, nicht vom Trend!)

    Auch das Wirtschaftsministerium bezweifelte den Optimismus des Herrn Bundesfinanzministers und erklärte, dessen Einschätzung sei mit dem Wirtschaftsministerium nicht abgestimmt gewesen und werde auch in der Sache nicht geteilt — so der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" entnommen.
    Vor einer Woche nun verhagelten dann die neuen Negativzahlen der US-Handelsbilanz die Stimmung der Teilnehmer an der IMF-Frühjahrstagung, der Dollar sackte auf 1,66 DM ab.
    Neue Erkenntnisse liegen seitdem nicht vor, aber der Bundeskanzler eröffnete mit einer optimistischen Rede die Messe in Hannover. Dagegen ist auch überhaupt nichts einzuwenden, denn ein gutes Messeklima wollen ja alle, Verkäufer, Käufer, Interessenten, Besucher und natürlich auch die Politiker. Wir alle — Sie, wir auch — wollen ein stärkeres wirtschaftliches Wachstum, damit neue Arbeitsplätze entstehen und damit die Arbeitslosigkeit abgebaut werden kann.
    Deshalb müssen wir als Politiker unseren Beitrag leisten nach einer nüchternen Analyse dessen, was ist. Voreilige Kommentare bei monatlichen Veränderungen sind hierzu kaum geeignet. Vor allem sollten Sie sich davor hüten, die Konjunktur Kochzureden, um wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf weiter negieren zu können. Bleiben Sie auf dem Teppich einer ungeschönten Bestandsaufnahme!

    (Hinsken [CDU/CSU]: Aber Sie auch!)

    Diese ergibt, Herr Hinsken, daß wir allein aus statistischen Gründen, nämlich des Überhangs und be-



    Dr. Mitzscherling
    stimmte Arbeitstagseffekte in diesem Jahr, ein gesamtwirtschaftliches Wachstum von 1,5 % sozusagen in der Tasche haben. Es darf durchaus etwas mehr werden, aber auch die soeben veröffentlichten Prognosen des Internationalen Währungsfonds erwarten für die Bundesrepublik für dieses und für das nächste Jahr 1,7 %, ähnlich die OECD. Damit bilden wir mit Frankreich zusammen für dieses und nächstes Jahr die Schlußlichter unter den Industrieländern.
    Viel wird sich daran nicht ändern. Der Staatsverbrauch ist schätzbar; wir kennen es an Hand der uns vorliegenden Zahlen. Auch der private Verbrauch ist annähernd abzugreifen; auch hier sind die Aggregate im Kreislaufzusammenhang zu werten. Über den Investitionszuwachs angesichts der Investitionsgüterauftragsvermehrung zu spekulieren, halte ich für zu verfrüht. Hier kann man — das hat der Bundeskanzler getan — appellieren. Es bleiben der Lageraufbau und der Außenbeitrag. Die Vorratsinvestition, der Lageraufbau, war im letzten Jahr besonders hoch. Er lag real bei immerhin 9 Milliarden DM, das Ifo-Institut schätzt für dieses Jahr 2 Milliarden DM.
    Sie hoffen nun im Stillen, daß die Ausfuhren besser laufen als erwartet, und Herr Schwörer hat die Anpassungsfähigkeit der deutschen Exportwirtschaft gelobt. Man kann ihm nur zustimmen; offensichtlich sind diese Anpassungsmöglichkeiten stärker als oftmals von uns eingeschätzt. Wenn sich aus diesen Ergebnissen tatsächlich ein Trend zu wiederum höheren Ausfuhren ergeben sollte, mag das zu einem leicht höheren Wachstum führen.
    Nur, meine Damen und Herren, jubeln Sie nicht zu früh: Wenn das US-Handelsbilanzdefizit — Herr Sellin hat darauf hingewiesen — erneut zu einem Leistungsbilanzdefizit der USA von über 140 Milliarden Dollar führt und wir auch 1988 abermals mit einem großen Außenhandelsüberschuß abschließen, ergeben sich folgende Konsequenzen: Der Kurs des US-Dollar dürfte weiter sinken, es drohen in den USA Inflation und Zinssteigerung, die Finanzierung des US-Leistungsbilanzdefizites wird noch problematischer, die protektionistischen Tendenzen werden sich verschärfen. In der EG werden diese Überschüsse, die wir dann jetzt erzielen, seitens unserer EG-Partner den Druck auf eine Aufwertung der D-Mark wachsen lassen.
    Deshalb, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, ist kein Anlaß zum Jubilieren. Sie sollten bedenken, es führt kein Weg daran vorbei, eine stärker binnenwirtschaftlich orientierte Wachstumsstrategie zu fahren, mehr zu importieren und damit zum Abbau der weltweiten Handelsungleichgewichte beizutragen. Wir haben unsere Vorstellungen dazu entwickelt. Dazu zählt auch eine kooperative Wachstumsstrategie in Europa. Ich glaube, Sie sollten die heutige Aktuelle Stunde zum Anlaß nehmen, auch diese Bemerkungen, nicht im Sinne bewußten Miesmachens, sondern einer nüchternen Bestandsaufnahme, mit nach Hause zu nehmen.
    Ich bedanke mich.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Börnsen (Bönstrup).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Börnsen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Sachkenner sagen, daß 50 % der Wirtschaftsdynamik von der Stimmungslage abhängig sind, dann sind Zeitpunkt und Zielsetzung dieser Aktuellen Stunde zutreffend gewählt.

    (Becker [Nienberge] [SPD]: Kurz vor der Wahl in Schleswig-Holstein! — Dr. Ehrenberg [SPD]: So überzeugend war das nicht!)

    Schubkraft, um einen positiven Trend zu verstärken, ist gefragt und nicht kleinkarierte Mäkelei, auch nicht die Dauerstrategie, die hohe Arbeitslosigkeit als Fallbeil einer angeblich verfehlten Wirtschaftspolitik zu mißbrauchen. Ihr Abbau tut not — da gibt es keine Frage — , aber alleinbestimmender Gradmesser für Politikqualität kann sie nicht sein.
    Die Sicherung und der Ausbau gesamtvolkswirtschaftlicher Leistung haben Vorrang. Hier haben Wirtschafts- und Finanzminister und Regierung für einen geordneten Aufschwung in Stabilität gesorgt.
    Das Wirtschaftswachstum geht jetzt in das sechste Jahr, die Preisstabilität geht in das sechste Jahr, der Beschäftigungszuwachs geht mit einer Dreiviertelmillion neuer Arbeitsplätze in das sechste Jahr. Arbeitsplätze sind geschaffen worden. Wir gehen in das sechste Jahr real steigender Löhne und auch real steigender Renten.

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Bis 1985 waren die Reallöhne rückläufig!)

    — Das trifft nicht zu.
    Im sechsten Jahr steigt das frei verfügbare Einkommen. Die Zinsen gehen zurück, und auch bei der Inflationsrate haben wir jetzt im sechsten Jahr kein Thema mehr zu bestellen.
    Dieser Erfolg beruht letzten Endes auf der Schaffenskraft von Millionen fleißigen, zuverlässigen und einsatzbereiten Frauen und Männern unserer Republik, auf der Dynamik einer zuversichtlichen Wirtschaft, durchweg verantwortungsbewußten Tarifpartnern und wird getragen von einer Wirtschaftspolitik, die Stetigkeit, Berechenbarkeit und Reformbereitschaft deutlich macht.
    Wenn wir heute Dauerarbeitslosigkeit, Belastungen für die Leistungsbereiten und überholte Strukturen in manchen Regionen unseres Landes beklagen, dann sind diese Klagen zu einem erheblichen Teil auf die Reformverweigerung der 70er Jahre zurückzuführen. Wer Wachstum verdammte, Technikfeindlichkeit praktizierte und für eine konservierende Wirtschaftspolitik plädierte, der hat nicht Sturm, sondern starre Strukturen geerntet.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Ist doch alles vergiftet! Was reden Sie überhaupt!)

    Wer qualifiziertes Wirtschaftswachstum mit der Perspektive für die 90er Jahre will, der kann es nur durch mehr Marktöffnung, mehr Privatisierung und mehr Deregulierung erreichen, mehr über Reformen bei Steuern, Renten und im Gesundheitswesen. Das sichert anhaltende Kaufkraft, garantiert angemessene



    Börnsen (Bönstrup)

    Altersversorgung und stoppt — wie im Gesundheitswesen — eine Kostenlawine, die jede Wirtschaftsbelebung erdrücken könnte. Aber gerade Wachstum mit dem Gütesiegel der Qualität ist gefragt. Davon abhängig sind die soziale Sicherung, der Abbau der Arbeitslosigkeit und die Aufgabenbewältigung im Umweltschutz.
    Diese Regierung hält ihren Kurs. Hinzu kommt ihre Konsequenz bei der größten Steuerreform in der Geschichte unseres Landes und bei der Schaffung des europäischen Binnenmarkts.
    Eine solche Politik schafft positive Perspektiven, Vertrauen und ermutigt die Unternehmen zum Handeln. Die neuesten Daten stützen diese Einschätzung.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: 3 Millionen Sozialhilfeempfänger!)

    Trotz Börseneinbrüche, Dollarsturz und Schwarzmalerei selbsternannter Krisenpropheten hat unsere Wirtschaft wieder Tritt gefaßt. Sie hat die Herausforderung des Herbstes bestanden. Wirtschaftswachstum ist garantiert. Im Investitionsgütergewerbe liegen deutliche Auftragszuwächse vor. In manchem Bundesland ist diese Aufwärtsentwicklung ganz klar spürbar geworden.
    Für 1988 prognostizieren die deutschen Volks- und Raiffeisenbanken einen Einkommenszuwachs von 50 Milliarden DM, ausgelöst durch Steuerreform und Tarifabschlüsse. Die Sparmentalität, sagen sie, geht zurück. Sie weicht einer aufgeschlossenen Kauf- und Investitionsbereitschaft. Preisstabilität, Niedrigzinsen und Steuersenkung lassen dieses Jahr 1988 vielleicht zu einem goldenen Jahr für den Verbraucher werden. Ist das nichts?

    (Dr. Haussmann [FDP]: Doch!)

    Doch dieses Jahr erhält erst dann seine besondere Qualität, wenn auch die Unternehmen, auch die Großen unter ihnen, zu einer neuen Investitionsoffensive starten. Das muß sein. Arbeit müssen wir schaffen, Vollbeschäftigung und eine Aufforderung an die Unternehmen, mit dafür zu sorgen, aus moralischer, staatspolitischer und ökonomischer Verantwortung.
    Danke schön.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)