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ID1105907000

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    Plenarprotokoll 11/59 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 59. Sitzung Bonn, Freitag, den 5. Februar 1988 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Hinsken 4088 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Aktuelle Stunde betr. Überlegungen der Bundesregierung, das Vorruhestandsgesetz am 31. Dezember 1988 auslaufen zu lassen Heyenn SPD 4083 B Müller (Wesseling) CDU/CSU 4084 B Hoss GRÜNE 4085 B Cronenberg (Arnsberg) FDP 4086 B Hinsken CDU/CSU 4087 B Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 4088 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA 4089 A Reimann SPD 4091 A Schemken CDU/CSU 4091 D Frau Fuchs (Köln) SPD 4092 D Dr. Haussmann FDP 4094 A Doss CDU/CSU 4095 A Stratmann GRÜNE 4096 B Dr. Warrikoff CDU/CSU 4097 A Tagesordnungspunkt 20: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Die Zukunft Berlins zwischen Ost und West (Drucksache 11/1094) b) Beratung des Antrags des Abgeordneten Sellin und der Fraktion DIE GRÜNEN: Kürzung der Berlinförderung und Bildung eines Finanzfonds zur Verbesserung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Situation der Stadt (Drucksache 11/1187 (neu)) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU und der FDP: Zur Berlin- und Deutschlandpolitik (Drucksache 11/1758) Heimann SPD 4098 B Dr. Schäuble, Bundesminister BK . . . 4102B Sellin GRÜNE 4105 C Lüder FDP 4108A Diepgen, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 4109D Dr. Mitzscherling SPD 4112A Kittelmann CDU/CSU 4115 A Dr. Sohns FDP 4117 D Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes (Drucksache 11/1556) Clemens CDU/CSU 4118D Graf SPD 4120A Dr. Hirsch FDP 4121D Frau Olms GRÜNE 4122D Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . . 4123 C Nächste Sitzung 4124D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 4125* A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Februar 1988 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 4125* C Anlage 3 Sicherheitsvorkehrungen für Transportstrecken und Standorte defekter Castorbehälter MdlAnfr 18 29.01.88 Drs 11/1734 Frau Wollny GRÜNE ErgSchrAntw PStSekr Gröbl BMU . . . . 4125* D Anlage 4 Reise von Ministerpräsident Strauß als „Sonderbotschafter" des Bundeskanzlers nach Südafrika; Erfolg der Reise MdlAnfr 32, 33 29.01.88 Drs 11/1734 Schily GRÜNE SchrAntw StMin Dr. Stavenhagen BK . . 4126* A Anlage 5 Reise des Ministerpräsidenten Strauß in das südafrikanische Homeland Bophutatswana im Auftrag des Bundeskanzlers sowie Unter- richtung der angolanischen Regierung über das Treffen mit dem Führer der Widerstandsbewegung UNITA MdlAnfr 34, 35 29.01.88 Drs 11/1734 Verheugen SPD SchrAntw StMin Dr. Stavenhagen BK . . 4126* C Anlage 6 Beauftragung des Ministerpräsidenten Strauß mit einer Reise nach Südafrika durch den Bundeskanzler; Verlauf der Reise MdlAnfr 36, 37 29.01.88 Drs 11/1734 Büchler (Hof) SPD SchrAntw StMin Dr. Stavenhagen BK . . 4126* D Anlage 7 Beurteilung der außenpolitischen Lage Südafrikas und Besuch Namibias durch den bayerischen Ministerpräsidenten Strauß in Begleitung des südafrikanischen Außenministers MdlAnfr 38, 39 29.01.88 Drs 11/1734 Lutz SPD SchrAntw StMin Dr. Stavenhagen BK . . 4127* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Februar 1988 4083 59. Sitzung Bonn, den 5. Februar 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amling 5. 2. Frau Beck-Oberdorf 5.2. Brauer 5.2. Frau Dempwolf 5. 2. Dr. Dollinger 5. 2. Dr. Dregger 5. 2. Eylmann 5. 2. Frau Flinner 5. 2. Frau Garbe 5. 2. Gattermann 5.2. Dr. Geißler 5. 2. Dr. von Geldern 5. 2. Gerster (Worms) 5. 2. Grünbeck 5. 2. Hasenfratz 5. 2. Hedrich 5. 2. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 5.2. Frau Dr. Hellwig 5. 2. Dr. h. c. Herkenrath 5. 2. Höffkes 5.2. Hoppe 5. 2. Ibrügger 5. 2. Kiechle 5. 2. Kißlinger 5. 2. Klein (München) 5. 2. Dr. Köhler (Wolfsburg) 5. 2. Kossendey 5. 2. Kreuzeder 5.2. Dr. Kunz (Weiden) 5. 2. Dr. Graf Lambsdorff 5. 2. Leonhart 5. 2. Louven 5.2. Lowack 5. 2. Frau Luuk 5. 2. Meyer 5.2. Mischnick 5.2. Dr. Müller * 5. 2. Pfeffermann 5. 2. Repnik 5. 2. Reschke 5. 2. Reuschenbach 5. 2. Ronneburger 5. 2. Roth 5. 2. Roth (Gießen) 5. 2. Rühe 5. 2. Dr. Rüttgers 5. 2. Frau Schilling 5. 2. Schluckebier 5. 2. Frau Schoppe 5. 2. Schütz 5. 2. Dr. Spöri 5. 2. Dr. Stoltenberg 5. 2. Frau Terborg 5. 2. Frau Dr. Timm 5. 2. Frau Traupe 5. 2. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Voigt (Frankfurt) ** 5. 2. Dr. Waffenschmidt 5. 2. Dr. Wernitz 5. 2. Wieczorek (Duisburg) 5. 2. Wiefelspütz 5. 2. Wischnewski 5.2. Dr. Wulff 5. 2. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksachen 10/2123, 10/2124, 10/2126 Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Drucksache 10/1991 Nr. 2 Drucksache 11/1656 Nr. 3.2 Anlage 3 Ergänzende Antwort des Parl. Staatssekretärs Gröbl auf die Zusatzfragen des Abgeordneten Dr. Lippelt (Hannover) (GRÜNE) zur Frage der Abgeordneten Frau Wollny (GRÜNE) (Drucksache 11/1734 Frage 18, 57. Sitzung, Seite 3944): Zu welchen spezifischen Standorten sollen gegebenenfalls defekte Castorbehalter gebracht werden, und welche Sicherheitsvorkehrungen gibt es hierfür entlang der spezifischen Transportstrecken und den jeweiligen Standorten? Wie von mir ausgeführt, ist es zutreffend, daß im Zwischenlager Gorleben Reparaturen an defekten Castorbehältern durchgeführt werden können und hierzu auch eine Genehmigung vorliegt. Reparaturen allerdings, die eine verstärkte Vorsorge gegen mögliche radiologische Belastungen erfordern, können im Zwischenlager nicht durchgeführt werden und müssen im Bedarfsfall in anderen kerntechnischen Anlagen nach Maßgabe einer Genehmigung nach § 7 oder § 9 Atomgesetz erfolgen. Entsprechende Genehmigungen haben beispielsweise die Kernkraftwerke Stade und Isar II; Beispiele von Kernkraftwerken, für die entsprechende Anträge gestellt wurden sind Würgassen, Brunsbüttel, Brokdorf und Emsland. Daneben sieht der Antrag auf Errichtung der Pilotkonditionierungsanlage in Gorleben die Möglichkeit vor, dort Behälter mit abgebrannten Brennelementen zu reparieren. 4126* Deutscher Bundestag — 1 1. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Februar 1988 Im übrigen werden im Zwischenlager Gorleben nur dann Behälter akzeptiert, wenn sichergestellt ist, daß diese z. B. für einen Reparaturfall, der im Zwischenlager nicht durchgeführt werden kann, in andere kerntechnische Anlagen aufgrund einer Genehmigung nach § '7 oder § 9 Atomgesetz verbracht werden können. " Anlage 4 Antwort des Staatsministers Dr. Stavenhagen auf die Frage des Abgeordneten Schily (GRÜNE) (Drucksache 11/1734 Fragen 32 und 33): Ist der Bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß als „Sonderbotschafter" von Bundeskanzler Kohl oder der gesamten Bundesregierung im Januar dieses Jahres nach Südafrika gereist, und sieht ihn die Bundesregierung besonders qualifiziert fur eine solche Mission, weil nach der von Strauß neuerlich bekräftigten Auffassung die Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts auch für die schwarze Bevölkerung von Südafrika ,,weder der Gerechtigkeit noch der Freiheit dient sondern dem Chaos den Weg bahnt"? Wie beurteilt die Bundesregierung den „Erfolg" der Südafrikareise von Ministerpräsident Strauß angesichts äufierst kritischer Stellungnahmen, nicht zuletzt aus Kreisen dei südafrikanischen Kirchen und Gewerkschaften (Generalsekretär des südafrikanischen Rates der Kirchen, Frank Chikane: Die Reise von Strauß habe bewirkt, „daß unsere Schmerzen und unser Leiden noch größer werden" laut Bericht Frankfurter Rundschau vorn 28. Januar 1988, Seite 11? Zu Frage 32: Der Bundeskanzler hat den bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß gebeten, nach Mosambik und Südafrika zu reisen, um hier in Gesprächen Chancen für eine friedliche Entwicklung der Region zu erkunden und wenn möglich auch einen Beitrag hierzu zu leisten. Der Bundeskanzler hat Ministerpräsident Strauß diese Mission auch deswegen übertragen, weil er wie wenige Politiker durch persönliches Ansehen und Sachkenntnis Einfluß auf die Regierung Südafrikas hat. Ohne Mitwirkung der südafrikanischen Regierung ist eine friedliche Lösung der inneren Konflikte Südafrikas nicht denkbar. Ministerpräsident Strauß hat sich auf Bitte des Bundeskanzlers hei der südafrikanischen Regierung intensiv um baldige Aufnahme des Dialogs zwischen allen politischen Kräften des Landes, um weiteren Abbau der Apartheid und um Freilassung der politischen Gefangenen bemüht. Zu Frage 33: Ziel der Südafrika-Politik der Bundesregierung ist es, zum Abbau der Konfrontation zwischen den Rassen beizutragen und den Dialog aller politischen Kräfte über die Zukunft des Landes zu fördern. In diesem Sinne hat der Bundeskanzler Ministerpräsident Strauß gebeten, seine Kontakte in der Republik Südafrika zu nutzen. Strauß hat sich dabei vor allem an die südafrikanische Regierung gewandt, weil diese über den Schlüssel verfügt, der schwarzen und farbigen Bevölkerungsmehrheit des Landes ihre gerechte Beteiligung an der politischen Willensbildung zu verschaffen. Logischerweise muß man vor allem mit denen sprechen, deren Politik man ändern will. Ministerpräsident Strauß hat der südafrikanischen Regierung die dringende Erwartung der Bundesregierung hinsichtlich der Entlassung von politischen Gefangenen, der Freisetzung von Mandela und der Öffnung zur Überwindung der Apartheid sehr deutlich gemacht. Ein erster Erfolg seines Einsatzes war die von der südafrikanischen Regierung zugestandene Entlassung einer Reihe politischer Gefangener. Anlage 5 Antwort des Staatsministers Dr. Stavenhagen auf die Fragen des Abgeordneten Verheugen (SPD) (Drucksache 11/1734 Fragen 34 und 35): Hat der Bundeskanzler den Bayerischen Ministerprasidenten Strauß beauftragt, das südafrikanische Homeland Bophutatswana zu besuchen und dort die Forderung nach voller Anerkennung der staatlichen Souveränität von Bophutatswana zu vertreten? Hat der Bundeskanzler dafür Sorge getragen, daß die Regierung der Volksrepublik Angola von dem Treffen des Bayerischen Ministerpräsidenten Strauß, der im :Auftrag des Bundeskanzlers in das südliche Afrika gereist war, mit dem Fuhrer der angolanischen Rebellenbewegung UNITA. Jonas Savimbi vorher unterrichtet wurde? Zu Frage 34: Nein. Der Besuch in Bophutatswana erfolgte nicht im Auftrag des Bundeskanzlers. Ministerpräsident Strauß selbst hat klargestellt, daß dieser Besuch seiner persönlichen Entscheidung entsprach. Zu Frage 35: Nein. Dieses Gespräch entsprach einem persönlichen Wunsch von Ministerpräsident Strauß. Es erfolgte nicht im Auftrag des Bundeskanzlers und war mit diesem nicht vorher abgestimmt. Anlage 6 Antwort des Staatsministers Dr. Stavenhagen auf die Fragen des Abgeordneten Büchler (Hof) (SPD) (Drucksache 11/1734 Fragen 36 und 37): Aus welchem Grunde hat der Bundeskanzler mit der Reise in das südliche Afrika den Bayerischen Ministerpräsidenten Strauß und nicht den Bundesaulienminister Genscher beauftragt? Wie beurteilt der Bundeskanzler Ergebnisse und Verlauf der Reise des Bayerischen Ministerpräsidenten Strauß im Hinblick auf clie Tatsache, daß die führenden Vertreter der weißen und schwarzen Opposition in Sudafrika sowie der südafrikanische Kirchenrat und die katholische Bischofskonferenz fur das südliche Afrika Begegnungen mit dem Beauftragten des Bundeskanzlers abgelehnt haben? Deutscher Bundestag — 1 1. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Februar 1988 4127 Zu Frage 36: Der Bundeskanzler hat Ministerpräsident Strauß nicht mit der Führung von Regierungsverhandlungen beauftragt. Ziel der Reise war vielmehr, Möglichkeiten zu erkunden, wie die Bundesregierung angesichts der sich verschlechternden Lage und der Zunahme der Gewalt bei der friedlichen Lösung der Konflikte des Südlichen Afrika hilfreich sein kann. Der bayerische Ministerpräsident Strauß verfügt im Südlichen Afrika über eine Reihe von Beziehungen und Kontakten, die der Bundeskanzler im Sinne der Friedenspolitik der Bundesregierung nutzen wollte. Zu Frage 37: Die Reise hat eine Reihe positiver Ansätze gebracht, die weiterverfolgt werden. Ministerpräsident Strauß hat insbesondere der Regierung Südafrikas, bei der der Schlüssel für die weitere Entwicklung der gesamten Region liegt, die Erwartungen der Bundesregierung für einen friedlichen Wandel verdeutlicht: Er hat die südafrikanische Regierung im direkten Gespräch auf die dringende Notwendigkeit eines umfassenden Abbaus der Apartheid, eines baldigen nationalen Dialogs mit allen politischen Kräften des Landes, der Überwindung von Gewalt und Gegengewalt und der Einhaltung der Menschenrechte hingewiesen. Er hat insbesondere versucht, die südafrikanische Regierung zu Fortschritten im Bereich der Menschenrechte zu bewegen. Ein unmittelbares Ergebnis war die von Südafrika zugesagte Freilassung einer Reihe von politischen Gefangenen. Anlage 7 Antwort des Staatsministers Dr. Stavenhagen auf die Fragen des Abgeordneten Lutz (SPD) (Drucksache 11/1734 Fragen 38 und 39): Hat der Bundeskanzler davon Kenntnis gehabt, daß der von ihm mit einer Reise in das südliche Afrika beauftragte Bayerische Ministerpräsident Strauß sich bei seinem Besuch in Namibia vorn Außenminister der illegal in Namibia anwesenden Nlacht Namibias, nämlich der Republik Südafrika. begleiten lassen würde? Teilt der Bundeskanzler die Auffassung, die der von ihm mit einer Reise nach Südafrika beauftragte Bayerische .Ministerpräsident Strauß vertreten hat, daß kein Land so unfair behandelt würde wie Südafrika? Zu Frage 38: Der Auftrag des Bundeskanzlers bezog sich nicht auf die Reise von Ministerpräsident Strauß nach Namibia, sondern ausdrücklich nur auf die Besuche in Mosambik und der Republik Südafrika. Bei dem Namibia-Besuch von Ministerpräsident Strauß handelte es sich daher um eine private Reise, bei der er über seine Begleitung in eigener Verantwortung zu entscheiden hatte. Zu Frage 39: Der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß war vom Bundeskanzler beauftragt, in der Republik Südafrika Möglichkeiten zu sondieren, den Friedensprozeß und hier insbesondere den Dialog aller politischen Kräfte des Landes zu fördern. In diesem Zusammenhang ergibt sich für den Bundeskanzler kein Anlaß, Wertungen über das Verhältnis zwischen Südafrika und der übrigen Welt zu kommentieren.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Günter Graf


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Waffengesetz, mit dem wir uns hier heute befassen, wird sicherlich als parlamentarisches Kuriosum in die Geschichte dieses Parlamentes eingehen.

    (Wartenberg [Berlin] [SPD]: So ist es!)

    Denn bereits 1983 hatte das Bundeskabinett das Dritte Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes beschlossen und dem Bundesrat zugeleitet. Der Bundesrat wiederum hatte bereits am 3. Februar 1984 seine Stellungnahme abgegeben. Am 13. Juli 1984 ist dieses Gesetz dann mit einer entsprechenden Stellungnahme der Bundesregierung dem Bundesrat zugeleitet worden. Allerdings hat eine erste Lesung dieses Gesetzentwurfes bis zum heutigen Tage nicht stattgefunden, weil nach unserer Einschätzung die Koalitionsfraktionen eine Beratung immer wieder hinausgezögert haben, da aller Wahrscheinlichkeit nach der damalige Entwurf als äußerst peinlich angesehen \\vurd e.
    Dieser Entwurf sah eine ganz erhebliche Aufweichung der noch sehr strengen Bestimmungen des deutschen Waffenrechtes vor. Im Bundesrat herrschte damals die einmütige Auffassung, daß den im Waffenbereich bestehenden Gefährdungen entgegengewirkt werden müsse. Die vorgesehene Liberalisierung kam deshalb nicht in Betracht.
    Der damals entschlossen geäußerte Widerstand der Länder führte dazu, daß die Bundesregierung von ihrem Vorhaben Abstand nahm. Auch die Versuche des Bundesinnenministers, die Länder von ihrer ablehnenden Haltung abzubringen, indem er u. a. mit Schreiben vom 18. Juli 1983 seine Kollegen in den unionsregierten Ländern bat, aus allgemein politischen Gründen dem Entwurf zuzustimmen, führten zu keinem Ergebnis.
    Da die Bundesregierung seinerzeit offenbar selbst erkannte, daß der Entwurf in der damals vorliegenden Form nicht aufrechterhalten werden konnte, wurde den Vorstellungen der Länder in dem nunmehr vorliegenden Gesetzentwurf vom 18. Dezember 1987 in Einzelbereichen weitgehend Rechnung getragen.
    Dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung läßt dennoch erkennen, daß an der Zielsetzung, die strengen Bestimmungen zu lockern und dadurch eine Liberalisierung des Waffenrechts herbeizuführen, nach wie vor festgehalten wird.
    Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt zwar grundsätzlich das Bemühen um Rechts- und Verwaltungsvereinfachung sowie den Abbau bürokratischer Hemmnisse; dieses darf jedoch nicht auf Kosten der Sicherheit geschehen.
    Um von vornherein denjenigen zu begegnen, die da meinen, daß der nunmehr vorliegende und hier zur Debatte stehende Gesetzentwurf eine Liberalisierung auf Kosten der Sicherheit nicht beinhaltet, empfehle ich, einen Blick auf das Vorblatt des uns vorliegenden Gesetzentwurfs zu werfen. Dort heißt es nämlich in der Beschreibung der Zielsetzung u. a. — ich zitiere —:
    Gleichwohl soll auch im Bereich des Waffenrechts das Verhältnis zwischen Bürger und Verwaltung von vermeidbaren Konflikten entlastet werden, ohne daß dabei wesentliche Interessen der öffentlichen Sicherheit beeinträchtigt werden.
    Ich denke, diese Formulierung macht jedem in diesem Hohen Hause deutlich, daß sicherheitspolitische Bedenken bewußt und gewollt in Kauf genommen werden. Nur, sie sind halt nicht „wesentlich".
    Uns Sozialdemokraten ist es gerade vor dem Hintergrund der so schrecklichen und nicht begreifbaren Morde an den beiden Polizeibeamten an der Startbahn West in Frankfurt unverständlich, wenn auf der einen Seite nach einer Verschärfung demonstrationsrechtlicher Vorschriften gerufen wird, andererseits aber im gleichen Atemzuge das Waffenrecht liberalisiert werden soll.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    In dem vor uns vorliegenden Gesetzgebungsverfahren, insbesondere in den Ausschußberatungen, werden wir uns mit einer Vielzahl offener Fragen zu beschäftigen haben. Dabei wird es beispielsweise um die Frage gehen, ob es angebracht ist, durch den geplanten Wegfall des Munitionshandelsbuches einem erleichterten Munitionserwerb Vorschub zu leisten. Dabei werden wir zu überlegen haben, ob es aus Präventionsgesichtspunkten richtig ist, auf die Möglichkeit zu verzichten, über das Munitionshandelsbuch Hinweise auf möglich illegale Waffenhändler zu erhalten.
    Darüber hinaus steht zu befürchten, daß für den Fall, daß die Buchführungspflicht künftig entfällt, in Zukunft Munition aus dem legalen Handel wesentlich verstärkt in das kriminelle Milieu hineingelangt.

    (Clemens [CDU/CSU]: Seit 1972 hat das Munitionshandelsbuch zur Aufklärung nicht mehr beigetragen!)

    — Das stellen Sie so fest, den Beweis sind Sie aber noch schuldig geblieben. Wir werden uns im Ausschuß darüber zu unterhalten haben, ob es so ist, wie Sie es darstellen, Herr Kollege Clemens.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Wir nehmen die Luftgewehrmunition auch noch mit rein!)




    Graf
    Der Nachweis der Herkunft und des Verbleibs der Munition durch die Führung des Munitionshandelsbuches und die damit mögliche Überwachung können dem entgegenwirken. Darauf, daß darüber hinaus die Beibehaltung der Buchführungspflicht aus Gründen der gewerberechtlichen Kontrolle zwingend erforderlich ist, will ich nur am Rande hinweisen. Derartige Pflichten sind für Gewerbebetriebe, die erfahrungsgemäß besondere Gefahren für die Allgemeinheit und besondere Versuchungen für die Gewerbetreibenden in sich bergen, selbstverständlich. Gerade die Ereignisse in Hanau bei Transnuklear sollten uns hier sehr hellhörig machen.
    Im übrigen fühlen wir uns in unserer Auffassung auch durch das Bundeskriminalamt bestätigt.
    Lassen Sie mich noch kurz auf einen weiteren Aspekt des uns vorliegenden Entwurfs eingehen. Die Absicht der Bundesregierung, durch eine Änderung des § 29 des Waffengesetzes die Berechtigung zum Erwerb von Munition auf Inhaber von Waffenbesitzkarten über den angemeldeten Altbesitz hinaus auszudehnen, kann erhebliche Sicherheitsbedenken erzeugen. Dabei ist zu beachten, daß zum Teil durch die Anmeldung der Altwaffen illegaler Waffenbesitz legalisiert worden ist.
    Die Berechtigung zum Erwerb von Munition würde die Gefahr des Schußwaffenmißbrauchs erheblich erhöhen, zumal der weitaus größere Teil der Altwaffenbesitzer nicht zu den Sportschützen gehört und deshalb bislang kaum Zugang zu Munition auf Schießständen hatte. Der Hinweis der Bundesregierung in der Begründung zu § 29, die geltende Regelung habe in der Vergangenheit dazu geführt, daß sich der angesprochene Personenkreis häufig auf andere Weise Munition verschafft habe, kann allein kein Grund sein, eine entsprechende Gesetzesänderung vorzunehmen.
    Wegen der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Redezeit kann ich nicht auf all die Änderungen im vorliegenden Gesetzentwurf eingehen, die nach unserem Dafürhalten regelungsbedürftig sind. Ich möchte die mir zur Verfügung stehende Zeit vielmehr nutzen, noch auf einige Sachverhalte hinzuweisen, die von dem uns vorliegenden Gesetzentwurf nicht erfaßt werden.
    Zunächst einmal erlaube ich mir, darauf hinzuweisen, daß der Herr Bundesbeauftragte für den Datenschutz in seinem 10. Tätigkeitsbericht Stellung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf genommen hat. In seinem Bericht hat der Bundesbeauftragte gegenüber dem BMI die Empfehlung ausgesprochen, bei der Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis Auskünfte bei anderen Behörden nicht ohne Mitwirkung bzw. Wissen des Antragstellers einzuholen.

    (Clemens [CDU/CSU]: Dann kriegt er ganz bestimmt keine Waffenbesitzkarte!)

    Darüber hinaus, Herr Kollege Clemens, hat er auch Bedenken dahin gehend geäußert, daß er eine routinemäßige Übermittlung personenbezogener Daten zur Unterrichtung der Polizeibehörden über den Erlaß von Waffenbesitzverboten nicht für sachgerecht hält. Er hat deshalb vorgeschlagen, diese nur im Einzelfall
    zuzulassen. Diesen Empfehlungen des Bundesbeauftragten für den Datenschutz trägt der Gesetzentwurf in keiner Weise Rechnung.
    Lassen Sie mich noch kurz auf ein weiteres Problem eingehen: Es ist unzweifelhaft, daß in den letzten Jahren verstärkt Straftaten begangen worden sind, bei denen Gas- oder Alarmpistolen verwandt wurden. Diese sahen echten Pistolen häufig täuschend ähnlich.
    Diese Tatsache hat vielfach zu folgenschweren Reaktionen der Bedrohten geführt. Anfang April 1987 wurde die Polizei in Bonn von einer jungen Frau um Hilfe gerufen, die sich von ihrem Ehemann bedroht fühlte. Beim Eintreffen der Beamten drohte der Mann mit einer Waffe, worauf ein Polizeibeamter schoß und den Täter tödlich verletzte. Bei der Waffe des die Frau bedrohenden Mannes handelte es sich um eine Schreckschußpistole. Auf diesen Umstand hat die Gewerkschaft der Polizei in der Vergangenheit sehr häufig hingewiesen.
    Ein weiterer Punkt, über den wir auch sprechen sollten, ist, wie wir das Problem lösen können, das sich verstärkt stellt, daß nämlich Hunde in besonderer Weise abgerichtet und zeitweilig als Waffe eingesetzt werden. Dieses Problem können wir sicherlich nicht direkt im Waffengesetz lösen,

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Maulkorb!) aber wir werden darüber zu sprechen haben.

    Meine Zeit ist abgelaufen — hier am Rednerpult, ansonsten sicherlich noch nicht. Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf für die SPD-Fraktion abschließend feststellen: Der uns vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung wird unsere Zustimmung dort finden, wo er bürokratische Hemmnisse und Übertreibungen im Bereich des Waffenrechts abbaut. Wir werden aber sehr genau darauf achten, ob hier in Teilbereichen nicht bewußt eine Liberalisierung angestrebt wird, die möglicherweise zur Folge hat, daß ein weiteres Stück an innerer Sicherheit verlorengeht.
    Schönen Dank.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hirsch.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Burkhard Hirsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte damit gerechnet, als letzter Redner vor Karneval sprechen zu können. Diese hohe rheinische Ehre wird aber dem Staatssekretär Spranger zuteil werden. Ich bin sicher, daß er dieser Verpflichtung gerecht werden wird.
    Hinsichtlich des Waffengesetzes gilt natürlich der Grundsatz: Entbürokratisierung: ja; Gefährdung der Sicherheit: nein.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Guter Grundsatz!)

    An der Diskussion über das Gesetz haben sich viele Interessierte und viele Interessenten beteiligt. Dem berechtigten Interesse der Polizei, daß so wenig Waffen wie möglich unters Volk verteilt werden sollen, daß die ohnehin schwierige Kontrolle des Munitions-



    Dr. Hirsch
    handels so weit wie möglich erhalten bleiben sollte, steht das Interesse zweifellos ehrenwerter Sportschützen gegenüber, für die Ausübung ihres Sportes die dafür benötigten Waffen möglichst ohne größere Schwierigkeiten erwerben und sie natürlich, Herr Kollege Clemens, auch behalten zu können, wenn sie aus dem Sportverein ausgeschieden sind. Das gleiche gilt für das Interesse der Jäger, die eine ernsthafte Prüfung ablegen müssen, ehe sie den Jagdschein kriegen. Dann gibt es die Bauern, die die Schädlingsbekämpfung mit der Schrotflinte fortsetzen wollen.

    (Heiterkeit)

    Es gibt die Waffensammler, die Angst um ihre Museumsexemplare haben, wenn sie der Beschußpflicht unterworfen werden. Es gibt die Ganoven, die sich einen „Ballermann" möglichst unproblematisch beschaffen wollen.

    (Erneute Heiterkeit)

    Es gibt die Leute, die ein geradezu erotisches Verhältnis zu einer Waffe haben. Und es gibt die Ängstlichen, die zu Hause mit der Pistole im Nachttisch auf einen Einbrecher warten.