Wir sind gestern im Ausschuß leider nicht mehr dazu gekommen, über das Thema „Wohnen im Alter" zu reden, aber ich kann Ihnen sagen: Von 12 Millionen alten Menschen, die in der Bundesrepublik leben, haben 2, 3 Millionen ein Einkommen, das weit unter 800 DM liegt. Die meisten davon sind natürlich Frauen. Wie sollte es auch anders sein? Bei diesen Menschen nimmt die Miete natürlich einen ganz erheblichen Teil des Einkommens ein, und es ist nicht ein Anteil von bloß 10 bis 20 %, von dem in dem Jubelbericht der Bundesregierung zu der Lage der Nation die Rede ist. Davon kann bei diesen Menschen keineswegs die Rede sein.
Von 5 Millionen Haushalten älterer Menschen leben 2 Millionen in Wohnungen ohne Sammelheizungen oder ohne Bad oder mit WC auf dem Flur.
Das ist die Wohnungssituation.
In dieser Situation die Wohnungsgemeinnützigkeit abschaffen zu wollen, das heißt nichts anderes, als 8 Millionen Mieterinnen und Mietern in den Rücken
zu fallen, sie dem sogenannten freien Wohnungsmarkt auszuliefern, wo sie Mieterhöhungen, Käufen oder Kündigungen ausgesetzt sein werden.
— Meine Rede ist ähnlich, weil sich an der Situation überhaupt nichts geändert hat, und dazu haben Sie kräftig mit beigetragen, Frau Rönsch.
Die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit ist allerdings nicht der erste Schlag der bundesrepublikanischen Wohnungspolitik gegen Mieterinnen und Mieter. Mit der Einführung der steuerlichen Gleichstellung von Neubauten und Käufen aus dem Altbaubestand, die 1976 — wohlgemerkt — schon von der SPD-Regierung eingeführt wurde, und mit der erneuten Begünstigung dieser Käufe durch die Novellierung der Abschreibung nach § 7b bzw. nach § 10e ab 1986 begann ein regelrechter Umwandlungsboom. Allein in Stuttgart sind innerhalb von zehn Jahren 10 400 Altbaumietwohnungen durch Umwandlungen verlorengegangen.
— Sie sind wahnsinnig niveaulos, aber ich wundere mich nicht darüber.
Durch den völligen Rückzug von Bund und Ländern aus dem sozialen Wohnungsbau und durch den Ablauf der Bindungen gibt es von Jahr zu Jahr weniger Sozialwohnungen, und die, die übriggeblieben sind, sind durch das degressive Förderungssystem mit der Zeit so teuer geworden — Herr Möller, das sage ich auch zu Ihnen — daß sie nur noch von Besserverdienenden oder von solchen Menschen bewohnt werden können, deren Miete vom Sozialamt übernommen wird.
Kolleginnen und Kollegen, die Abschaffung der Steuerfreiheit für gemeinnützige Wohnungsunternehmen wird dem Staat die 100 Millionen DM, die Stoltenberg uns davon verspricht, nicht einbringen. Ich sage extra: Er verspricht sie uns. Selber kann er gar nicht so naiv sein, daran zu glauben. Was Stoltenberg hier macht,
das nennt man im besten Fall eine Milchbübchenrechnung.
Kolleginnen und Kollegen, ich komme langsam zum Schluß.
Unsere Fraktion steht den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen nicht unkritisch gegenüber. Wir wissen, daß die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen die Angriffe, denen sie heute ausgesetzt sind, teilweise selbst verschuldet haben. Wir wissen, daß die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen in der Vergangenheit teilweise eine Geschäftspolitik betrieben haben, die den Mieterinnen und Mietern ganz erheblichen Schaden zugefügt hat. Wir wissen auch, daß die Gemeinnützigkeit nicht so bleiben kann, wie sie jetzt ist. Dennoch sehen wir in dem Erhalt der Wohnungsgemeinnützigkeit den einzigen Hebel, mit dessen Hilfe die Sozialbindung bei Millionen von Wohnungen, die mit immens hohen öffentlichen Mitteln gebaut worden sind, für einkommensschwache und benachteiligte Bevölkerungsschichten erhalten werden kann.
Wir meinen, daß es sich lohnt, an einem Konzept zu arbeiten, mit dessen Hilfe die Gemeinnützigkeit zu ihren ursprünglichen Werten zurückgeführt werden kann. Wir arbeiten an einem entsprechenden Gesetzentwurf, und wir werden diesen zu gegebener Zeit hier vorlegen.
Danke schön.