Rede von
Josef
Grünbeck
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Es geht Ihnen ja — und das ist der Hauptpunkt — heute um etwas ganz anderes. Wer Ihren Antrag genau liest, der wird feststellen, daß es Ihnen weder um die Gemeinnützigkeit noch um die Mieter oder sonst etwas geht. Ihnen geht es vielmehr um den Wahlkampf in Schleswig-Holstein, den Sie führen wollen, indem Sie den Minister Stoltenberg auf das Korn nehmen, und nicht etwa um eine Analyse der Wohnungsgemeinnützigkeit. Die haben doch in dem Antrag geschrieben, daß der Herr Stoltenberg das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz auslaufen lassen wolle. Das stimmt nicht. Die Koalition hat mit der Zustimmung aller Fraktionen und aller Parteivorsitzenden auf der Grundlage der Ergebnisse der Hofbauer-Kommission beschlossen, die Wohnungsgemeinnützigkeit mit der Steuerbefreiung zu beenden. Damit möchte ich mich beschäftigen.
Sie in der SPD machen für meine Begriffe einen Fehler. Sie stellen sich den Veränderungen nicht. Wenn Sie die Veränderungen im Markt nicht beobachten und nicht darauf reagieren, sondern immer nur auf das Bestehende verweisen, dann kann ich nur sagen: Ändern Sie den Titel Ihrer Zeitschrift! Ich habe neulich mal Ihren „Vorwärts" gelesen. Man müßte den umtaufen in „Rückwärts".
des „Vorwärts". Das ist die Problematik, die wir zu besprechen haben.
Was sagt das Hofbauer-Gutachten? Es sagt erstens: Die steuerliche, die steuerpolitische, die wirtschaftspolitische und die wettbewerbspolitische Bedeutung müssen neu überprüft werden.
Zweitens. Die Unternehmen unterhegen Beschränkungen in der Preisgestaltung und im Geschäftsbereich. Sie können ihrer Aufgabe nicht voll gerecht werden. Wir, die Freien Demokraten, wollen, daß sie sich voll in den Markt stellen, verwalten, nutzen, bauen, verkaufen, betreuen, sanieren, modernisieren und Eigentumsmaßnahmen mit bauen und finanzieren können.
Drittens. Die Steuerbefreiung betrifft die Körperschaftsteuer, die Vermögensteuer und die Gewerbesteuer. Das führt zu Vergünstigungen, die an die Mieter weitergegeben werden sollen. Natürlich haben wir im Bericht des Untersuchungsausschusses Neue Heimat festgestellt, daß dies nicht immer geschehen ist und zu Verzerrungen geführt hat.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in dieser Stunde noch etwas sagen: Ich möchte nicht, daß aus dem Bericht des Untersuchungsausschusses Neue Heimat Allgemeinschlüsse gegen die großartigen Leistungen der gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften gezogen werden.
Wir sollten die Fehlbelegungen vermeiden. Da kann ich Ihnen nur eines sagen: Wenn wir dem Hofbauer-Gutachten folgen, werden Sie feststellen, daß stille Reserven aus den gemeinnützigen Vermögen aktiviert und mobilisiert werden und wieder in den Wohnungsmarkt fließen. Das heißt, daß mehr Wohnungen gebaut werden. Und wie wollen Sie eigentlich eine bessere Stabilisierung der Mieten erreichen als durch ein verstärktes Angebot? Das ist eine uralte Regel, die sich dann bewahrheitet.
Die Körperschaftsteuerpflicht braucht nicht geändert zu werden. Eine Gesetzesänderung ist insoweit nicht erforderlich.
Weitere Abgrenzungen sind über die Einkommenshöhe möglich. Meine Damen und Herren, Problemgruppen — was immer das auch sein mag — sind schwierig zu beschreiben und abzugrenzen, und der kommunale Spielraum ist groß. Solange die Kommunen sozial vermieten wollen, können sie das machen. Da müssen wir nur noch die Rechtslage klären, aber das ist Sache unserer Juristen.
Der gemeinnützige Wohnungsbauverband hat mir am 27. November einen Brief geschrieben, und darin kommt eigentlich zum Ausdruck, daß er den Änderungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes einschließlich der Aufhebung der Steuerbefreiung zu-4636 Deutscher Bundestag — 11. Wahlpenode — 68. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. März 1988
Grünbeck
stimmt, wenn wir bestimmte Konditionen erfüllen. Ich glaube, wir stimmen doch — zumindest in der Koalition — darin überein, daß wir uns einmal darüber unterhalten sollten, was denn diese Konditionen sind.
— Ich komme noch darauf zurück. Herr Müntefering, ich bleibe doch auf keine Frage, die Ihnen auf dem Herzen brennt, die Antwort schuldig.
— Das hebe ich mir für den Schluß auf.
Die Wahlmöglichkeiten zu eröffnen, halte ich für gefährlich, weil Wahlmöglichkeiten natürlich nach den kritischen Parametern, die wir ansetzen müssen, sehr schwer zu differenzieren sind. Die Gefahr der Nachversteuerung haben wir erkannt. Darüber wollen wir mit den Betroffenen reden. Ich glaube, daß wir die Gefahr der Nachversteuerung bei der Ansetzung niedrigster Buchwerte erkannt haben und daß wir zu einer modifizierten Teilwerteregelung kommen. Die FDP denkt darüber nach, eine Übergangsregelung zu schaffen, die möglicherweise — das darf ich im Auftrage meines Freundes Hans Gattermann mit verkünden — eine Zwischenlösung als eine fiktive Lösung nach dem allgemeinen Bewertungsrecht und nach § 13 des Körperschaftsteuergesetzes darstellt.
Man muß dabei wissen, wie die Ausgangslage der Unternehmen ist. Es wird Unternehmen geben, die mehr oder weniger auf die Bestandssicherung ausgerichtet sind; die werden andere Interessen haben als die Unternehmen, die sich über die Aktivierung ihrer stillen Reserven neue Chancen auf dem Wohnungsmarkt errechnen. Ich bitte Sie herzlich: Denken Sie einmal darüber nach, was es bedeutet, wenn wir massive Aktivierungen der stillen Reserven erreichen und neue Kapitalinvestitionen in den Wohnungsmarkt leiten. Das hat Bedeutung für die Beschäftigungspolitik im Baugewerbe. Das wollen Sie immer haben, aber dann bringen Sie immer die falschen Vorschläge!
— Nein, nein, das müssen Sie mir überlassen, wann ich über Bayern rede.
Markenschutz, Bestandsschutz für Spareinlagen und Anwendung der Bauträgerverordnung, das sind Dinge, über die wir mit den Gemeinnützigen reden werden. Wir sind auch für den Vertrauensschutz der Organisation insbesondere im Interesse der Mitarbeiter. Hier haben wir bei der Neuen Heimat, wo eine Gewerkschaft Inhaber war, die übelsten Erfahrungen gemacht, nicht nur im Umgang mit den Mietern,
sondern auch im Umfang mit den eigenen Beschäftigten. Das muß man einmal feststellen.
Meine Damen und Herren, ich darf vielleicht noch eines sagen: Die FDP fühlt sich eigentlich durch das Hofbauer-Gutachten und auch durch die Vorstellun-
gen der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft in ihrer Wohnungspolitik bestätigt. Bei uns können Sie in den Osnabrücker Beschlüssen von 1980, von vor beinahe acht Jahren, das nachlesen, was die Hofbauer-Kom-mission eigentlich bestätigt hat.
Wir sind sehr froh darüber, daß wir in dieser Frage eine sachliche Kontinuität entwickelt haben. Alle, aber auch wirklich alle Sachverständigen haben in den Stellungnahmen unsere Positionen positiv beurteilt, bis hin zur Hofbauer-Kommission.
Ich möchte deshalb darum bitten, daß wir zu diesem Koalitionsbeschluß stehen. Die FDP steht dazu, daß wir diesen Koalitionsbeschluß ausführen. Der Herr Strauß war daran beteiligt, und ich finde es nicht gut, wenn er im bayerischen Ministerrat seine Meinung geändert hat. Ich appelliere auch an den württembergischen Ministerpräsidenten
— nein, nein —,
an diesem Koalitionsbeschluß festzuhalten.
Denn eines muß man wissen: Die Fortentwicklung unseres Wohnungsmarktes liegt doch uns allen am Herzen, und im Interesse der Mieter, aber auch im Interesse einer aktiven Beschäftigungspolitik werden wir zu diesem Koalitionsbeschluß stehen und die Bundesregierung dabei unterstützen.