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    Plenarprotokoll 11/52 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 52. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988 Inhalt: Tagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll Nr. 6 vom 28. April 1983 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe (Drucksache 11/1468) Engelhard, Bundesminister BMJ 3625 B Klein (Dieburg) SPD 3626 C Seesing CDU/CSU 3628 D Frau Olms GRÜNE 3630 C Irmer FDP 3632 C Dr. Schmude SPD 3633 C Lummer CDU/CSU 3635 C Tagesordnungspunkt 3: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Laufs, Dörflinger, Dr. Friedrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Baum, Frau Dr. Segall, Wolfgramm (Göttingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Entsorgung der Abfälle, insbesondere der Sonderabfälle (Drucksache 11/1429) b) Beratung des Berichts der Bundesregierung über den Vollzug des Abfallgesetzes vom 27. August 1986 (Drucksache 11/756) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Gautier, Schäfer (Offenburg), Frau Blunck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Recycling von Katalysatoren (Drucksache 11/1151) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Hensel und der Fraktion DIE GRÜNEN: Vollzug des Abfallgesetzes (Drucksache 11/1624) Schmidbauer CDU/CSU 3638 B Frau Dr. Hartenstein SPD 3640 B Baum FDP 3643 B Frau Hensel GRÜNE 3645B, 3651 D Dr. Friedrich CDU/CSU 3646 D Stahl (Kempen) SPD 3648 C Frau Garbe GRÜNE 3651 A Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 3652 A Tagesordnungspunkt 22: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Verbesserte Sicherheitseinrichtungen für Gefahrgut-LKW (Drucksache 11/1110) b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Überladung von Gefahrgut-LKW (Drucksache 11/1112) c) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Bruchsichere Transportbehälter und Tanks (Drucksache 11/1113) d) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Bremssysteme für Gefahrgut-LKW (Drucksache 11/1114) e) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Antiblockier-Systeme und Geschwindigkeitsbegrenzer für Gefahrgut- LKW (Drucksache 11/1115) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988 f) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Einschränkungen für den Straßentransport gefährlicher Güter (Drucksache 11/1367) g) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Qualifikation der Fahrer beim Transport gefährlicher Güter (Drucksache 11/1368) h) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Gesundheitsuntersuchung für Gefahrgut-Fahrer (Drucksache 11/1369) i) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Verschärfte Ahndung von Verstößen bei Gefahrgut-Transporten (Drucksache 11/1370) j) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Sonderkonzessionierung für Gefahrgut-Transporte (Drucksache 11/1371) k) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Gefahrgutbeauftragte (Drucksache 11/1372) 1) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Informationssystem für GefahrgutTransporte (Drucksache 11/1373) m) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Unbeschränkte Haftung beim Transport gefährlicher Güter (Drucksache 11/1374) n) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Sperrung von Wohngebieten und besonders unfallgefährdeten Straßen für Gefahrguttransporte (Drucksache 11/1375) o) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Transportbedingungen für besonders gefährliche Güter (Drucksache 11/1376) p) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Unfallrisiken bei Gefällestrecken (Drucksache 11/1377) q) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Grenzüberschreitende Transporte gefährlicher Güter (Drucksache 11/1378) r) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Verbesserte Überwachung der Gefahrgut-Transporte (Drucksache 11/1380) Daubertshäuser SPD 3658 A Jung (Limburg) CDU/CSU 3659 C Frau Wollny GRÜNE 3661 B Kohn FDP 3661 D Frau Faße SPD 3663 B Hinsken CDU/CSU 3664 C Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 3666 A Tagesordnungspunkt 5: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 20. Oktober 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Nepal über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/998, 11/1513) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 6: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 23. März 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bolivien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/999, 11/1512) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 7: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 4. Mai 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Östlich des Uruguay über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/1002, 11/1514) 3667 C Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Verbot von Selbstbedienung beim Verkauf von Arzneimitteln (Drucksache 11/1127) . 3668 B Tagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen: Einwilligung in die Veräußerung bundeseigener Grundstücke in München gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung (Drucksache 11/1366) Weiss (München) GRÜNE 3668 C Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 15 02 Titel 681 15 — Erziehungsgeld — (Drucksachen 11/921, 11/1089) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 11: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 15 02 Titel 642 07 des Haushaltsjahres 1986 — Ausgaben nach § 8 Abs. 2 des Unterhaltsvorschußgesetzes — (Drucksachen 10/6653, 11/1091) in Verbindung mit Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988 III Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 15 02 Titel 681 15 — Erziehungsgeld — (Drucksachen 10/6698, 11/1092) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 13: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 14 05 Titel 525 21 — Aus- und Fortbildung, Umschulung — (Drucksachen 11/902, 11/1182) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 14: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 60 04 Titel 646 21 — Nachversicherung nach § 99 Allgemeines Kriegsfolgengesetz — (Drucksachen 11/836, 11/1363) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 15: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 10 04 Titel 682 04 — Von den EG nicht übernommene Marktordnungsausgaben — (Drucksachen 11/1119, 11/1452) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 16: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 1112 Titel 68101 — Arbeitslosenhilfe — (Drucksachen 11/1099, 11/1453) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 17: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 12 Titel 681 41 — Leistungen für die Teilnahme von Aussiedlern, Asylberechtigten und Kontingentflüchtlingen an Deutsch-Lehrgängen mit ganztägigem Unterricht — (Drucksachen 11/1101, 11/1454) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 18: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 13 Titel 656 03 — Zuschuß des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung — (Drucksachen 11/1100, 11/1456) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 19: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 13 Titel 656 04 — Zuschüsse zu den Beiträgen zur Rentenversicherung der in Werkstätten beschäftigten Behinderten — (Drucksachen 11/1098, 11/1457) 3669D Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Antrag auf Genehmigung der Fortsetzung eines Strafverfahrens (Drucksache 11/1567) 3670 A Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde betr. Äußerungen des Bundesministers für Wirtschaft zur Schließung des Stahlstandortes Rheinhausen Stratmann GRÜNE 3670 B Wissmann CDU/CSU 3671 C Wieczorek (Duisburg) SPD 3672 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 3673 B Frau Hillerich GRÜNE 3674 C Dr. Lammert CDU/CSU 3675 B Dr. Jens SPD 3676 A Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 3677 B Müller (Wesseling) CDU/CSU 3679 A Weiermann SPD 3680 A Dr. Blüm, Bundesminister BMA 3681 B Dreßler SPD 3683 B Beckmann FDP 3684 B Breuer CDU/CSU 3685 D Gerstein CDU/CSU 3686 C Dr. Jens SPD (Erklärung nach § 30 GO) 3687 B Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. de With, Frau Dr. Däubler-Gmelin, Bachmaier, Klein (Dieburg), Dr. Pick, Reschke, Schmidt (München), Schütz, Singer, Stiegler, Wiefelspütz, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Beistand und mehr Rechte für geistig behinderte und psychisch kranke Menschen (Drucksache 11/669) Dr. de With SPD 3687 C Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU 3690 C Frau Unruh GRÜNE 3692 A IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988 Funke FDP 3694 C Engelhard, Bundesminister BMJ 3695 D Kirschner SPD 3697 C Seesing CDU/CSU 3699 A Frau Becker-Inglau SPD 3699 D Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Schmidt-Bott und der Fraktion DIE GRÜNEN: Novellierung des Paßgesetzes (Drucksache 11/1391) Wüppesahl GRÜNE 3701 C Clemens CDU/CSU 3702 C Tietjen SPD 3703 C Dr. Hirsch FDP 3705 A Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . . 3705 D Nächste Sitzung 3706 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3707* A Anlage 2 Kosten der Anzeigenaktion der Bundesregierung zu den Themen Schaffung des Friedens und Gestaltung des Friedens ohne Erwähnung der Massenarbeitslosigkeit MdlAnfr 5, 6 08.01.88 Drs 11/1619 Menzel SPD SchrAntw StSekr Ost BPA 3707* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988 3625 52. Sitzung Bonn, den 14. Januar 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein ** 15.1. Dr. Ahrens * 15.1. Frau Beck-Oberdorf 15.1. Bahr 14. 1. Frau Brahmst-Rock 15. 1. Büchner (Speyer) * 14. 1. Dr. von Bülow 15. 1. Egert 15.1. Dr. Ehrenberg 15.1. Grünbeck 15.1. Grüner 15.1. Grunenberg 15.1. Heimann 14. 1. Frau Dr. Hellwig 15. 1. Frau Hoffmann (Soltau) 15.1. Dr. Köhler (Wolfsburg) 15.1. Kreuzeder 15.1. Lamers 14. 1. Lemmrich * 15. 1. Lenzer * 15.1. Lowack 15.1. Dr. Mahlo 15.1. Menzel 15.1. Michels 14. 1. Nelle 15. 1. Niegel * 14. 1. Frau Pack * 15. 1. Petersen 15.1. Reddemann * 14. 1. Schartz (Trier) 15. 1. Dr. Scheer * 15.1. Frau Schmidt-Bott 15.1. Dr. Spöri 14. 1. Stahl (Kempen) 15. 1. Stiegler 14. 1. Stobbe 15. 1. Dr. Vondran 15.1. Vosen 14. 1. Zierer * 15. 1. Dr. Zimmermann 14.1. *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Antwort des Chefs des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Staatssekretär Ost auf die Fragen des Abgeordneten Menzel (SPD) (Drucksache 11/1619 Fragen 5 und 6) : Wie teuer ist die von der Bundesregierung in der Weihnachtszeit gestartete Anzeigenaktion „In diesem Ziel sind sich alle Deutschen einig: Frieden schaffen" und „Was wir gemeinsam wollen: Zukunft gestalten"? Welche Gründe hatte die Bundesregierung, das derzeitige Hauptproblem unserer Gesellschaft, die Massenarbeitslosigkeit, nicht entsprechend zu erwähnen? Zu Frage 5: Die beiden Anzeigen, die in allen regionalen Tageszeitungen mit Ausnahme von Baden-Württemberg geschaltet worden sind, haben rd. 2,8 Mio. DM gekostet. Die Schlußabrechnung mit den endgültigen exakten Kosten steht noch aus. Zu Frage 6: In der Anzeige „Was wir gemeinsam wollen: Zukunft gestalten", die am 31. Dezember erschienen ist, wurde das Problem der Arbeitslosigkeit sehr wohl behandelt. Da der Bundeskanzler in seiner Neujahrsansprache, die Silvester ausgestrahlt wurde, das Problem der Arbeitslosigkeit mit aller gebotenen Deutlichkeit angesprochen hat, bestand allerdings keine Notwendigkeit, in der am selben Tag erscheinenden Anzeige in gleicher Weise darauf einzugehen. Im übrigen sind Anzeigen, deren Texte notwendigerweise knapp formuliert werden müssen, kaum das geeignete Medium, eine so schwierige Problematik umfassend darzustellen. In den redaktionellen Teilen der meisten Silvester-Ausgaben der Zeitungen sind im übrigen die Ausführungen des Bundeskanzlers zu den Problemen des Arbeitsmarktes weitgehend berücksichtigt worden.
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    Rede von Annette Faße


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine wesentliche Aufgabe staatlicher Verkehrspolitik muß es sein, das Risiko einer Gefährdung von Menschen und Umwelt durch den Transport gefährlicher Güter zu verringern. Nicht erst seit Herborn ist bekannt, daß der Transport gefährlicher Güter auf unseren Straßen und Bundesautobahnen eine Gefährdung der Bevölkerung darstellt. Bereits 1985 hat die SPD eine Kleine Anfrage gestellt mit etwa 60 detaillierten Einzelfragen hierzu. Jeder Lkw-Fahrer, aber auch jeder andere Verkehrsteilnehmer, jeder einzelne Bürger kann betroffen sein. Die Gefährdung der Umwelt ist unumstritten. Wer uns noch immer glaubhaft
    machen will, daß bei uns in der Bundesrepublik alles hervorragend geregelt sei, der dürfte endgültig durch die Nukleartransporte der jüngsten Zeit quer durch Deutschland über Landesgrenzen hinweg belehrt worden sein.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Öffentlichkeit ist sensibel geworden und erwartet ein Handeln von staatlicher Seite.
    Auch der Kanzler hat sich mit Worten stark gemacht: Der Verkehrsminister ist beauftragt, alles zu tun, um die Sicherheit beim Transport gefährlicher Güter zu erhöhen. Was aber nottut, sind konkrete Maßnahmen statt vollmundiger Ankündigungen.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Maßnahmenkatalog des Ministers ist erschrekkend unzureichend. Beschwichtigungen und Verniedlichungen, lieber Kollege Jung, helfen uns überhaupt nicht weiter und dem Bürger schon gar nicht.

    (Beifall bei der SPD — Straßmeir [CDU/ CSU]: Das hat er weiß Gott nicht getan!)

    Bemerkenswert ist, daß nicht einmal im Ansatz der Gedanke auftaucht, die Menge gefährlicher Güter — lassen Sie mich einige davon aufzählen: Sprengstoffe, Munition, entzündbare, giftige, ätzende, radioaktive und ansteckungsgefährliche Stoffe — einzuschränken. Diesen Denkansatz vermisse ich völlig. Ist die Koalition eigentlich bereit, sich einmal mit der Industrie an einen Tisch zu setzen, um eine Verringerung der Menge zu erreichen? Es gilt, in einer Beförderungserlaubnis nicht nur Auflagen und Einschränkungen festzulegen, sondern auch die Möglichkeit zu schaffen, die Beförderung zu untersagen, z. B. wenn das Gefahrgut an einen Ort transportiert werden soll, an dem es produziert werden könnte. Es gilt also, Fahrwege einzuschränken und überflüssig zu machen.
    Unbestritten ist: Wir werden weiterhin Güter, die Gefahren mit sich bringen, transportieren müssen. Wenn aber von den rund 3 Milliarden Tonnen Gütern, die jährlich in der Bundesrepublik transportiert werden, rund 240 Millionen Tonnen klassifizierte gefährliche Stoffe und Gegenstände sind, muß es die vordringliche Aufgabe sein, diese Zahl zu verringern. 53 % dieser Güter — das sind rund 121 Millionen Tonnen — werden auf der Straße befördert, darunter überwiegend Kraftstoffe und Heizöle. Hier gilt es, so viel Gefahrguttransporte wie irgend möglich auf Schiene und Wasserstraße zu verlagern. Der Anteil der Straße am Verkehrsaufkommen erscheint trotz der Notwendigkeit des Einsatzes von Lastkraftwagen im Verteilerverkehr höher als dringend notwendig.
    Zwar führt auch die Schiene nicht ausschließlich durch unbewohnte und dünnbesiedelte Gebiete, aber das Unfallrisiko ist bei der Straße weit höher als bei der Bahn und bei der Binnenschiffahrt.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Stimmt nicht! — Stimmt leider nicht!)

    Die Bundesregierung ist deshalb aufgefordert, das grundsätzliche Verbot des Straßentransports für gefährliche Güter in § 7 der Gefahrgutverordnung Straße mit dem Ziel der Verlagerung zu erweitern. Die



    Frau Faße
    verstärkte Nutzung des kombinierten Verkehrs ist dabei zu berücksichtigen.
    Die Bahn ist der Ansicht, daß sich ihre Angebote im kombinierten Verkehr für die Abwicklung eignen. Sie sieht auch von der Kapazität her für die Aufnahme solcher Verkehre keine Schwierigkeiten. Sie braucht dazu allerdings nicht nur verbale Unterstützung, sondern auch finanzielle.
    Es wird aber bei allen Bemühungen um Verlagerung auf Schiene und Wasserstraße auch Bereiche geben wie z. B. den Nahverkehr, in denen es zum Lkw keine Alternative gibt. Hier gilt es, ein Höchstmaß an Sicherheit zu erreichen. Für die Transporte, die unvermeidbar weiterhin auf der Straße durchgeführt werden müssen, ist durch ein Bündel von Maßnahmen die Sicherheit zu verbessern. Es gilt, die Sicherheit am Fahrzeug zu erhöhen, Festigkeitsvorschriften für Behälter und Tanks dem heutigen Stand der Technik anzupassen, die technischen Vorschriften in der Weise zu ändern, daß die Fahrzeuge, die gefährliche Güter transportieren, mit einem Antiblokkiersystem ausgerüstet sein müssen und über einen sicheren automatischen Geschwindigkeitsbegrenzer bei maximal 80 km/h verfügen.

    (Walther [SPD]: Richtig!)

    Die technischen Vorschriften für die Lkw-Bremssysteme sind zu verbessern. Deutsche Firmen haben Transportfahrzeuge mit optimierten passiven und aktiven Sicherheitseinrichtungen — Topas — entwikkelt. Die Mitglieder des Verkehrsausschusses und des Ausschusses für Forschung und Technologie konnten sich gestern davon überzeugen. Jetzt aber gilt es, verbindliche Bauvorschriften zu beschließen.
    Angesichts des hohen Gefährdungspotentials, der Verkehrsdichte und der größer und schneller werdenden Lkw reichen die bisherigen Voraussetzungen für die Fahrerqualifikation nicht aus. Zwingende Voraussetzung für uns muß die Ausbildung zum Berufskraftfahrer sein, zur Sicherheit des Fahrers selbst und zur Minderung der Gefahr für andere.
    Aber was nützt auf der einen Seite die beste Ausbildung, wenn der Termindruck bei vielen Speditionen so hoch ist, daß z. B. in Nordrhein-Westfalen von 204 532 überprüften Lkw jeder dritte Fahrer zu schnell gefahren ist? Verstöße — auch das wurde hier schon gesagt — werden häufig nicht ausreichend geahndet. Die Höhe der Buße muß schmerzhaft sein und darf nicht so bemessen sein, daß sie schon in der Kalkulation miteinbezogen werden kann.

    (Beifall bei der SPD)

    Eine weitere Verminderung der Gefährdung aus dem Transport gefährlicher Güter kann auch durch Kontrollen vor Ort erfolgen. Wir fordern daher von der Bundesregierung, daß bei Verladern und Transporteuren Gefahrgutbeauftragte eingeführt werden, die für die Einhaltung der Vorschriften für einen sicheren Transport gefährlicher Güter verantwortlich sind.
    Die Anhörung, von der gesprochen wurde, ist — das möchte ich einmal betonen — auf Initiative der SPD entstanden. Die Vielzahl unserer Anträge zeigt, wie umfangreich das Thema ist. Verkehrspolitiker und Verkehrspolitikerinnen tragen eine große Verantwortung für das Wohl unserer Bürger und Bürgerinnen. Bei allen Gesetzen und Regelungen dürfen wir nicht vergessen, daß wir es mit Menschen zu tun haben, mit Menschen, die Fehler machen, manchmal aber auch mit Menschen, die kriminell handeln. Im Mittelpunkt sollte aber nicht nur fehlbares menschliches Verhalten stehen; zu lange dauert es mir, bis das blinde Vertrauen in die Unfehlbarkeit der Technik in Frage gestellt und entsprechend gehandelt wird.
    Danke schön.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Hinsken.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ernst Hinsken


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Emotionen haben in dieser Debatte, so meine ich, nichts verloren.

    (Dr. Penner [SPD]: Die habe ich auch nicht festgestellt!)

    Darum finde ich es nicht richtig, Herr Kollege Daubertshäuser, der Sie sonst sehr sachbezogene Wortbeiträge in den Ausschüssen leisten, daß Sie heute so emotional die verschiedenen Probleme angesprochen haben. Es wäre auch Ihnen gut angestanden, einmal zu würdigen, daß gerade auf Grund des jüngsten Unfalls in Herborn unser Verkehrsminister sofort dorthin geeilt ist und im nachhinein das Notwendige an Maßnahmen eingeleitet hat, die es jetzt umzusetzen gilt.
    Sicherheit ist unteilbar. Sicherheit geht uns alle an. Deshalb begrüße ich auch, meine Damen und Herren von der SPD, Ihre Bemühungen, die Sie in so vielen Einzelanträgen eingebracht haben. Sicherheit aber kann nicht so einäugig betrachtet werden, wie Sie dies mit Ihren Anträgen tun. Sicherheit betrifft nicht nur die Straße, sie betrifft alle Verkehrsteilnehmer auf Schiene, Wasserweg und Straße in der Gefahrgutkette vom Produzenten über Spediteur und Transporteur bis hin zum Verbraucher. Jeder weiß doch, daß der Würfel sechs Seiten hat und nicht nur eine. Wir lösen die von uns allen gemeinsam mit gleich großer Sorge betrachteten Probleme nicht dadurch, daß wir uns einen weitgehend wehrlosen Sündenbock aussuchen und ihn in der Öffentlichkeit madig machen, nämlich den Fahrer im Lkw und den mittelständischen Unternehmer im Straßenverkehr. Wir lösen das Problem nur, wenn wir an allen Stellen, wo Gefahrgut im Spiele ist, ein Optimum anzustreben versuchen.
    Die Verlagerung allein löst die Probleme nicht; denn erstens: Von 250 Millionen t Gefahrgutgütern auf der Straße werden allein 200 Millionen t im Nahverkehr verteilt. Dies wurde vom Kollegen Kohn von der FDP bereits angesprochen. Diese Güter gelangen in erster Linie zu den Tankstellen und in die Heizöltanks unserer Bürger. Ich glaube, daß wir darüber doch wohl nicht streiten müssen. Es ist doch unmöglich, zu jedem Haus einen Gleisanschluß zu legen.

    (Dr. Penner [SPD]: Nö!)




    Hinsken
    Es bleiben also die ausgewiesenen 38,8 Millionen t Gefahrgüter im Güterfernverkehr.

    (Zuruf von der SPD: Das ist ein Arbeitsbeschaffungsprogramm!)

    — Passen Sie schön auf, damit Sie Verschiedenes dazulernen.

    (Abg. Haar [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Nein, ich kann keine Zwischenfrage zulassen, weil mir hier nur acht Minuten Redezeit gegeben sind. Die möchte ich voll und ganz nutzen. Wir können uns, Herr Haar, im Ausschuß wieder darüber unterhalten.
    Zweitens. Ich frage, ob die Schiene wirklich um so viel sicherer ist, wie manche — vor allem Sie — glauben machen wollen. Sie ist es nicht. Auf der Schiene, so hat die Bundesregierung mitgeteilt, haben sich von 1980 bis 1986 im Bereich der Deutschen Bundesbahn insgesamt 170 Unfälle im Zusammenhang mit der Beförderung gefährlicher Güter ereignet, bei denen Personen verletzt oder mehr als 100 kg Gefahrgut frei geworden sind — und das bei einem Transportvolumen von rund 40 Millionen t im Jahr! Im gleichen Zeitraum sind auf der Straße laut Bundesregierung zwischen 400 und 500 Unfälle vergleichbarer Art passiert — aber nicht bei 40 Millionen t sondern bei 250 Millionen t Gütern pro Jahr, also bei einem sechsmal so großen Transportvolumen! Wenn man diese Relationen nebeneinanderstellt, dann stellt man fest, daß beide Verkehrsträger Probleme haben, daß also Ihre Einseitigkeit fehl am Platz ist.
    Drittens. Wenn im Eisenbahnbereich Unfälle mit Gefahrgut geschehen, dann in der Regel in dicht besiedelten Gebieten, auf den Bahnhöfen und Rangierbahnhöfen. Auch das ist ein Hinweis darauf, daß mit der Forderung nach Verlagerung vorsichtig umgegangen werden muß. Für mich muß die Prüfung der Verlagerungsfrage mit der Lösung des Problems der Umladung verbunden werden.
    Das heißt konkret: a) Konzentration auf mögliche Gleisanschlußverkehre auf beiden Seiten, b) Konzentration auf den Transitverkehr, der sich besonders für die Kombination von Schiene und Straße bzw. für die Verlagerung eignet, c) die Förderung des kombinierten Verkehrs im Rahmen des Möglichen, insbesondere auf weiten Entfernungen.
    Ich unterstütze den Bundesverkehrsminister und die Bundesregierung nachdrücklich in dem Bemühen, in diesem Sinne ausgewogene, alle Schwachstellen bei allen Verkehrsträgern ins Auge fassende Ansätze zu entwickeln und geeignete Problemlösungen umzusetzen.
    Was nun den Straßengüterverkehr selbst betrifft, den die Opposition vor allem ins Visier genommen hat, bietet sich eine Reihe von Lösungsansätzen an, die ich alle unter das gleiche Ziel setzen möchte. Sie müssen sinnvoll sein, und sie müssen sinnvoll umgesetzt werden. Im Vordergrund muß natürlich die Erhöhung der Sicherheit stehen. Daneben müssen aber auch die Erhaltung des Mittelstandes, die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen gegenüber ausländischen Konkurrenten, die technische und
    wirtschaftliche Umsetzbarkeit der einzelnen Vorschläge berücksichtigt werden. An diesem Punkt mitzuwirken, sind alle, auch Sie, meine Kollegen von der SPD und den GRÜNEN, aufgerufen.
    In erster Linie gilt dies aber für die Transportunternehmer.

    (Zuruf von der SPD: Stimmen Sie doch den Anträgen zu!)

    Ich werte es deshalb als positiv, daß es seit 1956 mit der Gründung der Fernfahrerschule Rieneck eine Einrichtung gibt, die dazu beiträgt, die Verkehrssicherheit Schritt für Schritt zu erhöhen.
    Die Gründung des Berufsbildungszentrums in Schöffengrund durch den BDF — wem sage ich das, Herr Kollege Daubertshäuser; ich gehe davon aus, daß Sie diese Schule kennen; sie liegt nahe Ihrer Heimat — und die betroffene und konstruktive Reaktion der Bundes- und Landesverbände sowie zahlreicher Unternehmen auf Herborn legen Zeugnis ab von der Verantwortung, die gerade von hier eingebracht wird.
    Übrigens, auch das ist bemerkenswert: Die Unfallbeteiligung von Nutzfahrzeugen ist in der Bundesrepublik Deutschland seit 1970 permanent und überproportional gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern gesunken.

    (Weiss [München] [GRÜNE]: Aber sie ist immer noch überproportional!)

    Das schließt aber nicht aus, meine Damen und Herren, daß ich von dieser Stelle aus an die Verbände und auch an die Transportbetriebe, an Unternehmer und Fahrer appelliere, mit allen Kräften dazu beizutragen, die Unfallbeteiligung weiter abzusenken. Die Fahrzeughersteller haben mit der Vorführung von Topas
    — heute ist darüber schon mehrfach gesprochen worden — gestern den Verkehrsausschuß darüber in Kenntnis gesetzt, was hier getan wird.
    Auch — und das nehme ich erfreut zur Kenntnis, und davon konnte ich mich jüngst überzeugen
    — sind mittelständische Tankaufbauunternehmer
    — wie zum Beispiel eine Firma namens Rohr, Straubing, in meinem Wahlkreis — momentan dabei, das Notwendige zu tun und Weiterentwicklungen voranzutreiben, um engagiert Verbesserungen vornehmen zu können.
    Mein Appell geht aber auch an die Verladerschaft. Wer nur nach dem Preis schielt, wer die Transportunternehmer gegeneinander ausspielt, wer sich die angebotenen Fahrzeuge nicht sorgfältig ansieht, wer bei der Beladung technisch und personell spart, muß sich ebenfalls in die Verantwortung gezogen sehen.
    Sicherheit geht gerade hier über alles. Erst danach darf man an den Gewinn denken.
    Wir müssen als Politiker aber auch den Bau von Ortsumgehungen und die Entschärfung von besonders unfallträchtigen Straßen im Straßennetz forcieren. Wir setzen hier Maßstäbe. Bis 1990 werden mit einem Kostenaufwand von 5 Milliarden DM 140 Ortsumgehungen fertiggestellt und 140 weitere begonnen. Damit werden auch Straßentransporte mit ge-



    Hinsken
    fährlichen Gütern weiträumig um die Ortskerne her-umgeleitet.
    Schließlich ein Hinweis an alle Bürger: Alle diese Maßnahmen kosten Geld. Sicherheit gibt es nicht zum Null-Tarif. Sie muß bezahlt werden. Sie kann nicht über den freien, oftmals hemmungslosen Wettbewerb gewährleistet werden. Wettbewerb ist gut; wir können auf ihn nicht verzichten. Aber überzogener, ruinöser Wettbewerb, wie ihn teilweise jetzt auch Brüssel herausfordert, führt genau zum Gegenteil: zu Preisverfall, zu Mittelstandssterben und parallel dazu zu mehr Unfällen, zu mehr Gefahrgutunfällen auf unseren Straßen und in unseren Städten und Dörfern.
    Ich begrüße es deshalb, daß sich nach der Anhörung im April dieses Jahres auch der Verkehrsausschuß des Deutschen Bundestages umfangreich mit den Ergebnissen beschäftigen und daraus die notwendigen Schlüsse ziehen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)