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ID1106509700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/65 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 65. Sitzung Bonn, Freitag, den 4. März 1988 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 4469 A Zur Geschäftsordnung Weiss (München) GRÜNE 4469 B Bohl CDU/CSU 4469 C Jahn (Marburg) SPD 4469 D Tagesordnungspunkt 17: a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundesbahngesetzes (Drucksache 11/1516) b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau der Wettbewerbsverzerrungen und zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Bundesbahn (Bundesbahnsanierungsgesetz) (Drucksache 11/1789) c) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Übernahme überhöhter Versorgungslasten (Drucksache 11/1515) d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Tillmann, Straßmeir, Dr. Pohlmeier, Kroll-Schlüter, Fischer (Hamburg), Pfeffermann, Jung (Limburg), Bauer, Rauen, Dr. Uelhoff, Haungs, Gerstein, Dr. Lammert, Dr. Jahn (Münster) und der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Ausbau des DB-Abschnitts Paderborn—Kassel (Drucksache 11/1690) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Vorhaben der Deutschen Bundesbahn, die Preise ab April 1988 zu erhöhen (Drucksache 11/1913) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Erhalt der DBStrecke Wuppertal-Elberfeld—WuppertalCronenberg (Drucksache 11/1918) Haar SPD 4471A Dr. Jobst CDU/CSU 4472 D Weiss (München) GRÜNE 4476 D Kohn FDP 4478 C Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 4480 B Bamberg SPD 4483 C Tillmann CDU/CSU 4485 A Ibrügger SPD 4486 A Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Einsichtsrecht in Umweltakten (Akteneinsichtsrechtsgesetz) (Drucksache 11/1152) b) Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung (Drucksache 11/1153) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. März 1988 Frau Vennegerts GRÜNE 4488 A Dr. Blens CDU/CSU 4489 D Wartenberg (Berlin) SPD 4492 B Dr. Hirsch FDP 4494 B Häfner GRÜNE 4496 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 4498 C Dr. Hüsch CDU/CSU 4500 A Schütz SPD 4501 C Baum FDP 4503 C Engelhard, Bundesminister BMJ 4505 B Nächste Sitzung 4507 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4508* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 4508* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. März 1988 4469 65. Sitzung Bonn, den 4. März 1988 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 4. 3. Andres 4. 3. Frau Beck-Oberdorf 4. 3. Becker (Nienberge) 4. 3. Dr. Biedenkopf 4. 3. Dr. von Bülow 4. 3. Frau Conrad 4. 3. Frau Dr, Däubler-Gmelin 4. 3. Dreßler 4. 3. Frau Eid 4. 3. Dr. Emmerlich 4. 3. Dr. Faltlhauser 4. 3. Dr. Feldmann 4. 3. Frau Fuchs (Köln) 4. 3. Francke (Hamburg) ** 4. 3. Gansel 4. 3. Gattermann 4. 3. Dr. Götz 4. 3. Grünbeck 4. 3. Haack (Extertal) 4. 3. Hasenfratz 4. 3. Dr. Hauchler 4. 3. Dr. Hauff 4. 3. Helmrich , 4. 3. Frau Hensel 4. 3. Dr. Hoffacker 4. 3. Kastning 4. 3. Kirschner 4. 3. Kittelmann 4. 3. Klein (Dieburg) 4. 3. Kroll-Schlüter 4. 3. Dr. -Ing. Laermann 4. 3. Klein (München) 4. 3. Lemmrich * 4. 3. Lowack 4. 3. Lüder 4. 3. Frau Dr. Martiny-Glotz 4. 3. Meyer 4. 3. Dr. Miltner 4. 3. Müller (Pleisweiler) 4. 3. Paintner 4. 3. Poß 4. 3. Repnik 4. 3. Reschke 4. 3. Reuschenbach 4. 3. Frau Roitzsch (Quickborn) 4. 3. Ronneburger ** 4. 3. Sauer (Salzgitter) **' 4. 3. Frau Schilling 4. 3. Schluckebier 4. 3. von Schmude 4. 3. Dr. Schneider (Nürnberg) 4. 3. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schröer (Mülheim) 4. 3. Seehofer 4. 3. Seidenthal 4. 3. Stiegler 4. 3. Dr. Struck 4. 3. Susset 4. 3. Frau Dr. Vollmer 4. 3. Dr. Waigel 4. 3. Dr. Wernitz 4. 3. Wiefelspütz 4. 3. von der Wiesche 4. 3. Wilz 4. 3. Frau Dr. Wisniewski 4. 3. Wissmann 4. 3. Dr. de With 4. 3. Wüppesahl 4. 3. Zander 4. 3. Zierer *' 4. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 26. Februar 1988 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 21. Januar 1988 verabschiedeten Ersten Gesetz zur Änderung des Pflichtversicherungsgesetzes einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/138 Nr. 1.3 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/883 Nr. 93 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Haushaltsausschuß Drucksache 11/929 Nr. 2.4 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/1656 Nr. 3.4, 3.5, 3.7-3.13 Drucksache 11/1707 Nr. 3-12 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 11/1656 Nr. 3.37 Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 2. März 1988 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes den Nachtrag zum Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1987 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Wirtschaftsplan liegt im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dietmar Schütz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich habe mich darauf vorbereitet, zur Verbandsklage etwas zu sagen. Lassen Sie mich zunächst zwei Vorbemerkungen machen.
    Ich war etwas enttäuscht, daß Sie, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, eigentlich in der Sache zu Ihren Anträgen wenig argumentiert und nur allgemeine Reden gehalten haben. Diese allgemeinen Reden fielen Ihnen deswegen so leicht, weil eine Partei ohne Geschichte immer sagen kann, mit ihr kam das Licht in die Welt.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Das haben wir doch gar nicht gesagt!)

    Eine Partei wie wir mit einer langen Geschichte muß sich auch in den Stürmen der Geschichte beweisen. Wir haben zu Fragen des Umweltschutzes, etwa „Blauer Himmel über der Ruhr", schon massive Kampagnen geführt. Sie können nicht einfach sagen, wir sind die ersten. Sie waren bisher die letzten.
    Das Thema Verbandsklage kommt in der Politik, aber auch in der Rechtswissenschaft ins 20. Lebensjahr, ohne daß — Herr Hüsch hat es gerade wieder gesagt — auf Bundesebene irgend etwas geschieht. Das ist ein wahrlich nicht ermutigender Sachverhalt für alle naturschutzrechtlichen Belange.
    Die sozialdemokratischen Länder Bremen und Hamburg und auch das damals sozialdemokratisch regierte Land Hessen haben das eingeführt

    (Baum [FDP]: Auf Antrag der FDP!)

    und haben schon die ersten positiven Erfahrungen mit der Verbandsklage gemacht.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Und dieses Parlament in Bonn?)

    In diesem Parlament hier hat sich Herr Maihofer, Ihr Kollege von der FDP, das erste Mal 1974 für die Einführung der Verbandsklage eingesetzt. Nach einer längeren öffentlichen und wissenschaftlichen Diskussion wurde die Einführung dieser Klage von der alten sozialliberalen Regierung in der Regierungserklärung schon am 24. November 1980 angekündigt, leider ohne noch verwirklicht werden zu können.
    In der vorigen Wahlperiode hat sich neben meiner Fraktion und den GRÜNEN die FDP dafür ausgespro-



    Schütz
    chen, die Verbandsklage einzuführen, während der CDU/CSU-Vertreter damals noch keinen ausreichenden Überblick und keine ausreichende Erfahrung hatte, um die Verbandsklage einführen zu können. Herr Hüsch hat vorhin gesagt, er habe diese ausreichende Erfahrung und diesen ausreichenden Überblick immer noch nicht, und deswegen solle auch in dieser Wahlperiode die Verbandsklage nicht eingeführt werden.
    Ich meine, es gibt zahlreiche Argumente für die Einführung dieser Klage. Das für mich entscheidende Argument ist das immer noch festzustellende Vollzugs- und Implementierungsdefizit in der Verwaltung. Ich meine damit, daß vollzugsbedürftige Rechtssätze, insbesondere aus dem Bereich des Umweltrechts — darüber reden wir gerade — , von den Behörden nicht in ausreichendem Maße vollzogen werden oder daß bei Ausfüllung vorhandener Interpretations-und Entscheidungsspielräume Gesichtspunkte des Umweltschutzes entgegen den Absichten der jeweils anwendbaren Gesetze immer noch zuwenig Gewicht erhalten.
    Unser System des subjektiv-rechtlichen Rechtsschutzes, das die Klagebefugnis nur demjenigen einräumt, der in eigenen Rechten verletzt ist, führt dazu, daß beispielsweise der Betreiber eines Großkraftwerkes, das etwa in den Auwäldern des Rheins oder der Donau errichtet werden soll, selbstverständlich klagen kann, wenn er wegen einer befürchteten schweren Störung des Naturhaushaltes eine Errichtungsgenehmigung nicht erhält. Umgekehrt: Wenn diese Genehmigung erteilt wird, findet sich in der Regel kein Kläger, weil etwa die Auwälder im staatlichen Besitz sind, die Abstandsvorschriften eingehalten sind — das betrifft andere Eigentümer — und weil andere verletzte Individualinteressen nicht vorgebracht werden können.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    In diesem Beispiel sind die natur- und landschaftsschutzrechtlichen Normen erkennbar von eminent bedeutsamen öffentlichem Interesse. Wenn aber kein Kläger mit individueller Klagebefugnis auftreten kann, ist die Überprüfung durch ein Verwaltungsgericht auch dann nicht möglich, wenn etwa — weil berechtigte Zweifel an einer richtigen Rechtsanwendung bestehen — umfangreiche öffentliche Kampagnen in dieser Angelegenheit gelaufen sind. Eine mögliche fehlerhafte Verwaltungsentscheidung muß verwaltungsprozessual ungeprüft bleiben.
    Jedem Juristen ist diese Konstruktion klar. Vielen Bürgern sind die dargestellten Konsequenzen allerdings überhaupt nicht vermittelbar.

    (Sehr richtig! bei den GRÜNEN)

    Ein anderes rechtspolitisches Argument ist, daß die Einführung und damit auch Existenz der Verbandsklage bereits präventive Wirkung auf die Verwaltung haben. Benda hat das Bild der fleet in being benutzt. Die Flotte kann eben zuschlagen, wenn fehlerhafte Entwicklungen auftreten. Vorher hat sie aber wirksame Warnfunktion.
    Schließlich — das hat dann auch, meine ich, rechtsbefriedende Wirkung — ist die Einführung der Verbandsklage die logische Weiterentwicklung der Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte vor allem im Naturschutz.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN)

    Gerade bei Großprojekten arbeiten die Bürger und Bürgerinitiativgruppen eng mit vielen anerkannten Naturschutzverbänden zusammen. Die Kenntnis, daß die umstrittene Realisierung eines Großprojektes nicht nur in einem Anhörungs- und Beteiligungsverfahren erörtert wird, sondern nach der abschließenden Entscheidung auch vor einem unabhängigen Verwaltungsgericht geprüft werden kann, trägt sicherlich mehr zur Akzeptanz des Verfahrens und auch zur Deeskalierung von Konflikten bei als viele andere Rechtsinstrumente.
    Von Gegnern der Verbandsklage wird angeführt — das hat Herr Hüsch auch gerade getan —, durch das Institut der Verbandsklage werde das Prinzip der Gewaltenteilung und der repräsentativen Demokratie in Frage gestellt; durch die Gewährung der altruistischen Verbandsklage werde auch in die Rechte des Parlaments oder der kommunalen Vertretungskörperschaften eingegriffen, vor allen Dingen auch in die Befugnisse der Verwaltung selbst. Ich meine, daß diese Einwände zu kurz greifen. Der Verband entscheidet beim Angriff gegen ein Handeln einer Verwaltungsbehörde in der Sache grundsätzlich nicht selbst, sondern löst durch Klageerhebung lediglich die Rechtskontrolle eines unabhängigen Gerichtes aus. Die Wahrung des öffentlichen Interesses, die nach dem Verfassungsauftrag in der Hand der Staatsgewalt liegt, wird nicht von gesellschaftlichen Gruppen selbst ausgeübt, sondern diese Gruppen haben lediglich das Recht, im öffentlichen Interesse eine Überprüfung bestimmter Verwaltungsentscheidungen zu erwirken.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Den Verwaltungsgerichten wird dabei nicht mehr abverlangt als das, was sie nach Anrufung durch klagebefugte Bürger bei objektiver Verletzung der subjektiven Rechte auch sonst zu leisten haben.
    Ein weiterer Einwand gegen die Verbandsklage ist — er wurde auch 1984 von der CDU/CSU vorgebracht, als darüber hier das letzte Mal diskutiert wurde; Herr Hüsch hat das heute wiederholt — , daß diese mißbraucht werden könne als Verzögerungs-, Verhinderungs- und — damals auch — Investitionshemmungsinstrument. Dieses Argument der Verzögerung und Verhinderung kennen wir seit Jahren. Es wird immer dann vorgebracht, wenn es um die Einführung von mehr Bürger- und Beteiligungsrechten geht.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Richtig!)

    Dieses Argument war im Kern meines Erachtens immer falsch. Wir leben in einer auf Beteiligung und Mitwirkung angelegten Gesellschaft und müssen das auch im Parlament zur Kenntnis nehmen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Ein Blick, meine Kolleginnen und Kollegen, in die Länder, in denen die Verbandsklage zulässig ist, zeigt, daß sie nicht zu einer Prozeßflut geführt hat, was Sie, Herr Hüsch, befürchten. Es ist im Gegenteil



    Schütz
    durchaus mit einer Entlastung der Gerichte zu rechnen, da z. B. Massenklagen überflüssig werden können. Die Präventivfunktion der Verbandsklage wird manches unnötige Verwaltungshandeln im Vorfeld zu mehr akzeptablen Entscheidungen transponieren.
    Um die befürchteten negativen Entwicklungen bei der Einführung der Verbandsklage in den Griff zu bekommen, muß die Diskussion darüber, an welcher Stelle z. B. die Verbandsklage geregelt werden soll und wie sie geregelt werden soll, noch sorgfältig geprüft werden. Der vorliegende Entwurf der GRÜNEN sieht eine Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung vor, obwohl diese — da stimme ich Ihnen zu — eine völlig andere Systematik hat. Meine Fraktion hat eine Gesetzesvorlage zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vorgelegt und damit die Diskussion zur Änderung von Einzelgesetzen bei Einführung der Verbandsklage eröffnet. In der rechtspolitischen Diskussion gibt es darüber hinaus den Entwurf eines gesonderten Verbandsklagegesetzes. Ich kann wegen der Kürze der Zeit hier jetzt die Frage, wo die Verbandsklage geregelt werden soll, nicht sorgfältig diskutieren, auch nicht, wie die Klagebefugnis der Verbände im einzelnen ausgestattet werden soll. Wir werden das in den Ausschüssen tun.
    Der hier zur Diskussion stehende Vorschlag trifft im Kern meine Vorstellung, daß die nach § 29 Bundesnaturschutzgesetz anerkannten Verbände klagen dürfen. Wieso das Gericht darüber hinaus im Einzelverfahren weitere Verbände als klagebefugt festlegen kann, kann ich im Augenblick nicht übersehen. Ich übersehe nicht, wieso Sie das vorhaben.
    Wir müssen bei diesem Gesetz natürlich auch die Rechtsfragen diskutieren, ob einer Verbandsklage aufschiebende Wirkung zukommen soll oder ob es eine Ausschlußfrist für die Klage geben soll, um irgendwann Rechtspositionen als gewährt zu betrachten und den Rechtsfrieden eintreten zu lassen. Wir müssen auch noch darüber reden, ob Klagen von mehreren Verbänden nebeneinander eingeräumt werden können, wobei wir wissen, daß anerkannte Verbände durchaus nicht Bleichgelagerte Betrachtungsweisen haben.

    (Baum [FDP]: Richtig!)

    Sie stehen manchmal sehr kontrovers gegeneinander.
    Eines aber sollten wir abschließend aussprechen: daß wir uns nach den langen Jahren der Diskussion nachhaltig für die Einrichtung einer Verbandsklage aussprechen. Das Ob der Entscheidung sollte endlich klar sein, über das Wie sollten wir uns aber auch bald einig werden. Das alte Thema Verbandsklage muß von unserer Tagesordnung herunter. Dieses Recht muß den Verbänden endlich gewährt werden, wenn wir uns nicht zu Recht den Vorwurf gefallen lassen wollen, daß wir die Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte für die Naturschutzverbände auf halbem Wege stehen lassen.
    Ich will hier nicht mit Eichendorff schließen, sondern mit Schiller: Der Worte sind genug gewechselt, wir müssen jetzt die Verbandsklage haben.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das war Friedrich von Schiller, nicht der Karl.
Herr Abgeordneter Baum.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gerhart Rudolf Baum


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich, Sie haben recht, der Worte sind in der Tat genug gewechselt. Es sind alte Bekannte, die wir hier sehen. In ihrer Ausgestaltung sind die Gesetzentwürfe allerdings neu. Was Sie hier vorgelegt haben, gibt schon Anlaß, sich darüber zu unterhalten. Der Gesetzentwurf über das Akteneinsichtsrecht ist so schrecklich perfektionistisch deutsch, daß ich Sie wirklich bitte, das noch einmal zu überarbeiten. Das könnte wirklich eine bis in die Knochen konservative Bürokratie nicht besser oder schlechter formulieren, als Sie es getan haben.

    (Beifall bei der FDP — Stratmann [GRÜNE]: Wir nehmen Ihre Hilfe gerne an!)

    Die Materie ist geprägt von einem tiefsitzenden Mißtrauen gegenüber dem parlamentarischen System. Sie sind doch Teil dieses parlamentarischen Systems. Was dieses Grundrecht angeht, das Sie erwähnt haben: Es mag sein, daß meine Partei das im Freiburger Programm mißverständlich ausgedrückt hat.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: War es nicht!)

    — Sie haben ja mitgewirkt, entnehme ich dem Bundestagshandbuch, Frau Kollegin Unruh.

    (Heiterkeit)

    Es ist wirklich so, daß wir kein allgemeines Klagerecht im Umweltbereich haben wollen, daß wir das nicht akzeptieren können, weil wir überzeugte Anhänger der repräsentativen Demokratie sind. Wir sagen Ja zur Staatszielbestimmung und mahnen sie an, aber Nein zu einem Grundrecht. Das ist bei Ihnen, dieses Mißtrauen gegen das Funktionieren des Parlamentarismus. Wir setzen voraus, daß auch die Exekutive ihre Aufgabe wahrnimmt, daß wir die Exekutive wirksam kontrollieren. Wir können sicher noch eine Menge tun, um diese Kontrolle zu verbessern, aber wir können nicht eine Basisdemokratie einrichten, die den Parlamentarismus wegschiebt. Das wäre falsch, und das werden Sie mit uns nicht erreichen.

    (Beifall bei der FDP — Frau Nickels [GRÜNE]: So ein Stuß!)

    Sie haben Herrn Kollegen Hirsch nicht verstanden. Ich werde noch einmal sagen, was er zum ersten Teil, Akteneinsichtsrecht, gesagt hat: „Wir haben den Eindruck, daß das vorgelegte Gesetz mehr Probleme schafft als löst." Das ist auch meine Meinung. „Aber wir werden die Beratung dieses Gesetzes benutzen, um dem Ziel einer größeren Öffentlichkeit auf realistische Weise näher zu kommen." Das Wie ist doch das eigentliche Problem.
    Ich war vor zehn Jahren in Amerika und habe Freedom of Information studiert. Das ist sehr schwierig. Es ist außerordentlich schwierig, hier eine Rechtsgestaltung zu finden, die nicht zu diesem institutionalisierten Mißtrauen gegenüber der Verwaltung und zu diesen perfektionistischen Regelungen führt. Die Ameri-



    Baum
    kaner haben auch negative Erfahrungen gemacht, die wir doch einmal auswerten müssen. Soweit zu diesem ersten Komplex.