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ID1106501400

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    Plenarprotokoll 11/65 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 65. Sitzung Bonn, Freitag, den 4. März 1988 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 4469 A Zur Geschäftsordnung Weiss (München) GRÜNE 4469 B Bohl CDU/CSU 4469 C Jahn (Marburg) SPD 4469 D Tagesordnungspunkt 17: a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundesbahngesetzes (Drucksache 11/1516) b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau der Wettbewerbsverzerrungen und zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Bundesbahn (Bundesbahnsanierungsgesetz) (Drucksache 11/1789) c) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Übernahme überhöhter Versorgungslasten (Drucksache 11/1515) d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Tillmann, Straßmeir, Dr. Pohlmeier, Kroll-Schlüter, Fischer (Hamburg), Pfeffermann, Jung (Limburg), Bauer, Rauen, Dr. Uelhoff, Haungs, Gerstein, Dr. Lammert, Dr. Jahn (Münster) und der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Ausbau des DB-Abschnitts Paderborn—Kassel (Drucksache 11/1690) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Vorhaben der Deutschen Bundesbahn, die Preise ab April 1988 zu erhöhen (Drucksache 11/1913) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Erhalt der DBStrecke Wuppertal-Elberfeld—WuppertalCronenberg (Drucksache 11/1918) Haar SPD 4471A Dr. Jobst CDU/CSU 4472 D Weiss (München) GRÜNE 4476 D Kohn FDP 4478 C Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 4480 B Bamberg SPD 4483 C Tillmann CDU/CSU 4485 A Ibrügger SPD 4486 A Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Einsichtsrecht in Umweltakten (Akteneinsichtsrechtsgesetz) (Drucksache 11/1152) b) Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung (Drucksache 11/1153) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. März 1988 Frau Vennegerts GRÜNE 4488 A Dr. Blens CDU/CSU 4489 D Wartenberg (Berlin) SPD 4492 B Dr. Hirsch FDP 4494 B Häfner GRÜNE 4496 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 4498 C Dr. Hüsch CDU/CSU 4500 A Schütz SPD 4501 C Baum FDP 4503 C Engelhard, Bundesminister BMJ 4505 B Nächste Sitzung 4507 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4508* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 4508* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. März 1988 4469 65. Sitzung Bonn, den 4. März 1988 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 4. 3. Andres 4. 3. Frau Beck-Oberdorf 4. 3. Becker (Nienberge) 4. 3. Dr. Biedenkopf 4. 3. Dr. von Bülow 4. 3. Frau Conrad 4. 3. Frau Dr, Däubler-Gmelin 4. 3. Dreßler 4. 3. Frau Eid 4. 3. Dr. Emmerlich 4. 3. Dr. Faltlhauser 4. 3. Dr. Feldmann 4. 3. Frau Fuchs (Köln) 4. 3. Francke (Hamburg) ** 4. 3. Gansel 4. 3. Gattermann 4. 3. Dr. Götz 4. 3. Grünbeck 4. 3. Haack (Extertal) 4. 3. Hasenfratz 4. 3. Dr. Hauchler 4. 3. Dr. Hauff 4. 3. Helmrich , 4. 3. Frau Hensel 4. 3. Dr. Hoffacker 4. 3. Kastning 4. 3. Kirschner 4. 3. Kittelmann 4. 3. Klein (Dieburg) 4. 3. Kroll-Schlüter 4. 3. Dr. -Ing. Laermann 4. 3. Klein (München) 4. 3. Lemmrich * 4. 3. Lowack 4. 3. Lüder 4. 3. Frau Dr. Martiny-Glotz 4. 3. Meyer 4. 3. Dr. Miltner 4. 3. Müller (Pleisweiler) 4. 3. Paintner 4. 3. Poß 4. 3. Repnik 4. 3. Reschke 4. 3. Reuschenbach 4. 3. Frau Roitzsch (Quickborn) 4. 3. Ronneburger ** 4. 3. Sauer (Salzgitter) **' 4. 3. Frau Schilling 4. 3. Schluckebier 4. 3. von Schmude 4. 3. Dr. Schneider (Nürnberg) 4. 3. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schröer (Mülheim) 4. 3. Seehofer 4. 3. Seidenthal 4. 3. Stiegler 4. 3. Dr. Struck 4. 3. Susset 4. 3. Frau Dr. Vollmer 4. 3. Dr. Waigel 4. 3. Dr. Wernitz 4. 3. Wiefelspütz 4. 3. von der Wiesche 4. 3. Wilz 4. 3. Frau Dr. Wisniewski 4. 3. Wissmann 4. 3. Dr. de With 4. 3. Wüppesahl 4. 3. Zander 4. 3. Zierer *' 4. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 26. Februar 1988 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 21. Januar 1988 verabschiedeten Ersten Gesetz zur Änderung des Pflichtversicherungsgesetzes einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/138 Nr. 1.3 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/883 Nr. 93 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Haushaltsausschuß Drucksache 11/929 Nr. 2.4 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/1656 Nr. 3.4, 3.5, 3.7-3.13 Drucksache 11/1707 Nr. 3-12 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 11/1656 Nr. 3.37 Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 2. März 1988 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes den Nachtrag zum Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1987 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Wirtschaftsplan liegt im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Michael Weiss


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dieser verbundenen Debatte geht es u. a. auch um unseren Gesetzentwurf zur Bundesbahnsanierung, eine aktualisierte und überarbeitete Fassung eines von uns bereits im Jahr 1984 eingebrachten Gesetzentwurfs, mit dem wir der Bundesbahn eine Struktur verschaffen wollen, die den verkehrs- und umweltpolitischen Erfordernissen entspricht. Wenn ich sage, es handelt sich um einen aktualisierten Entwurf, muß ich doch einräumen, daß er in seiner Begründung leider schon nicht mehr ganz aktuell ist.
    Als wir den Antrag einbrachten, sind wir von einem Jahresfehlbetrag der Bahn von noch 3,9 Milliarden DM ausgegangen. Das waren schon 0,7 Milliarden DM über dem Wirtschaftsplan. Mittlerweile hat die Bahn mitgeteilt, daß es im Jahr 1987 sogar 4,1 Milliarden DM sind. Die Situation der Bahn hat sich also weiter verschlechtert. Es ist deshalb noch dringlicher geworden, daß gesetzgeberische Maßnahmen ergriffen werden.
    Wenn nichts getan wird, Herr Bundesverkehrsminister, dann wird die Deutsche Bundesbahn noch vor der Jahrtausendwende ihr Eigenkapital aufgebraucht haben. Dann müssen Sie, Herr Bundesverkehrsminister, nach einem Bäcker suchen, dem Sie die Deutsche Bundesbahn für 1 DM verhökern können, damit sie eine „neue Heimat" findet.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Der Hinweis auf die Neue Heimat ist sehr gut! Ein gelungener Gag!)

    Es scheint aber sowieso so zu sein — was ich auch vorhin schon andeutete —, daß Verkehrspolitik im starken Maße offensichtlich im Finanzministerium gemacht wird. Wenn man sich anschaut, was für Papiere von Herrn Sarazin aus dem Finanzministerium kommen, kann man nur sagen: Das ist eigentlich das Ende der Bahn. Ich fordere Sie auf, sich von diesem Papier



    Weiss (München)

    zu distanzieren. Auch der Herr Staatssekretär Voss aus dem Finanzministerium ist ja anwesend. Ich fordere ihn ebenfalls auf, ans Rednerpult zu treten und konkret etwas zu diesem Papier zu sagen. Denn das entlarvt die vielen schönen Worte, die Herr Warnke und andere von der Koalition immer wieder in der Öffentlichkeit machen. Von wegen, die Bahn müsse saniert werden, wir müßten einiges für die Bahn tun. Wenn man die richtigen Papiere liest, sieht man, was beabsichtigt ist. Das ist genau die Politik, die derzeit verfolgt wird.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Doch nun zu unserem Gesetzentwurf. Als er in der letzten Legislaturperiode hier abgelehnt wurde, lautete die Formulierung in der Beschlußempfehlung — ich glaube, diese Formulierung stammt von Ihnen, Herr Dr. Jobst — „Ablehnung, da mit den vom Bundeskabinett am 23. November 1983 beschlossenen Leitlinien bereits ein anderes und realistischeres Konzept zur Sanierung des Unternehmens vorliegt" . Das war damals die Begründung. Ich glaube, wenn Sie ehrlich sind, nehmen Sie das heute selbst nicht mehr ernst, denn Sie müssen eingestehen, daß Ihre damalige Bewertung der Leitlinien falsch war. Das Konzept DB 90 sowie die Leitlinien der Bundesregierung sind gescheitert. Nachdem für wenige Jahre der Jahresfehlbetrag durch drastische Arbeitsplatzvernichtung bei der Bahn vorübergehend zurückgeführt werden konnte, ist er im letzten Jahr wieder drastisch angestiegen.
    Wenn Sie die Finanzen der Bahn sanieren wollen, dann müssen Sie genau die Trennungsrechnung machen, dann müssen Sie die verschiedenen Aufgaben auch rechnerisch voneinander abgrenzen. Sie müssen zwischen dem staatlichen, dem gemeinwirtschaftlichen und dem eigenwirtschaftlichen Aufgabenbereich unterscheiden.
    Staatlicher Aufgabenbereich ist die Vorhaltung des Schienennetzes. Dafür trägt der Staat auch in finanzieller Hinsicht die Verantwortung. Wir treten mit Nachdruck dafür ein, daß die Bundesbahn im Auftrag des Bundes das Schienennetz nach den politischen Vorgaben ausbaut und instandhält. Nur, diese politischen Vorgaben müssen kommen, und das muß dann auch entsprechend vom Bund bezahlt werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Die Bahn soll dann für die Benutzung natürlich eine entsprechende Wegekostenabgabe an den Bund abführen. Damit entfällt dann für die Bahn das Auslastungsrisiko für den Verkehrsweg. Wettbewerbsnachteile gegenüber den Verkehrsträgern Straße und Binnenschiffahrt könnten so abgebaut werden. Die von der Bahn für die Benutzung der Schienenwege zu zahlende Wegekostenabgabe sollte dann so Bernessen sein, daß die Bahn, anders als heute, hinsichtlich des Wegekostendeckungsbeitrages nicht stärker belastet wird als die konkurrierenden Verkehrsträger, insbesondere Straße und Binnenschiffahrt.
    Der zweite Aufgabenbereich der Bahn, der gemeinwirtschaftliche, betrifft vor allem den öffentlichen Personennahverkehr. Herr Verkehrsminister, das ist eine gemeinwirtschaftliche Aufgabe. Da kann man nicht immer von Betriebswirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit reden, Herr Dr. Jobst. Es ist eine gemeinwirtschaftliche Aufgabe staatlicher Daseinsvorsorge. Hier muß einfach eine politische Verantwortung übernommen werden. Es muß einfach einmal politisch festgelegt werden, was die Mindeststandards eines vernünftigen öffentlichen Personennahverkehrs sind. Dafür muß nach der EG-Verordnung der Bund dann natürlich die entsprechenden Kosten tragen. Aber genau dann, wenn Sie den gemeinwirtschaftlichen Aufgabenbereich gesondert abgrenzen, kann der Herr Minister Warnke seine Versprechungen zum ÖPNV in der Fläche, der, wie Sie einmal sagten, zu einem Schwerpunkt in dieser Legislaturperiode werden sollte, auch verwirklichen.
    Im Zusammenhang mit der staatlichen Aufgabe zum Vorhalt des Schienennetzes und der gesamtwirtschaftlichen Aufgabe zur Durchführung des ÖPNV haben wir einen weiteren Antrag eingebracht. Er beinhaltet eine Wuppertaler Bahnstrecke. Hier hat die Bahn bisher klar gegen § 4 des Bundesbahngesetzes verstoßen,

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Sehr richtig!)

    der sie eigentlich zum Erhalt des betriebssicheren Zustandes der Bahnanlage verpflichtet. Die Bahn hat sie soweit verkommen lassen, daß sie am 23. Februar 1988 aus sicherheitstechnischen Gründen ohne Genehmigung des Bundesverkehrsministers stillgelegt werden mußte. Ich will jetzt nicht unbedingt der Bahn den Vorwurf machen. Aber da ist natürlich der politische Vorwurf der mangelnden Finanzausstattung des Eigentümers im Hintergrund.
    Aber nun zum dritten Aufgabenbereich, zum eigenwirtschaftlichen. Der betrifft den Personenfernverkehr und den Güterverkehr. Nur in diesem Bereich ist die Bahn — nach Abbau heute noch vorhandener Wettbewerbsnachteile — in der Lage, nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu arbeiten. Der Fernverkehr ist bisher der einzige Bereich, in dem die Bahn kostendeckend arbeitet, doch gerade da will die Bahn zum 1. April eine Fahrpreiserhöhung vornehmen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dann ist es noch kostendeckender!)

    Angesichts der Tatsache, daß Autofahren in den letzten Jahren immer billiger geworden ist, ist die Fahrpreiserhöhung schon aus umweltpolitischen Gründen nicht vertretbar.

    (Beifall des Abg. Kleinert [Marburg] [GRÜNE])

    Die Erhöhung ist auch nicht aus Gründen der Kostenentwicklung im Fernverkehr gerechtfertigt. Sie dient lediglich dazu, die Defizite im gemeinwirtschaftlichen und staatlichen Aufgabenbereich auszugleichen und ist deshalb auf die ungenügende Finanzausstattung der Bahn durch den Eigentümer zurückzuführen.
    Für die Zukunft wollen wir deshalb die Aufgabenbereiche der Bahn klar gegeneinander abgrenzen und fordern die Einführung der dreigliedrigen Trennungsrechnung. Daneben fordern wir aber auch, daß die Bahn finanziell saniert wird. Dazu gehört: Der Bund



    Weiss (München)

    muß die überhöhten Versorgungslasten für Beamte in voller Höhe ausgleichen.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Sehr richtig!)

    Der Bund muß die Zinsen für die Schulden übernehmen, die bei der Bahn in der Vergangenheit bei der Erfüllung der staatlichen und gemeinwirtschaftlichen Aufgaben entstanden sind.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Welche Steuern wollen Sie denn erhöhen?)

    Und der Bund muß alle Vergünstigungen, die er anderen Verkehrsträgern gewährt, auch der Bahn einräumen. Ich nenne hier nur das Stichwort Mineralölsteuerbefreiung.
    Außerdem fordern wir ein Bundesbahninvestitionsgesetz, das Sie in Art. 2 unseres Gesetzentwurfs finden. Damit soll der Bund verpflichtet werden, ausreichend Investitionen im staatlichen und gemeinwirtschaftlichen Aufgabenbereich zu tätigen.
    Ich will hier nicht blind Forderungen stellen und so tun, als ob das alles nichts kosten würde. Natürlich wissen wir, daß durch unsere Forderungen die jährlichen Leistungen des Bundes für die Deutsche Bundesbahn um etwa 6 Milliarden DM erhöht werden müßten.

    (Bohl [CDU/CSU]: Das ist ja nicht so viel!)

    Wir finden das richtig, und wir finden es notwendig. Aber es ist halt eine Frage, wo Sie die Prioritäten ansetzen, ob bei der Steuerentlastung der Spitzenverdiener oder bei der Sanierung der Deutschen Bundesbahn. Das ist eine Aussage, wo die politischen Prioritäten dieser Bundesregierung liegen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    In diesem Zusammenhang bieten sich aber auch andere Möglichkeiten an. Herr Dr. Jobst hat etwas aufgegriffen, was auch wir schon längere Zeit fordern, nämlich eine Schwerverkehrsabgabe. Ich denke, zur Sanierung der Bahn wäre durchaus auch eine Erhöhung der Mineralölsteuer gerechtfertigt. Ich denke aber, daß es auch andere Möglichkeiten gibt. Wenn man nur will, kann man eine entsprechende Lösung finden.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Sie wollen einfach nicht; das ist doch die Wahrheit.
    Meine Damen und Herren, die Bahn ist nach wie vor das sicherste und umweltfreundlichste Verkehrsmittel, das wir haben. Bahnpolitik sollte deshalb eigentlich die Nr. 1 in der Verkehrspolitik sein. Leider ist das nicht so. Wir wollen dringend, daß das anders wird.
    Dafür haben wir diesen Gesetzenwurf eingebracht und fordern den Bundesverkehrsminister auf, endlich von sich aus auch einmal ein Konzept einzubringen. Schöne Worte allein tun es nicht. Sie müssen endlich einmal sagen, was Sie konkret machen wollen, was Sie vorhaben, um die Finanzen der Bahn gesund werden zu lassen.
    Danke.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Kohn.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Roland Kohn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unserer heutigen Aussprache liegen eine Reihe von Anträgen und Gesetzentwürfen der Fraktionen dieses Hauses zugrunde. Angesichts der relativ knappen Redezeit ist es mir nicht möglich, im Detail auf diese Initiativen einzugehen.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Das habe ich mir gedacht!)

    Lassen Sie mich deshalb zunächst zur Frage des Ausbaus des DB-Abschnitts Paderborn—Kassel sagen, daß meine Fraktion gemeinsam mit den Kollegen der Unionsfraktion diesen Antrag eingebracht hat, weil wir der Überzeugung sind, daß die Strecke Dortmund—Kassel im Rahmen eines Schnellverkehrskorridors Dortmund—Kassel—Würzburg—Nürnberg—München besondere Bedeutung hat und daß deshalb der beschleunigte Ausbau des Teilstücks Paderborn—Kassel unsere volle Unterstützung verdient.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Kollegen Wolfgramm, Cronenberg, Nolting, Solms und Gries haben sich entsprechend engagiert.
    Die anderen vorliegenden Initiativen, die wir in den Ausschüssen dieses Hauses sorfältig beraten und auf ihre konstruktiven Elemente hin abklopfen werden, geben Anlaß, die grundsätzliche Position der Liberalen zur Bahnthematik in diesem Hause vorzutragen.
    Ich will zunächst darauf hinweisen, daß die Deutsche Bundesbahn ein bedeutender Faktor unserer Volkswirtschaft ist. Ihr Anteil an der Bruttowertschöpfung der Bundesrepublik beträgt 2,6 %. Die Bahn beschäftigt rund 260 000 Menschen und vergibt jährlich Aufträge bis zu 10 Milliarden DM. Aber auch als Partner der verladenden Wirtschaft und unter Verkehrssicherheitsaspekten ist die Deutsche Bundesbahn als Verkehrsträger unverzichtbar.

    (Zuruf von der SPD: Sie dürfen sie nur nicht verladen!)

    Ich will auch hervorheben, daß die Deutsche Bundesbahn in bezug auf die Leistung, die sie erbringt, einen geringen Energiebedarf hat, einen geringen Landverbrauch durch Bündelung von Verkehren und geringe Schadstoffemissionen, insofern also auch eine herausragende ökologische Bedeutung hat.
    Aber, meine Damen und Herren, richtig bleibt auch: Die Bahn muß bezahlbar bleiben. Die Probleme, mit denen es die Deutsche Bundesbahn heute zu tun hat, sind an ihrem erheblich gesunkenen Marktanteil im Güterverkehr und im Personenverkehr abzulesen.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Woran liegt das denn?)

    Im Güterverkehr liegt er inzwischen unter 30 %, im Personenverkehr bei etwa 7 %.
    Aber, meine Damen und Herren, hier ist auch an die wiederansteigenden jährlichen Defizite zu denken, die Herr Kollege Haar schon angeführt hat. Ich bin immer etwas zurückhaltend, wenn es darum geht, mit solchen Zahlen zu sehr in die Öffentlichkeit zu gehen, weil ich die Sorge habe, daß damit psychologische



    Kohn
    Fehlentwicklungen eingeleitet werden könnten. Trotzdem muß man diese Fakten einfach zur Kenntnis nehmen.

    (Zuruf von der SPD: Sie kommen vom Finanzminister, Herr Kollege Kohn!)

    Ursache hierfür ist die zu späte Anpassung des Schienennetzes an die Nord-Süd-Verkehrsströme in der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg und die zu spät erfolgte Verbesserung des Angebots und des Service durch neue Produkte. Von daher sind wir Liberalen mit Nachdruck der Meinung, daß die Aus- und Neubaustrecken der Deutschen Bundesbahn bei der Bewältigung der Frage der Steigerung der Attraktivität der Deutschen Bundesbahn eine ganz herausragende Rolle spielen,

    (Beifall des Abg. Dr. Weng [Gerlingen] [FDP])

    und wir sind der Überzeugung, daß es notwendig ist, die jetzt geplanten neuen Produkte mit Nachdruck in den Markt einzuführen. Ich denke z. B. an den Interregio und erinnere daran, wie erfolgreich in den letzten Jahren Produkte eingeführt wurden, wie das InterCargo-System, der Nachtsprung und schließlich auch die City-Bahn.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wenn man über die Strukturprobleme der Bahn spricht, muß man die objektiven Rahmenbedingungen mit bedenken. Hierzu zählt z. B. der Sachverhalt, daß zwischen 1965 und 1985 in der Bundesrepublik Deutschland das Netz der überregionalen Straßen von 145 000 km auf 175 000 km gewachsen ist, während wir im gleichen Zeitraum eine Reduktion des Schienennetzes der Bahn hatten und außerdem feststellen müssen, daß bisher nur etwa 13 km neue Strecken, also Hochgeschwindigkeitsstrecken, gebaut worden sind.
    Das ändert sich zum Glück ja nun vor allem Anfang der 90er Jahre mit der Fertigstellung u. a. der Strecke Mannheim—Stuttgart.
    Hinzu kommen, meine Damen und Herren, aber auch die strukturellen Veränderungen am Verkehrsmarkt, wie Rückgang der klassischen Massenguttransporte, Übergang zu kleineren Losgrößen bei zugleich hochwertigeren Gütern, Abbau von Lagerkapazitäten bei den Unternehmen und ihre Ersetzung durch produktionsgerechte Just-in-time-Lieferung.
    Außerdem muß man berücksichtigen, daß im Rahmen der Schaffung des europäischen Binnenmarktes 1992 und der damit zusammenhängenden Herstellung der Dienstleistungsfreiheit in der Europäischen Gemeinschaft mit einem Absinken des Tarifniveaus zu rechnen ist. Schließlich — auch das sage ich deutlich — muß der Eigentümer der Bahn, also der Bund, seine Hausaufgaben erledigen.
    Der Konsolidierungskurs im Rahmen der Bahnleitlinien vom November 1983 hat sich nach unserer Überzeugung positiv ausgewirkt.

    (Weiss [München] [GRÜNE]: Was? Können Sie nicht rechnen?)

    Dies ist das gemeinsame Verdienst der Bundesregierung, des Vorstands der Bahn, der Eisenbahner und ihrer Gewerkschaften.

    (Weiss [München] [GRÜNE]: War es etwa ihr Ziel, die Schulden so in die Höhe zu treiben?)

    Die weitere Konsolidierung aus eigener Kraft stößt aber jetzt an Grenzen.
    Deshalb sagen wir Liberalen: Wenn jetzt nicht politisch gehandelt wird, wird am Ende dieser Legislaturperiode der bisherige Konsolidierungskurs gescheitert sein, wird die Motivation der Mitarbeiter zusammenbrechen und wird ein dramatisches Haushaltsrisiko auf den Bund zukommen.
    Was also ist zu tun? Oberster Leitsatz muß es nach unserer Auffassung sein, den Wandlungsprozeß der Deutschen Bundesbahn von einer staatlichen Verwaltung zu einem modernen marktorientierten Verkehrsdienstleistungsunternehmen zu unterstützen, zu beschleunigen und politisch abzusichern.
    Das heißt konkret: Erstens differenzierte Spartenerfolgsrechnung für das gesamte Unternehmen als Voraussetzung zur Übernahme der finanzwirtschaftlichen Verantwortung für das Schienennetz durch den Staat und Einführung eines nutzungsabhängigen Entgelts durch die Bahn. Ich muß in diesem Zusammenhang deutlich sagen, daß ich kein Verständnis dafür habe, daß die Deutsche Bundesbahn es bis auf den heutigen Tag nicht geschafft hat, ein internes Rechnungswesen auf die Beine zu stellen, das in der Lage wäre, diese Bedingungen zu erfüllen.
    Zweitens. Wir fordern eine Verbesserung der Eigenkapitalausstattung des Unternehmens und den Einstieg in die schrittweise Entschuldung. Hierfür gibt es Vorschläge, die u. a. von Hermann Josef Abs vorgetragen worden sind.

    (Weiss [München] [GRÜNE]: Ja, dann bringen Sie sie hier ein!)

    Herr Kollege Haar, an dieser Stelle will ich übrigens sagen, daß ich mit Ihnen der Meinung bin, daß dies eine dringende Aufgabe ist. Ich muß aber auch sagen, daß wir, wenn wir die Schwierigkeiten bei der Finanzierung des Bundeshaushalts sehen, erkennen müssen, daß es sich dabei, im ganzen gesehen, um ein Nullsummenspiel handelt. Das bedeutet, daß wir an anderer Stelle Einsparungen vornehmen müssen, und dann sind auch Sie und Ihre Fraktion herzlich eingeladen, mit uns gemeinsam durchzusetzen, daß investive Entscheidungen getroffen werden.

    (Haar [SPD]: Lassen Sie uns darüber reden!)

    Drittens geht es darum, die Konzernstruktur der Deutschen Bundesbahn neu zu ordnen. Es geht uns um eine verstärkte Kooperation mit der privaten Wirtschaft

    (Weiss [München] [GRÜNE]: Privatisierung!)

    und um die schrittweise — jetzt kommt das Stichwort, Herr Kollege — Privatisierung von Sekundärfunktionen und internen Servicediensten.

    (Weiss [München] [GRÜNE]: Typisch FDP!)




    Kohn
    — Ich stimme Ihnen ausdrücklich darin zu, daß dies typisch für die FDP ist. Es ist unser Markenzeichen, und wir sind stolz darauf.

    (Beifall bei der FDP — Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Dann wird endlich alles besser!)

    Viertens. Wir fordern den Verbund der europäischen Eisenbahnen sowie den Aufbau eines europaweiten Hochgeschwindigkeitsnetzes für Personen und Güter. Ich habe am Dienstag dieser Woche in der gemeinsamen Sitzung der Bundestagsfraktion der Freien Demokratischen Partei mit der Liberalen und Demokratischen Fraktion im Europäischen Parlament die besondere Bedeutung der Kooperation der europäischen Eisenbahnen und der Infrastrukturmaßnahme „Europäisches Schnellbahnsystem" hervorgehoben. Hier sind wir alle gefordert, auf unseren politischen Schienen dafür zu sorgen, daß diese Dinge verwirklicht werden.

    (Weiss [München] [GRÜNE]: Wenn Sie die Bahn nicht sanieren, können Sie all Ihre Konzepte vergessen!)

    Fünftens. Wir fordern den Abbau der politischen Eingriffsmöglichkeiten auf die Bahn und damit die Schaffung von mehr Freiräumen für unternehmerisches Handeln.
    Sechstens. Wir wollen Zeitverträge für Führungskräfte, die unternehmerische Verantwortung tragen.
    Siebtens sagen wir: Wir wollen die Aufhebung der Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht.
    Wenn man all diese Dinge zusammennimmt, wird klar: Diese Ziele können nur verwirklicht werden, wenn es zu einer umfassenden Novellierung des veralteten Bundesbahngesetzes kommt. Wir Liberalen vertreten diese Auffassung mit Nachdruck.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Bundesverband der Deutschen Industrie hat in seinem Papier „Industrie und Deutsche Bundesbahn" folgendes ausgeführt — ich zitiere — :
    Schnelles Handeln ist erforderlich, damit die von der Bahn geleisteten großen Rationalisierungserfolge gesichert werden können.

    (Weiss [München] [GRÜNE]: Arbeitsplatzvernichtung!)

    Aus diesem Grunde haben die Koalitionsfraktionen eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit all den Themen, die ich hier angesprochen habe, befassen wird. Wir hoffen darauf, daß es möglichst rasch gelingt, zu praktischen, zu praktikablen Lösungen zu gelangen. Jeder, der dabei mitwirken will, die große Herausforderung anzunehmen, eine Zukunftsstrategie für die Deutsche Bundesbahn zu entwickeln, ist hierzu herzlich eingeladen. Gehen wir gemeinsam an die Arbeit!

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)