Rede von
Helmut
Esters
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie begehen in einem Punkt einen Irrtum, nämlich in dem folgenden: Wir gehen immer davon aus, daß das, was die Kollegen von der Koalition uns heute sagen, mit dem übereinstimmt, was uns 1981 und 1982 unter Federführung von Herrn Häfele hier immer zur Verwendung des Bundesbankgewinns dargelegt worden ist. Unwahrhaftig und unehrlich ist derjenige, der in diesen Dingen einen Maßnahmenkatalog in Richtung Karlsruhe in Gang setzt, um andere zu bewerten, sich selbst aber nirgendwo daran hält. In all den Jahren seit 1983, in denen Sie jetzt regieren,
haben Sie genau das, was Sie uns immer gesagt haben, daß nämlich der Bundesbankgewinn nicht zur normalen Haushaltsfinanzierung herangezogen werden dürfe, nirgendwo beachtet. Dies ist unehrlich, und dies macht Sie auch unglaubwürdig.
Im Jahre 1988 müssen Sie es machen, weil Sie da in diesem Bereich nichts mehr haben.
Bereits einen Tag nach der Verabschiedung des Haushalts im Haushaltsausschuß sprachen verschiedene Kollegen der Koalition davon, daß mit einem Nachtragshaushalt gerechnet werden müsse. Herr Finanzminister, die Ausgaben im EG-Bereich, die Sie jetzt nach dem, was das Kabinett beschlossen hat, in den Nachtrag bringen wollen, betreffen ja nicht 1988 — in bezug auf den Haushalt dieses Jahres gibt es bekanntlich in Europa noch keine Einigung — , sondern sind Nachschläge für 1987, und diese waren am Ende der Haushaltsberatungen für jeden, der sehen wollte, erkennbar.
Ich habe davon gesprochen, daß dieser Haushalt nun auch an dem berühmten Art. 115 des Grundgesetzes gemessen werden muß, der besagt, daß die Einnahmen aus Krediten die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten dürfen. Bestimmt wird hierin auch, daß Ausnahmen nur zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zulässig sind.
Sie haben Gelegenheit, beim Jahreswirtschaftsbericht dazu Stellung zu nehmen. Entweder gilt der erste Satz des Art. 115 oder der zweite, und dann sind Sie hier bei uns in der Erklärungspflicht.
Wir alle haben gewußt, daß das, was im Zuge der Verabschiedung des Bundeshaushalts an verschiedenen Punkten auf der Ausgaben- und auf der Einnahmenseite eine Rolle spielte, schon damals unrealistisch war, als wir hier die zweite und dritte Lesung machten. Wenn ich mir ansehe, was wir auf der Ausgabenseite — ich habe dies schon einmal gesagt — im Verteidigungsbereich z. B. für den Panzerabwehrhubschrauber, den Jäger 90 und anderes und im Bereich der Raumfahrt für die Zukunft ins Rohr geschoben haben, dann stelle ich fest, daß hier Ausgaben zwangsläufig steigen und Einnahmen von Ihnen gekürzt werden. Von daher deutet sich jetzt schon die Entwicklung an, daß es ein Dauerzustand wird, daß die Kreditobergrenze des Art. 115 des Grundgesetzes von Ihnen überschritten wird.
Nach den Kriterien, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, die Sie selbst zur Bewertung nach Karlsruhe gegeben haben, haben Sie nach 1983 keinen einzigen Haushalt vorgelegt oder gefahren, der mit diesen Kriterien konform ging.
Das, was Sie dem höchsten deutschen Gericht zur Bewertung gegeben haben, ist unredlich, ist unehrlich, und damit werden Sie unglaubwürdig.