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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/59 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 59. Sitzung Bonn, Freitag, den 5. Februar 1988 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Hinsken 4088 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Aktuelle Stunde betr. Überlegungen der Bundesregierung, das Vorruhestandsgesetz am 31. Dezember 1988 auslaufen zu lassen Heyenn SPD 4083 B Müller (Wesseling) CDU/CSU 4084 B Hoss GRÜNE 4085 B Cronenberg (Arnsberg) FDP 4086 B Hinsken CDU/CSU 4087 B Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 4088 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA 4089 A Reimann SPD 4091 A Schemken CDU/CSU 4091 D Frau Fuchs (Köln) SPD 4092 D Dr. Haussmann FDP 4094 A Doss CDU/CSU 4095 A Stratmann GRÜNE 4096 B Dr. Warrikoff CDU/CSU 4097 A Tagesordnungspunkt 20: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Die Zukunft Berlins zwischen Ost und West (Drucksache 11/1094) b) Beratung des Antrags des Abgeordneten Sellin und der Fraktion DIE GRÜNEN: Kürzung der Berlinförderung und Bildung eines Finanzfonds zur Verbesserung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Situation der Stadt (Drucksache 11/1187 (neu)) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU und der FDP: Zur Berlin- und Deutschlandpolitik (Drucksache 11/1758) Heimann SPD 4098 B Dr. Schäuble, Bundesminister BK . . . 4102B Sellin GRÜNE 4105 C Lüder FDP 4108A Diepgen, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 4109D Dr. Mitzscherling SPD 4112A Kittelmann CDU/CSU 4115 A Dr. Sohns FDP 4117 D Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes (Drucksache 11/1556) Clemens CDU/CSU 4118D Graf SPD 4120A Dr. Hirsch FDP 4121D Frau Olms GRÜNE 4122D Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . . 4123 C Nächste Sitzung 4124D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 4125* A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Februar 1988 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 4125* C Anlage 3 Sicherheitsvorkehrungen für Transportstrecken und Standorte defekter Castorbehälter MdlAnfr 18 29.01.88 Drs 11/1734 Frau Wollny GRÜNE ErgSchrAntw PStSekr Gröbl BMU . . . . 4125* D Anlage 4 Reise von Ministerpräsident Strauß als „Sonderbotschafter" des Bundeskanzlers nach Südafrika; Erfolg der Reise MdlAnfr 32, 33 29.01.88 Drs 11/1734 Schily GRÜNE SchrAntw StMin Dr. Stavenhagen BK . . 4126* A Anlage 5 Reise des Ministerpräsidenten Strauß in das südafrikanische Homeland Bophutatswana im Auftrag des Bundeskanzlers sowie Unter- richtung der angolanischen Regierung über das Treffen mit dem Führer der Widerstandsbewegung UNITA MdlAnfr 34, 35 29.01.88 Drs 11/1734 Verheugen SPD SchrAntw StMin Dr. Stavenhagen BK . . 4126* C Anlage 6 Beauftragung des Ministerpräsidenten Strauß mit einer Reise nach Südafrika durch den Bundeskanzler; Verlauf der Reise MdlAnfr 36, 37 29.01.88 Drs 11/1734 Büchler (Hof) SPD SchrAntw StMin Dr. Stavenhagen BK . . 4126* D Anlage 7 Beurteilung der außenpolitischen Lage Südafrikas und Besuch Namibias durch den bayerischen Ministerpräsidenten Strauß in Begleitung des südafrikanischen Außenministers MdlAnfr 38, 39 29.01.88 Drs 11/1734 Lutz SPD SchrAntw StMin Dr. Stavenhagen BK . . 4127* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Februar 1988 4083 59. Sitzung Bonn, den 5. Februar 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amling 5. 2. Frau Beck-Oberdorf 5.2. Brauer 5.2. Frau Dempwolf 5. 2. Dr. Dollinger 5. 2. Dr. Dregger 5. 2. Eylmann 5. 2. Frau Flinner 5. 2. Frau Garbe 5. 2. Gattermann 5.2. Dr. Geißler 5. 2. Dr. von Geldern 5. 2. Gerster (Worms) 5. 2. Grünbeck 5. 2. Hasenfratz 5. 2. Hedrich 5. 2. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 5.2. Frau Dr. Hellwig 5. 2. Dr. h. c. Herkenrath 5. 2. Höffkes 5.2. Hoppe 5. 2. Ibrügger 5. 2. Kiechle 5. 2. Kißlinger 5. 2. Klein (München) 5. 2. Dr. Köhler (Wolfsburg) 5. 2. Kossendey 5. 2. Kreuzeder 5.2. Dr. Kunz (Weiden) 5. 2. Dr. Graf Lambsdorff 5. 2. Leonhart 5. 2. Louven 5.2. Lowack 5. 2. Frau Luuk 5. 2. Meyer 5.2. Mischnick 5.2. Dr. Müller * 5. 2. Pfeffermann 5. 2. Repnik 5. 2. Reschke 5. 2. Reuschenbach 5. 2. Ronneburger 5. 2. Roth 5. 2. Roth (Gießen) 5. 2. Rühe 5. 2. Dr. Rüttgers 5. 2. Frau Schilling 5. 2. Schluckebier 5. 2. Frau Schoppe 5. 2. Schütz 5. 2. Dr. Spöri 5. 2. Dr. Stoltenberg 5. 2. Frau Terborg 5. 2. Frau Dr. Timm 5. 2. Frau Traupe 5. 2. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Voigt (Frankfurt) ** 5. 2. Dr. Waffenschmidt 5. 2. Dr. Wernitz 5. 2. Wieczorek (Duisburg) 5. 2. Wiefelspütz 5. 2. Wischnewski 5.2. Dr. Wulff 5. 2. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksachen 10/2123, 10/2124, 10/2126 Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Drucksache 10/1991 Nr. 2 Drucksache 11/1656 Nr. 3.2 Anlage 3 Ergänzende Antwort des Parl. Staatssekretärs Gröbl auf die Zusatzfragen des Abgeordneten Dr. Lippelt (Hannover) (GRÜNE) zur Frage der Abgeordneten Frau Wollny (GRÜNE) (Drucksache 11/1734 Frage 18, 57. Sitzung, Seite 3944): Zu welchen spezifischen Standorten sollen gegebenenfalls defekte Castorbehalter gebracht werden, und welche Sicherheitsvorkehrungen gibt es hierfür entlang der spezifischen Transportstrecken und den jeweiligen Standorten? Wie von mir ausgeführt, ist es zutreffend, daß im Zwischenlager Gorleben Reparaturen an defekten Castorbehältern durchgeführt werden können und hierzu auch eine Genehmigung vorliegt. Reparaturen allerdings, die eine verstärkte Vorsorge gegen mögliche radiologische Belastungen erfordern, können im Zwischenlager nicht durchgeführt werden und müssen im Bedarfsfall in anderen kerntechnischen Anlagen nach Maßgabe einer Genehmigung nach § 7 oder § 9 Atomgesetz erfolgen. Entsprechende Genehmigungen haben beispielsweise die Kernkraftwerke Stade und Isar II; Beispiele von Kernkraftwerken, für die entsprechende Anträge gestellt wurden sind Würgassen, Brunsbüttel, Brokdorf und Emsland. Daneben sieht der Antrag auf Errichtung der Pilotkonditionierungsanlage in Gorleben die Möglichkeit vor, dort Behälter mit abgebrannten Brennelementen zu reparieren. 4126* Deutscher Bundestag — 1 1. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Februar 1988 Im übrigen werden im Zwischenlager Gorleben nur dann Behälter akzeptiert, wenn sichergestellt ist, daß diese z. B. für einen Reparaturfall, der im Zwischenlager nicht durchgeführt werden kann, in andere kerntechnische Anlagen aufgrund einer Genehmigung nach § '7 oder § 9 Atomgesetz verbracht werden können. " Anlage 4 Antwort des Staatsministers Dr. Stavenhagen auf die Frage des Abgeordneten Schily (GRÜNE) (Drucksache 11/1734 Fragen 32 und 33): Ist der Bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß als „Sonderbotschafter" von Bundeskanzler Kohl oder der gesamten Bundesregierung im Januar dieses Jahres nach Südafrika gereist, und sieht ihn die Bundesregierung besonders qualifiziert fur eine solche Mission, weil nach der von Strauß neuerlich bekräftigten Auffassung die Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts auch für die schwarze Bevölkerung von Südafrika ,,weder der Gerechtigkeit noch der Freiheit dient sondern dem Chaos den Weg bahnt"? Wie beurteilt die Bundesregierung den „Erfolg" der Südafrikareise von Ministerpräsident Strauß angesichts äufierst kritischer Stellungnahmen, nicht zuletzt aus Kreisen dei südafrikanischen Kirchen und Gewerkschaften (Generalsekretär des südafrikanischen Rates der Kirchen, Frank Chikane: Die Reise von Strauß habe bewirkt, „daß unsere Schmerzen und unser Leiden noch größer werden" laut Bericht Frankfurter Rundschau vorn 28. Januar 1988, Seite 11? Zu Frage 32: Der Bundeskanzler hat den bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß gebeten, nach Mosambik und Südafrika zu reisen, um hier in Gesprächen Chancen für eine friedliche Entwicklung der Region zu erkunden und wenn möglich auch einen Beitrag hierzu zu leisten. Der Bundeskanzler hat Ministerpräsident Strauß diese Mission auch deswegen übertragen, weil er wie wenige Politiker durch persönliches Ansehen und Sachkenntnis Einfluß auf die Regierung Südafrikas hat. Ohne Mitwirkung der südafrikanischen Regierung ist eine friedliche Lösung der inneren Konflikte Südafrikas nicht denkbar. Ministerpräsident Strauß hat sich auf Bitte des Bundeskanzlers hei der südafrikanischen Regierung intensiv um baldige Aufnahme des Dialogs zwischen allen politischen Kräften des Landes, um weiteren Abbau der Apartheid und um Freilassung der politischen Gefangenen bemüht. Zu Frage 33: Ziel der Südafrika-Politik der Bundesregierung ist es, zum Abbau der Konfrontation zwischen den Rassen beizutragen und den Dialog aller politischen Kräfte über die Zukunft des Landes zu fördern. In diesem Sinne hat der Bundeskanzler Ministerpräsident Strauß gebeten, seine Kontakte in der Republik Südafrika zu nutzen. Strauß hat sich dabei vor allem an die südafrikanische Regierung gewandt, weil diese über den Schlüssel verfügt, der schwarzen und farbigen Bevölkerungsmehrheit des Landes ihre gerechte Beteiligung an der politischen Willensbildung zu verschaffen. Logischerweise muß man vor allem mit denen sprechen, deren Politik man ändern will. Ministerpräsident Strauß hat der südafrikanischen Regierung die dringende Erwartung der Bundesregierung hinsichtlich der Entlassung von politischen Gefangenen, der Freisetzung von Mandela und der Öffnung zur Überwindung der Apartheid sehr deutlich gemacht. Ein erster Erfolg seines Einsatzes war die von der südafrikanischen Regierung zugestandene Entlassung einer Reihe politischer Gefangener. Anlage 5 Antwort des Staatsministers Dr. Stavenhagen auf die Fragen des Abgeordneten Verheugen (SPD) (Drucksache 11/1734 Fragen 34 und 35): Hat der Bundeskanzler den Bayerischen Ministerprasidenten Strauß beauftragt, das südafrikanische Homeland Bophutatswana zu besuchen und dort die Forderung nach voller Anerkennung der staatlichen Souveränität von Bophutatswana zu vertreten? Hat der Bundeskanzler dafür Sorge getragen, daß die Regierung der Volksrepublik Angola von dem Treffen des Bayerischen Ministerpräsidenten Strauß, der im :Auftrag des Bundeskanzlers in das südliche Afrika gereist war, mit dem Fuhrer der angolanischen Rebellenbewegung UNITA. Jonas Savimbi vorher unterrichtet wurde? Zu Frage 34: Nein. Der Besuch in Bophutatswana erfolgte nicht im Auftrag des Bundeskanzlers. Ministerpräsident Strauß selbst hat klargestellt, daß dieser Besuch seiner persönlichen Entscheidung entsprach. Zu Frage 35: Nein. Dieses Gespräch entsprach einem persönlichen Wunsch von Ministerpräsident Strauß. Es erfolgte nicht im Auftrag des Bundeskanzlers und war mit diesem nicht vorher abgestimmt. Anlage 6 Antwort des Staatsministers Dr. Stavenhagen auf die Fragen des Abgeordneten Büchler (Hof) (SPD) (Drucksache 11/1734 Fragen 36 und 37): Aus welchem Grunde hat der Bundeskanzler mit der Reise in das südliche Afrika den Bayerischen Ministerpräsidenten Strauß und nicht den Bundesaulienminister Genscher beauftragt? Wie beurteilt der Bundeskanzler Ergebnisse und Verlauf der Reise des Bayerischen Ministerpräsidenten Strauß im Hinblick auf clie Tatsache, daß die führenden Vertreter der weißen und schwarzen Opposition in Sudafrika sowie der südafrikanische Kirchenrat und die katholische Bischofskonferenz fur das südliche Afrika Begegnungen mit dem Beauftragten des Bundeskanzlers abgelehnt haben? Deutscher Bundestag — 1 1. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Februar 1988 4127 Zu Frage 36: Der Bundeskanzler hat Ministerpräsident Strauß nicht mit der Führung von Regierungsverhandlungen beauftragt. Ziel der Reise war vielmehr, Möglichkeiten zu erkunden, wie die Bundesregierung angesichts der sich verschlechternden Lage und der Zunahme der Gewalt bei der friedlichen Lösung der Konflikte des Südlichen Afrika hilfreich sein kann. Der bayerische Ministerpräsident Strauß verfügt im Südlichen Afrika über eine Reihe von Beziehungen und Kontakten, die der Bundeskanzler im Sinne der Friedenspolitik der Bundesregierung nutzen wollte. Zu Frage 37: Die Reise hat eine Reihe positiver Ansätze gebracht, die weiterverfolgt werden. Ministerpräsident Strauß hat insbesondere der Regierung Südafrikas, bei der der Schlüssel für die weitere Entwicklung der gesamten Region liegt, die Erwartungen der Bundesregierung für einen friedlichen Wandel verdeutlicht: Er hat die südafrikanische Regierung im direkten Gespräch auf die dringende Notwendigkeit eines umfassenden Abbaus der Apartheid, eines baldigen nationalen Dialogs mit allen politischen Kräften des Landes, der Überwindung von Gewalt und Gegengewalt und der Einhaltung der Menschenrechte hingewiesen. Er hat insbesondere versucht, die südafrikanische Regierung zu Fortschritten im Bereich der Menschenrechte zu bewegen. Ein unmittelbares Ergebnis war die von Südafrika zugesagte Freilassung einer Reihe von politischen Gefangenen. Anlage 7 Antwort des Staatsministers Dr. Stavenhagen auf die Fragen des Abgeordneten Lutz (SPD) (Drucksache 11/1734 Fragen 38 und 39): Hat der Bundeskanzler davon Kenntnis gehabt, daß der von ihm mit einer Reise in das südliche Afrika beauftragte Bayerische Ministerpräsident Strauß sich bei seinem Besuch in Namibia vorn Außenminister der illegal in Namibia anwesenden Nlacht Namibias, nämlich der Republik Südafrika. begleiten lassen würde? Teilt der Bundeskanzler die Auffassung, die der von ihm mit einer Reise nach Südafrika beauftragte Bayerische .Ministerpräsident Strauß vertreten hat, daß kein Land so unfair behandelt würde wie Südafrika? Zu Frage 38: Der Auftrag des Bundeskanzlers bezog sich nicht auf die Reise von Ministerpräsident Strauß nach Namibia, sondern ausdrücklich nur auf die Besuche in Mosambik und der Republik Südafrika. Bei dem Namibia-Besuch von Ministerpräsident Strauß handelte es sich daher um eine private Reise, bei der er über seine Begleitung in eigener Verantwortung zu entscheiden hatte. Zu Frage 39: Der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß war vom Bundeskanzler beauftragt, in der Republik Südafrika Möglichkeiten zu sondieren, den Friedensprozeß und hier insbesondere den Dialog aller politischen Kräfte des Landes zu fördern. In diesem Zusammenhang ergibt sich für den Bundeskanzler kein Anlaß, Wertungen über das Verhältnis zwischen Südafrika und der übrigen Welt zu kommentieren.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Gerhard Heimann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist mehr als ein Jahr her, da schrieb Joachim Bölke — unter den Journalisten einer der besten Kenner des Berlin-Status — in einem Leitartikel des „Tagesspiegel" : „Bewegung ist nicht alles".
    Was er damit sagen wollte, ist klar: Der Status von Berlin enthält eine so empfindliche Balance von Interessen, daß er allzu heftige Stöße und ruckweise Bewegungen nicht verträgt. Auf der Grundlage dieses Status muß nicht nur ein dauernder Ausgleich zwischen den drei Westmächten, der Bundesregierung und dem Senat von Berlin hergestellt werden, sondern der Status muß sich auch als eine der wenigen blockübergreifenden Institutionen bewähren, weil die Rechts- und Machtlage die Einbeziehung der Sowjetunion und selbstverständlich auch der DDR verlangt. Es ist also ein Spiel mit mindestens sechs, meistens sieben Bällen. Richtig ist auch, daß dieser Status — wie übrigens auch das Viermächteabkommen — unverzichtbar ist und auch im Interesse der deutschen Seite aufrechterhalten werden muß, solange für Berlin (West) im Rahmen einer dauerhaften europäischen Friedensordnung keine andere, die Freiheit und Lebensfähigkeit gleichermaßen garantierende Lösung in Sicht ist.
    Mit einem so empfindlichen und für längere Zeit noch unverzichtbaren Gut wird jedermann schon aus Eigennutz vorsichtig umgehen. Aber heißt das Stillstand, Untätigkeit, bloßes Beharren? Kann man den Status bewahren, indem man den Status quo heiligspricht? Kann die Politik in Berlin (West) Bewegungslosigkeit zum Prinzip erheben, wenn rundherum alles in Bewegung gerät? Das sind die Fragen, mit denen sich die Berliner Sozialdemokraten nicht erst seit heute beschäftigen. Das unterscheidet uns offenbar von der CDU/CSU, die sich mit ihrem eigenen Antrag verdammt viel Zeit gelassen hat, nämlich bis vorgestern.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Das ist ja ein doller Vorwurf!)

    Aber Sie können sich trösten, Herr Kittelmann: Soweit Sie unsere Vorschläge übernommen haben — das haben Sie reichlich getan — , sind Sie unserer Zustimmung sicher.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Umgekehrt gilt das auch!)

    Was ich sagen wollte: Der Antrag der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion über die Zukunft Berlins zwischen Ost und West ist ein Ergebnis der vielen Diskussionen und Überlegungen, die zuerst in Berlin stattfanden und jetzt hier in Bonn weitergeführt werden. Aber warum hier in Bonn, warum jetzt im Bundestag? Die Antwort ist einfach. In Berlin sind die Probleme der Ost-West-Beziehungen, darin eingeschlossen die Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten, hautnah. Die dauernde Beschäftigung mit ihnen ist sozusagen selbstverständlich. Von der richtigen Beantwortung der Fragen hängt unter Umständen und auf Dauer das Überleben ab. Aber weil es kaum eine wichtige Frage der Berlin-Politik gibt, die nicht zugleich die Interessen von sechs Mächten und Staaten berührt, ist meistens auch die Lösung auf der lokalen Berliner politischen Ebene nicht möglich.
    Vielleicht ein wenig überpointiert, aber dennoch richtig ist die Feststellung, Willy Brandt und Egon Bahr hätten die in Berlin begonnene Politik hinsichtlich der Passierscheinabkommen nicht zu einem nennenswerten Ergebnis führen können, wenn sie nicht ein paar Jahre später in Bonn die einzigartige Chance gehabt hätten, die Berlin-Frage in den Gesamtrahmen der sozialliberalen Entspannungs- und Vertragspolitik einzubauen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das bedeutet aber auch: Nur weil sie die Berlin-Frage zu einer Bedingung gemacht hatten, ohne die nichts geht, zu der Conditio sine qua non der Vertragspolitik, wurde das Viermächteabkommen möglich, das damals, wie jedermann weiß, von der DDR nicht gerade enthusiastisch begrüßt wurde. Im Klartext: Die damalige Bundesregierung unter Willy Brandt hatte das Schicksal der Verträge von Moskau und Warschau
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Freitag, cien 5. Februar 1988 4099
    Heimann
    und des für später in Aussicht genommenen Grundlagenvertrages mit der DDR von einer befriedigenden Berlin-Regelung abhängig gemacht. Sie hatte damit zugleich die befriedigende Berlin-Regelung zu ihrer eigenen politischen Überlebensfrage gemacht.
    Das war damals unter einem sozialdemokratischen Kanzler. Wie ist es heute? Was darf man in der Hinsicht von der heutigen Bundesregierung, vom Bundeskanzler erwarten? Weiterhin die schönen, aber in keinerlei Weise und Richtung nutzenden Worte von Berlin als der Hauptstadt der Nation? Solche Worte sind im doppelten Sinne billig: Sie kosten nichts und bringen nichts, es sei denn, man verwendet sie zur Täuschung, um dahinter eigene Tatenlosigkeit oder Schlimmeres, böse Absichten, zu verbergen.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Haben Sie es nicht ein bißchen kleiner?)

    — Ich sage es Ihnen gleich.
    Während der Kanzler und die CDU/CSU-Fraktion in ihrer kürzlichen Berlin-Sitzung noch einmal alle Register verbalpatriotischer Hinwendung zu Berlin zogen, war die Kürzung der Berlin-Förderung um fast 1 Milliarde DM zur Finanzierung einer sowohl verfehlten wie sozial ungerechten Steuerreform bereits ausgemacht. Wissen wir eigentlich, was alles sonst noch der unfinanzierbaren Steuerreform zum Opfer fallen wird, vielleicht eines Tages auch die geplante Eisenbahnverbindung Berlin—Hannover?
    Aber das ist nicht der einzige Fall. Keine Bundesregierung unter sozialdemokratischer Führung hätte es gewagt, mit der DDR eine Zwei-Tage-Regelung für Besuche in der DDR auszuhandeln und dann nicht dafür zu sorgen

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Sehr wahr!)

    — ich sage: bis heute nicht dafür zu sorgen; es war Zeit nachzubessern —, daß diese Regelung da, wo sie wirklich gebraucht wird, in Berlin, Anwendung findet.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Es gab noch nie den kleinen Grenzverkehr für Berlin!)

    Riesengroß, wenn es nur um Worte, schöne patriotische Worte für Berlin geht, aber zwergenklein schon bei einer gründlichen, auch vor Tabus nicht haltmachenden Analyse als Grundlage jedes folgerichtigen Handelns.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Das ist nicht seriös!)

    Eine Analyse der gegenwärtigen Lage von Berlin (West) ergibt Defizite, die sicher nicht mit denen vergleichbar sind, die Anfang der 70er Jahre Willy Brandt und Egon Bahr zum Handeln zwangen. Heute stellen sich die Fragen neu, aber die Konsequenzen können, wenn keine zureichenden Lösungen durchgesetzt werden, auf längere Sicht sogar noch ernster sein. Hinter dem schönen Schein künstlich erzeugten Glanzes, für den der Senat Millionen ausgibt, werden Risse im Fundament sichtbar, auf dem Berlin (West) ruht. Unbeschadet des Status von Berlin, der, wenn man ihn nur rechtlich sieht, der Status von Groß-Berlin ist, ist Berlin (Ost) funktionell und faktisch zur Hauptstadt der DDR geworden und wird dies auch bleiben. Alle Protestnoten ändern nichts und sind höchstens in künftigen Verhandlungen ein Preis, der aber immer billiger wird, je länger man wartet. Ob Berlin (Ost) als Hauptstadt der DDR akzeptiert wird, ist nicht eine Frage, die davon abhängt, ob der in absehbarer Zeit fällige Staatsbesuch des Kanzlers der Bundesrepublik Deutschland in der Deutschen Demokratischen Republik in Berlin (Ost) stattfindet oder nicht und ob der Regierende Bürgermeister dort Gespräche mit dem Staatsratsvorsitzenden oder mit dem Ost-Berliner Oberbürgermeister führt oder nicht. Es gibt überhaupt keinen vernünftigen Grund, daß sich deutsche Politiker anders verhalten als die westlichen Statusmächte selber, die dort Botschaften eingerichtet haben und deren Ministerpräsidenten, Außenminister und stellvertretende Außenminister selbstverständlich Berlin (Ost) nicht meiden, wenn sie mit der Regierung der DDR sprechen wollen.
    Nein, die eigentliche, die politische Entscheidung ist bereits am 13. August 1961 gefallen, als die Westmächte die faktische Teilung der Stadt nicht verhindern wollten und im Interesse des Friedens wohl auch nicht verhindern konnten. Die Gralshüter des Status von Berlin in der Berliner CDU werfen ihrem eigenen Regierenden Bürgermeister immer noch ein Stöckchen nach dem anderen zwischen die Beine — ich empfehle die Lektüre der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" vom 18. Januar — , damit er nicht so souverän wie sein Vorgänger Richard von Weizsäkker auftrete, der sein Gespräch mit Erich Honecker in Berlin (Ost) führte, ohne das diplomatisch strenge Stirnrunzeln der Westalliierten und einiger Vertreter der Bundesvertretung zu bemerken, weil er es nicht bemerken wollte, und ohne vom Ständigen Vertreter der Bundesrepublik Deutschland begleitet zu sein. Heute lautet die Kernfrage schon ganz anders: Was haben der Senat und die Bundesregierung den Bürgern unserer Stadt, den West-Berlinern also, zu bieten, wenn in nicht allzu ferner Zeit alle bedeutenden westdeutschen Banken und Unternehmen zwar ein Büro in Berlin (Ost), aber nicht unbedingt in Berlin (West) haben werden? Dann wird auch der letzte kalte Krieger in der Berliner CDU merken, daß Berlin (Ost) Hauptstadt ist und Berlin-West nicht Hauptstadt ist und bei fortdauernder Zweistaatlichkeit auch nicht werden wird.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Was haben Sie denn für eine Perspektive!)

    Dann wird es ein schaler Trost sein, sich statt dessen „Hauptstadt der Nation" nennen zu dürfen.
    Wäre es übrigens nach Konrad Adenauer gegangen, dann wäre Berlin in keinem Fall wieder Hauptstadt geworden. Denn Adenauer schrieb bereits im April 1946, als die Zukunft Deutschlands und Berlins noch offen war:
    Ich habe Herrn Kaiser
    — gemeint ist Jakob Kaiser; Frau Bundesministerin Wilms, Sie haben gestern in Berlin Jakob Kaiser geehrt, allerdings ohne dieses Zitat von Adenauer zu erwähnen —
    ausdrücklich erklärt, daß es für den Westen wie für den Süden Deutschlands ganz ausgeschlossen sei, daß nach einer Wiedererrichtung Deutschlands die politische Zentrale des neuen Deutsch-
    4100 Deutscher Bundestat¡ — 11. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Februar 1988
    Heimann
    lands in Berlin ihren Sitz finde. Dabei sei es ganz gleichgültig, ob und von wem Berlin und der Osten besetzt sei.
    So Adenauer 1946.

    (Kuhlwein [SPD]: Im besten Mannesalter!)

    Mir geht es nicht darum, Salz in die ohnehin schmerzenden Wunden zu streuen, sondern nur darum, daß wir die Realität, wie sie ist, erkennen, um sie, wenn möglich, gemeinsam zu meistern. Der Dynamik, die in jeder Hauptstadtrolle liegt und die sich in den nächsten Jahren potenziert zugunsten von Berlin (Ost) auswirken wird — die DDR ist ja alles andere als ein unwichtiger, unbedeutender Staat in Europa —, muß Berlin (West) etwas entgegenzusetzen haben. Ich jedenfalls stelle mir die Aufgabenverteilung nicht so vor, daß am Tage in Berlin (Ost) über Politik verhandelt wird und Geschäfte abgeschlossen werden und in der Nacht die Ergebnisse in Berlin (West) zwischen Philharmonie, Oper, Theater und Nachtbar gefeiert werden.

    (Dr. Mitzscherling [SPD]: Das wäre schlimm!)

    Nun sind wir uns in einer Antwort sicher alle einig: Meinungsfreiheit und Demokratie, die in Berlin (West) gewährleistet sind, sind ein hohes Gut und begründen im Streit der Ideologien eine Überlegenheit unserer Gesellschaftsordnung. Daß wir dieses Gut in Berlin (West) bewahren konnten, haben wir neben cien drei Westmächten vor allem den großen sozialdemokratischen Bürgermeistern dieser Stadt, Ernst Reuter und Willy Brandt, und selbstverständlich den Berlinern zu verdanken.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Daß Sie die auch noch nennen!)

    Was wir in diesen Tagen in Berlin (Ost) erlebt haben, zeigt, was die SED noch zu lernen hat, bevor sie rückwärtsgewandte Angstlichkeit und mangelnde Souveränität im Umgang mit kritischen Bürgern und abweichenden Meinungen überwunden hat. Aber täuschen wir uns nicht: Auf längere Sicht wird auch die SED lernen müssen, wenn sie will, daß die DDR ein moderner Staat wird, der sich in die europäische Völkerfamilie einfügt und dessen politisches und gesellschaftliches System konkurrenzfähig bleibt. Daß dieser Lernvorgang schon begonnen hat, auch wenn er immer wieder stockt, haben wir glücklicherweise auch bemerken können. Über einen solchen Lernvorgang, zu dem es im Grunde gar keine Alternative gibt, würden wir uns mit allen Deutschen in West und Ost freuen. Aber dann steht unverändert die Frage: Was hat Berlin (West) auf Dauer der Dynamik, die in jeder Hauptstadtfunktion liegt, entgegenzusetzen? Antwort: Berlin (West) muß seine eigene Rolle zwischen West und Ost finden, gleichermaßen nützlich und akzeptiert von allen wie heute Wien und Genf. Berlin ist unbezweifelbar der Ort der kürzesten Wege zwischen West und Ost. Nur, unsere Kraft und Phantasie als Politiker hat bisher nicht ausgereicht, diese Wege in beiderlei Richtung begehbar zu machen.
    Im Gegenteil, wo immer an der Schwelle einer zweiten Stufe der Entspannungspolitik Bewegung zwischen West und Ost sichtbar wird, an Berlin (West) geht das allemal vorbei. Soll Berlin (West) überhaupt dabei sein, muß das immer noch Paragraph für Paragraph, Wort für Wort der anderen Seite abgetrotzt werden, wobei viele der erreichten Kompromisse immer noch nicht mehr sind als Verbalkompromisse, die dann in der Praxis wieder zu neuen Schwierigkeiten führen.
    Überhaupt, wer aktive Ostpolitik betreiben will, sollte paradoxerweise nicht aus Berlin (West) kommen. Als Ministerpräsident in München oder in Saarbrücken sind seine Chancen ungleich besser als die des Regierenden Bürgermeisters, obgleich die Regelungsnotwendigkeiten in Berlin genau umgekehrt proportional zu München oder Saarbrücken sind. Als Bundestagsabgeordneter ist es ein Vorzug, falls er in Moskau über Frieden und Entspannung in Zentraleuropa sprechen will, nicht aus Berlin (West), sondern besser aus einem Wahlkreis an der Grenze zu Frankreich, Belgien, Luxemburg oder Holland zu kommen. Als Kommunalpolitiker sollte er nicht in Berlin (West) wirken, falls er sich eine Patenschaft zu einer Gemeinde in der DDR wünscht.
    Allerdings gebietet es die Wahrheit festzustellen, daß an dieser Käseglocke politischer Abstinenz und Sterilität, die künstlich von außen über Berlin (West) gestülpt wird, nicht nur die Sowjetunion und die DDR schuld sind. Als im Vorfeld der 750-Jahr-Feier Berlins Erich Honecker die führenden Politiker der im Abgeordnetenhaus von Berlin vertretenen Parteien zu einem Staatsakt nach Berlin (Ost) einlud, da schien es plötzlich möglich, auch weitere Barrieren bis hin zu der kommunalpolitischen Ebene der Doppelstadt Berlin zu durchbrechen. Selbst Patenschaften zu West-Berliner Bezirken waren greifbar nahe. Ein seit Jahren geführter Dialog zwischen der Berliner SPD und der SED hatte offenbar einen allmählichen Umdenkungsprozeß auf beiden Seiten befördern helfen. Die Bereitschaft aller, auch und gerade des Regierenden Bürgermeisters, die Einladung Honeckers anzunehmen, bewirkte jedoch bei den westlichen Statusmächten mehr als nur ein mißbilligendes Stirnrunzeln. Als dann Wege gefunden wurden, die Annahme der Einladung praktisch unmöglich zu machen— eine Ausnahme machte nur die AL —, da war aus dem Rathaus Schöneberg deutliches Zähneknirschen einer ganz großen Koalition aller im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien zu hören. Aber trotz Zähneknirschens hatte man dort die Lektion verstanden: Die vier Siegermächte wollten, was Berlin angeht, das Heft selbst in der Hand und den Dialog unter den Deutschen in Grenzen und unter Kontrolle behalten.
    Die westlichen Statusmächte, die in Berlin nach wie vor die oberste Gewalt und höchste Verantwortung innehaben, hatten bereits in den zurückliegenden Jahren nach innen in ihren Sektoren von Fall zu Fall durch den Mantel der Schutzmachtfunktion die Rechte einer Besatzungsmacht durchschimmern lassen. Der bekannteste Fall ist der des Schießplatzes Gatow; noch immer suchen West-Berliner Bürger den ihnen im Grundgesetz garantierten gesetzlichen Richter vergeblich. Nun begrenzten sie auch den äußeren Handlungsspielraum deutscher Politiker in Berlin (West). Wahrscheinlich hatte der Regierende Bürgermeister sich nicht gewünscht, daß das Exempel aus-



    Heimann
    gerechnet an seiner Person statuiert werden würde, als er am 8. Januar 1987 vor der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik in Bonn sagte:
    Im Hinblick auf den Status ganz Berlins entsteht eine Scherenentwicklung zwischen den beiden Teilen Berlins. Das notwendige westliche Festhalten am Status quo für West-Berlin bei gleichzeitiger westlicher pragmatisch beweglicher Politik gegenüber Ost-Berlin birgt für West-Berlin die Gefahr des Status quo minus. Dieser könnte darin bestehen, daß Ost-Berlin sich außenpolitisch mehr und mehr in der Hauptstadtrolle verdeutlicht, während deutschlandpolitisch der Anschein eines reduzierten Status von West-Berlin mit allen Folgen eingeschränkter Handlungsmöglichkeiten West-Berlins verstärkt wird.
    Genau das ist der Tatbestand, der uns alle auf das Äußerste herausfordern muß: eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten für West-Berlin bei gleichzeitiger Entfaltung einer Hauptstadtdynamik für Ost-Berlin.
    Nun möchte ich nicht mißverstanden werden. Wir Sozialdemokraten betrachten das Plenum des Deutschen Bundestages nicht als Klagemauer für Berliner Bedrängnisse. Was wir mit diesem Antrag erreichen wollen, ist, die gegenwärtige Bundesregierung zu einer Kraftanstrengung zu veranlassen, die der der Regierung Brandt/Scheel Anfang der 70er Jahre vergleichbar ist. Nur die Bundesregierung kann gewährleisten, daß bei Fortschritten auf der allgemeinen Ebene der Ost-West-Beziehungen und der deutschdeutschen Beziehungen ein Gleichtakt mit der Entwicklung in Berlin ereicht wird, wie unser Bundespräsident das gerade gefordert hat. Politisch und moralisch ist die Bundesregierung in der höchsten Pflicht. Rechtlich gesehen sind es die Statusmächte, die handeln müssen. Dadurch, daß sie zunächst einiges abgeblockt haben, was auf der deutschen Ebene möglich war, haben sie sich folgerichtig selbst in einen Handlungszwang gebracht.
    Es ist gut, daß sie das auch begriffen haben, wie das Aide-mémoire zeigt, daß die Franzosen im Auftrag der Drei Mächte in Moskau übereicht haben. Aber auch aus Moskau und dem Politbüro der SED hört man, daß inzwischen intensiv über Berlin nachgedacht wird. Die Zeit ist günstig wie nie.
    Erfolgreich wird die Berlin-Initiative am Ende aber nur sein können, wenn sich insbesondere die Bundesregierung nicht abwartend auf die Rolle eines interessierten Betrachters zurückzieht, wie man leider nur zu oft den Eindruck hat und was man übrigens auch ganz offen in den westlichen Hauptstädten als Vorwurf hören kann. Damit das Aide-mémoire nicht bloß diplomatische Routine bleibt, die man allenfalls als Alibi vorzeigen kann, hat der Oppositionsführer im Berliner Abgeordnetenhaus, Walter Momper, unablässig in Washington und London, demnächst auch in Paris, dafür geworben und die Vorstellungen der Berliner Sozialdemokraten erläutert.
    Ich weiß, wovon ich spreche, weil ich in London dabei war und mein Kollege Dietrich Stobbe in Washington. Wir haben dort einen entschlossenen Willen zu tatkräftiger und sachkundiger Unterstützung gefunden, weil die Drei Mächte in einem langen, nicht immer konfliktfreien Diskussionsprozeß, den die Berliner SPD ausgelöst hat, begriffen haben, daß der Status von Berlin, wenn sie ihn weiter in Anspruch nehmen wollen, für sie kein Schlummerkissen ist. Bewegung ist nicht alles. Aber ohne Bewegung zur rechten Zeit wird auch das gefährdet, was sicher bleiben muß.
    Worum geht es im einzelnen? Wir haben es oft gesagt, und man kann es in unserem Antrag genau nachlesen. Ich möchte mich hier auf drei Punkte konzentrieren.
    Erstens. Berlin (West) muß eng mit dem KSZE-Prozeß verbunden werden. In der Schlußakte von Helsinki hat zum erstenmal ein Europa institutionelle Gestalt angenommen, das mehr ist als die Europäische Gemeinschaft und das nicht an der Elbe endet. Die Themen des KSZE-Prozesses — Sicherheit; Kooperation in Handel, Industrie, Wissenschaft, Technik und Umwelt; humanitäre Fragen — werden blockübergreifend von Jahr zu Jahr an Bedeutung gewinnen. Der KSZE-Prozeß symbolisiert genau die europäische Rolle zwischen Ost und West, die es für Berlin (West) zu gewinnen gilt. Dabei wäre es Sache der DDR, selbst zu definieren, ob und inwieweit Berlin (Ost) an dieser Rolle teilhaben soll. Eine wichtige, aber im Grunde technische Frage, wer wohin einlädt, ist auf der Grundlage des Status von Berlin und des Viermächteabkommens lösbar.
    Zweitens. Im Luftverkehr ist die Zeit reif für ein Luftverkehrsabkommen zwischen den beiden deutschen Staaten, das allerdings eine Vorverständigung zwischen den Vier Mächten und den beiden deutschen Staaten über Landerechte der Lufthansa in Berlin-Tegel einschließen muß. Ich persönlich meine, daß, ohne die Luftkorridore selbst oder das Regime in den Luftkorridoren anzutasten, dabei eine Lösung angestrebt werden muß, die auch das Überfliegen der deutsch-deutschen Grenze und einen Parallelverkehr zu den Luftkorridoren oder einen Verkehr über ihnen ermöglicht. Alles andere sind halbe Sachen. Das Ziel, Berlin (West) nach allen Himmelsrichtungen in den europäischen Luftverkehr einzubinden, kann, wenn die Lärm- und Umweltbelastungen für Berlin (West) nicht unerträglich werden sollen, nur in Arbeitsteilung zwischen Berlin-Tegel und Berlin-Schönefeld erreicht werden. Deshalb ist eine schnelle, unkomplizierte und vertraglich garantierte Verbindung zwischen den beiden Flughäfen notwendig.
    Nicht einverstanden sind wir Sozialdemokraten, wenn — was allerdings auch möglich ist — als Ergebnis all der hochfliegenden Pläne am Ende lediglich die Verlagerung der europäischen Luftflotten einiger amerikanischen Fluggesellschaften nach Berlin-Tegel herauskommt, weil der Himmel über Frankfurt oder München buchstäblich zu ist und deshalb nach Berlin-Tegel ausgewichen wird.
    Drittens. Nach Abschluß des Viermächteabkommens haben wir einige Zeit geglaubt, Berlin (West) könne sich nun auf seine inneren Probleme konzentrieren und zu einer „normalen" Stadt wie jede andere werden. Wir wissen inzwischen, daß das ein Irrtum war. Normalität kann Berlin (West) nur schrittweise in dem Maße erreichen, wie sich sein Verhältnis zum Umland politisch entspannt und in möglichst vielen



    Heimann
    Bereichen normalisiert. Gegenseitige Interessenverflechtungen mit der DDR, der Sowjetunion, mit Polen und der CSSR sind auch ein Stück zusätzlicher Sicherheit.
    Das wird nur gelingen, wenn wir gemeinsam darauf achten, daß die bekannten unterschiedlichen Rechtsauffassungen nicht schon im Vorfeld zu Fallstricken werden. Das Viermächteabkommen ist und bleibt das Vorbild, wie man zu gegenseitig nützlichen Regelungen trotz unterschiedlicher Rechtsauffassungen kommen kann.
    Wenn es West-Berlin nicht gäbe, — so sagt Peter Bender —
    die Deutschen beider Seiten wüßten viel weniger
    voneinander und träfen sich nur halb so oft;

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Da hat er recht!)

    die deutschen Staaten hätten bei weitern nicht soviel miteinander zu tun. Die Insel zwischen ihnen ist für beide ein Problem, bringt beiden aber auch Vorteile; sie kann zu einem Bindeglied zwischen Bundesrepublik und DDR werden, wenn sie als gemeinsames Problem erkannt und behandelt wird, wie es die Vier Mächte schon 1969 taten.
    Wenn es West-Berlin nicht gäbe, so füge ich hinzu, man müßte es tatsächlich erfinden. Seine ungelösten Probleme sind die ungelösten Probleme Europas. Die Herausforderung, die darin liegt, wird, wie schon mehrfach in der Nachkriegsgeschichte, Anstoß sein zu größeren Lösungen. West-Berlin wird eine Zukunft haben, wenn Europa, das ganze Europa in West und Ost, eine gemeinsame Zukunft hat.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich erteile das Wort dem Herrn Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Schäuble


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bundeskanzler hat in seinem Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland am 15. Oktober vergangenen Jahres vor diesem Hohen Hause erklärt:
    ... es bleibt eine wesentliche Aufgabe unserer Deutschlandpolitik, die Freiheit und Lebensfähigkeit Berlins zu bewahren und seine Anziehungs- und Austrahlungskraft zu fördern — in wirtschaftlicher, politischer und kultureller Hinsicht.
    Deutschlandpolitik, meine Damen und Herren, ist immer auch Politik für Berlin. An keiner anderen Stelle werden die Probleme der deutschen Teilung so bildhaft klar wie in dieser Stadt.
    Der fortbestehende Viermächtestatus für Berlin als Ganzes, Herr Kollege Heimann, die Mauer, die in brutaler Weise die Stadt teilt, die Insellage der Westsektoren als westlicher Vorposten im östlichen Machtbereich, all dies macht für jedermann deutlich, daß die deutsche Frage nicht gelöst ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn es keinen anderen Grund gäbe, so wäre allein die Situation Berlins Grund genug, daß die Deutschen sich nicht mit der Teilung Deutschlands abfinden können.
    Für die aktuelle Politik kommt es auch hier darauf an, die gegebene Lage, mit der wir auf absehbare Zeit leben müssen, für die Menschen wenigstens erträglicher zu machen. Solange die Mauer nicht beseitigt werden kann, müssen wir also versuchen, sie durchlässiger zu machen. Aber solange Berlin geteilt bleibt, Herr Kollege Heimann, kann die Lage Berlins nicht normal sein. Das geteilte Berlin ist keine normale Stadt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Berliner dürfen auch nicht das Gefühl bekommen, von der Entwicklung im Westen abgekoppelt zu werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Grundlage aller Berlin-Politik aber muß der Viermächtestatus der Stadt als Ganzer bleiben, der auf den originären Rechten der vier Siegermächte beruht und mit dem Sie, Herr Kollege Heimann, in Ihrer Rede in einer für mich nicht verantwortbaren Weise leichtfertig umgegangen sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Sie haben nicht zugehört!)

    Nur auf der sicheren Grundlage dieses Viermächtestatus kann eine aktive und dynamische Politik darauf gerichtet sein, Berlin und den Berlinern zu helfen.
    Die Bundesregierung bleibt deshalb den drei Schutzmächten dankbar für ihr beständiges und verläßliches Engagement für Berlin und seine Bürger. Die Besuche der Staatsoberhäupter aller drei Schutzmächte in dem Jubiläumsjahr der deutschen Hauptstadt Berlin

    (Lachen bei den GRÜNEN)

    waren ein eindrucksvoller Beweis für dieses Engagement. Erst kürzlich ist es durch den französischen Staatspräsidenten und den französischen Ministerpräsidenten bei dem Besuch von Herrn Honecker in Paris wieder zum Ausdruck gebracht worden.
    Berlin braucht ebenso den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rückhalt der Bundesrepublik Deutschland. Wir respektieren den Status von Berlin, aber zu diesem Status gehört auch, daß die Bindungen zwischen Berlin und dem Bund respektiert und, wie dies im Viermächteabkommen vorgesehen ist, weiter ausgebaut werden. Eine dynamische Entwicklung dieser Bindungen ist für die Lebensfähigkeit Berlins unerläßlich.
    Dazu gehört, daß für das geistige, kulturelle und wirtschaftliche Leben in Deutschland wichtige Einrichtungen in Berlin angesiedelt werden. Ich denke etwa an das Deutsche Historische Museum, an Einrichtungen wie die Kulturstiftung der Länder, an die Akademie der Wissenschaften

    (Frau Olms [GRÜNE]: Die Stadt zubauen!)

    oder auch an das Deutsch-Japanische Kulturzentrum.



    Bundesminister Dr. Schäuble
    Dazu gehören auch große internationale Veranstaltungen, die von deutscher Seite ausgerichtet werden — in den Bereichen des Sports oder der Kultur und der Wissenschaft ebenso wie im Bereich der Wirtschaft und der Politik. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, daß an internationalen Veranstaltungen in Berlin auch Vertreter osteuropäischer Staaten und Vertreter der DDR teilnehmen. Chancen zu friedlicher Zusammenarbeit müssen gerade hier genutzt werden.
    In diesem Herbst wird die Jahrestagung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds in Berlin stattfinden, eine der bedeutendsten internationalen Veranstaltungen, die wir bisher in Deutschland gehabt haben. Diese Tagung ist für Berlin eine große Chance. Sie kann und sie soll für die Stadt in aller Welt werben. Die Berliner wissen das. Dies sollten auch alle bedenken, die die Arbeit von Weltbank und Währungsfonds vielleicht mit kritischen Augen sehen. Bei allem Verständnis für Pluralismus — und hier sollten sich wirklich alle Gruppen angesprochen fühlen — dürfen sich mögliche Aktionen gegen diese Tagung nicht so abspielen, daß daraus Schaden für Berlin entsteht.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Berlin muß um seiner Attraktivität willen friedliches Forum und guter Gastgeber für internationale Veranstaltungen sein und sein können. Wer sich daran nicht hält, schadet Berlin.
    Es gehört ebenso zur Ausgestaltung der Bindungen, daß Berlin an der Entwicklung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland und insbesondere an der Entwicklung der Beziehungen zur DDR voll teilnimmt. Für uns ist eine befriedigende Einbeziehung Berlins Voraussetzung für jeden Vertragsabschluß, nicht nur mit der DDR, sondern mit allen Staaten. Das Berliner Potential muß in alle Verträge auch praktisch voll einbezogen werden. Es geht dabei nicht um ein abstraktes Prinzip, sondern um konkrete, praktische Notwendigkeiten.
    Auf der anderen Seite können wir es nicht akzeptieren, wenn die Sowjetunion oder andere versuchen, neben den Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland Sonderbeziehungen mit Berlin (West) zu suchen. Wir müssen da sehr aufmerksam und vorsichtig sein.
    Schließlich und nicht zuletzt gehört zur Entwicklung der Bindungen Berlins an den Bund alles, was die wirtschaftliche Verflechtung der Stadt mit der Bundesrepublik Deutschland stärkt. Die Einbindung in die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung bleibt eine wichtige wirtschaftspolitische Aufgabe. Der Bundeskanzler hat sich hierfür wiederholt — auch bei zwei Wirtschaftskonferenzen in Berlin — persönlich eingesetzt und im Zusammenwirken mit dem Senat von Berlin große Erfolge erzielt. Herr Kollege Heimann, Sie haben völlig an der Wirklichkeit vorbei gesprochen!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Zu Ihrer Zeit war Berlin in einer wirtschaftlichen Abwärtsentwicklung begriffen; zu unserer Zeit haben wir eine deutliche Aufwärtsentwicklung in Berlin.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Sellin [GRÜNE]: Die höchste Arbeitslosigkeit! — Zurufe von der SPD: 100 000 Arbeitslose!)

    Wir haben übrigens auch darauf geachtet und werden darauf achten, daß bei den im Zuge der Steuerreform unumgänglichen Anpassungen Berlin relativ geringer betroffen wird und daß die günstigen spezifischen Rahmenbedingungen für die Berliner Wirtschaft erhalten bleiben.

    (Zustimmung des Abg. Seiters [CDU/CSU] — Wartenberg [Berlin] [SPD]: Na, na!)

    Die wirtschaftliche Attraktivität der Stadt ist in den letzten Jahren gewachsen. Herr Kollege Heimann, das werden Sie wissen, wenn Sie dort überhaupt noch einmal gewesen sind.

    (Lachen bei der SPD)

    Wenn Sie sich die Statistiken anschauen, wissen Sie, daß es wieder einen Zuwanderungsgewinn der Stadt gibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dies alles spricht dafür, daß die Politik von Bundesregierung und Senat für die wirtschaftliche Entwicklung Berlins erfolgreich gewesen ist. Wenn Sie solche Erfolge gehabt hätten, hätten Sie hier Lobesarien gesungen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Sie hätten jeden Tag gefeiert! — Er kann nicht singen! — Er ist unmusikalisch!)

    — Er kann noch nicht einmal gut reden.
    Meine Damen und Herren, nach der Rede des Kollegen Heimann muß man darauf hinweisen, daß Berlin-Politik immer auch Deutschlandpolitik ist und daß umgekehrt unsere Deutschlandpolitik immer auch eine konkrete Bedeutung für Berlin hat und haben muß. Der Bundeskanzler hat in seinen Gesprächen mit Herrn Honecker sehr klar gesagt, daß die Beziehungen zwischen den beiden Staaten in Deutschland nur so weit entwickelt werden können, wie Berlin daran teilhat. Die Beziehungen zwischen den beiden Staaten in Deutschland können noch weniger als die Beziehungen zu auswärtigen Staaten um Berlin herum entwickelt werden. Das bringt immer wieder Probleme mit sich. Auch wenn das unbequem sein sollte. Herr Kollege Heimann, müssen wir damit leben und uns dieser Verantwortung stellen.
    Nach wie vor gibt es außer zu anderen Fragen gerade zu Berlin grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten. Aber die DDR weiß, daß wir notfalls auch auf bestimmte Schritte verzichten,

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    wenn nicht eine gleichwertige Behandlung Berlins gewährleistet ist.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)




    Bundesminister Dr. Schäuble
    Hier gibt es eine Solidarität auch der Bundesländer, auch der großen Städte mit Berlin, für die wir dankbar sind und die wir auch in Zukunft erhalten müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Bei der konkreten Zusammenarbeit kommt es darauf an, die Meinungsverschiedenheiten in Grundsatzfragen nicht in den Vordergrund zu rücken, sondern zu versuchen, pragmatische Lösungen im Interesse der Stadt und ihrer Bewohner zu finden. Dazu gehört auch, daß Berlin zu seinem Umfeld ein an sachlichen Interessen ausgerichtetes Verhältnis entwickeln kann. Es kann dabei nicht um Sonderbeziehungen zwischen dem Senat und der DDR gehen; dies widerspräche den Interessen Berlins. Es kann immer nur um ein gewisses Maß an praktischer Zusammenarbeit dort gehen, wo sie notwendig ist.
    Allerdings muß Berlin wegen der besonderen politischen und rechtlichen Lage der Stadt im Umgang und in der Zusammenarbeit mit seinem Umfeld immer noch sorgfältiger sein als jede andere Stadt und jedes andere Land der Bundesrepublik Deutschland.

    (Sellin [GRÜNE]: Beispiel Sondermüllentsorgung!)

    Insbesondere muß Berlin darauf achten, daß jede Zusammenarbeit und Absprache des Senats mit der DDR vorher mit den alliierten Schutzmächten und der Bundesregierung abgestimmt ist und in die übergreifende politische Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR eingebettet bleibt. Aber, meine Damen und Herren, wir sind den Alliierten dafür dankbar, daß es ein Einvernehmen mit der Bundesregierung und dem Senat bei allen Fragen im Jubiläumsjahr Berlins gab

    (Heimann [SPD]: Das hört sich in Berlin aber anders an!)

    und daß es dieses Einvernehmen — Herr Kollege Heimann — auch im Hinblick auf Begegnungen etwa des Regierenden Bürgermeisters mit führenden Politikern der DDR gibt.

    (Heimann [SPD]: Wo leben Sie denn? — Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Das ist nun ein Gerücht!)

    — Das ist überhaupt kein Gerücht, Herr Kollege Ehmke, das ist die Wahrheit, die Sie vielleicht nicht zur Kenntnis nehmen wollen und nicht gerne hören. Dies ist die reine Wahrheit.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Wenn wir uns einmal treffen, erzähle ich Ihnen die Details!)

    Es gibt eine voll übereinstimmende abgestimmte gemeinsame Position des Senats von Berlin der Bundesregierung und der Drei Mächte auch in der Frage von Begegnungen des Regierenden Bürgermeisters mit führenden Politikern der DDR.

    (Stobbe [SPD]: Da kommt es dann aber sehr auf die Konditionen an!)

    In dieser praktischen Zusammenarbeit ist in den vergangenen Jahren vieles zum Nutzen Berlins erreicht worden. In den Gesprächen zwischen dem Bundeskanzler und dem Generalsekretär Honecker im letzten Jahr sind weitere Anstöße gegeben worden. Es ist jetzt erstmals gelungen, eine Vereinbarung über eine Einbeziehung von Berlin (West) in den westdeutschen Stromverbund auszuarbeiten und auch schon zu paraphieren. Bereits in den 70er Jahren ist dies vergeblich versucht worden. Sie alle haben das seitdem doch nicht mehr für möglich gehalten; wenn Sie ehrlich sind. Das ist jetzt ein großer Fortschritt für Berlin, den Sie nicht erreicht und nicht mehr für möglich gehalten haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Straßenverbindungen sind schon in der Vergangenheit erheblich verbessert worden. In wenigen Tagen werden gemäß der Verabredung beim Besuch von Generalsekretär Honecker die Sondierungsgespräche über den Ausbau einer leistungsfähigen, modernen Anforderungen entsprechenden Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Hannover aufgenommen werden.

    (Sellin [GRÜNE]: Was ist Ihre Position?)

    Es geht dabei um eine erhebliche Verkürzung der Fahrzeit und um eine erhöhte Zugfrequenz, die diese Verbindung langfristig attraktiv machen soll. Es wird dabei zunächst darum gehen, Herr Kollege, mit der DDR mögliche Varianten zu sondieren. Es besteht Einvernehmen mit der DDR, daß dieses Projekt der Eisenbahnverbindung Priorität hat; was übrigens meine Damen und Herren, auch heißt, daß andere Wünsche zurückgestellt werden müssen.
    Es handelt sich dabei um ein sehr kompliziertes Projekt. Es geht nicht nur um eine bessere Schienenverbindung nach Berlin, sondern es geht darüber hinaus um eine bessere Verkehrsverbindung in Deutschland und in Europa. Wir stehen jetzt vor Sondierungen mit der DDR; sie sind Aufgabe der Bundesregierung. In dieser Situation ist es wenig hilfreich, wenn Stimmen in der Öffentlichkeit hier bei uns — auch aus Berlin — sich mit Vorschlägen gegenseitig zu überbieten suchen. Jeder weiß, daß dieses Projekt auch einen Preis hat. Es wäre deshalb gut, wenn wieder etwas mehr darauf geachtet würde, daß das Rollen- und Wechselspiel zwischen den verschiedenen politischen Kräften bei uns in einer Weise funktioniert, die der Bundesrepublik Deutschland und dem Anliegen von Deutschland als Ganzem gerecht wird.
    Ich brauche übrigens nicht zu betonen, daß beide Projekte, Stromverbund wie Eisenbahn, auch eine ganz besondere deutschlandpolitische Komponente haben. Sie schaffen Verbindungen und begründen gemeinsame Interessen auch zwischen den beiden Staaten in Deutschland.
    Die Bundesregierung hofft, daß mittelfristig auch der Luftverkehr von und nach Berlin substantiell verbessert werden kann. Sie begrüßt deshalb nachdrücklich die gemeinsame Initiative der drei westlichen Schutzmächte gegenüber der Sowjetunion, die sich auf eine Verbesserung und Ausweitung des Flugverkehrs sowie auf den Ausbau Berlins als Konferenzstadt und auf mehr Kommunikation in der geteilten Stadt richtet.
    Der Luftverkehr von und nach Berlin hat sich in den letzten Jahren im übrigen kontinuierlich erweitert. Seit einigen Monaten ist ein wachsendes Interesse insbesondere der großen US-Fluggesellschaften am



    Bundesminister Dr. Schäuble
    Standort Berlin festzustellen. Die Initiative des amerikanischen Präsidenten vom Juni vergangenen Jahres zielt auf eine Verbesserung der Nutzung der Korridore durch die alliierten Gesellschaften, darüber hinaus aber auch auf erweiterte Anflugmöglichkeiten für alliierte und nichtalliierte Fluggesellschaften auf Strecken außerhalb der Korridore. Die Bundesregierung unterstützt diese Bemühungen nachhaltig.
    Wenn es den gemeinsamen Bemühungen gelingt, die bisherige Blockierung Tegels für nichtalliierte Gesellschaften durch die östliche Seite aufzubrechen und Möglichkeiten für den Anflug außerhalb der Korridore, beispielsweise im Nord-Süd-Verkehr, zu eröffnen, dann, meine Damen und Herren, wird auch die Lufthansa wieder nach Berlin fliegen können. Dann werden sich auch Chancen für Verbesserungen des innerdeutschen Luftverkehrs ergeben. Die Bundesregierung setzt sich deshalb mit großem Nachdruck dafür ein.
    Die Bundesregierung wird ihre stetige, berechenbare und erfolgreiche Deutschland- und Berlin-Politik fortsetzen. Diese Politik ist langfristig angelegt, ist ein Element praktischer Friedensarbeit in Europa. Sie bewegt sich auf der Basis der für die Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Verträge. Wir werden bei dieser Politik Grundsatzpositionen nicht aufgeben. Es gibt zur Zeit zwei Staaten in Deutschland. Aber die Menschen in beiden Staaten sind Deutsche und Angehörige einer Nation. Sie haben das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit, und sie wollen zusammenkommen können.
    Praktische Deutschlandpolitik ist nur durch Entwicklung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten in Deutschland möglich. Aber dabei dürfen die Gegensätze, die Ziele und Wertvorstellungen im Interesse der Glaubwürdigkeit und der Berechenbarkeit nicht verschwiegen werden. Deshalb muß vor allen Gedankenspielen zur Lösung der deutschen Frage, die an den Wünschen und Empfindungen der Menschen in Deutschland vorbeigehen, gewarnt werden. Sie führen zu nichts. Im Gegenteil, sie erwecken falsche Erwartungen, in der DDR wie bei allen unseren Nachbarn in Europa. Sie bergen im übrigen eine Gefahr für den Konsens zwischen den großen politischen Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland über die Positionen, Ziele und Wertvorstellungen der Deutschlandpolitik.
    Sicher ist es in Berlin leichter, diesen Konsens zu erhalten. Im Bewußtsein der Berliner, von dem Sie, Herr Kollege Heimann, nach Ihrer Rede weit entfernt sind,

    (Frau Olms [GRÜNE]: Sie wissen doch gar nicht, was die für ein Bewußtsein haben!)

    geht es jedenfalls zuallererst darum, auch in Berlin unter denselben Lebensformen und -bedingungen zu leben wie in der Bundesrepublik Deutschland und an der gemeinsamen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung und an dem Ausbau der Gesellschafts-, Sozial- und Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland teilzunehmen und aktiv mitzuwirken. Die Berliner sind immer nüchterne Leute gewesen.

    (Frau Olms [GRÜNE]: Darum erkennen sie auch das, was Sie sagen!)

    Sie haben nie Gedankenspielen nachgehangen, sondern sich an das gehalten, was realistisch ist. Deshalb war es in Berlin immer leichter, einen Konsens in Fragen der Deutschland- und Berlin-Politik zu finden. Den Berlinern war immer klar, worum es im Kern geht, nämlich um die Freiheit.
    Meine Damen und Herren, wir Deutschen in unserem geteilten Vaterland sind in einer besonders labilen Lage. Deshalb brauchen wir Gemeinsamkeit in nationalen Grundfragen, wobei Gemeinsamkeit das Verständnis über unterschiedliche Rollen und Auf gaben etwa von Regierung und Opposition einschließt. Nehmen wir uns an den Berlinern ein Beispiel und setzen wir Gemeinsamkeiten hier in Bonn nicht leichtfertig aufs Spiel! Gemeinsamkeit heißt, daß wir alle dem Auftrag unseres Grundgesetzes verpflichtet bleiben, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)