Rede von
Peter Kurt
Würzbach
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Art und Weise, wie hier von einigen von Ihnen das Ergebnis dieses außerordentlich erfolgreichen und zukunftsweisenden Gipfels
auf technische Aspekte nur einer Waffenkategorie reduziert und damit auf einen Punkt nachgeordneter Bedeutung herabgewürdigt wird, bezeichne ich als kurzsichtig und als unpolitisch. Dies wird damit der Wichtigkeit und der Substanz dieses Gipfels in keiner Form gerecht.
Das Treffen der Allianz hat in einer politisch entscheidenden Phase der Entwicklung unserer Beziehung zum Osten die erhofften wesentlichen Akzente gegeben. Dank der Standfestigkeit aller Regierungen unseres Bündnisses und, ich sage nicht zuletzt: der unserer eigenen Regierung haben sich die Chancen für eine positive Entwicklung der West-Ost-Beziehungen ergeben, die übrigens noch vor wenigen Jahren von kaum einem erwartet und von den Vorgängerregierungen in der Form auch nicht erreicht waren.
In dieser Lage war es nicht nur wichtig, sondern es war entscheidend, verbündete Nationen hier eine Kursbestimmung vornehmen zu lassen. Dazu zähle ich ausdrücklich auch das bewußte Festhalten an der bewährten Sicherheitspolitik, an der Strategie der Abschreckung und einer auf der Sicherheit des Westens gegründeten und auf Ausgleich mit dem Osten gerichteten gemeinsamen Bündnispolitik.
So haben eben nicht, wie Sie sich und einigen wenigen darüber hinaus nur einreden wollen, Uneinigkeit und Streit diesen Gipfel geprägt; das Gegenteil ist der Fall: Einheit, Geschlossenheit und gemeinsamer Wille sind hier deutlich geworden in großen wie in kleinen Fragen, in der Beschreibung der Lage heute wie in der Festlegung der Notwendigkeiten für die Zukunft. Dies gilt uneingeschränkt für alle NATO-Staaten, Großbritannien ausdrücklich eingeschlossen.
Der Gipfel ist der Ort, wo gemeinsame Politik festgelegt wird und nicht irgend etwas anderes im nachhinein. Der Gipfel war eine eindrucksvolle Bestätigung der bewährten Bündnispolitik, nämlich auf der Grundlage gesicherter, ich sage hier, das heißt ausdrücklich: wirksamer und glaubwürdiger Verteidigungsfähigkeit das Bemühen um Rüstungskontrolle und Abrüstung und das Angebot, durch Dialog und Zusammenarbeit das Vertrauen zwischen West und Ost zu stärken, auf dauerhaftere Grundlagen zu stellen.
Unsere Bundesregierung hat nie einen Zweifel daran gelassen, daß es zur Bewahrung unserer Sicherheit für uns keine realistische Alternative zur Bündnisstrategie der Kriegsverhinderung durch Abschrekkung gibt. Diese Auffassung hat der Gipfel eindrucksvoll bestätigt. Die Bundesregierung hat darüber hinaus in aller Eindeutigkeit festgestellt: Solange man Waffen, auch Nuklearwaffen, braucht, um Kriege zu verhindern, um den Frieden zu erhalten, so lange muß man diese Waffen wirksam halten. Auch in diesem Sinne hat das Bündnis die gemeinsame Haltung bei
diesem Gipfel erneut bestätigt, ausdrücklich einschließlich der britischen Regierung.
Ein kurzes Wort zu den GRÜNEN als Antragstellern — sonst hätte ich mir das erspart — und dem Verhältnis zum Bündnis: Ich kann ja verstehen, daß Sie über diese politischen Erfolge auch dieses jüngsten Gipfels verwirrt sind.
Dies kann ich deshalb verstehen, weil hiermit Ihrer Agitation gegenüber der Sicherheitspolitik dieser Regierung eine Menge Ansatzpunkte genommen werden, um Emotionen und möglicherweise gar manche Demonstrationen zu schüren.
Sie spüren eine wachsende Zustimmung zu dieser Politik der Bundesregierung auf diesem wichtigen Feld.
Es gilt jetzt für uns, aufbauend auf den Gipfelergebnissen ein Gesamtkonzept zu entwickeln, in dem nukleare, konventionelle und solche Dinge wie Sicherheitspolitik, Abrüstung und Rüstungskontrolle in gleichgewichtiger Form beinhaltet sind.
Wir als Bundesregierung werden nicht den Fehler machen, uns von technischen Zwängen, die in der Mitte des kommenden Jahrzehnts auf uns zukommen, Politik vorschreiben zu lassen. Ich sage Ihnen: Sie versuchen, sich und anderen einzureden, daß technische Zwänge einer Waffenkategorie heute Politik in diesem bedeutenden Feld vorschrieben. Dies ist ein falscher Weg, auf dem wir Ihnen nicht folgen werden. Es steht überhaupt nicht an, eine isolierte Entscheidung heute hier zu treffen. Auch hier sind sich die Deutschen, die Briten und andere Alliierte einig. Es besteht auch kein Grund, einen Zeitplan in diesem Zusammenhang im Augenblick zu erörtern sowie irgendeine Komponente der Strategie überzubetonen.
Wir sehen keinen Anlaß zu semantischer Haarspalterei,
keinen Anlaß zu Spekulationen über Dinge, die nicht anstehen. Wir sehen aber Anlaß zur Zufriedenheit über das gemeinsam beim Gipfel Beschriebene und für die Zukunft Beschlossene.
Ich möchte besonders die Antragsteller bitten, das Kommuniqué dieses Gipfels nicht nur, wie ihr Sprecher hier ja offiziell vor uns sagte, ein bißchen, sondern gründlich zu lesen. Vielleicht können Sie es dann besser verstehen.