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    Plenarprotokoll 11/53 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 53. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. Januar 1988 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 3709 A Zusatztagesordnungspunkt 6: Aktuelle Stunde betr. Erhöhung der Neuverschuldung im Bundeshaushalt 1988 — Realistische Darstellung der Lage der Bundesfinanzen Wieczorek (Duisburg) SPD 3709 B Dr. Dregger CDU/CSU 3710B Frau Vennegerts GRÜNE 3711B, 3716 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 3712B Dr. Spöri SPD 3713 B Spilker CDU/CSU 3714 B Gattermann FDP 3715 C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 3716D Dr. Apel SPD 3718D Carstens (Emstek) CDU/CSU 3719C Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 3720 C Esters SPD 3722 A Dr. Rose CDU/CSU 3722 D Schulhoff CDU/CSU 3723 D Zusatztagesordnungspunkt 7: Aussprache über die Vorfälle bei der Firma Nukem Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . . 3725 A Dr. Wallmann, Ministerpräsident des Landes Hessen 3726 D Dr. Hauff SPD 3729 D Baum FDP 3731B Schily GRÜNE 3733 B Dr. Laufs CDU/CSU 3735 B Tagesordnungspunkt 23: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Arbeitszeitgesetzes (Drucksache 11/360) b) Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Arbeitszeitgesetzes (Drucksache 11/1188) c) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Arbeitszeitgesetzes (Drucksache 11/1617) Dr. Blüm, Bundesminister BMA 3736 D Dreßler SPD 3739 A Louven CDU/CSU 3741 D Hoss GRÜNE 3744 B Heinrich FDP 3746 B Schreiner SPD 3748 A Müller (Wesseling) CDU/CSU 3750 B Frau Steinhauer SPD 3751 C Tagesordnungspunkt 24: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Schnellbahnverbindung Köln—Paris (Drucksache 11/387 [neu]) Weiss (München) GRÜNE 3752 C Bauer CDU/CSU 3753 B Haar SPD 3754 A Kohn FDP 3754 D Nächste Sitzung 3755 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3756* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3756* B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Januar 1988 3709 53. Sitzung Bonn, den 15. Januar 1988 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein ** 15. 1. Dr. Ahrens * 15. 1. Frau Beck-Oberdorf 15. 1. Frau Brahmst-Rock 15. 1. Dr. von Bülow 15. 1. Buschfort 15. 1. Carstensen (Nordstrand) 15. 1. Cronenberg (Arnsberg) 15. 1. Frau Dr. Däubler-Gmelin 15. 1. Egert 15. 1. Dr. Ehrenberg 15. 1. Frau Eid 15. 1. Engelsberger 15. 1. Eylmann 15. 1. Dr. Geißler 15. 1. Gerstein 15. 1. Grünbeck 15. 1. Grüner 15. 1. Grunenberg 15. 1. Dr. Haussmann 15. 1. Freiherr Heereman v. Zuydtwyck 15. 1. Frau Dr. Hellwig 15. 1. Frau Hoffmann (Soltau) 15. 1. Dr. Hüsch 15. 1. Ibrügger 15. 1. Dr. Köhler (Wolfsburg) 15. 1. Kreuzeder 15. 1. Dr. Kunz (Weiden) 15. 1. Lenzer * 15. 1. Lowack 15. 1. Dr. Mahlo 15. 1. Menzel 15. 1. Meyer 15. 1. Nelle 15. 1. Frau Pack * 15. 1. Petersen 15. 1. Reuschenbach 15. 1. Roth 15. 1. Frau Rust 15. 1. Schartz (Trier) 15. 1. Dr. Scheer * 15. 1. Frau Schilling 15. 1. Frau Schmidt-Bott 15. 1. Schmitz (Baesweiler) 15. 1. von Schmude 15. 1. Schröer (Mülheim) 15. 1. Schulze (Berlin) 15. 1. Stahl (Kempen) 15. 1. Stobbe 15. 1. Dr. Vondran 15. 1. Dr. Warnke 15. 1. Frau Dr. Wisniewski 15. 1. Wissmann 15. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 18. Dezember 1987 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) Achtes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern Gesetz zur Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Ladenschluß Gesetz zur finanziellen Sicherung der Künstlersozialversicherung Gesetz zur Verlängerung der Amtszeit der Jugendvertretungen in den Betrieben Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Mutter und Kind - Schutz des ungeborenen Lebens" Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz - BArchG) Gesetz über die zentrale Archivierung von Unterlagen aus dem Bereich des Kriegsfolgenrechts Gesetz zur Änderung des Bundespersonalvertretungsgesetzes Gesetz zur Änderung des Benzinbleigesetzes Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1988 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1988) Gesetz zu dem Zusatzabkommen vom 2. Oktober 1986 zum Abkommen vom 7. Januar 1976 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit und zu der Zusatzvereinbarung vom 2. Oktober 1986 zur Vereinbarung vom 21. Juni 1978 zur Durchführung des Abkommens Gesetz zu dem Abkommen vom 14. November 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada über Soziale Sicherheit und der Vereinbarung zur Durchführung des Abkommens sowie zu der Vereinbarung vom 14. Mai 1987 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Quebec über Soziale Sicherheit und der Durchführungsvereinbarung hierzu Gesetz zu dem Abkommen vom 4. November 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Verzicht auf die Beglaubigung und über den Austausch von Personenstandsurkunden/Zivilstandsurkunden sowie über die Beschaffung von Ehefähigkeitszeugnissen Gesetz zu dem Abkommen vom 18. September 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Argentinien über die Wehrpflicht von Doppelstaatern Gesetz zu dem Abkommen vom 10. Oktober 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark über die Wehrpflicht deutsch-dänischer Doppelstaater Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/253 Nr. 1.2 Drucksache 11/561 Nr. 1.1, 1.2, 1.3 Drucksache 11/1107 Nr. 1.1 Drucksachen 11/552, 11/637 Finanzausschuß Drucksache 11/1107 Nr. 1.2 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/1107 Nr. 1.7 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Innenausschuß Drucksache 10/5362 Nr. 18 Drucksache 11/929 Nr. 2.1 Haushaltsausschuß Drucksache 11/1450 Nr. 2.1 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/253 Nr. 2.4 Drucksache 11/561 Nr. 2.4 Drucksache 11/779 Nr. 2,21 Drucksache 11/1365 Nr. 3.1, 3.2 Drucksache 11/1450 Nr. 2.3, 2.4, 2.5, 2.6 Drucksache 11/1107 Nr. 2.2, 2.3, 2.4, 2.5, 2.6, 2.7 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/973 Nr. 2.7 bis 2.11 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/1107 Nr. 2.10 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/883 Nr. 138
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Am gestrigen Donnerstag bin ich kurz nach 12 Uhr von meinem zuständigen Abteilungsleiter telefonisch davon unterrichtet worden, daß die Firma Nukem bereits seit Mitte des Jahres 1987 von Plutoniumverunreinigungen in Fässern, die von der Firma Transnuklear transportiert wurden, gewußt haben müsse. Diese Information habe er, der Abteilungsleiter, soeben vom Staatssekretär im hessischen Umweltministerium telefonisch übermittelt bekommen.
    Auf der Grundlage dieser Benachrichtigung habe ich unverzüglich telefonischen Kontakt mit dem hessischen Umweltminister Weimar und mit Ministerpräsident Dr. Wallmann gesucht. Nach 13 Uhr ist zunächst das Gespräch mit Minister Weimar zustande gekommen. Dabei bestätigte mir der hessische Kollege, daß die Nukem spätestens bereits im Sommer des Jahres 1987 über Informationen verfügte, die den Schluß auf Unregelmäßigkeiten durch die Transnuklear bei Transporten und Konditionierungsvorgängen radioaktiver Abfälle der Nukem nahelegten.
    Herr Weimar teilte mir außerdem mit, daß in mehreren atomrechtlichen Aufsichtsgesprächen mit der Nukem über den Komplex Transnuklear von der Firma hierauf nicht hingewiesen worden sei, obwohl der gesamte Vorgang angesprochen worden sei. — Diese Vorgänge ereigneten sich bereits ab dem Jahre 1983, spätestens 1985.
    Herr Weimar berichtete mir ferner, daß das hessische Umweltministerium am 8. Januar dieses Jahres mehrere interne Unterlagen der Firma Nukem erhalten habe. Bei der Auswertung dieser Unterlagen, die er in seinem Hause am Mittwoch dieser Woche vorgenommen habe, seien diese Feststellungen getroffen worden. Herr Weimar habe am Mittwochabend den hessischen Ministerpräsidenten darüber unterrichtet. Dieser habe entschieden, für den nächsten Morgen die verantwortlichen Personen des Aufsichtsgremiums der Nukem nach Wiesbaden zu laden. In diesem Gespräch seien auf der Grundlage der Erkenntnisse die Vertreter der Nukem aufgefordert worden, kurzfristig die beiden Geschäftsführer der Nukem zu beurlauben.
    Außerdem berichtete mir Kollege Weimar, daß er persönlich über einen Informanten Hinweise darauf erhalten habe, daß aus Mol von der Transnuklear spaltbares Material nach Lübeck transportiert worden sein. Von dort sei es nach Libyen und Pakistan verschifft worden. Von diesen Hinweisen habe er unverzüglich die zuständige Staatsanwaltschaft sowie den hessischen Ministerpräsidenten unterrichtet.
    Diese Informationen, meine Damen und Herren, sind mir kurz danach in einem Telefongespräch auch vom hessischen Ministerpräsidenten Dr. Wallmann
    bestätigt worden. Herr Kollege Weimar und ich haben gestern abend in einer umfassenden Sitzung des zuständigen Ausschusses darüber weiter informiert.
    Die Nukem ist zu zwei Dritteln Anteilseigner der Transnuklear. Darüber hinaus bestehen Verflechtungen zwischen beiden Firmen, zumindest im kaufmännischen Bereich. Auf Grund eines Berichts des Wirtschaftsprüfungsunternehmens, das ich zur Überprüfung der Firma Transnuklear eingesetzt habe, waren mir Anfang dieser Woche Mängel in der Aufsichtstätigkeit der Geschäftsführung Nukem über die Trans-nuklear bekanntgeworden. Aus diesem Grunde habe ich bereits im Rahmen der Regierungserklärung vorgestern in diesem Hohen Hause darauf hingewiesen, daß auch die Firma Nukem dieser unabhängigen Überprüfung durch ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen unterzogen wird.
    Hieraus und auf Grund der mir am 14. Januar mittags, gestern mittag, übermittelten Erkenntnisse des hessischen Umweltministers, die über die vorhandenen Erkenntnisse bei der Transnuklear hinausgingen, ergeben sich erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Nukem sowohl in personeller wie auch in organisatorischer Hinsicht. Das war für mich Anlaß, bis zum Abschluß der notwendigen Aufklärung und einer vorzunehmenden Zuverlässigkeitsprüfung die der Nukem erteilten atomrechtlichen Genehmigungen auszusetzen.

    (Baum [FDP]: Sehr gut!)

    Diese Entscheidung habe ich fernmündlich dem hessischen Umweltminister mitgeteilt. Sie ist fernschriftlich gestern gegen 17 Uhr dem hessischen Umweltministerium übermittelt worden.
    Ich betone: Das ist keine Vorverurteilung. Diese Maßnahme stellt sicher, daß nach Recht und Gesetz untersucht werden kann. Es entspricht dem Rechtsstaat, dem wir alle verpflichtet sind, daß wir am Ende einer Untersuchung urteilen und, wenn erforderlich, auch harte Entscheidungen treffen. Wer vorher verurteilt, stellt die Lauterkeit seiner Absichten und Argumente in Frage.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: So ist es!)

    Ich möchte daher auch ausdrücklich darauf hinweisen, daß sich die von mir veranlaßte Aussetzung der atomrechtlichen Genehmigung allein auf die Vorgänge bei der Nukem beziehen, die mit der Behandlung der 50 Fässer schwach- und mittelradioaktiven Abfalls bekanntgeworden sind. Sie gründen auch auf der Tatsache, daß nach ergänzender Mitteilung des hessischen Umweltministers zwei Fässer, die ebenfalls aus Belgien stammen und nach Angaben der Firma Nukem schwach- und mittelradioaktiven Abfall aus dem Kontrollbereich enthalten, bisher nicht nachgewiesen werden können. Ein Zusammenhang zwischen diesen zwei Fässern und den Hinweisen und Gerüchten über einen Verstoß gegen den Nichtverbreitungsvertrag ist bisher nicht hergestellt worden.
    Ich betone: Nicht Grundlage meiner Entscheidung sind die Hinweise, die ich von der hessischen Landesregierung bezüglich des Verdachts eines Verstoßes gegen den Atomsperrvertrag bekommen habe. Eine telefonische Rücksprache, die am heutigen Morgen



    Bundesminister Dr. Töpfer
    mein zuständiger Abteilungsleiter mit der ermittelnden Staatsanwaltschaft in Hanau führte, hat außerdem die Mitteilung ergeben, daß die Staatsanwaltschaft, die in dieser Angelegenheit ermittelt, bisher über keine belastbaren Erkenntnisse verfügt. Angesichts des ungeheuerlichen Verdachts, daß über Deutschland spaltbares Material nach Libyen oder Pakistan verbracht worden sein könnte, habe ich ergänzend zur staatsanwaltschaftlichen Ermittlung alle Maßnahmen zur Aufklärung eingeleitet. Noch heute wird ein Gespräch mit der belgischen Behörde hier in Bonn stattfinden.

    (Baum [FDP]: Sehr gut!)

    Die Feststellung von Firmen, die in Lübeck oder im Raum Lübeck über atomrechtliche Genehmigungen verfügen, ist angewiesen. Die erneute Überprüfung spaltbaren Materials durch die IAEO in der fraglichen Zeit ist veranlaßt. Die Zusammenarbeit mit den für den Ni chtweiterverbreitungsvertrag zuständigen Ministerien, dem Bundesforschungsministerium und dem Auswärtigen Amt, ist hergestellt.
    Durch meine Entscheidung, die atomrechtliche Genehmigung auszusetzen, so daß die Nukem davon vorläufig keinen Gebrauch machen kann, wird die Überprüfung der Zuverlässigkeit der Nukem in personeller und organisatorischer Hinsicht ohne den Verdacht verschleiernder Handlungen sichergestellt. Ich habe außerdem angewiesen, daß die Nukem schriftlich darzulegen hat, ob und gegebenenfalls welche personellen und organisatorischen Konsequenzen sie aus dem Vorfall zu ziehen gedenkt. Hierbei ist die Nukem von der hessischen Aufsichtsbehörde darauf hinzuweisen, daß für den Fall einer länger ausstehenden Mitteilung oder einer Äußerung, die nach Prüfung eventuell als nicht überzeugend erscheint, der Widerruf atomrechtlicher Genehmigungen auf der Grundlage des § 17 Abs. 3 Nr. 2 des Atomgesetzes erwogen wird und spätestens Anfang Februar 1988 eine Anhörung nach § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes mit einer vierwöchigen Frist für die Abgabe einer Stellungnahme durchgeführt wird. Zu der Anordnung habe ich die sofortige Vollziehung verfügt.
    In der Regierungserklärung, die ich zu den Vorgängen um die Firma Transnuklear vorgestern in diesem Hohen Hause abgegeben habe, habe ich sehr deutlich festgestellt, daß das Vertrauen in die Kernenergie, daß das Vertrauen in die Integrität einiger dort Handelnder zutiefst erschüttert worden ist. Die ungeheuerlichen Verdächtigungen hinsichtlich einer Verletzung des Vertrages über die Nichtweiterverbreitung von Kernbrennstoffen würden, sollten sie sich bewahrheiten, diese Vertrauenskrise in eine ganz neue Dimension bringen. Wir alle sollten in hohem Maße daran interessiert sein, daß dieses Geflecht von Verdächtigungen und Unterstellungen, von Spekulationen und Hinweisen durch die Strafverfolgungsbehörden, aber auch durch aufsichtsrechtliche Maßnahmen der Behörden ohne Wenn und Aber und ohne Rücksicht auf die dabei beteiligten Personen entwirrt wird. Meine Entscheidungen dazu habe ich in vollem Umfange mit dem Herrn Bundeskanzler abgestimmt.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Dem bleibt nichts anderes übrig!)

    Wir sollten ebenso gemeinsam darauf hoffen, daß sich diese Verdächtigungen nicht bestätigen; denn der daran anknüpfende Schaden ginge weit über Transnuklear und Nukem, ginge über die friedliche Nutzung der Kernenergie hinaus. Dies sollten alle bedenken, die sich an derartigen Spekulationen beteiligen.
    Mein Ziel ist und bleibt es, durch Fakten Klarheit zu schaffen

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    und auf der Grundlage von Fakten unverzüglich und hart zu handeln.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Friedliche Nutzung gibt es nicht!)

    Durch die Entscheidung über eine grundsätzliche Veränderung des Kontroll- und Überwachungssystems bei radioaktiven Abfallstoffen, das ich in diesem Hohen Hause vorgestern in der Regierungserklärung vorgestellt habe, ist außerdem über die erforderlichen Vorsorgemaßnahmen entschieden worden. Aus gleichem Grunde werde ich die Unternehmen des Brennstoffkreislaufs in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt von unabhängigen Prüfern untersuchen lassen — auch mit dem Ziel, Grundlagen für notwendige Entflechtungen zu erhalten.
    Die Bundesregierung will Klarheit in dieser Angelegenheit. Der Bundesminister für Umwelt ist entschlossen, wenn nötig, auch tief zu schneiden, damit eine grundsätzliche Gesundung möglich ist. Unser Ziel ist die Gesundung und nicht der Tod des Patienten.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Wer ist der Patient?)

    Ich bitte das Parlament, mich bei dieser Aufgabe, die ich ehrlich in Angriff nehme, zu unterstützen.
    Ich danke Ihnen sehr herzlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich erteile dem Herrn Ministerpräsidenten des Landes Hessen das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Walter Wallmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Die Sachverhaltsschilderung, die wir eben von Herrn Bundesminister Professor Töpfer gehört haben, wird hier von mir ausdrücklich in allen Punkten als zutreffend unterstrichen.
    Ich denke, meine Damen und Herren, ich sollte zunächst kurz darlegen, wie der Zeitablauf in diesem schwerwiegenden Bereich — wann wir was erfahren haben, wann wir informiert haben — gewesen ist.
    Am Beginn, Herr Präsident, meine Damen und Herren, darf ich feststellen, daß am gestrigen Abend, wie ich heute erfahren habe, eine Reihe von Verdächtigungen geäußert worden sind, daß hier irgendwo etwas zurückgehalten worden sei, etwa durch den Bundesumweltminister, durch die hessische Landesregierung, den hessischen Umweltminister. Alles dies trifft nicht zu.

    (Lennartz [SPD]: Das sagen Sie!)

    Der Bundesumweltminister konnte, als er die Erklärung vor dem Deutschen Bundestag abgab, gar nicht



    Ministerpräsident Dr. Wallmann (Hessen)

    informiert sein, weil in diesem Augenblick auch der hessische Umweltminister nicht informiert war und also auch ich nicht informiert sein konnte. Wären wir in diesem Augenblick informiert gewesen, hätten wir selbstverständlich, weil wir keine Gegengewichtspolitik betreiben, die Informationen sofort nach Bonn weitergegeben. Das liegt auf der Hand.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Das Zweite. Am Mittwoch, das war also der 13. Januar, vorgestern, abends etwa um 18.30 Uhr, bin ich von dem Chef der Staatskanzlei darüber informiert worden, daß unmittelbar zuvor der hessische Umweltminister, Herr Kollege Weimar, ihn angerufen habe. Es habe sich bei diesem Anruf um zwei Komplexe gehandelt, nämlich erstens, daß im Zusammenhang mit Nukem, der Mutterfirma von Transnuklear, gravierende, schwerwiegende Verstöße gegen die geltenden rechtlichen Bestimmungen vorlägen, daß seit dem Jahr 1982 die Bestimmungen nicht beachtet worden seien, daß Proben gezogen worden seien — mindestens seit 1985 —, daß Material nach Mol geliefert worden sei, geliefert und zurückgenommen worden sei. Es sei festgestellt worden, daß es sich um Material handele, das beispielsweise mit Cäsium kontaminiert gewesen sei, daß damit ein wichtiger Verdacht und Hinweis gegeben sei, daß es sich auch um Plutoniumkontaminierungen handeln könne. Ich will diesen Sachverhalt nicht weiter beschreiben, sondern es damit bewenden lassen. Dies war der erste Komplex.
    Der zweite Komplex war, daß am gleichen Tage, und zwar am Nachmittag, Herr Kollege Weimar informiert worden ist, daß ihm gegenüber behauptet wurde, es habe unter Verletzung des Atomwaffensperrvertrages von Mol durch Transnuklear eine Lieferung von atombombenfähigem Material nach Lübeck gegeben, von Lübeck sei dieses Material nach Libyen und Pakistan verschifft worden.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: In Lübeck sind die Demonstranten verprügelt worden!)

    Herr Präsident, gestatten Sie mir diese Bemerkung — auch insofern möchte ich nachdrücklich unterstreichen, was der Bundesumweltminister eben gesagt hat — : Es hat im Zusammenhang mit diesem Hinweis keinerlei Concreta gegeben, keinen konkreten Hinweis auf handelnde Personen oder sonst irgendeinen Sachverhalt, sondern lediglich die Behauptung, von Mol sei durch Transnuklear nach Lübeck spaltbares Material verbracht worden, aus dem Atombomben hergestellt werden könnten.
    Ich habe auf der Fahrt hierher eben noch einmal mit unserem Justizminister gesprochen. Ich lege Wert auf die Feststellungen, die ich von ihm erfahren habe. Die Staatsanwaltschaft, die vom Umweltminister informiert wurde, hat gestern einen gleichen, aber auch nicht konkretisierten Hinweis auf die Verletzung des Nichtverbreitungsvertrages erhalten. Die Staatsanwaltschaft geht diesem Verdacht selbstverständlich mit aller Entschlossenheit nach. Sie hat sofort Interpol informiert. Es sind Namen von sogenannten Briefkastenfirmen in der Schweiz genannt worden.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Alles neu!?)

    Inwieweit dies zutrifft, vermag ich nicht zu sagen. Es gibt bis zur Stunde keinerlei Hinweise, daß aus deutschen kerntechnischen Anlagen spaltbares, atomwaffenfähiges Material irgendwohin ins Ausland verbracht worden ist.
    Meine Damen und Herren, wir haben überhaupt nichts zu verheimlichen, und wir werden nichts verheimlichen.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Es gibt ja auch einen Untersuchungsausschuß!)

    Denjenigen, meine Damen und Herren, die eben dazwischengerufen haben, die so getan haben — auch gestern ist das in der Berichterstattung manchmal so zum Ausdruck gebracht worden — , als lägen hier gesicherte Erkenntnisse vor, möchte ich antworten: Als ich gestern vor den Ausschüssen für Recht und Umwelt des Hessischen Landtags war und dort die Auskünfte gegeben habe, die ich geben konnte, habe ich gesagt, daß es über diesen ersten Komplex hinaus, über den ich hier zu Beginn gesprochen habe, den wir als gesichert annehmen können und müssen, weitreichende weitergehende Verdachtsmomente gebe. Ich habe, nicht auf Anfrage eines Journalisten oder irgendeiner Fraktion, gesagt, daß es weitreichende weitergehende Verdächtigungen gibt. Ich bin dann gefragt worden, ob unter diesen Verdächtigungen etwa auch enthalten sein könne, daß es zu Verletzungen des Atomwaffensperrvertrages gekommen sei. Diese Frage wurde mir von einem Abgeordneten der GRÜNEN gestellt.

    (Dr. Lippelt [Hannover] [GRÜNE]: Gott sei Dank!)

    Ich habe gesagt, meine Damen und Herren: Dieses ist in der Tat möglich. Aber ich kann nur sagen: Es ist möglich. Wir gehen dem nach. Die Staatsanwaltschaft wurde sofort informiert, Interpol ist eingeschaltet, selbstverständlich alle Behörden. Aber genau wie Herr Töpfer eben gesagt hat, will ich hier auch noch einmal zum Ausdruck bringen: auch in einer solchen Situation, mit einem so ungeheuren Verdacht, mit Konsequenzen — auch da stimme ich zu — , die weit über die Frage der friedlichen Nutzung der Kernenergie hinausgehen,

    (Stratmann [GRÜNE]: Es gibt keine friedliche Nutzung der Atomenergie!)

    die nicht nur innenpolitisch von überragender Bedeutung sind, kann ich nur und darf ich nur die Erklärungen abgeben, die ich verantworten kann.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Ich kann erst bewerten, ich kann erst urteilen, wenn mir die Fakten bekannt sind. Bis jetzt sind sie mir nicht bekannt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Unruh [GRÜNE]: Abschalten!)

    An dem darauf folgenden Donnerstag, gestern, am 14. Januar, hatte ich für acht Uhr in der Frühe, wie am Mittwoch abend sofort entschieden, die Vertreter der sogenannten Muttergesellschaften, die im Aufsichtsrat ihre Aufgabe wahrzunehmen haben, in die Staatskanzlei gerufen. An dem Gespräch hat natürlich auch Herr Kollege Weimar teilgenommen. Es hat knapp zwei Stunden gedauert. Ich habe mit all dem, was wir



    Ministerpräsident Dr. Wallmann (Hessen)

    bis dahin wußten, also auch mit diesem Verdacht, die anwesenden Herren konfrontiert. Ich habe gesagt, ich erwarte rückhaltlose Aufklärung. Sie haben mir darauf geantwortet: Wir erfahren von alledem in diesem Augenblick durch Sie und durch den Umweltminister des Landes Hessen zum ersten Mal.

    (Lachen bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Sie haben mir erklärt, sie hielten es für ausgeschlossen, daß spaltbares Material, das bei ihnen produziert worden ist, aus dem Atombomben gebaut werden können, ins Ausland verbracht worden sei.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Das ist ja wie ein Bananenstaat!)

    Ich habe dieses zur Kenntnis genommen und gleichzeitig gesagt: Wir erwarten auch von Ihnen eine rückhaltlose Aufklärung; auch an Sie richtet sich in den Aufsichtsgremien die Frage nach der Zuverlässigkeit.

    (Baum [FDP]: Sehr wahr!)

    Ich habe gesagt: Nachdem die Vertrauensgrundlage, ob das strafrechtlich oder wie auch immer relevant ist, zutiefst erschüttert ist, erwarte ich, daß umgehend die Geschäftsführung, die Geschäftsleitung und alle Verantwortlichen in diesem Zusammenhang abberufen werden.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

    Ich habe gesagt, daß wir — da ich keine unmittelbare Weisungsbefugnis habe, das wissen Sie — im Einvernehmen mit dem zuständigen Bundesumweltminister sämtliche Konsequenzen ziehen, die gezogen werden müssen.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Haben wir alles schon gehört!)

    — Wenn Sie das schon gehört haben und Sie das nicht interessiert, frage ich, warum Sie daran interessiert sind, daß hier über diesen Sachverhalt gesprochen wird. Ich frage Sie: Was hätten Sie eigentlich gesagt, wenn ich in diesem Augenblick nicht hier gewesen wäre? Es ist noch kein Regierungschef eines Landes in einer solchen fachspezifischen Angelegenheit hierher gekommen und hat sich dem Deutschen Bundestag gestellt. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    Herr Kollege Weimar ist am Donnerstag dann anschließend im Ausschuß im Landtag gewesen. Ich selber habe ein kurzes Gespräch mit ihm — —

    (Fortgesetzte Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)