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    Plenarprotokoll 11/68 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 68. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. März 1988 Inhalt: Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrags der Abgeordneten Müntefering, Conradi, Amling, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Die Wohnungsgemeinnützigkeit erhalten und stärken (Drucksache 11/1389) Müntefering SPD ......................4627 B Dr. -Ing. Kansy CDU/CSU................4629 C Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE..........4633 A Grünbeck FDP..........................4634 D Jahn (Marburg) SPD....................4636 D Dr. Schneider, Bundesminister BMBau.. 4638 D Conradi SPD ..........................4641B Schulhoff CDU/CSU ....................4643 C Mischnick FDP (Erklärung nach § 30 GO) 4645 C Conradi SPD (Erklärung nach § 30 GO). 4645 D Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 8: Gesetz zu dem Übereinkommen vom 10. April 1984 über den Beitritt der Republik Griechenland zu dem am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Drucksachen 11/1611, 11/1951).............4646 A Tagesordnungspunkt 23: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. Vollmer, Frau Olms und der Fraktion DIE GRÜNEN: Übernahme des Berliner Document Centers für NS-Akten durch die Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 11/1926) Frau Olms GRÜNE......................4646 B Neumann (Bremen) CDU/CSU ..........4648 A Frau Hämmerle SPD....................4650 A Lüder FDP ............................4651C Dr. Waffenschmidt, Pari. Staatssekretär BMI ................. 4652 C Tagesordnungspunkt 24: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Teubner, Frau Oesterle-Schwerin und der Fraktion DIE GRÜNEN: Maßnahmen zur Einpassung der Einzelhandelsnutzung in das übergeordnete Gesamtsystem der städtischen Entwicklung (Drucksache 11/1645) Frau Teubner GRÜNE ..................4654 A Oswald CDU/CSU......................4655 D Scherrer SPD ..........................4657 C Grünbeck FDP..........................4659 B Dr. Riedl, Parl. Staatssekretär BMWi... 4660 C Tagesordnungspunkt 25: a) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin, Bachmaier, Klein (Dieburg), Dr. Pick, Schmidt (München), Schütz, Singer, Stiegler, Wiefelspütz, Dr. de With, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung (§140 Abs. 1 Nr. 4 StPO) (Drucksachen 11/816, 11/1933)II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 68. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. März 1988 b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Nickels und der Fraktion DIE GRÜNEN: Keine Zwangsverteidiger für Blinde (Drucksachen 11/624, 11/1933) Singer SPD .............. 4662 C Eylmann CDU/CSU .......... 4663 C Frau Nickels GRÜNE.......... 4663 D Kleinert (Hannover) FDP ................4664 C Engelhard, Bundesminister BMJ..........4665 A Nächste Sitzung........................4665 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten.. 4666* ADeutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 68. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. März 1988 4627 68. Sitzung Bonn, den 10. März 1988 Beginn: 17. 30 Uhr
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    4666* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 68. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. März 1988 Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 11. 3. Andres 10. 3. Antretter * 10. 3. Bahr 11. 3. Becker (Nienberge) 11. 3. Dr. Blank 10. 3. Böhm (Melsungen) * * 10. 3. Frau Brahmst-Rock 11. 3. Buschhom 11. 3. Buschfort 11. 3. Dr. Dregger 10. 3. Frau Fuchs (Köln) 11. 3. Dr. Glotz 11. 3. Dr. Hauff 11. 3. Dr. Haussmann 11. 3. Frau Hensel 11. 3. Ibrügger 11. 3. Frau Karwatzki 10. 3. Frau Kelly 11. 3. Kiechle 11. 3. Klein (Dieburg) 11. 3. Klein (München) 11. 3. Koschnick * * * 11. 3. Lenzer * * 10. 3. Lintner 11. 3. Dr. Mertens (Bottrop) 10. 3. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Meyer 11. 3. Möllemann 10. 3. Müller (Schweinfurt) 11. 3. Oostergetelo 11. 3. Reddemann * 10. 3. Reimann 11. 3. Repnik 11. 3. Sauer (Salzgitter) * * * 11. 3. Seehofer 11. 3. Frau Schilling 11. 3. Schmidt (München) * * 10. 3. von Schmude 11. 3. Schreiber * * * 11. 3. Frau Simonis 11. 3. Dr. Spöri 11. 3. Frau Trenz 11. 3. Dr. Voss 10. 3. Dr. Waigel 11. 3. Wieczorek (Duisburg) 11. 3. Wilz 11. 3. Wischnewski 11. 3. Dr. de With 11. 3. Frau Wollny 11. 3. Dr. Zimmermann 11. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union * * * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Josef Grünbeck


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Den Titel des Antrags der GRÜNEN muß man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen:

    Maßnahmen zur Einpassung der Einzelhandelsnutzung in das übergeordnete Gesamtsystem der

    städtischen Entwicklung.

    Bis ich das begriffen habe, habe ich es dreimal lesen müssen. Dann habe ich den Unfug gelesen, den Sie da hineingeschrieben haben. Man muß wirklich einmal darüber nachdenken, was so eine grüne Irrlehre eigentlich alles an sprachlichen Seifenblasen produzieren kann.


    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Was? Wie bitte?)


    Darf ich Ihnen ein paar Beispiele bringen? Sie behaupten, daß Fachleute — ich weiß nicht, welche Fachleute das sind —,


    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Mit Sicherheit nicht Ihre!)


    heute eine drohende Unterversorgung mit Waren und Dienstleistungen im ländlichen Raum feststellen.


    (Scherrer [SPD]: Das stimmt doch auch!)


    — Wer denn? Ich habe noch keinen gefunden, der sich im ländlichen Raum auskennt--


    (Zurufe von den GRÜNEN: Die Leute, die dort wohnen!)


    — Ich nehme an, daß Sie da gar nicht leben, daß Sie noch nichts von einem funktionierenden Familieneinkauf gehört haben. Gehen Sie denn eigentlich noch zu Tante Emma?


    (Frau Traupe [SPD]: Aber sicher!)


    — Das ist lobenswert.

    Die meisten Leute reden ja über die Tante-Emma-Läden, aber sie gehen nicht hinein, weil sie natürlich Anspruch auf eine Versorgung erheben, der weit über das hinausgeht, was heute von der qualifizierten Leistung eines Lebensmitteleinzelhandelsbetriebes erwartet wird. Wir alle wissen ganz genau, daß ich heute, wenn ich das Lebensmittelüberangebot dem Kunden überhaupt noch sortiert zur Verfügung stellen will, mindestens eine Verkaufsfläche von 200 qm brauche.


    (Frau Olms [GRÜNE]: Schon gibt man das Doppelte aus, was man will!)


    — Jetzt hätte ich ja fast etwas gesagt, Frau Kollegin. Wenn Sie doppelt so viel ausgeben, wie Sie eigentlich brauchen, dann... Lassen wir das mal sein.


    (Frau Schoppe [GRÜNE]: Haben Sie ein Lebensmittelgeschäft schon mal von innen gesehen? - Dr. -Ing. Kansy [CDU/CSU]: Herr Präsident, das ist reiner Sexismus! — Heiterkeit)


    Sie verlangen einen besseren Mieterschutz und Kündigungsschutz. Wissen Sie denn eigentlich, daß die meisten Lebensmitteleinzelhändler im ländlichen Raum Eigentümer der Häuser sind, in denen sie ihre Läden haben?


    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Es geht um die Innenstädte! Sie haben den Antrag nicht richtig gelesen!)


    Sie wissen gar nicht, wovon Sie reden, aber Sie fordern einfach Dinge, die in der Praxis gar nicht mehr realistisch sind. Das war hochinteressant: Mietverträge wollen Sie gesellschaftspolitischen Kriterien bei Wahrung aller Arbeitnehmerinteressen unterwerfen. Sie wollen eine Eingriffsschwelle bei Zusammenschlüssen, und Sie wollen Nutzungsgebote und -verböte. Wissen Sie, was Sie überhaupt nicht wollen? Sie wollen überhaupt keinen Eigentumsschutz mehr, weil Sie mit dem Eigentum nichts mehr am Hut haben.


    (Frau Olms [GRÜNE]: Hurra, Sozialismus! Wissen wir!)


    Sie wollen alles vergesellschaften und enteignen. Dazu erwarten wir einmal ein ehrliches Wort. Sagen Sie doch einmal, daß Sie die Enteignung wollen, was Sie unter „Vergesellschaftung" verstehen.


    (Lachen bei den GRÜNEN)


    Was ist denn bei Ihnen „Vergesellschaftung"? Vergesellschaftung ist doch der Zugriff auf das Eigentum anderer. Das ist Ihre Philosophie. Wenn man Ihnen das sagt, dann verletzt man Sie wahrscheinlich.


    (Frau Olms [GRÜNE]: Überhaupt nicht!)


    Ich habe einen besseren Vorschlag, meine Damen und Herren: Wir sollten vielleicht der grünen Fraktion einmal einen Haushaltstitel für eine Bildungsreise in die staatlich-dirigistischen Systeme des Ostens ein-


    Grünbeck

    räumen. Da könnten Sie einmal sehen, daß all das, was Sie in diesem Antrag wollen, dort Realität ist.


    (Frau Olms [GRÜNE]: Das ist „Moskau! Moskau! Moskau!")


    Dann könnten Sie einmal prüfen, wie groß dort die Versorgungssicherheit, wie groß dort die Versorgungsqualität und wie groß der Frust der Anbieter und der Kunden sind.


    (Frau Olms [GRÜNE]: Anstehen nach Plastiktüten! Kennen wir!)


    Ich möchte noch ein Wort, Herr Kollege Scherrer, zum Einstandspreis sagen. Auch Sie fordern ja die Kontrolle, daß nicht unter Einstandspreis verkauft wird. Ich warte noch darauf, daß mir jemand definiert, was der Einstandspreis denn eigentlich ist. Ist das der Einkaufspreis plus Nebenkosten? Ist das die Rabatt-spreizung in 60 oder 70 Einzelstrukturen? Ist das überhaupt definierbar? Wenn ich es definiere, muß ich natürlich hinzufügen, daß ich zur Kontrolle des Einstandspreises eine neue Behörde, eine Preisüberwachungsbehörde, brauche. Das wollen wir Liberalen nicht. Wir wollen keine neuen Behörden zur Kontrolle schaffen, um nicht die Freiheit des Angebotes und der Nachfrage einzuschränken.


    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Ihr wollt deregulieren bis zum Geht-nicht-mehr! — Scherrer [SPD]: Haben wir nicht gefordert! — Müntefering [SPD]: Wer hat das denn gefordert?)


    - Die GRÜNEN.

    Ich möchte noch ein Wort zu Ihnen sagen: Sie fordern ja sogenannte Kleinstläden. Diese Kleinstläden sind nicht näher definiert, Aber Sie wollen sie koppeln

    — das ist eine tolle Romantik — mit Dienstleistungsgeschäften wie beispielsweise der Post. Vielleicht unterhalten Sie sich einmal mit der Postgewerkschaft, wie sie dazu stünde, wenn Sie der Post Dienstleistungsgeschäfte abnähmen.

    Dann wollen Sie eine Rezeptsammelstelle — ich weiß nicht, wofür Sie Rezepte brauchen — und ähnliche Dinge mehr.


    (Frau Nickels [GRÜNE]: Aber nicht in jedem Dorf eine Apotheke!)


    Wir bleiben dabei: Das Baurecht haben wir im Baugesetzbuch geordnet. Über die Baunutzungsverordnung werden wir uns unterhalten. Aber ich warne vor Illusionen, daß wir über das Baurecht wirtschaftliche Entwicklungen neu ordnen könnten.


    (Frau Traupe [SPD]: Das stimmt! — Frau Teubner [GRÜNE]: Das ist auch nicht auf das Baurecht beschränkt!)


    Das ist ein falscher Weg.

    Die Kommunen haben nach dem Baugesetzbuch mehr Möglchkeiten der freien Gestaltung, aber natürlich auch mehr Verantwortung.

    Wir glauben, daß der Bericht des Wirtschaftsministeriums über das Kartellrecht im Frühjahr abgeliefert werden wird. Wir haben klare Vorstellungen von einer verstärkten Kooperation wo auch immer, im Einkauf, in der Werbung oder in anderen Bereichen.

    Wir wissen auch, wie schwer es sein wird, die Fusionskontrolle neu zu strukturieren, weil ja bei jeder Fusion zweierlei Dinge anstehen: Der, der veräußern will, hat einen ganz anderen Status als der, der die Fusion betreibt, weil er Unternehmen aufkaufen will. Der eine will möglichst einen hohen Preis erzielen; der Große kann möglicherweise mehr bezahlen. Wir müssen die regionale Machtausübung über die Fusionskontrolle in den Griff bekommen. In der Frage, wie das zu machen ist, haben wir große Sorgen. Es ist sehr schwer, eine rechtliche Regelung zu finden, die der wünschenswerten Entwicklung gerecht wird.

    Wir Freien Demokraten werden die Vorschläge des Bundeswirtschaftsministers sorgfältig beraten. Wir werden dann zu einer Entscheidung kommen, aber solchen Anträgen wie diesem hier können wir nicht zustimmen. Wir werden den Antrag deshalb ablehnen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär Dr, Riedl.


(Frau Traupe [SPD]: Aber ja nicht so lange, Erich! — Heiterkeit)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Erich Riedl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Fraktion der GRÜNEN wird vor allem mit den Folgen des anhaltenden Konzentrationsprozesses im Einzelhandel begründet. Auch die Bundesregierung beobachtet die Konzentrationsentwicklung im Einzelhandel mit erheblicher Sorge. Auf der einen Seite ist diese Entwicklung durch einen Abschmelzprozeß in der Zahl der Einzelhandelsunternehmen gekennzeichnet, insbesondere im Lebensmitteleinzelhandel. Seine Ursache ist die geringe Wettbewerbsfähigkeit der kleinen Unternehmen.


    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Mangelnde Förderung!)


    Auf der anderen Seite konnten mit dem Ausscheiden zahlreicher Handelsunternehmen die Großunternehmen ihre Anteile am Gesamtumsatz stetig steigern.


    (Frau Traupe [SPD]: Das ist aber vornehm ausgedrückt!)


    Diese Entwicklung hat insgesamt erhebliche Strukturveränderungen im Einzelhandel zur Folge gehabt. Hinzu kommen sicherlich auch gesellschaftliche Auswirkungen. Diese werden in dem Antrag der GRÜNEN realtiv stark herausgestellt, ohne daß sie sich allerdings bisher ausreichend nachweisen bzw. bewerten lassen.

    Das, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Fraktion der GRÜNEN, sind Sie leider schuldig geblieben. Es drängt sich deshalb der Verdacht auf, daß die Hervorhebung in Ihrem Antrag eher der Untermauerung Ihrer politischen Thesen dient als einer wirklichkeitsgemäßen Darstellung.


    (Frau Olms [GRÜNE]: Schon wieder Sozialismus!)


    Nicht nachgewiesen — darf ich es Ihnen einmal erklären, wenn Sie mir Gelegenheit geben — werdenDeutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 68. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Marz 1988 4661

    Pari. Staatssekretär Dr. Riedl

    konnte z. B. Ihre These von einer drohenden Unterversorgung im ländlichen Raum. Sie ist, wie eine Untersuchung der Forschungsstelle für den Handel, Berlin, von 1985 ergab, selbst in absehbarer Zukunft nicht zu erwarten. Danach wären, selbst wenn in den strukturschwachen ländlichen Gebieten in den nächsten fünf Jahren 20 % der Lebensmittelgeschäfte ausscheiden würden, nur weniger als 1 % der Haushalte von Versorgungsschwierigkeiten betroffen.

    Darf ich nun zu den vorgeschlagenen Maßnahmen im Bereich des Einzelhandels einige Bemerkungen machen. Eindeutig abzulehnen ist die grundsätzliche Forderung nach Steuerung des Strukturwandels im Einzelhandel durch dirigistische Eingriffe. Der Strukturwandel muß in erster Linie das Ergebnis eines dynamischen Wettbewerbsprozesses sein.


    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Die Deregulierung vernichtet die letzten Einzelhändler!)


    Dirigistische Eingriffe würden sich auch zu Lasten der Verbraucher und der Gesamtversorgung auswirken.


    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)


    Der vorliegende Antrag enthält darüber hinaus einen ganzen Katalog von Maßnahmen zur Verschärfung des Kartellrechts. Das Kartellgesetz ist aber kein Antikonzentrationsgesetz, mit dem bestehende Branchenstrukturen festgeschrieben werden könnten, sondern ein Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen zum Schutz des Wettbewerbs.

    Bei der geforderten Absenkung der Eingriffsschwelle zur Verschärfung der Fusionskontrolle wird auf einen angeblichen entsprechenden Vorschlag der Monopolkommission verwiesen. Diese hat aber eine Absenkung lediglich zur Diskussion gestellt und sie ausdrücklich davon abhängig gemacht, daß der Gesetzgeber einen Handlungsbedarf im Lebensmittelhandel bejaht; sie selbst hat einen solchen verneint.

    Hinzu kommt, daß der Wirtschaftsausschuß des Deutschen Bundestages erst im Jahre 1986 eine Abkopplung der Fusionskontrolle vom Kriterium der Marktbeherrschung unter Hinweis auf die Gefahr kartellbehördlichen Strukturdirigismus abgelehnt hat. Dies ist auch die Meinung der Bundesregierung.

    Auch gegen die vorgeschlagene Entflechtungsregelung sprechen schwerwiegende Bedenken. Eine solche Regelung wirft grundlegende wettbewerbspolitische, gesellschaftspolitische sowie Steuer- und verfassungsrechtliche Fragen auf.


    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Aber die Staatsknete für den Airbus nehmen Sie gern, nicht?)


    — Gnädige Frau, Sie verwechseln — wie schon oft in Ihrem Leben, so leider auch heute abend wieder — in der Tat Äpfel und Birnen.


    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Nein, da irren Sie sich! Wenn Sie den Staat brauchen, dann bedienen Sie sich!)


    — Da täuschen Sie sich leider ganz gewaltig. — Auch der Wirtschaftsausschuß hält sie daher für ein kaum praktikables Instrument. Frau Abgeordnete Vennegerts, das ist die Antwort auf Ihre Zwischenbemerkung.

    Im Antrag wird des weiteren gefordert, den Verkauf unter Selbstkosten — das muß man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Verkauf unter Selbstkosten — als Regelbeispiel in das erweiterte Behinderungsverbot des § 37 a Abs. 3 GWB aufzunehmen. Eine solche Regelung würde zu einer völlig unvertretbaren Regulierung führen und kleine und mittlere Unternehmen ebenso in ihrer Kalkulationsfreiheit beeinträchtigen wie die großen. Die Forderung nach einer eigenständigen Definition der Marktbeherrschung für die Nachfragemacht würde zu einer Aufsplitterung des Kartellrechts nach einzelnen Sektoren der Wirtschaft führen. Im Bundeswirtschaftsministerium wird zur Zeit überlegt, ob durch gesetzgeberische Hinweise mit dem Ziel der Berücksichtigung auch vertikaler Aspekte das Problem der Nachfragemacht besser erfaßt werden kann.

    Weitgehend unproblematisch sind hingegen die Ausgestaltung des § 37 a Abs. 3 GWB und die gesetzliche Freistellung der Einkaufskooperationen vom Kartellrecht.

    Die Bundesregierung lehnt auch die vorgeschlagenen Maßnahmen im Bereich des Mieterschutzes ab.

    Eine Verschärfung des gesetzlichen Mieterschutzes bei Geschäftsräumen ist überflüssig. Gerade die mittelständische Wirtschaft hat immer wieder die Zurücknahme entbehrlicher staatlicher Reglementierungen gefordert. Die Bundesregierung sieht daher keinen Anlaß, Reglementierungen zu schaffen, die von den angeblich zu Schützenden selbst nicht gefordert werden. Ein weiterer Aspekt kommt hinzu: Die angestrebte Regelung würde eine Spaltung des Mietrechts für Geschäftsräume bedeuten. Ein Sonderrecht mit besonderen Schutzbestimmungen für kleinere und mittlere Betriebe würde deren Position gegenüber den Großbetrieben auf dem Markt für Geschäftsräume verschlechtern und damit das Gegenteil dessen erreichen, was die Antragsteller wollen.

    In dem Antrag wird zudem die Aufstockung der Städtebauförderungsmittel im Jahre 1988 um 40 Millionen DM gefordert. Auch die Bundesregierung ist der Ansicht, daß Maßnahmen der Stadt- und Dorferneuerung ein wirksames Instrument sind, um kleinen Einzelhandelsunternehmen bei ihrer Existenzsicherung zu helfen. Besonders die Gemeinden sind hier aufgerufen, den Problembereich des mittelständischen Einzelhandels in ihre Sanierungskonzepte ein-zubeziehen. Die Bundesregierung hat mit der Verabschiedung des Baugesetzbuches und der Bereitstellung von Städtebauförderungsmitteln die notwendigen Rahmenbedingungen gesetzt. Die Städebauför-derungsmittel wurden für die Programmjahre 1988 bis 1990 gegenüber 1982 auf jährlich 660 Millionen DM verdreifacht.

    Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, Sie haben diese Haushaltsansätze hier im Deutschen Bundestag samt und sonders abgelehnt, und jetzt fordern Sie die Einführung solcher Mittel. Dies ist doch wirklich ein Beispiel politischer Schizophrenie, das nicht zu überbieten ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Zusammen mit Landes- und Gemeindemitteln stehen für die nächsten Jahre rund 2 Milliarden DM zur Verfügung. Eine Programmaufstockung mit der ge-


    Pari. Staatssekretär Dr. Riedl

    wünschten speziellen Zielsetzung ist jedoch nicht beabsichtigt.

    Der Antrag enthält schließlich Vorschläge für eine restriktivere Fassung der Baunutzungsverordnung. Die Bundesregierung nimmt zur Zeit eine Gesamtüberprüfung der Baunutzungsverordnung vor. Dabei muß jedoch vermieden werden, daß neue strukturkonservierende oder wirtschaftslenkende Vorstellungen in das Bauplanungsrecht Eingang finden.

    Im Gesamtergebnis zielen die vorgeschlagenen Maßnahmen ganz überwiegend auf eine staatliche Struktursteuerung im Handel ab. Sie werden von der Bundesregierung weder als notwendig noch als hilfreich angesehen, um den Folgen des Strukturwandels zu begegnen. Die Bundesregierung verkennt dabei keineswegs die sich aus dem Strukturwandel im Einzelhandel ergebenden Probleme, insbesondere aus der Konzentrationsentwicklung. Sie hat deshalb die Überprüfung des Kartellrechts veranlaßt. Herr Abgeordneter Grünbeck, der Bundeswirtschaftsminister wird im Laufe des Frühjahrs 1988 einen Bericht vorlegen. Danach wird die Bundesregierung über eine Kartellnovelle entscheiden. Wir bedanken uns beim Deutschen Bundestag und bitten, uns bei der Verwirklichung dieser Vorstellungen zu helfen.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)