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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/65 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 65. Sitzung Bonn, Freitag, den 4. März 1988 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 4469 A Zur Geschäftsordnung Weiss (München) GRÜNE 4469 B Bohl CDU/CSU 4469 C Jahn (Marburg) SPD 4469 D Tagesordnungspunkt 17: a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundesbahngesetzes (Drucksache 11/1516) b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau der Wettbewerbsverzerrungen und zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Bundesbahn (Bundesbahnsanierungsgesetz) (Drucksache 11/1789) c) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Übernahme überhöhter Versorgungslasten (Drucksache 11/1515) d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Tillmann, Straßmeir, Dr. Pohlmeier, Kroll-Schlüter, Fischer (Hamburg), Pfeffermann, Jung (Limburg), Bauer, Rauen, Dr. Uelhoff, Haungs, Gerstein, Dr. Lammert, Dr. Jahn (Münster) und der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Ausbau des DB-Abschnitts Paderborn—Kassel (Drucksache 11/1690) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Vorhaben der Deutschen Bundesbahn, die Preise ab April 1988 zu erhöhen (Drucksache 11/1913) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Erhalt der DBStrecke Wuppertal-Elberfeld—WuppertalCronenberg (Drucksache 11/1918) Haar SPD 4471A Dr. Jobst CDU/CSU 4472 D Weiss (München) GRÜNE 4476 D Kohn FDP 4478 C Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 4480 B Bamberg SPD 4483 C Tillmann CDU/CSU 4485 A Ibrügger SPD 4486 A Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Einsichtsrecht in Umweltakten (Akteneinsichtsrechtsgesetz) (Drucksache 11/1152) b) Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung (Drucksache 11/1153) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. März 1988 Frau Vennegerts GRÜNE 4488 A Dr. Blens CDU/CSU 4489 D Wartenberg (Berlin) SPD 4492 B Dr. Hirsch FDP 4494 B Häfner GRÜNE 4496 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 4498 C Dr. Hüsch CDU/CSU 4500 A Schütz SPD 4501 C Baum FDP 4503 C Engelhard, Bundesminister BMJ 4505 B Nächste Sitzung 4507 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4508* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 4508* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. März 1988 4469 65. Sitzung Bonn, den 4. März 1988 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 4. 3. Andres 4. 3. Frau Beck-Oberdorf 4. 3. Becker (Nienberge) 4. 3. Dr. Biedenkopf 4. 3. Dr. von Bülow 4. 3. Frau Conrad 4. 3. Frau Dr, Däubler-Gmelin 4. 3. Dreßler 4. 3. Frau Eid 4. 3. Dr. Emmerlich 4. 3. Dr. Faltlhauser 4. 3. Dr. Feldmann 4. 3. Frau Fuchs (Köln) 4. 3. Francke (Hamburg) ** 4. 3. Gansel 4. 3. Gattermann 4. 3. Dr. Götz 4. 3. Grünbeck 4. 3. Haack (Extertal) 4. 3. Hasenfratz 4. 3. Dr. Hauchler 4. 3. Dr. Hauff 4. 3. Helmrich , 4. 3. Frau Hensel 4. 3. Dr. Hoffacker 4. 3. Kastning 4. 3. Kirschner 4. 3. Kittelmann 4. 3. Klein (Dieburg) 4. 3. Kroll-Schlüter 4. 3. Dr. -Ing. Laermann 4. 3. Klein (München) 4. 3. Lemmrich * 4. 3. Lowack 4. 3. Lüder 4. 3. Frau Dr. Martiny-Glotz 4. 3. Meyer 4. 3. Dr. Miltner 4. 3. Müller (Pleisweiler) 4. 3. Paintner 4. 3. Poß 4. 3. Repnik 4. 3. Reschke 4. 3. Reuschenbach 4. 3. Frau Roitzsch (Quickborn) 4. 3. Ronneburger ** 4. 3. Sauer (Salzgitter) **' 4. 3. Frau Schilling 4. 3. Schluckebier 4. 3. von Schmude 4. 3. Dr. Schneider (Nürnberg) 4. 3. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schröer (Mülheim) 4. 3. Seehofer 4. 3. Seidenthal 4. 3. Stiegler 4. 3. Dr. Struck 4. 3. Susset 4. 3. Frau Dr. Vollmer 4. 3. Dr. Waigel 4. 3. Dr. Wernitz 4. 3. Wiefelspütz 4. 3. von der Wiesche 4. 3. Wilz 4. 3. Frau Dr. Wisniewski 4. 3. Wissmann 4. 3. Dr. de With 4. 3. Wüppesahl 4. 3. Zander 4. 3. Zierer *' 4. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 26. Februar 1988 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 21. Januar 1988 verabschiedeten Ersten Gesetz zur Änderung des Pflichtversicherungsgesetzes einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/138 Nr. 1.3 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/883 Nr. 93 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Haushaltsausschuß Drucksache 11/929 Nr. 2.4 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/1656 Nr. 3.4, 3.5, 3.7-3.13 Drucksache 11/1707 Nr. 3-12 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 11/1656 Nr. 3.37 Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 2. März 1988 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes den Nachtrag zum Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1987 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Wirtschaftsplan liegt im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus.
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    Rede von Gerald Häfner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich bitte um Verzeihung. Ich hatte schon zu Beginn der Debatte, aber insbesondere nach den gezielten Fragen des Herrn Kollegen Hirsch damit gerechnet, daß einer der Herren Bundesminister das Wort ergreift.

    (Baum [FDP]: Kommt noch!)

    — Ganz zum Schluß, wenn man nicht mehr reagieren kann. Das ist bewährt.

    (Baum [FDP]: Dem Parlament soll nicht vorgegriffen werden!)

    — Ich sage das auch deshalb, weil Herr Töpfer vorhin ja direkt angesprochen wurde. Mich würde einfach interessieren, wie es jemandem geht, der behauptet, Umweltpolitik machen zu wollen, wenn ihm nicht nur aus seinen eigenen Entwürfen alles herausgestrichen wird, sondern wenn hier im Parlament ein solch wichtiger Ansatz — der beispielsweise 1979 von den 22 Mitgliedstaaten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates als ein Recht eingefordert wurde, das in allen Nationalstaaten Europas umzusetzen wäre — jedenfalls von seiten der Koalition so unwürdig behandelt wird.
    Ich will ein paar Sätze zu Ihnen, Herr Hirsch, sagen, und natürlich auch zu Ihnen, Herr Präsident, meine einigen Herren und wenigen Damen, die Damen bei den GRÜNEN. — Nein, Frau Weyel ist da. Entschuldigen Sie herzlich.

    (Dr. Nöbel [SPD]: Was bilden Sie sich eigentlich ein! Das ist unglaublich!)

    Ich begrüße Frau Weyel persönlich und besonders und entschuldige mich.
    Herr Hirsch, Sie haben gesagt: Wir haben schon Umweltschutz gemacht, als es die GRÜNEN noch gar nicht gab. Es ist schwer, auf dieses Argument einzugehen. Entschuldigen Sie, daß ich das sage: Es ist einfach peinlich.

    (Baum [FDP]: Peinlich für Sie, ja! — Dr. Nöbel [SPD]: Was soll das denn hier? Ich lasse mich von dem nicht beleidigen!)

    Ich finde es peinlich. Rein menschlich kann ich verstehen, daß man immer erst zweimal auf die Schulter geklopft werden und gedankt bekommen möchte,

    (Baum [FDP]: Wollen wir gar nicht!)

    daß man früher schon einmal etwas gemacht hat, bevor man über Aktuelles und Notwendiges spricht.

    (Baum [FDP]: Wir weisen nur Ihre Angriffe zurück!)

    Aber das, Herr Hirsch, wollen Sie doch nicht behaupten: daß alles schon geregelt sei, daß man nichts mehr zu tun brauche, daß mit dem Wenigen — es war außerordentlich wenig, was Sie damals gemacht haben —

    (Baum [FDP]: Immerhin etwas! Jetzt wissen wir es!)

    alle Umweltprobleme gelöst seien.

    (Baum [FDP]: Wer sagt denn das? — Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Dann hätten wir die Probleme heute nicht so!)

    Im Gegenteil: Die Umweltprobleme nehmen zu. Sie verlangen Antworten.
    Was mich besonders traurig macht: Zu unserem Grundsätzlichen — der Abgeordnete Wartenberg hat das sehr wohl verstanden und aufgegriffen — , nämlich dem demokratietheoretischen und, so will ich bewußt auch sagen, demokratiepraktischen Ansatz in diesem Gesetzentwurf haben Sie kein Wort gesagt,

    (Dr. Hirsch [FDP]: Haben Sie auch das Rad erfunden?)

    obwohl die Freie Demokratische Partei 1980 in ihrem Bundesprogramm genau diese Forderung auf genommen hatte.

    (Baum [FDP]: Nein, nicht genau!)

    Das war zu den Zeiten, als es in der FDP noch Liberale gab. Es war ein Ansatz der Liberalen,

    (Baum [FDP]: Anders!)

    Herr Hirsch, auch früher schon, vor 1980, als es die
    Liberalen auf der politischen Bühne noch gab. Es geht



    Häfner
    im Unterschied zu dem, was Sie gesagt haben, nicht nur darum, die Repräsentanten mit Informationen auszustatten, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger selber. Hier stellt sich die Frage, welches Bild wir überhaupt und grundsätzlich vom demokratischen Staat haben.

    (Dr. Hirsch [FDP]: Sie haben nicht einmal zugehört! Sehr bedauerlich!)

    Ich will kurz noch auf das eingehen,

    (Dr. Nöbel [SPD]: Bis jetzt hat er noch nichts gesagt!)

    was der Herr Blens hier gesagt hat, abgesehen davon, daß ich es nicht ganz lauter finde, vorzulesen und zu zitieren, wenn man noch nicht einmal den Autor nennt, den man hier zitiert.

    (Dr. Blens [CDU/CSU]: Wieso denn eigentlich? Wie kommen Sie dazu?)

    Aber es ist offenbar die allerschlimmste Vision, Herr Blens — —

    (Dr. Blens [CDU/CSU]: Begründen Sie mal Ihre Behauptung!)

    — Sie können sich übrigens gern zu einer Zwischenfrage melden. Ich halte Dialog für sehr vernünftig. Aber schreien Sie nicht immer dazwischen, Herr Blens.

    (Baum [FDP]: Sagen Sie das mal Frau Unruh!)

    Das ist außerordentlich irritierend. Stellen Sie eine Frage.

    (Dr. Nöbel [SPD]: Sagen Sie doch endlich einmal etwas!)

    Es ist offenbar die schlimmste Vision für eine deutsche Verwaltung, daß ein Bürger kommt und einmal nachgucken will, was die da überhaupt machen. Eine schlimmere Vision gibt es gar nicht.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wenn das so schlimm wäre, wie Sie es darstellen, dann frage ich mich, wieso das eigentlich selbstverständlicher Standard in den USA, in den Niederlanden, in Schweden, in Norwegen, in Finnland, in Frankreich, in Belgien, in Australien, in Neuseeland und in vielen anderen Ländern ist. Gucken Sie sich doch einfach einmal an, wie das dort abläuft. Es ist ja wirklich eine Horrorvision, daß sozusagen jeder Bürger seine Ferien und seine Wochenenden in der Verwaltung verbringen würde. Ich kann Ihnen sagen: Es gibt Angenehmeres, als einen Nachmittag in einer deutschen Behörde zu verbringen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Es ist völlig absurd, was Sie sagen. Es gibt weiß Gott Angenehmeres, als Hunderte von Aktenbergen zu studieren. Aber in einem Fall, wo das notwendig wird, wo wirklich Umweltskandale vertuscht werden, wo die Bürger Informationen brauchen, um zu wissen, was eingeleitet wird, was genehmigt ist, was unterschlagen wird, wie hoch die Meßwerte sind usw., muß die Einsicht gewährt werden, und davon wollen Sie mit Ihren kindischen Visionen ablenken. Das finde ich, offengestanden, unlauter.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Mit solchen Bildern kann man jedes demokratische Recht abwürgen.
    Ich denke, daß man noch einmal grundsätzlich sagen sollte: Umweltskandale werden nicht weniger, sondern ihre Zahl nimmt zu. Wir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen; es wird immer weiter gesägt. Die Haltung: Wir benennen einen Umweltminister und sägen dann kräftig weiter, genügt eben nicht, sondern es kommt entscheidend darauf an, was getan wird.
    Darauf, was getan werden muß, bezieht sich unser grundsätzlicher Ansatz, nämlich daß die Bürgerinnen und Bürger ein Recht darauf haben zu wissen, was passiert, was genehmigt ist, was getan wird. Demokratie lebt davon. Wenn es stimmt, daß alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, dann vollzieht auch die Verwaltung, dann vollziehen die Genehmigungsbehörden Politik im Namen, im Sinne, im Auftrag der Bürger und in niemand anderes Namen. Was wir verfolgen, ist eine unsägliche Kumpanei — immer wieder — zwischen Interessen der Industrie auf der einen Seite und Verwaltung, Behörden, Politiker usw. auf der anderen Seite.
    Wir erleben Skandale. Ich nenne nur Hoechst, Böhringer, ich nenne auch Nukem und Alkem. Ich nenne die ganzen Altlastenskandale, in Bielefeld, in Dortmund usw. Solche Skandale werden vertuscht, hier findet eine Kumpanei statt zwischen Behörden und denen, die die Skandale verursacht haben oder weiterhin verursachen, und den Bürgern werden die Informationen vorenthalten.
    Um die Umwelt zu schützen, brauchen die Bürgerinnen und Bürger konkrete Rechte. Wir haben deshalb ein grünes Umweltpaket geschnürt, das — wie übrigens alle guten Dinge — drei Teile hat; die ersten beiden davon stehen heute auf der Tagesordnung.

    (Baum [FDP]: Was ist denn der dritte Teil?)

    — Herr Baum, Sie fragen: Was ist der dritte Teil? Diese Frage will ich Ihnen doch beantworten. Der dritte Teil ist ein Umweltgrundrecht, wie es z. B. unter Ihrer Federführung auch von den Liberalen einmal gefordert worden ist. Das haben Sie heute vergessen. Ich weiß nicht, ob Sie heute in dieser Debatte noch eimal das Wort ergreifen werden. Dann können Sie ja dazu Stellung nehmen. Das, was Sie jetzt als sogenanntes „Staatsziel Umweltschutz" ausbrüten, ist ein taubes Ei. Ich warte schon auf den Moment, in dem die Bürger merken, daß, wenn Sie von Ihrem Brutsessel heruntersteigen, in dem Ei nichts drin ist, daß der Kaiser keine Kleider anhat, daß es wie eine Seifenblase ist, die zerplatzt, wenn die Bürger irgend etwas damit anfangen wollen. Es ist Verfassungslyrik; insofern ist es ein Hohn auf unser Grundgesetz.
    Es geht darum, daß die Bürgerinnen und Bürger konkrete Teilhaberechte bekommen. Umweltschutz, Ökologie, das ist auch eine Frage des Gesellschaftsgefüges, daß sich eben nicht alles im verborgenen abspielt. Im Unterschied zu Ihnen fordern wir nicht den gläsernen Bürger und die verdunkelte Verwaltung, sondern wir wollen den aktiven, den kritischen



    Häfner
    Bürger, der sich einschalten kann, und wir wollen die gläserne Verwaltung. Das ist ein sehr großer Unterschied.
    Es ist eigentlich eine demokratische Selbstverständlichkeit, zu fordern, daß die Bürger in die Akten hineinsehen können, denn es ist ja nicht mehr die Verwaltung des Kaisers oder des Königs, sondern, wie ich gesagt habe, es ist die Verwaltung der Bürgerinnen und Bürger selbst, wenn man von der Grundidee der Demokratie ausgeht. Ich frage mich, was Sie an diesem Ansatz tatsächlich zu kritisieren haben.
    In der Tat sind Sie auch darauf nicht eingegangen. Sie haben gesagt, Herr Hirsch — ich kann mich nicht mehr exakt an den Wortlaut erinnern — , es sei außerordentlich detailliert geregelt, und Herr Blens hat so getan, als sei dies nicht der Fall. Ich empfehle Ihnen, wie wir das gemacht haben, eine Reise in die USA oder nach Schweden, um sich das einmal anzusehen.

    (Baum [FDP]: Vor 10 Jahren! — Dr. Hirsch [FDP]: Das haben wir gemacht, als Sie überhaupt noch nicht im Bundestag waren! Deswegen haben wir ja Bedenken gegen Ihren Entwurf!)

    Ich empfehle Ihnen, sich mit den konkreten Erfahrungen auseinanderzusetzen.
    Neben dem Akteneinsichtsrecht, das eine zentrale umweltpolitische Forderung ist, fordern die GRÜNEN das Verbandsklagerecht, das Klagerecht für Umweltverbände. Heute können nur die Betroffenen — als betroffen gelten nur die materiell betroffenen unmittelbaren Anlieger — gegen Atomkraftwerke und andere Pläne klagen. Das ist absolut nicht ausreichend; denn es sind Technologien in Vorbereitung, in Anwendung, bei denen der Kreis der Betroffenen sehr viel größer ist.
    Tschernobyl z. B. hat uns alle betroffen, und die Bundesregierung hat versucht, dagegen zu klagen. So ist es in vielen Fällen, daß die Bürgerinnen und Bürger betroffen sind, weit über den Kreis derer, die heute klageberechtigt sind, hinaus. Die Naturschutzverbände, Bürgerinitiativen brauchen ein Klagerecht in Umweltfragen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD — Baum [FDP]: Wir haben es immerhin schon in fünf Bundesländern!)

    — Wir haben es, wenn auch in meinen Augen nicht in einer ausreichenden Form. Vielleicht sehen Sie sich unseren Gesetzentwurf noch einmal an, der weiter geht.
    Ich will abschließen — leider ist die Zeit schon zu Ende — mit einer Kabinettsorder von Friedrich Wilhelm III., weil man den Eindruck bekommt, wir feiern etwas ganz groß Revolutionäres, was die Bundesrepublik in das Chaos stürzen würde. Bei Friedrich Wilhelm III. heißt es am 4. Februar 1804 — das hatte damals Gesetzeskraft —, also noch vor der Reformzeit:
    Wollte man eine gewisse und schickliche Art von Öffentlichkeit ganz verweigern, so würde kein Mittel übrigbleiben, die Nachlässigkeit oder Treulosigkeit öffentlich angestellter Staatsdiener aufzudecken. Hingegen bleibt diese Öffentlichkeit das sicherste Mittel sowohl für die Regierung selbst als auch für das Publikum gegen die Sorglosigkeit oder die unlauteren Absichten der Behörden, und sie verdienen daher ins Wort genommen zu werden.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Hirsch [FDP]: Gab es damals ein Parlament, Herr Kollege?)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.

(Dr. Knabe [GRÜNE]: Jetzt traut er sich erst! Das ist doch erbärmlich!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Stellungnahme der Bundesregierung wird zusätzlich noch Herr Kollege Engelhard hier abgeben. Ich will nur in aller Kürze drei Anmerkungen machen.
    Erstens. Bei dem, was Frau Abgeordnete Vennegerts hier vorgetragen hat, wurde ich an zwei Zitate erinnert. Das erste: Wenn Argumente fehlen, Stimme erheben. Das ist glänzend geglückt. Ein zweites Zitat habe ich von Robert Jungk entnommen: Ich will nicht sachlich sein, ich bin besorgt.

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Philippsburg ist passiert, Herr Töpfer! Das stimmt nicht!)

    Unter diesen beiden Gesichtspunkten habe ich Ihre Darstellung empfunden, und sie hat alle Teilbereiche wieder mitgebracht, die ich erwartet habe. Sie bringt, wie nicht anders zu erwarten, natürlich persönliche Diffamierungen — wie könnte es anders sein — , und sie bringt diese möglichst pauschal — wie könnte es anders sein — , und da wird von den „Dunkelmännern in Verwaltung und Wirtschaft" gesprochen.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Das stimmt doch!)

    Ich möchte Ihnen ganz deutlich sagen: Ich möchte mich mit großem Nachdruck und großer Ehrlichkeit und der Erfahrung aus vielen Jahren Verantwortung für Bürokratie vor die Menschen stellen, die in unserer Bürokratie tätig sind

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Vor alle, Herr Töpfer?)

    und die dazu beigetragen haben, daß dieser Staat zu dem geworden ist, was wir, weltweit anerkannt, mit einem Berufsbeamtentum haben, das sich von der Stein-Hardenbergschen Reform an allen Bemühungen widersetzt hat, zu einer Politisierung von Bürokratie zu kommen. Ich bin nachhaltig der Meinung, daß unsere Bürokratie eine derartige Qualifizierung als „Dunkelmänner" nicht verdient und daß man dies mit allem Nachdruck zurückzuweisen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Unruh [GRÜNE]: Es wird vom „Bananenstaat" gesprochen!)

    Ich möchte ein Zweites dazu sagen. Ich bin der Meinung, daß man das aufgreifen sollte, was von dem Abgeordneten der SPD hier gesagt worden ist. Bis



    Bundesminister Dr. Töpfer
    zum Augenblick war ich der Überzeugung, daß wir eine Gewaltenteilung der Art haben, daß das, was Bürokratien tun, durch Parlamente zu kontrollieren ist. Eigentlich war ich wirklich dieser Überzeugung. Deswegen haben sich Parlamente in der repräsentativen Demokratie Instrumente geschaffen, die dieses vornehme Recht der Kontrolle von Bürokratie erfüllen.

    (Abg. Kleinert [Marburg] [GRÜNE] und Abg. Dr. Knabe [GRÜNE] melden sich zu Zwischenfragen)