Rede von
Paul
Breuer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jeder, der Verantwortung für Tiefflüge trägt und spürt
— und das tut man nicht nur, wenn man Mitglied des Verteidigungsausschusses ist, sondern beispielsweise auch, wenn man Abgeordneter eines Wahlkreises in einem Tieffluggebiet ist — , wird insbesondere durch Unfälle, wie sie jetzt Ende März wieder stattgefunden haben, wieder an seine Verantwortlichkeit gemahnt.
Die Frage ist, welche Konsequenzen wir daraus zu ziehen haben. Wenn ich diese Debatte einmal kennzeichnen darf, meine Damen und Herren, so sind es im wesentlichen zwei Positionen, die hier vertreten worden sind: Es ist einmal die radikale Position, die vom Kollegen Dr. Lippelt vertreten worden ist, der sagt: Weg mit dem Tiefflug! Anders sind die Risiken, die damit verbunden sind, nicht zu verantworten. Das ist eine konsequente Position, die ich aber nicht teilen kann, und ich werde das begründen.
Es gibt eine zweite Position, die hier vertreten wird, nämlich die, zu sagen: Wir kommen an den Tiefflügen unter militärischen Gesichtspunkten, unter Gesichtspunkten der Erhaltung von Frieden und Freiheit nicht vorbei. Aber wir wollen uns, wie wir das in der Vergangenheit getan haben, weiter bemühen, Gefährdungen hier auszuschließen, weiter auszuschließen — nach den Fortschritten von Technik und anderen Möglichkeiten.
Und dann gibt es, meine Damen und Herren — das scheint mir das Interessante an dieser Debatte zu sein, und darauf muß der Bürger hingewiesen werden —, eine unterstellte dritte Position — ich sage noch einmal: eine unterstellte dritte Position — , nämlich die Position, es solle alles beim alten bleiben. Diese Position dient denjenigen, die letztlich gar nichts anderes sagen können, als daß der Tiefflug bleiben muß, daß sie ihn aber entschärfen wollen, und die sich dem Bürger gegenüber dazu selbst legitimieren.
Hier möchte ich insbesondere zwei Kollegen in der Debatte etwas angreifen, bei denen ich diese Position sehe. Das ist einmal der Kollege Heistermann. Herr Kollege Heistermann, Sie sitzen mit mir, mit anderen Kollegen zusammen im Unterausschuß „Militärischer Fluglärm". Wir — das können wir wirklich sagen — versuchen doch gemeinsam, bessere Regelungen zu treffen, Gefährdungen auszuschließen, Lärm zu bekämpfen usw. Wir unterbreiten Vorschläge, wir hören uns Gutachten an, versuchen, daraus Vorschläge zu
gewinnen. Ich wüßte keinen Vorschlag, dem in der Vergangenheit nicht nachgegangen worden ist. Das einzige, das Sie heute hier zu bieten haben, ist die Tiefflugpause. Damit wollen Sie gegenüber den betroffenen Bürgern glaubwürdiger sein. Ich bin davon überzeugt, daß Ihnen das niemand abnimmt. Denn: Was würden wir denn mit der Pause erreichen, oder wann würde sie sich anbieten? Sie würde sich dann anbieten, wenn wir vermuten müßten, daß Fehler in Systemen von Flugzeugen, die abgestürzt sind, vorhanden sind. Es waren zwei verschiedene Systeme: Es war zum einen eine Mirage, es war zum anderen eine F 16. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein technischer Fehler, den man in einer Pause beheben könnte, ausgeschlossen werden könnte, ist gar nicht gegeben. Insofern ist die Pause in meinen Augen nichts anderes als Augenwischerei.
Meine Damen und Herren, zum Kollegen Müller — ich meine den Kollegen Müller ; ich sehe ihn jetzt gerade nicht — noch ein Wort. Der Kern der Aussage des Kollegen Müller war: Wenn sich Unmut regt, wenn sich Betroffenheit regt, wenn sich Ärgernis regt, dann muß Politik dem nachgeben, selbst dann, wenn wissenschaftliche oder auch militärwissenschaftliche Erkenntnisse dagegen sprechen. Dazu muß ich sagen: Es ist ja eine Leistung unserer Zivilisation und unserer Kultur, daß das rational Erfaßbare über das Irrationale gesetzt wird. Sie schlagen hier das Gegenteil vor. Dem kann ich nicht folgen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.