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ID1106901800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/69 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 69. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. März 1988 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 4686 C Tagesordnungspunkt 26: Aussprache über die Lage im Nahen Osten, insbesondere in den von Israel besetzten Gebieten Dr. Stercken CDU/CSU 4667 B Gansel SPD 4669 D Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 4672 B Schily GRÜNE 4674 B, 4680 D Genscher, Bundesminister AA 4674 C Frau Renger SPD 4676 D Frau Geiger CDU/CSU 4678 C Frau Bulmahn SPD 4681 D Tagesordnungspunkt 27: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (Drucksachen 11/281, 11/1892, 11/1943) Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU 4683 D Singer SPD 4684 C Kleinert (Hannover) FDP 4684 D Frau Nickels GRÜNE 4685 C Engelhard, Bundesminister BMJ 4686 A Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen auf Einwilligung in die Veräußerung bundeseigener Grundstücke in Mannheim-Schönau (Drucksache 11/1992) 4686 C Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. de With, Singer, Frau Dr. Däubler-Gmelin, Bachmaier, Klein (Dieburg), Dr. Pick, Schmidt (München), Schütz, Stiegler, Wiefelspütz, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Rechts der Untersuchungshaft (Drucksache 11/688) Singer SPD 4686 D Marschewski CDU/CSU 4688 D Frau Nickels GRÜNE 4690 A Funke FDP 4691 B Engelhard, Bundesminister BMJ 4692 B Nächste Sitzung 4693 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4695* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 4695* C Anlage 3 Beurteilung des Fan-Gutachtens und Gründe für die Nichtveröffentlichung; Konsequenzen für die Vorbereitung der Fußballeuropameisterschaft MdlAnfr 75, 76 04.03.88 Drs 11/1937 Brauer GRÜNE SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . . 4695* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. März 1988 4667 69. Sitzung Bonn, den 11. März 1988 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 11. 3. Bahr 11. 3. Frau Beck-Oberdorf 11. 3. Becker (Nienberge) 11. 3. Bindig 11. 3. Frau Brahmst-Rock 11. 3. Buschbom 11. 3. Buschfort 11. 3. Catenhusen 11. 3. Frau Conrad 11. 3. Ebermann 11. 3. Frau Fuchs (Köln) 11. 3. Dr. Gautier 11. 3. Dr. Glotz 11. 3. Dr. Götz 11. 3. Gröbl 11. 3. Dr. Hauff 11. 3. Dr. Haussmann 11. 3. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 11. 3. Frau Hensel 11. 3. Dr. Holtz 11. 3. Dr. Hüsch 11. 3. Ibrügger 11. 3. Dr. Jobst 11. 3. Frau Kelly 11. 3. Kiechle 11. 3. Klein (Dieburg) 11. 3. Klein (München) 11. 3. Dr. Köhler (Wolfsburg) 11. 3. Koschnick ** 11. 3. Lemmrich 11. 3. Lintner 11. 3. Frau Luuk 11. 3. Dr. Mechtersheimer 11. 3. Dr. Mertens (Bottrop) 11. 3. Meyer 11. 3. Müller (Schweinfurt) 11. 3. Dr. Neuling 11. 3. Oostergetelo 11. 3. Dr. Pinger 11. 3. Reimann 11. 3. Repnik 11. 3. Reschke 11. 3. Reuschenbach 11. 3. Frau Roitzsch (Quickborn) 11. 3. Sauer (Salzgitter) ** 11. 3. Schäfer (Mainz) 11. 3. Frau Schilling 11. 3. von Schmude 11. 3. Dr. Schneider (Nürnberg) 11. 3. Dr. Schöfberger 11. 3. Schreiber ** 11. 3. Schütz 11. 3. Schulze (Berlin) 11. 3. Seehofer 11. 3. Frau Simonis 11. 3. Dr. Spöri 11. 3. Stiegler 11. 3. Frau Teubner 11. 3. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Trenz 11. 3. Frau Unruh 11. 3. Verheugen 11. 3. Frau Dr. Vollmer 11. 3. Dr. Waigel 11. 3. Graf von Waldburg-Zeil 11. 3. Wieczorek (Duisburg) 11. 3. Wilz 11. 3. Wischnewski 11. 3. Wissmann 11. 3. Dr. de With 11. 3. Frau Wollny 11. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 7. März 1988 mitgeteilt, daß sie ihren Antrag „Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse in der Republik Südkorea", Drucksache 11/525, zurückzieht. Der Vorsitzende des Finanzausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht; Drucksache 11/883 Nr. 48 Drucksache 11/1526 Nr. 1.3 Drucksache 11/1450 Nr. 1.1, 1.2 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Innenausschuß Drucksache 11/1656 Nr. 3.1 Finanzausschuß Drucksache 11/1707 Nr. 1 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 11/1656 Nr. 3.38 Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Brauer (GRÜNE) (Drucksache 11/1937 Fragen 75 und 76) : Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse des jüngsten Fan-Gutachtens, und welche Gründe sprachen nach Ansicht der Bundesregierung gegen die ursprünglich geplante Entscheidung einer offiziellen Übergabe des Gutachtens an die Öffentlichkeit? Welche Schlußfolgerungen zieht sie für die Vorbereitung der bevorstehenden Fußballeuropameisterschaft, und wie soll nach Ansicht der Bundesregierung der internationale Fan-Meldedienst funktionieren bzw. ausgestaltet werden? 4696* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. März 1988 Zu Frage 75: Das Gutachten „Fankultur und Fanverhalten" wurde von den Mitgliedern der Projektgruppe „Sport und Gewalt" des Bundesinstituts für Sportwissenschaft als Weiterführung der ersten Studie zu „Sport und Gewalt" erstellt. Im Mittelpunkt des Gutachtens stehen Beschreibungen der heutigen Jugendkultur und ihres Strukturwandels, der Fankultur und Fanrealität, der Reaktionen von Sportvereinen, Medien und Polizei auf das Fanverhalten und eine Begründung der pädagogischen Arbeit mit Fußballfans aus der Sicht der Verfasser, was noch der kritischen Überprüfung bedarf. Der Bundesminister des Innern hat die Erstellung zwar initiiert, auf die inhaltliche Ausgestaltung des Gutachtens aber keinen Einfluß genommen. Ich bin z. B. der Ansicht, daß die im Gutachten immer wieder auftauchende Kritik am Polizeieinsatz nicht hilfreich ist. Bürger, auch Fußballzuschauer, haben Anspruch, vor einer gewaltorientierten Minderheit von Jugendlichen, für die der im Gutachten undifferenziert verwandte Begriff „Fan" im Grunde falsch ist und die Bezeichnung „Rowdy" besser paßt, geschützt zu werden. Die im Gutachten geforderte sogenannte Rückbindung des Polizeieinsatzes ist erst dann möglich, wenn keine gravierenden Rechtsverstöße durch Besucher von Fußballspielen mehr zu befürchten sind. Ursprüngliche Vorüberlegungen das Gutachten im Rahmen eines Pressegesprächs selbst der Öffentlichkeit vorzustellen hat der Bundesminister des Innern nach Vorlage des Gutachtens nicht weiter verfolgt, weil er wie dargetan, sich nicht inhaltlich mit ihm identifizieren kann. Zu Frage 76: Unmittelbare Schlußfolgerungen für die Vorbereitungen der Sicherheit zur Fußball-Europameisterschaft 1988 in der Bundesrepublik Deutschland sind dem Gutachten nicht zu entnehmen. Zwischen den EG-Partnerstaaten ist mit Zustimmung der verantwortlichen Bundesländer vereinbart, daß sicherheitsrelevante Fakten über einreisende Fan-Gruppen während der Fußball-Europameisterschaft 1988 rechtzeitig über einen zentralen Ansprechpartner an die zuständigen Polizeibehörden der Länder gesteuert werden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist vielleicht die überzeugendste Rede, die aus innerer Bewegung abgebrochen wird. Ich danke Otto Schily dafür. Ich danke ihm aber auch dafür, daß er weitergemacht hat.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)




    Frau Bulmahn
    Diese Aussprache hat uns allen, besonders uns Jüngeren, gezeigt, daß eine Nahost-Debatte für uns auch eine Debatte über unsere Vergangenheit, über unsere schwere Erbschaft, über unser Selbstverständnis und über unsere Zukunft ist. Die neuerliche Zunahme von Gewalt, die zahlreichen Todesfälle im Gaza-Streifen und in dem Westjordanland bereiten uns allen große Sorge. Die bekanntgewordenen Übergriffe israelischer Soldaten, die Anwendung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen verstoßen gegen fundamentale Menschenrechte. Sie sind nicht zu rechtfertigen und können von uns nicht schweigend übergangen werden. Aber das ist nur eine Seite. Wir dürfen die andere Seite nicht übersehen: fanatisierte Kinder und Jugendliche, die mit Steinen und Molotowcocktails auf israelische Soldaten werfen, Israelis, die überfallen und ermordet werden, nicht nur Soldaten, sondern auch Zivilisten.
    Moralische Selbstgerechtigkeit und Überheblichkeit, einseitige Schuldzuweisungen, wie sie in den letzten Wochen häufiger vorkamen, sind in dieser Situation völlig fehl am Platze. Unser historisches Erbe und damit einhergehend die besondere Verantwortung, in der wir stehen, sind keine Frage des Alters, keine Frage einer bestimmten Generation. Sie ist geschichtlicher Fakt, ein Fakt, der uns allen, ob jung oder alt, eine besondere Zurückhaltung im Israel/Palästina-Konflikt auferlegt, ein Fakt, der uns auch besonders sensibel für die Bewegungen in unserem Lande machen sollte, die wieder das Motto „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen" predigen und die selbstgerecht auf andere zeigen.
    Unsere Geschichte gibt keinen Anlaß, uns wie Herr Bundesbildungsminister Möllemann moralisch über das Verhalten der israelischen Besatzungstruppen zu entrüsten, einseitige Verurteilungen vorzunehmen und mit Sanktionen zu drohen.

    (Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der CDU/CSU sowie der Abg. Frau Dr. HammBrücher [FDP])

    Es ist gespenstisch, wenn Herr Möllemann erklärt, Israels Ministerpräsident Schamir setze offenbar kühl darauf, daß vor dem Hintergrund des ungeheuerlichen Völkermordes an den Juden während der Naziherrschaft kaum jemand bereit sei, die derzeitige Politik Israels zu kritisieren. Diese einseitige Verurteilung Israels, zudem noch verbunden mit Drohungen durch deutsche Politiker, gibt nur jenen Alt- und Neunazis Auftrieb, die dankbar jede Gelegenheit ergreifen, die Verbrechen der NS-Zeit zu relativieren und zu verharmlosen und sie gegen andere Verbrechen aufzurechnen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Das, was in dem Zusammenhang der Nahostdebatte gesprochen worden ist, gesagt worden ist, geschrieben worden ist, in der Presse und in der Öffentlichkeit, hat mich persönlich verletzt. Das macht mir Angst; es macht mir Angst um die Zukunft unserer Demokratie. Meine Damen und Herren, die Förderung antisemitischer Tendenzen, die Verharmlosung der nationalsozialistischen Verbrechen dürfen wir nicht zulassen. Wenn wir sie zulassen, machen wir uns erneut schuldig. Was im deutschen Namen in Europa während des Nationalsozialismus geschehen ist, duldet keinen Vergleich. Der planmäßige Mord an Millionen von Juden ist ein in der Menschheitsgeschichte unvergleichbares Verbrechen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Angesichts von Auschwitz und Treblinka kann daher eine deutsche Verurteilung Israels nur zur Verhärtung der Fronten innerhalb Israels führen.
    Meine Damen und Herren, ich selbst habe ein Jahr in einem Kibbuz in Israel am Rande der Negev gelebt und gearbeitet. Ich weiß aus meiner persönlichen Erfahrung, wie mißtrauisch und sensibel Israelis — unabhängig von ihrer politischen Einstellung — auf eine derartige Einmischung aus Deutschland reagieren. Sie sind dann, wenn sie Vertrauen zu der Person gefaßt haben, zu diesem Gespräch bereit, aber sie wehren sich gegen plakative, pauschale, der Kompliziertheit der Situation nicht angemessene Kritik — meines Erachtens zu Recht.
    Vor dem Hintergrund des Holocaust, der zahlreichen Verfolgungen und Progrome in den anderen Ländern heißt Israeli zu sein, immer mit der Bedrohung und Angst zu leben: vor dem Krieg, vor dem Tod, dem eigenen, dem Tod der Kinder, der Verwandten, zu leben mit der Angst vor Überfällen, vor dem Verlust der Heimat. Kein Israeli wächst ohne diese Angst auf. Sichtbarer Ausdruck hierfür sind die Soldatinnen und Soldaten, das Gewehr auf der Schulter der Zivilisten, die Wachen, die nachts patrouillieren, der Luftschutzbunker unter dem Spielplatz, der Bunker vor dem Gemeinschaftsraum nahe der Synagoge, die militärischen Verteidigungsanlagen und die Camps.
    Jeder weiß, daß diese Bedrohung nicht der Vergangenheit angehört. Überfälle, mehr oder minder gewaltsame Auseinandersetzungen, Grenzverletzungen erlebt man täglich. Man hört und man liest darüber. Sie sind Bestandteil des normalen Lebens. Die Bedrohung ist Gegenwart, sie ist nicht eingrenzbar, und sie wirkt sich bis in das kleinste Dorf aus. Viele Israelis leben daher in dem Bewußtsein: Wir sind auf uns allein gestellt und müssen uns selbst verteidigen und schützen, und im Gegensatz zu unseren Großeltern können wir dies und tun es auch.
    Eine oberflächliche Betrachtungsweise, zu der die Wahrnehmung des Israel/Palästina-Konflikts per Bild und Film geradezu verführt, macht blind für Ursache und Entwicklung des Konflikts,

    (Frau Dr. Hamm-Brücher [FDP]: Sehr wahr!)

    und sie macht — das ist genauso entscheidend — blind für die vielfältigen politischen Strömungen und Gruppierungen in Israel und bei den Palästinensern und deren unterschiedliche Einschätzungen. Es gibt in Israel keine einheitliche Sicht des Palästina-Problems. Es gibt die Gruppe derjenigen, die die Palästinenser als Erbfeinde betrachten, die sie am liebsten auch aus den besetzten Gebieten restlos vertreiben würden, die ein Israel ohne Palästinenser wollen. Es gibt aber auch die wesentlich stärkere Friedensbewegung, die sich für eine Räumung der besetzten Gebiete, für ein nachbarschaftliches Verhältnis, für das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser seit langem einsetzt, die ihnen gleiche Rechte und Chancen



    Frau Bulmahn
    einräumen will. Es gibt die Arbeiterpartei, die sich, wie Annemarie Renger bereits ausgesagt hat, mit ganz konkreten Schritten um einen dauerhaften Frieden bemüht. Es gibt den Likud-Block, und es gibt viele andere kleine Parteien, jeweils mit einer unterschiedlichen Sichtweise. Und — das sollte man nicht vergessen — es gibt die vielen jungen Israelis, die endlich einmal unbelastet, ohne das Schwert im Nakken zu spüren, leben möchten,

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    viele, die endlich Frieden wollen, weil es so viele andere notwendige Aufgaben in Israel zu erledigen gibt.
    Zur inneren Tragik des Nahost-Konfliktes gehört es, daß die Gründung des Staates Israel nur um den Preis neuer Opfer und neuer Leiden möglich war. Dem Existenzrecht Israels steht das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser gegenüber. Beide Ansprüche sind legitim und schließen sich so lange gegenseitig aus, wie es den Israelis und Palästinensern nicht gelingt, sich auf einen für beide Seiten tragfähigen Kompromiß zu verständigen. Eine Lösung des Nahost-Konflikts ist für beide Seiten eine Frage des Überlebens, eine Frage der Erhaltung ihrer persönlichen, aber auch ihrer politischen und moralischen Integrität.
    Eine deutliche Sprache spricht in diesem Zusammenhang ein Aufruf, den fast 500 israelische Psychologen, Psychiater, Sozialarbeiter und Geisteswissenschaftler unterschrieben haben:
    Seit 20 Jahren leben die Araber in besetzten Gebieten — ohne Bürgerrechte, in Furcht und Demütigung. Diese Situation hat einen schrecklichen Einfluß auf die jüdische Bevölkerung selbst. Wir sind jeden Tag mit Akten der Unterdrückung beschäftigt. Wir sind dabei, unser Gefühl für menschliches Leid zu verlieren, und unsere Kinder wachsen auf mit den Werten von Diskriminierung und Rassismus. Von einem todbringenden Standpunkt haben wir unsere Soldaten in eine unmögliche Situation gebracht.
    Die Situation der Palästinenser ist trostlos. Sie fühlen sich im Stich gelassen von den übrigen arabischen Ländern. Besonders die Menschen, die in Lagern leben, haben nichts als Hoffnungslosigkeit, Armut und den Wunsch nach Rache kennengelernt. Sie sind aufgegeben worden, auch von ihren angeblichen Freunden, für die sie — das ist immer mehr Palästinensern deutlich geworden — nur ein Spielball für deren Interessen waren.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Krieg ist kein Zustand, der unbegrenzt andauern kann, ohne daß die Beteiligten Schaden nehmen. Es muß möglich sein, eine Friedensordnung zu finden, die sowohl dem Existenzrecht Israels wie dem Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser Rechnung trägt. Es gibt keine andere Wahl.
    Es gibt aber auch Zeichen der Bewegung, Zeichen der Hoffnung. So zeigte die arabische Seite in den vergangenen Jahren, wie etwa auf der 9. Arabischen Gipfelkonferenz von 1982 in Fes, zunehmend Bereitschaft, die staatliche Existenz Israels anzuerkennen.
    Ähnliches ist auch in neueren Erklärungen Arafats erkennbar. Hoffnung machen auch die Vorschläge von Außenminister Shultz oder die Vorschläge des israelischen Außenministers Peres, der baldige Wahlen und Autonomieverhandlungen für die besetzten Gebiete sowie eine internationale Nahost-Friedenskonferenz befürwortet.
    Gesprächs- und Kompromißbereitschaft sowie Verhandlungen sind der einzige Weg, der aus dieser scheinbar ausweglosen Lage herausführen kann. Gerade deshalb hilft es weder Israel noch den Palästinensern, wenn wir Deutschen Schuldzuweisungen aussprechen und den moralischen Zeigefinger heben. Was notwendig ist, ist, die Bereitschaft zu fördern, miteinander zu reden, nicht nur auf Staatsebene, sondern auch von Frau zu Frau, von Mann zu Mann. Schuldzuweisungen und deklamatorische Appelle helfen in einer derartigen Situation nicht, sondern verhärten die jeweilige Seite, die sich nun noch einmal mehr im Recht fühlt. Sie verhindern somit die Bereitschaft zur Annäherung, zur Akzeptanz des anderen und stärken damit die Gegner eines Friedensplans im jeweiligen Lager.
    Wir alle wollen auf dem Weg zum Frieden helfen. Wir dürfen dabei aber zumindest nicht weiter stören.

    (Beifall bei allen Fraktionen)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 27 auf:
Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen
— Drucksache 11/281 —
a) Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuß)

— Drucksache 11/1892 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Dr. Stark (Nürtingen) Dr. de With
b) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 11/1943 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Diller von Schmude
Frau Vennegerts

(Erste Beratung 16. Sitzung)

Meine Damen und Herren, nach einer Vereinbarung im Ältestenrat sind für die Beratung 30 Minuten vorgesehen. — Ich sehe keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Stark.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Anton Stark


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

    (Unruhe)