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ID1105302000

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Metadaten
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    Plenarprotokoll 11/53 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 53. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. Januar 1988 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 3709 A Zusatztagesordnungspunkt 6: Aktuelle Stunde betr. Erhöhung der Neuverschuldung im Bundeshaushalt 1988 — Realistische Darstellung der Lage der Bundesfinanzen Wieczorek (Duisburg) SPD 3709 B Dr. Dregger CDU/CSU 3710B Frau Vennegerts GRÜNE 3711B, 3716 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 3712B Dr. Spöri SPD 3713 B Spilker CDU/CSU 3714 B Gattermann FDP 3715 C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 3716D Dr. Apel SPD 3718D Carstens (Emstek) CDU/CSU 3719C Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 3720 C Esters SPD 3722 A Dr. Rose CDU/CSU 3722 D Schulhoff CDU/CSU 3723 D Zusatztagesordnungspunkt 7: Aussprache über die Vorfälle bei der Firma Nukem Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . . 3725 A Dr. Wallmann, Ministerpräsident des Landes Hessen 3726 D Dr. Hauff SPD 3729 D Baum FDP 3731B Schily GRÜNE 3733 B Dr. Laufs CDU/CSU 3735 B Tagesordnungspunkt 23: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Arbeitszeitgesetzes (Drucksache 11/360) b) Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Arbeitszeitgesetzes (Drucksache 11/1188) c) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Arbeitszeitgesetzes (Drucksache 11/1617) Dr. Blüm, Bundesminister BMA 3736 D Dreßler SPD 3739 A Louven CDU/CSU 3741 D Hoss GRÜNE 3744 B Heinrich FDP 3746 B Schreiner SPD 3748 A Müller (Wesseling) CDU/CSU 3750 B Frau Steinhauer SPD 3751 C Tagesordnungspunkt 24: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Schnellbahnverbindung Köln—Paris (Drucksache 11/387 [neu]) Weiss (München) GRÜNE 3752 C Bauer CDU/CSU 3753 B Haar SPD 3754 A Kohn FDP 3754 D Nächste Sitzung 3755 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3756* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3756* B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Januar 1988 3709 53. Sitzung Bonn, den 15. Januar 1988 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein ** 15. 1. Dr. Ahrens * 15. 1. Frau Beck-Oberdorf 15. 1. Frau Brahmst-Rock 15. 1. Dr. von Bülow 15. 1. Buschfort 15. 1. Carstensen (Nordstrand) 15. 1. Cronenberg (Arnsberg) 15. 1. Frau Dr. Däubler-Gmelin 15. 1. Egert 15. 1. Dr. Ehrenberg 15. 1. Frau Eid 15. 1. Engelsberger 15. 1. Eylmann 15. 1. Dr. Geißler 15. 1. Gerstein 15. 1. Grünbeck 15. 1. Grüner 15. 1. Grunenberg 15. 1. Dr. Haussmann 15. 1. Freiherr Heereman v. Zuydtwyck 15. 1. Frau Dr. Hellwig 15. 1. Frau Hoffmann (Soltau) 15. 1. Dr. Hüsch 15. 1. Ibrügger 15. 1. Dr. Köhler (Wolfsburg) 15. 1. Kreuzeder 15. 1. Dr. Kunz (Weiden) 15. 1. Lenzer * 15. 1. Lowack 15. 1. Dr. Mahlo 15. 1. Menzel 15. 1. Meyer 15. 1. Nelle 15. 1. Frau Pack * 15. 1. Petersen 15. 1. Reuschenbach 15. 1. Roth 15. 1. Frau Rust 15. 1. Schartz (Trier) 15. 1. Dr. Scheer * 15. 1. Frau Schilling 15. 1. Frau Schmidt-Bott 15. 1. Schmitz (Baesweiler) 15. 1. von Schmude 15. 1. Schröer (Mülheim) 15. 1. Schulze (Berlin) 15. 1. Stahl (Kempen) 15. 1. Stobbe 15. 1. Dr. Vondran 15. 1. Dr. Warnke 15. 1. Frau Dr. Wisniewski 15. 1. Wissmann 15. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 18. Dezember 1987 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) Achtes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern Gesetz zur Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Ladenschluß Gesetz zur finanziellen Sicherung der Künstlersozialversicherung Gesetz zur Verlängerung der Amtszeit der Jugendvertretungen in den Betrieben Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Mutter und Kind - Schutz des ungeborenen Lebens" Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz - BArchG) Gesetz über die zentrale Archivierung von Unterlagen aus dem Bereich des Kriegsfolgenrechts Gesetz zur Änderung des Bundespersonalvertretungsgesetzes Gesetz zur Änderung des Benzinbleigesetzes Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1988 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1988) Gesetz zu dem Zusatzabkommen vom 2. Oktober 1986 zum Abkommen vom 7. Januar 1976 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit und zu der Zusatzvereinbarung vom 2. Oktober 1986 zur Vereinbarung vom 21. Juni 1978 zur Durchführung des Abkommens Gesetz zu dem Abkommen vom 14. November 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada über Soziale Sicherheit und der Vereinbarung zur Durchführung des Abkommens sowie zu der Vereinbarung vom 14. Mai 1987 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Quebec über Soziale Sicherheit und der Durchführungsvereinbarung hierzu Gesetz zu dem Abkommen vom 4. November 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Verzicht auf die Beglaubigung und über den Austausch von Personenstandsurkunden/Zivilstandsurkunden sowie über die Beschaffung von Ehefähigkeitszeugnissen Gesetz zu dem Abkommen vom 18. September 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Argentinien über die Wehrpflicht von Doppelstaatern Gesetz zu dem Abkommen vom 10. Oktober 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark über die Wehrpflicht deutsch-dänischer Doppelstaater Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/253 Nr. 1.2 Drucksache 11/561 Nr. 1.1, 1.2, 1.3 Drucksache 11/1107 Nr. 1.1 Drucksachen 11/552, 11/637 Finanzausschuß Drucksache 11/1107 Nr. 1.2 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/1107 Nr. 1.7 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Innenausschuß Drucksache 10/5362 Nr. 18 Drucksache 11/929 Nr. 2.1 Haushaltsausschuß Drucksache 11/1450 Nr. 2.1 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/253 Nr. 2.4 Drucksache 11/561 Nr. 2.4 Drucksache 11/779 Nr. 2,21 Drucksache 11/1365 Nr. 3.1, 3.2 Drucksache 11/1450 Nr. 2.3, 2.4, 2.5, 2.6 Drucksache 11/1107 Nr. 2.2, 2.3, 2.4, 2.5, 2.6, 2.7 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/973 Nr. 2.7 bis 2.11 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/1107 Nr. 2.10 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/883 Nr. 138
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Christa Vennegerts


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    So ist es: Fortsetzung folgt.
    Ich muß hier einiges klarstellen. Herr Gattermann, ich glaube, es ist an der Zeit, zu den Fakten zurückzukehren. Ich habe es mir angetan und die Reden von Herrn Stoltenberg in der zweiten und dritten Lesung noch einmal nachgelesen, auch das, was er im Haushaltsausschuß gesagt hat. Es ist kein Wort zu lesen, von der gesamten Regierungskoalition nicht, über das Wort „Nachtragshaushalt", es ist nicht ein Wort darüber zu lesen, wie hoch die Risiken sind. Nicht ein Pfennig wurde angegeben. Ich bitte Sie, das hier endlich zur Kenntnis zu nehmen. Wenn Sie uns schon nicht glauben, dann lesen Sie das nach! Lesen sollten Sie schließlich können; das will ich hoffen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Der hat doch einen Assistenten!)

    Auf jeden Fall möchte ich eines sagen: Hinsichtlich des Bundesbankgewinns war die Fraktion der GRÜNEN die einzige, die einen Antrag auf Kürzung des Bundesbankgewinns um 3 Milliarden DM gestellt hat. Was ist passiert? Obwohl der Dollarkurs schon bei etwa 1,66 DM lag, hat weder die Regierungskoalition noch die SPD-Fraktion zugestimmt. Das sind die Wahrheiten.
    Die Steuerreform ist nach wie vor ein großer Flop. Die Nachfrage wird nicht belebt werden; schon jetzt sind die Wachstumsprognosen schon eher bei Null. Sie haben das Null-Wachstum, was wir immer gesagt haben, durch Ihre Politik automatisch bekommen.
    Aber eines ist ganz wichtig: Die Debatte um die Schulden darf nicht die verfehlte Wirtschaftspolitik der Regierung verdecken. Das möchte ich hier mal ganz klar sagen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Die zusätzliche Schuldaufnahme leistet keinen Beitrag zur Lösung der ökologischen und sozialen Probleme. Impulse in dieser Richtung sind auch nicht zu erwarten. Gucken Sie sich die Herren an! Die Initiativlosigkeit dieser Regierung wird dadurch noch unterstrichen. Die derzeitige Krise ist nicht nur eine Krise des Herrn Stoltenberg, sie ist eine Krise des gesamten finanz-, haushalts- sowie wirtschaftspolitischen Konzepts dieser Regierung. Sie ist gescheitert. Die Ablösung der gesamten Regierung, nicht nur des Herrn Stoltenberg, wäre erforderlich.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Stoltenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe ge-



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    stern — wie immer etwa zum selben Zeitpunkt des Jahres — den Haushaltsabschluß des vergangenen Jahres 1987 vor der Bundespressekonferenz erläutert, und ich begrüße die Gelegenheit, auch einige Sätze heute hier vor dem Hohen Haus sagen zu können.
    Dieser Haushaltsabschluß zeigt, daß wir im fünften Jahr, seitdem diese Koalition Verantwortung trägt, die Ausgaben unterhalb der vom Finanzplanungsrat festgelegten Linie von 3 % halten konnten. Es waren im vergangenen Jahr 2,9 %. Wir liegen damit erneut erheblich unter der Ausgabensteigerung der Bundesländer und auch der Gesamtheit der Kommunen, und wir haben mit einer geringen Abweichung von 500 Millionen DM das Haushaltssoll fast eingehalten.
    Diese Abweichung von 500 Millionen DM, meine Damen und Herren, kann man mit einem einzigen Gesetz erklären. Das von diesem Hohen Haus, wenn ich mich richtig erinnere, mit überparteilicher Mehrheit verabschiedete Gesetz zur Einführung des Erziehungsgeldes ist nicht, wie man vermutet hatte, von rund 80 % der Frauen, die Kinder bekamen, in Anspruch genommen worden, sondern von weit über 90 %, und daraus ergeben sich Mehrausgaben von fast 700 Millionen DM. Das ist familienpolitisch zu begrüßen, aber ergibt eben eine geringfügige Überschreitung. Alle anderen Mehrausgaben und Minderausgaben haben sich im letzten Jahr also saldiert, und insofern hat die Opposition mit ihrer Behauptung, wir würden die Ausgaben 1987 um Milliarden überschreiten, unrecht gehabt.

    (Dr. Apel [SPD]: Sie haben doch EG-Ausgaben verschoben, Herr Stoltenberg!)

    — Herr Kollege Apel, lassen Sie mich jetzt einmal zur Sache reden! Ich glaube, das ist gut und nach allem, was wir von Ihnen in den letzten Tagen gehört haben, auch dringend nötig.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das heißt, unsere Probleme — darauf weise ich in dieser Debatte nicht zum erstenmal hin, sondern schon seit Jahren — liegen in der Tat auf der Einnahmeseite.

    (Dr. Spöri [SPD]: Zu hohe Wachstumsannahmen!)

    Ich schätze auch — mit der Marge an Unsicherheit, die im Januar immer für den Ablauf eines Haushalts vorhanden ist — , daß dies auch im Jahr 1988 so sein wird. Ich kann nur widersprechen, wenn hier global gesagt wird, daß im Januar der Haushalt Makulatur sei. Ich nehme an, obwohl es sicher einzelne Risiken gibt — ich habe immer wieder auf das Risiko hingewiesen, das wir aus Bürgschaften und Gewährleistungen haben, die wir nicht kalkulieren können — , daß wir eine sehr gute Chance haben, wie in den vergangenen fünf Jahren auch in diesem Jahr den Kurs der sparsamen Ausgabenführung zu verwirklichen, deutlich unter 3 % und insofern in der Kontinuität der Politik zu bleiben, was nötig ist. Insofern widerspreche ich hier einer polemischen Feststellung, der Haushalt sei Makulatur.
    Die in den Haushaltsberatungen angesprochenen, aber in zwei entscheidenden Punkten nicht quantifizierbaren Risiken auf der Einnahmenseite haben zu der Verschlechterung geführt, über die wir heute diskutieren. Das muß, glaube ich, in einer ernsthaften Diskussion auseinandergehalten werden.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Ernsthaft?)

    Dieser Kurs sparsamer Ausgabengestaltung ist — das gilt auch für die Zukunft — die Voraussetzung dafür, daß wir die Linie, die Konzeption der Politik der Steuerentlastungen und Steuerreform fortsetzen können; denn zur Bilanz der letzten Jahre gehört auch, daß wir die Steuern — bereits seit 1985 — um fast 30 Milliarden DM, d. h. mit der Steuererleichterung, die jetzt zum 1. Januar in Kraft getreten ist, gesenkt haben,

    (Dr. Apel [SPD]: Aber für wen denn? — Vermögensteuer, Gewerbesteuer! Mehrwertsteuer?)

    — Herr Kollege Apel, das ist ja ein grundlegender Unterschied zwischen uns: Wir sind der Überzeugung, daß diese Politik der Steuersenkungen und Steuerreform gerade in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten nicht nur der Angebotsseite unserer Wirtschaft, sondern auch der Nachfrageseite dient und daß sie von daher konjunkturpolitisch begründet ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    Das Thema Einnahmeseite ist intensiv und offen diskutiert worden. Niemanden wird es überraschen, wenn ich Ihnen sage, daß ich der Koalition zu Beginn dieser Wahlperiode empfohlen habe — das ist in der Koalitionsvereinbarung vom Februar ja niedergelegt, d. h. der Öffentlichkeit bekannt und in der Öffentlichkeit auch diskutiert worden —,

    (Dr. Vogel [SPD]: Was sagt denn Herr Strauß dazu? Sagen Sie dem das einmal!)

    Konsequenzen für die Einnahmeseite zu ziehen. Dort steht eben der Satz, daß im Hinblick auf weitere Abführungen an die Europäische Gemeinschaft der Bund einen Ausgleich braucht. Und dort steht der Satz: „Erforderlich ist dafür ein begrenzter Spielraum bei spezifischen Verbrauchsteuern." Insofern knüpft der Kabinettsbeschluß vom vergangenen Donnerstag in dem öffentlich diskutierten Punkt voll an die Vereinbarung der Koalitionsparteien und -fraktionen an.
    Er bleibt notwendig, auch wenn wir uns aus konjunkturpolitischen Gründen entschieden haben — das ist zu Recht gesagt worden — , diesen Beschluß nicht 1988, sondern zum 1. Januar 1989 zu verwirklichen.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Wir haben Massenarbeitslosigkeit!)

    Das ist notwendig, wenn wir den Kurs der Steuersenkungen und der Steuerreform absichern wollen. Wir wollen diesen Kurs verwirklichen.
    Ich bin den Kollegen dankbar, die die unsachlichen Attacken des Herrn Kollegen Vogel gegen mich zurückgewiesen haben. Ich kann allen, die daran interessiert sind, nur empfehlen — Herr Kollege Vogel, Sie wissen das ja; wir haben Ihnen die Texte zugeleitet —, die Protokolle des Deutschen Bundestages noch einmal nachzulesen. Ich habe in der ersten Lesung des



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Haushalts am 9. September 1987 das Thema EG und die daraus erwachsenden Risiken klar und ausführlich angesprochen. Es ist nicht zu bestreiten: In jeder Debatte bis Ende November war das ein Thema. Ich habe dazu Stellung genommen und gesagt, daß wir den erkennbaren zusätzlichen Bedarf in diesem Jahr noch nicht quantifizieren können, daß wir aber handeln werden, wenn er vereinbart oder wenn er genauer erkennbar ist.
    Ich habe auch in den Schlußberatungen des Haushaltes — in der zweiten und dritten Lesung — mehrfach gesagt — ich zitiere — , „daß wir Risiken durch die internationale Währungsentwicklung der letzten Wochen, die jüngsten Turbulenzen auf den Devisen- und Aktienmärkten auf der Einnahmenseite haben werden". Ich habe in der letzten Rede während der Haushaltsberatung im November gesagt:
    Auf welchem Niveau sich die Aktien- und Devisenmärkte letztlich einpendeln werden, darüber zerbrechen sich die Experten weltweit die Köpfe. Das können Sie ebensowenig vorhersagen wie den Dollarkurs zum Bilanzstichtag am 31. dieses Jahres, auf dem der Bundesbankgewinn beruht.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Eine präzise Formulierung!)

    Ich will Ihnen einmal sagen, daß eine Woche nach Abschluß der Beratungen im Haushaltsausschuß — hier haben wir ja über die Vorlage des Haushaltsausschusses diskutiert und entschieden — der Dollarkurs bei 1,7159 DM lag. Nach dem Stand vom 16. November 1987 hätten wir 400 Millionen DM Abschreibungsbedarf bei der Bundesbank gehabt. Jetzt sind es '7 Milliarden DM. Herr Vogel, wer das wie Sie ja immer schon alles im voraus wußte, der hätte Mitte November Anlageberater werden sollen. Das empfehle ich Ihnen hinsichtlich Ihrer weiteren beruflichen Überlegungen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Vogel [SPD]: Das müssen ausgerechnet Sie sagen!)

    Der wäre ein reicher Mann geworden; vielleicht ist das noch Ihr Lebensziel.
    Ich sage Ihnen, daß niemand zum Zeitpunkt der Schlußberatung des Haushaltsausschusses — wo wir eine sehr vernünftige Debatte gehabt haben, aus der ich wegen der Vertraulichkeit leider nicht zitieren kann — , aber auch während der Schlußberatungen im Deutschen Bundestag in der letzten Novemberwoche erkennen konnte, wie hoch dieser Abschreibungsbedarf ist. Der Punkt ist angesprochen worden.

    (Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

    Wenn wir auf Grund des erkennbaren Themas EG
    und des nicht erkennbaren Themas Abschreibungsbedarf von 7 Milliarden DM auf der Einnahmenseite

    (Dr. Vogel [SPD]: Die gesamten Bundesbankgewinne einzustellen, ist unsolide!)

    eine drastisch veränderte Lage haben, dann stellen wir uns dieser Diskussion. Aber ich empfehle Ihnen, diese Diskussion auch fair und sachlich zu führen.
    Meine Damen und Herren, wir brauchen eine Kombination jener Schritte, die im Kabinettsbeschluß beschrieben sind: konsequente Ausgabendisziplin, Abbau von Subventionen und in der Tat den Ausgleich für den Bund wegen der neuen Abführungen an die Europäische Gemeinschaft. Wir nehmen vorübergehend eine Neuverschuldung in Kauf, die höher ist, als jeder Finanzminister es sich wünschen kann. Wir folgen damit den dramatischen Appellen aus dem In-und Ausland, die Finanzpolitik stärker für die Konjunkturpolitik einzusetzen, auch Anträgen und Forderungen aus den Reihen der Sozialdemokratischen Partei.

    (Dr. Vogel [SPD]: Ach so! Ihr folgt uns?)

    Aber wir machen zugleich klar, daß das nur vorübergehend möglich ist, daß wir die Nettokreditaufnahme im nächsten Jahr deutlich zurückführen, weil wir auf die Dauer mit einem solchen Defizit nicht vernünftig leben können, nicht nur wegen der Zinsbelastungen, die daraus erwachsen, sondern wegen der negativen Zinserwartungen, die die konjunkturelle Entwicklung erschweren können.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Beseitigen Sie die Armut!)

    Dies ist eine Wanderung auf einem schmalen Grat; aber nicht durch Polemik und Widersprüche der Opposition, sondern nur durch eine sachbezogene Diskussion können wir den richtigen Kurs bestimmen.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/ CSU und der FDP)